Der Protestantismus und das heutige deutsche Mutterbild

Frau und Mutter heißt das Verbandsblatt der kfd. Irgendwann, es muss in den 80ern gewesen sein, schrieb das Blatt den zweiten Teil seines Titels, das Wort „Mutter“, plötzlich klein. Der Aufschrei der Mütter, im Verband logischerweise in der Mehrheit, war groß. Heute schreibt man einfach beide Teile klein.

Und nun zu etwas völlig anderem. Die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken kommt in einem Gespräch mit The European zu einer interessanten Einschätzung, woher das heutige deutsche Mutterbild stammt (das sie für dringend änderungsbedürftig hält, aber das versteht sich von selbst).

The European: Sie sehen im Protestantismus, d.h. in der Reformationsbewegung, den Ausgangspunkt für das heutige deutsche Mutterbild. Das müssen Sie erklären, eigentlich ist doch die katholische Kirche die mit dem konservativen Weltbild und der heiligen Jungfrau Maria.

Vinken: Naja, Maria war ja eigentlich eine herrenlose Frau. Der Protestantismus ist der ganz entscheidende Einschnitt und zwar deswegen, weil die Frau darauf festgelegt wurde, Ehefrau und Mutter zu sein. Vorher konnte sie z.B. als Äbtissin oder Nonne, als sponsa christi (Braut Christi, Anm. d. Red.), unabhängig von der Institution Ehe leben. Die Reformation hat dazu geführt, dass die vorherrschende Trennung zwischen dem Raum der Familie – dem Raum der Welt – und der Kirche – dem Raum des Heils – zusammenbrach: Mit dem Protestantismus wurde die Familie zum Raum des Heils und die Mutter der Engel der Liebe.

Den Eltern, das sagt Luther ganz explizit, kam somit die Aufgabe zu, die „rasende Lust des Fleisches“ dadurch zu sühnen, dass sie wenigstens die Seelen der im sündigen Fleisch gezeugten Kinder wieder zu Gott führten. Die Familie als Raum des Heils stand von da an gegen die korrumpierte Welt. In katholischen oder post-katholischen Ländern ist das ganz anders, weil da die Familie logischerweise auf der Seite der Welt steht. Auf der Seite des Heils stehen die Kirche, die Klöster.

The European: Das 20. Jahrhundert wird oft als das „Jahrhundert des Kindes“ bezeichnet. Wie hat dies das deutsche Mutterbild beeinflusst, also auch das Bild der Mutter in der Familie?

Vinken: Natürlich ganz entscheidend. Die Familie ist vor allem in protestantisch geprägten Ländern ein Säkularisat. Aus dem Raum des Heils ist der Raum des Menschlichen schlechthin geworden, der gegen eine kalte Karrierewelt steht: Raum der Liebe gegen herzlos egoistische, ausbeuterische Welt. Und der Garant für dieses Wachsen-Können des Menschlichen ist die Figur der Mutter, die bedingungslos liebt und immer für die ihren da ist.

Interessanter Gedanke, wenn auch nicht ganz schlüssig, hat Luther doch die Ehe explizit als weltlich Ding bezeichnet und aus der Reihe der Sakramente ausgeschlossen. Ist die Familie nun Raum des Heils oder Säkularisat? Und was ist mit dem Gedanken der Familie als Hauskirche? Alles protestantisch?

Die Krise und die Demographie

Vor ein paar Tagen hörte ich im englischsprachigen Dienst von Radio Vatikan ein Interview mit Professor W. Bradford Wilcox, Soziologie und Direktor des National Marriage Project an der University of Virginia. Der Soziologe zog in diesem Interview die Verbindung zwischen der gegenwärtigen Finanzkrise und der demographischen Entwicklung in den westlichen Industriestaaten – ein Thema, das mich schon länger beschäftigt.

What’s happening right now in Europe is related in large part to what’s happened demographically in Europe during the last forty years, and by that I mean we’ve seen the baby boomers now aging and they are requiring more public support from the state in Italy, the state in Germany, the state in Greece. And yet, because of unsustainable fertility in countries like Greece and Italy and Spain, to some extent there are fewer workers in the workplace to pay taxes, to pay for public policies and public benefits for those who are retiring or who are already retired in those countries.

Das National Marriage Project hat vor kurzem die Studie The Sustainable Demographic Dividend publiziert, deren Kernthese lautet:

The long-term fortunes of the modern economy rise and fall with the family. The report focuses on the key roles marriage and fertility play in sustaining long-term economic growth, the viability of the welfare state, the size and quality of the workforce, and the profitability of large sectors of the modern economy.

Einer der Autoren der Studie, Phillip Longman, bringt diesen Zusammenhang in einem Interview auf den Punkt:

The first order effect of a decline in the birthrate tends to be positive for the economy. A society finds it has fewer children to raise and educate. That tends to free up a lot of female labor to join the formal economy. But with the next turn of the screw, things change. As fertility rates remain below replacement levels, you still have fewer children but now your workforce is beginning to decline and you’ve got more and more seniors as a percentage of your population. And so around the world today we see many countries struggling with their fiscal situation largely because of the exploding cost of pensions and the relatively slow growth of their labor forces.

Die Studie kommt zu diesem Fazit:

Business, government, civil society, and ordinary citizens would do well to strengthen the family—in part because the wealth of nations, and the performance of large sectors of the modern economy, is tied to the fortunes of the family.

Johannes Paul II. und die Theologie des Leibes

Völlig entgangen war mir bisher, dass das epochale Werk Menschliche Liebe im göttlichen Heilsplan von Johannes Paul II. schon seit fast zwei Jahren wieder lieferbar ist. Ich hatte seinerzeit das Buch Theologie des Leibes für Anfänger: Einführung in die sexuelle Revolution von Papst Johannes Paul II. von Christopher West mit Gewinn gelesen, dann aber vergeblich nach den Texten gesucht.

Rheinisch-katholisch hat übrigens schon im Februar angesichts der damals noch relativ frischen Missbrauchsdebatte auf die Theologie des Leibes und die beiden Bücher hingewiesen. Eine Einführung besonders für Jugendliche findet sich beim You-Magazin.

Was ich an der Missbrauchsdebatte gut finde

Immerhin darf jetzt wieder pervers genannt werden, was pervers ist. Auch wenn das Adjektiv gelegentlich unangebracht verwendet wird.

Bis jetzt war es doch so, dass nicht der Perverse pervers war (und auch so genannt werden durfte), sondern die Situation, in der er lebt. Immerhin Pädophile dürfen jetzt wieder pervers genannt werden. Das ist doch schon einmal ein Fortschritt.

Ferienprogramm

Heute ist der erste von insgesamt 20 (ok, vermutlich wird zwischendurch ein Bürotag nötig, also 19) Urlaubstagen, die mir vier freie Wochen oder auch 30 Tage fern der alltäglichen Routine bescheren werden. Ich habe mir für die Ferienzeit einen Plan gemacht, um sie etwas zu strukturieren und nicht von einem Extrem ins andere zu verfallen. Das Grundgerüst bildet ein Raster mit sechs Elementen:

  • Gebet: Laudes, Bibellektüre, Vesper, Komplet
  • Arbeit: Haus, Garten, Beruf
  • Sport: Laufen, Radfahren, Schwimmen (Freibad!)
  • Lesen
  • Kochen und Essen
  • Entspannen

Für jedes dieser Elemente sehe ich etwa zwei Stunden vor, was insgesamt 12 Stunden ergibt. Bleiben weitere zwölf Stunden für Schlaf, Sonstiges und falls irgendetwas mal wieder länger dauert.

Gebet und Bibellektüre nehmen wahrscheinlich weniger als zwei Stunden am Tag in Anspruch. Die Arbeit in Haus und Garten sowie gelegentlich auch Berufliches hingegen auf nur zwei Stunden am Tag zu beschränken ist schon schwieriger. Ein Freibadaufenthalt mit Junior dauert allein schon länger als zwei Stunden, während es mir gar nicht so leicht fällt, zwei Stunden am Tag zu lesen. Trotz einer langen Leseliste und überquellender Bücherregale reicht meine Konzentration selten für ausgedehnte Lesestrecken.

Kochen und Essen addieren sich inklusive Rezeptauswahl und Einkauf schnell auf mehr als zwei Stunden pro Tag, sodass ich mal sehen muss, ob noch Zeit zur Entspannung (zum Beispiel Musik hören, Klavier üben oder Mittagsschlaf halten) bleibt. Eine Woche werden wir mit insgesamt vier Kindern in Schloss Dankern verbringen. In dieser Zeit werden sich die Akzente vermutlich leicht verschieben, aber am Grundraster ändert sich nichts.

Und ganz am Ende meiner Ferien werde ich dann noch Gelegenheit haben, ein paar Tage bei den Trappisten von Mariawald zu Gast zu sein. In jener ersten Augustwoche beginnt dann auch schon wieder das neue Schuljahr.


Abtei Mariawald

Das Problem konfessionsverbindender Ehen

Das Problem konfessionsverbindender, wie es oft beschönigend heißt, eigentlich also konfessionsverschiedener Ehen müsse dringend gelöst werden, hörte ich heute im Radio vom Ökumenischen Kirchentag. Appelliert wurde an alle, die in Theologie und Kirche Verantwortung tragen.

Die Lösung ist doch ganz einfach: Einer der beiden Ehepartner konvertiert zur Konfession des anderen, schon gibt es kein Problem mehr. Warum immer die Lösung von Institutionen erwarten, wenn doch jeder einzelne alles in der Hand hat, was es zur Lösung braucht?

Ich lebe selbst in einer solchen Ehe, also weiß ich, wovon ich rede.

Die Causa Westerwelle und das System Hartz IV

Selbst auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise haben wir in Deutschland noch fast eine Rekordbeschäftigung. Jeder zweite Bürger, vom Kleinkind bis zum Greis, geht einer Erwerbstätigkeit nach. Arbeitslosigkeit existiert nur, weil die Erwerbsneigung noch höher ist. Und die Erwerbsneigung ist höher, weil die früher stabilen Familien als Lebens- und Erwerbsgemeinschaften mehr und mehr aufgelöst werden. Diese Auflösung ist überhaupt nur möglich, weil sie staatlich subventioniert wird. Diese Subvention heißt Hartz IV. Man kann das gut finden oder schlecht, aber der Zusammenhang ist offensichtlich.

Vor der Erfindung des modernen Sozialstaats gab es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu bestreiten: Erwerbsarbeit oder Leben in einer Familie, deren Auskommen durch Erwerbsarbeit oder Besitz gesichert ist. Der moderne Sozialstaat ist als dritte Möglichkeit hinzugekommen. Nun gibt es Menschen, und ihre Zahl wächst, die ohne Erwerbsarbeit und ohne Familie leben können. Ob sie das wollen oder nicht, ist erst einmal unerheblich. Sie können es, und sie tun es.

Laut einer Studie des DGB aus dem Jahr 2008 bekommen 42 Prozent der Alleinerziehenden Hartz IV. Anders als die klassische Familie, unter denen der Anteil der Hartz-IV-Empfänger deutlich geringer ist, ist das Modell der Alleinerziehenden also offensichtlich auf die Finanzierung durch den Staat angewiesen. Nur diese Finanzierung macht es (in 42 Prozent aller Fälle) überhaupt möglich. Wie ich oben schon schrieb, kann man das gut oder schlecht finden, aber der Zusammenhang lässt sich nicht leugnen.

Je kleiner die familiären Einheiten, desto größer die Erwerbsneigung in der Gesamtbevölkerung. Denn in jeder familiären Einheit muss oder will tendenziell mindestens eine Person einer Erwerbsarbeit nachgehen. Deshalb haben wir trotz annähernder Rekordbeschäftigung immer noch Arbeitslosigkeit. Das Angebot an Arbeitskräften ist dauerhaft größer als die Nachfrage.

In einer solchen Situation wird das Kapital strukturell knapper als die Arbeitskraft. Der Preis des Kapitals steigt, der Preis der Arbeitskraft fällt. Sinkende oder stagnierende Reallöhne führen am Arbeitsmarkt aber nur begrenzt zu sinkendem Arbeitskräfteangebot, da tendenziell nur die untersten Lohngruppen als Nachfrager ausfallen und zu Hartz IV wechseln. Für sie lohnt es sich nicht mehr zu arbeiten.

Der Arbeitsmarkt funktioniert also nicht wie ein Gütermarkt. Sinkende Löhne verringern die Erwerbsneigung kaum, im Gegenteil: Sie fördern den Trend zum Zusatzeinkommen. Familien sind auf ein zweites Einkommen angewiesen, wollen sie ihren Lebensstandard halten. So erhöhen sinkende Löhne sogar noch das Arbeitskräfteangebot. Das Ergebnis ist strukturelle Arbeitslosigkeit mit einem Sockel aus Hartz-IV-Empfängern.

Technokratin von der Leyen

Im Wahljahr 2009 gibt es für Katholiken zwei Gründe, das Kreuz nicht bei der CDU/CSU zu machen. Neben der populistischen, törichten und ungerechtfertigten Attacke der Kanzlerin auf Papst Benedikt XVI. ist die Person der Familienministerin Ursula von der Leyen und deren Politik das zweite Wahlhindernis.

Als ich im April dieses Interview im Deutschlandfunk hörte, wurde mir klar, dass die Familienministerin eine Technokratin reinsten Wassers ist. Misst man ihre auf eine Steigerung der Geburtenrate angelegte Familienpolitik an eben jener Geburtenrate, so ist sie bis jetzt ganz klar gescheitert. Im Jahr 2008 ging die Zahl der Geburten nach vorläufigen Zahlen um 1,1 Prozent zurück. Ein Jahr zuvor war sie um 1,8 Prozent gestiegen. In absoluten Zahlen ist damit wieder das Niveau von 2006 erreicht, dem Jahr vor der Reform.

Dies hält die Ministerin jedoch nicht davon ab, ihre Politik weiterhin für richtig zu halten. Dass sie nun angesichts des kurzfristigen Scheiterns für den langen Atem plädiert, ist völlig in Ordnung. Aber vielleicht hätte sie ihren vermeintlichen Erfolg im Februar nicht ganz so laut feiern sollen. Jetzt steht sie als Politikerin da, die vermeintliche Erfolge gern als Bestätigung ihrer Politik heranzieht, Misserfolge aber nicht zum Anlass etwaiger Korrekturen nehmen will. Was eigentlich könnte Frau von der Leyen zu Änderungen veranlassen, wenn nicht der Misserfolg – außer vielleicht der Finanzminister, der ihr die Mittel streichen könnte?

Es kann gut sein, dass ihre familienpolitischen Reformen keinerlei Auswirkungen auf die Geburtenrate haben. Dann sind sie aber ganz klar schädlich, denn sie binden knappe Steuermittel. Von diesem Geld hätten die Familien mehr, wenn der Staat es ihnen gar nicht erst wegnehmen oder der nächsten Generation in Form von Schulden aufbürden würde. Und eine weitere Verstaatlichung der Kinderbetreuung kann keinesfalls wünschenswert sein.

Von ähnlich technokratischem Geist bestimmt ist ihre Kampagne gegen Kinderpornographie, die inzwischen zum Kern der Sache vorgedrungen ist: den Freiheitsrechten der Bürger, die Frau von der Leyen um der vermeintlich guten Sache willen einzuschränken wünscht. Ganz ähnlich wie im Fall staatlicher Kinderbetreuung übrigens geht es auch hier darum, dem Staat Zugriff auf einen Bereich zu geben, wo er besser keinen Zugriff hätte.

Frau von der Leyen glaubt fest an den Staat und dessen Mittel, auf die Gesellschaft im Sinne ihrer Ideologie einzuwirken. Sie wünscht mehr Staat in der Familien- wie auch der Innen- und der Telekommunikationspolitik, in deren Bereiche sie sich eingemischt hat.

Und am Ende soll der nahezu allmächtige Staat von der Leyenscher Prägung auch noch im Bereich der Reproduktionsmedizin tätig werden und mit Steuermitteln Kinderwünsche erfüllen. Technik, Geld, Recht und der Staat können offensichtlich alles.

Siehe auch: Ursula von der Leyen und die Verbalkeule

Zum Einspruch verpflichtet

Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat dem Wetzlarer Bezirksdekan Peter Kollas sein Amt entzogen, nachdem dieser im Wetzlarer Dom zwei Homosexuelle gesegnet hatte, die zuvor ihre Partnerschaft hatten amtlich eintragen lassen (was vulgo heute als Hochzeit gilt). Dies berichtet die FAZ auf Basis einer Pressemitteilung des Bistums, die deutliche Worte findet:

Nach der Lehre der katholischen Kirche sind alle Gläubigen verpflichtet, gegen die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften Einspruch zu erheben. Aus diesem Grund ist es in katholischen Kirchen unmöglich, eingetragene Lebenspartnerschaften zu segnen. Es gibt nach Angaben des Bistums „keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn.“

Der Limburger Bischof wird sich damit in weiten Teilen der (ver)öffentlich(t)en Meinung keine Freunde machen. Doch wo er Recht hat, hat er Recht.

Sehr schön übrigens ein Satz bei Focus online:

Die Segnung löste auch unter Proteststanten empörte Proteste aus.

Was sollen sie sonst auch machen, die Protestanten, außer protestieren? Ein Kalauer, ich weiß. Den Tippfehler übersehe ich mal.

Hölzerne Hochzeit

Herz und Zehn

Vorgestern waren genau zehn Jahre vergangen, seitdem wir vor den Standesbeamten traten. Vor den Altar haben wir es dann erst vor vier Jahren geschafft.

In unserer Region wird nach zehn Jahren die Hölzerne Hochzeit gefeiert. Gestern kamen liebe Freunde und Nachbarn, um unseren Garten zu schmücken und mit uns ein Glas zu erheben.