2007 war das bisher schwerste Jahr meines Lebens. Ich erinnere mich an den 7. Januar, einen schönen Wintersonntag, als unsere Familie auf dem Pferdeberg spazieren ging. Meine Schwester war guter Dinge, hatte Pläne für das Frühjahr, wollte eine Kur machen, um sich von den Strapazen ihrer dritten Krebsoperation im Herbst 2006 zu erholen.
Nach diesem Tag habe ich sie noch zweimal getroffen: am 25. März, als wir den 75. Geburtstag unseres Vaters feierten, und am 19. April. Da sah ich sie in der Göttinger Uniklinik wieder, mit aller Kraft um Atem ringend. Ich durfte in dieser Nacht an ihrem Bett wachen, bis sie kurz vor dem Morgen des 20. April zu atmen aufhörte.
Ihr Mann, den sie noch Anfang Februar geheiratet hatte, war in jener Nacht dabei, ebenso wie unsere Mutter und unsere Tante. Am Morgen standen wir mit den beiden Söhnen am Totenbett ihrer Mutter. Mein Schwager ist nun Witwer, meine Neffen sind Halbwaisen.
Die Krankheit, der Tod und die Trauer haben dieses Jahr stark geprägt. Sie setzen ein Nachdenken über viele grundlegende Fragen frei, die sonst im Alltag kaum eine Rolle spielen. Ich war im Juni für ein paar Tage in der Benediktinerabtei Gerleve im Münsterland zu Gast, um nachzudenken und zu beten.
Ende Juli kam unsere Familie zu einem großen Treffen zusammen. Den Anlass gab der Besuch einer Tante und drei ihrer vier Söhne mit ihren Familien. Sie waren zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder aus Schweden nach Deutschland gekommen.
Das Jahr 2007 hat mir gezeigt, wie wichtig meine Frau und meine Söhne sind, wie wichtig meine Eltern, meine Geschwister und meine Neffen sind, meine Schwiegereltern und meine Schwägerin, ja, die ganze Großfamilie. Der Beruf, so wichtig er ist, tritt dahinter zurück. Er dient der Familie, nicht umgekehrt.
Auch beruflich war dieses Jahr sehr anstrengend und herausfordernd. Nun aber unterbrechen wir die Arbeit und feiern die Geburt des Herrn. Dieses Fest ist ein neuer Anfang, wie auch das neue Jahr.
Weihnachten heißt: Gott wird Mensch. Das ist der Beginn einer neuen Zeit. „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.“ Die Ehre Gottes und der Friede auf Erden gehören zusammen. „Ihr müsst von Grund aus umdenken und umlernen“, schrieb der Soldat Ernst Rausch zu Weihnachten 1944.
Nicht Ihr seid der Mittelpunkt Eurer eigenen merkwürdigen Welt, sondern Gott. Stellt Euch wieder an den rechten Platz, der Euch zukommt und seid Menschen. Menschen, die verstehen können, die ein Herz haben, die das Leid dem andern tragen helfen, die die Wunden des furchtbaren Krieges zu heilen versuchen, die Güte bringen, wo Herzen bluten, die Freude bringen, wo man sich grämt, die Licht bringen, wo es finster geworden, die Liebe bringen, wo das Maß der Leiden überlief.
Das ist die eherne Sprache des starken Geheimnisses, das hinter aller Krippenlieblichkeit und hinter allem Lichterglanz steht. Das ist der Ruf, der an uns in dieser Nacht ergeht. Das ist der Beginn der erlösenden Tat. Daran ist geknüpft die große Verheißung der Christnacht.
Frohe und gesegnete Weihnachten und ein glückliches Jahr 2008!