Die drei Blickrichtungen der Initiative „Gemeinden im Aufbruch“ verdeutlichte Bernhard Dittrich, der Leiter der Pastoralabteilung des Bistums, mit passenden Bibelworten: „Weide meine Lämmer“ für die Stärkung der Kerngemeinden, „Sammle die versprengten Schafe Israels!“ für den Blick auf die gesamte Gemeinde und „Geht hinaus in alle Welt!“ für die Öffnung gegenüber den nicht christlichen Mitbürgern.
Welche konkreten Schritte dabei anstehen, sollte die jeweilige Gemeinde im gemeinsamen Gebet zum Heiligen Geist herausfinden, riet Bischof Reinelt. Wichtig dabei sei, sich nicht beirren zu lassen von scheinbaren Misserfolgen, von kleiner werdenden Zahlen bei Priestern und Gemeindemitgliedern: „Jesus zieht uns durch solche Erfahrungen mehr an sein Kreuz als durch Erfolgsmeldungen, und am Kreuz ist doch unsere Quelle!“ Die Gläubigen sollten sich sicher sein, sagte er bezugnehmend auf Jesu Gleichnis vom Sämann, dass der ausgesäte Same des Wortes nie ohne Wirkung bleibe, wenngleich die Wirkung sich nicht unbedingt zur eigenen Lebzeiten zeigen müsse und vielleicht auch anders, als mancher sich dies vorstelle.
Dass der Boden für Religiosität hierzulande mitunter besser ist als oft befürchtet, ließen die Erfahrungsberichte der Jenaer Professorin für Volkskunde, Christel Köhle-Hezinger, ahnen, die in der Mittagspause mit Bischof Reinelt und dem scheidenden evangelischen Landesbischof Volker Kress über „Chancen christlichen Wirkens in einer säkularen Umwelt“ diskutierte. Unter anderem berichtete die Volkskundlerin über das große Interesse ihrer Studenten an Themen wie Mythen oder Rituale und an Fragen nach der eigenen Herkunft und dem Sinn des Lebens. Als Lieblingsklänge hätten zwei Drittel der Studenten Stille oder spirituelle Klänge angegeben. Oft erlebe sie bei Nichtchristen eine größere Bereitschaft, über religiöse Fragen zu sprechen als bei Christen, stellte die Professorin fest. Sensibilität für Religiöses sei eine Sache, die Bereitschaft, sich einer Kirche anzuschließen eine ganz andere, meinte Bischof Kress und beklagte einen weit verbreiteten Hang zur Unverbindlichkeit, den auch sein katholischer Amtskollege bemerkt hat. Es komme darauf an, Menschen die Erfahrung zu ermöglichen, dass sie in einer Gemeinschaft zu einer tieferen, echteren Freiheit finden als im Streben nach größtmöglicher Individualität, meinte Reinelt.