Die krasse Weihnachtsoktav

So wie bisher in keinem Jahr fällt mir in diesem Jahr auf, wie krass doch die Liturgie der Weihnachtsoktav ist. Es beginnt noch ganz harmlos mit der Lukanischen Weihnachtsgeschichte in der Heiligen Nacht. Wobei auch da schon das vor der Christmette gesungene Martyrologium eine Ahnung von der Tiefe des Ereignisses gibt.

Am Morgen des Weihnachtstages folgt der Johannesprolog, ein absoluter Hammertext. Von Krippenseligkeit keine Spur mehr:

Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Wir sind bei einem Grundthema der Heilsgeschichte und der Heiligen Schrift: Gott wendet sich an sein Volk, aber das will nichts von ihm wissen. So war es schon bei Adam und Eva, so war es bei Jesus Christus, und so ist es heute.

Der Protomartyrer Stephanus erinnert uns dann am zweiten Weihnachtstag an dreierlei: als Diakon an die Diakonie, den Dienst an den Armen, als Martyrer an den Zusammenhang von Krippe und Kreuz, als Visionär an den offenen Himmel, den der Heiland aufgerissen hat.

Der Apostel und Evangelist Johannes, dessen Prolog schon zwei Tage vorher zu Gehör kam, schließt sich am dritten Weihnachtstag an. Das Tagesevangelium berichtet von der Auferstehung. Damit haben wir nun Geburt, Kreuz und Auferstehung innerhalb von drei Tagen.

Es folgt das Fest der Unschuldigen Kinder – wieder Martyrer, wieder rot wie zwei Tage zuvor. Der Evangelist Johannes kommt nun in der Lesung zu Wort:

Wenn wir aber im Licht leben, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut seines Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde.

Das Evangelium, diesmal Matthäus, ruft die Verfolgung des neugeborenen Erlösers ins Bewusstsein, die zum Kindermord von Bethlehem führt. Dieses Fest findet seine Aktualisierung in der heutigen Abtreibungspraxis, der jedes Jahr allein in Deutschland und laut der offiziellen Statistik über 100.000 Kinder zum Opfer fallen.

Am fünften Tag der Weihnachtsoktav tritt eine gewisse Entspannung ein. An diesem Tag gedenkt die Kirche eines weiteren Martyrers, des Hl. Thomas Becket.

Auf den sechsten Tag fiel in diesem Jahr des Fest der Heiligen Familie, das auf den ersten Blick besser zur weihnachtlichen Stimmung passt. Allerdings auch nur, wenn wir die vielfältigen Gefährdungen der Familie außer Acht lassen, auf die nicht zuletzt Papst Benedikt nicht müde wird hinzuweisen.

Mit dem heutigen Silvestertag, dem siebten Tag der Weihnachtsoktav, und dem morgigen Hochfest der Gottesmutter endet die Weihnachtsoktav. Doch auch das Thema des morgigen Tages hat es noch einmal in sich. Dazu morgen mehr an dieser Stelle.

Kirchliche Publizistik in Deutschland

Vor einiger Zeit hatte ich an dieser Stelle, am Rande einer Kurzrezension, eine flapsige Bemerkung zum Zustand der kirchlichen Publizistik in Deutschland zu Protokoll gegeben und weitere Ausführungen für später angekündigt. Damals nannte ich Weltbild, Kirchenzeitungen und den Rheinischen Merkur als Stichworte für die verkorkste Lage.

Zu Weltbild ist bereits vieles geschrieben worden. Mit der im Sommer angekündigten Gründung einer Stiftung, die alleiniger Gesellschafter der Verlagsgruppe Weltbild werden soll, ist zumindest eines erreicht worden – die Diskussion ist zur Ruhe gekommen. Mit der Stiftungslösung wird Weltbild aus dem engeren kirchlichen Raum in eine gewisse Selbständigkeit entlassen.

Es hängt nun von der Ausgestaltung der Stiftungssatzung und den allfälligen Personalentscheidungen ab, welchen Kurs die Stiftung und die Verlagsgruppe nehmen werden. Nach wie vor liegt hier eine gewaltige Chance. Zwar ist der zunächst geplante Verkauf vor allem daran gescheitert, dass sich die gesamte Verlags- und Buchhandelsbranche mitten in einem radikalen Strukturwandel befindet.

Doch bietet gerade der Wandel die Möglichkeit, eine katholische Mediengruppe aufzubauen, die sich der Digitalisierung nicht verschließt. Wenn man schon umbauen muss, dann am besten gleich richtig. Mit den richtigen Leuten an der Spitze könnte so ein katholisches Powerhouse entstehen. Unabhängigkeit heißt schließlich auch Unabhängigkeit von Ordinariaten.

Ein Problem der bisherigen Gesellschafterstruktur ist ja ihre Zersplitterung. Zwölf Bistümer, der Verband der Diözesen Deutschlands und die Soldatenseelsorge Berlin teilten sich die Eigentümerschaft. Das hat die Steuerung des Unternehmens nicht gerade erleichtert.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Weltbild diese Chance nutzen kann, halte ich allerdings für gering. Wahrscheinlicher ist, dass der Konzern den bisherigen Kurs in der neuen Struktur weitgehend unbehelligt fortsetzen kann. Und ebenso, dass genau das die Absicht der Neustrukturierung als Stiftung ist.

Soviel für heute. Zu den Kirchenzeitungen und dem Rheinischen Merkur zu gegebener Zeit mehr.

Eucharistiefeier

Regelmäßig begegnet mir die Bezeichnung Eucharistiefeier für die gesamte Heilige Messe. Ich frage mich, ob damit eine besondere Aussage verbunden ist, und wenn ja, welche das sein könnte.

Sprachlich ist das zunächst ein pars pro toto, denn schließlich ist die Eucharistiefeier nur ein Teil der Messe, innerhalb derer ihr der Wortgottesdienst vorausgeht. (Hier ist die Rede von der Messe nach dem Missale von 1969/70.) Soll damit also die Bedeutung der Eucharistie besonders betont werden?

Dagegen spricht, dass dort, wo gern von der Eucharistiefeier gesprochen wird, häufig auch die Gleichgewichtung der beiden Teile vertreten wird. Dies findet zum Beispiel in der geläufigen Rede vom „Tisch des Wortes“ (=Ambo) und „Tisch des Brotes“ (=Altar) seinen Ausdruck.

Ist dann vielleicht am Wort „Messe“ (oder „Heilige Messe“) irgendetwas Unzeitgemäßes, sodass es durch ein anderes Wort ersetzt werden muss? Das Wort „Eucharistiefeier“ klingt in meinen Ohren vergleichsweise akademisch-geschraubt, auch wenn ich gern zugestehen will, dass es nur eine Silbe mehr hat als „Heilige Messe“.

Für mich gehört das Wort „Eucharistiefeier“ als Bezeichnung für die Heilige Messe ganz klar in eine bestimmte Epoche, die ungefähr mit den ersten zehn Jahren meines Lebens zusammenfällt. Also in die siebziger Jahre. Das Wort „Heilige Messe“ hingegen ist zeitlos, ja ewig.

Ist die Vermutung so abwegig, dass sich „Eucharistiefeier“ langfristig nicht wird halten können?

Fiskalklippe. Welche Klippe?

John Kornblum, früher Botschafter der USA in Deutschland, ist mir schon öfter durch seine nüchterne und besonnene Art positiv aufgefallen. Heute morgen hat er im Deutschlandfunk die allgemeine Hysterie um die aktuelle Haushaltslage der USA etwas zurechtgerückt.

Sein Tenor: Die Lage werde überdramatisiert. Und es gebe viele Ökonomen, die sagen, dass es vielleicht sogar gesund wäre für die Wirtschaft, wenn der Staat seine Ausgaben kürzt und die Steuern erhöht.

In der Tat. Die USA sind ein Staat, der seit Jahrzehnten über seine Verhältnisse lebt und es hauptsächlich seiner Leitwährung Dollar zu verdanken hat, dass ihm nach wie vor Geld geliehen wird. Früher oder später kommt der Punkt, an dem die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geschlossen werden muss.

Und da gibt es genau zwei Möglichkeiten: Ausgaben kürzen oder Einnahmen erhöhen. Oder auch beides. Und genau das wird passieren, wenn Demokraten und Republikaner nicht noch kurz vor Ultimo etwas anderes beschließen – und damit das Grundproblem wohl ein weiteres Mal vertagen.

Oscar Niemeyer und die Kathedrale von Brasilia

Am 5. Dezember starb der brasilianische Architekt Oscar Niemeyer. Zu seinen bedeutendsten Werken zählt die Kathedrale von Brasilia, oder Catedral Metropolitana Nossa Senhora Aparecida.

Dieser Bau ist in jeder Hinsicht bemerkenswert. Sehr eindrucksvoll schon auf den Bildern, glaubt man allerdings der Wikipedia, doch auch mit einigen praktischen Problemen behaftet, sowohl akustischer als auch klimatischer Natur.

Die vier Figuren vor der Kirche stellen übrigens die Evangelisten dar, links die drei Synoptiker, rechts Johannes, dessen Fest wir heute begehen.

Foto: Bgabel, Lizenz

Weihnachten 2012

2012 war ein Jahr, auf das ich mit einer gewissen Zufriedenheit zurückblicken kann. Ich denke an einen wunderbaren Sommerurlaub im Allgäu, der uns viel schönes Wetter, eine entspannte Zeit und eindrucksvolle Berge gebracht hat.

Der Höhepunkt war der Aufstieg auf den Hochgrat, den höchsten Berg des Allgäuer Voralpenlandes. Wir haben immerhin rund 1.000 Meter Höhenunterschied (netto) überwunden, den Abstieg nicht gerechnet. Für uns Flachlandbewohner ist das schon eine ganze Menge.

Mein Vater hat im März seinen 80. Geburtstag gefeiert. Ich bin froh und dankbar, dass er bei guter Gesundheit ist, nach wie vor ein aktives Leben führen und seine Enkelkinder aufwachsen sehen kann.

Unser Jüngster hat in seinem zweiten Gymnasialjahr schon mehr zu kämpfen als bisher. Es scheint aber, dass es mehr die Nerven seiner Eltern als seine eigenen sind, die er damit strapaziert. Mit seinem Tenorhorn macht er gute Fortschritte. Im Bläserchor hier an der Lühe spielt er jetzt auch schon mal bei den Erwachsenen mit.

Im Sommer bin ich in die Ausbildung zum Diakon aufgenommen worden, ein weiterer Schritt ist damit getan. Diese Ausbildung wird bis 2015 dauern, was noch weit entfernt klingt, aber bei genauerer Betrachtung doch schon recht bald ist.

Es wird nun bereits konkreter. Wir haben uns zum Beispiel mit der Seelsorge für Alte, Kranke und Zuwanderer befasst und im Herbst eine Woche lang intensiv das seelsorgliche Gespräch geübt. Ich merke, wie ich neu gefordert bin. Und zugleich nehme ich etwas für meinen Beruf mit.

Es wird sich um eine nebenberufliche und ehrenamtliche Aufgabe handeln, auf die ich mich vorbereite. Einerseits. Andererseits lautet die Bezeichnung: Diakon im Zivilberuf. Was schon andeutet, dass sich auch im Beruf das eine oder andere ändern wird.

Vor einigen Tagen, am 12. Dezember, hat Papst Benedikt (@Pontifex) zu twittern begonnen. Einer seiner ersten Tweets lautete:

Das ist, in aller Einfachheit, ein diakonisches Programm. Zuerst kommt das Gebet und damit die persönliche Beziehung zu Jesus Christus. Dann folgt das Evangelium, die Heilige Schrift, in der Gott uns anredet. Und schließlich als Antwort darauf die Zuwendung zu den Notleidenden, in denen wir Christus sehen können.

All das steht in enger Beziehung zueinander. Die Sorge um die Armen und Leidenden bleibt an der materiellen Oberfläche, wenn sie nicht aus der frohen Botschaft heraus geschieht. Und das Hören auf das Evangelium bleibt folgenlos, wenn es nicht in Gebet und Gottesbeziehung gründet. In einer Beziehung, die sich am Nächsten konkretisiert. Wer sich so dem Nächsten zuwendet, wendet sich Christus zu.

Nun feiern wir seine Geburt. Jesus ist selbst als Notleidender geboren worden, nicht im Palast, sondern im Stall. In der Herberge war kein Platz. Joseph Ratzinger schreibt im Prolog, seinem jüngsten Band über Jesus von Nazareth:

Von Geburt an gehört er nicht dem Bereich dessen zu, was weltlich wichtig und mächtig ist. Aber gerade dieser Unwichtige und Ohnmächtige erweist sich als der wahrhaft Mächtige, als der, auf den letztlich alles ankommt. So gehört zur Christwerdung das Hinausgehen aus dem, was alle denken und wollen, aus den herrschenden Maßstäben, um ins Licht der Wahrheit unseres Seins zu finden und mit ihm auf den rechten Weg zu kommen.

Christ sein heißt, mit den herrschenden Maßstäben nicht einverstanden zu sein, wenn sie nicht an Christus Maß nehmen. Weihnachten ist also alles andere als ein harmloses Fest, das allenfalls zu Übergewicht führen kann. Weihnachten ist radikal.

Frohe, gesegnete Weihnachten und ein glückliches Jahr 2013!

Sachdienliche Medienhinweise

Papst Benedikt XVI. hat jetzt ein Konto bei Twitter. Im Grunde sind es sogar acht, denn neben dem Hauptkonto gibt es sieben Sprachvarianten, darunter auch eine deutsche.

Der erste Tweet ist für den 12. Dezember angekündigt. Das ist dann auf den Tag genau 81 Jahre, nachdem Papst Pius XI. über Radio Vatikan seine erste Botschaft in die Welt sandte.

Father Z hat rechtzeitig zum Advent eine neue Reihe kurzer, täglicher Podcasts gestartet, den ADVENTCAzT. Damit setzt er eine Reihe fort, die er bereits zur Fastenzeit unter dem Namen LENTCAzT publiziert hatte.

Ökumenische Gedanken zum Advent

Denke ich an meinen Glaubensweg, dann ist die Kirchenmusik von großer Bedeutung. Und zwar die lutherische Kirchenmusik, jedenfalls zu großen Teilen. Heute Morgen habe ich mit meiner Kantorei wieder einmal drei Stücke zu Gehör gebracht, die wir schon vor etwa zehn Jahren gesungen haben. Dazu klang die prächtige Arp-Schnitger-Orgel, gespielt vom exzellenten Organisten, den sich die lutherische Ortsgemeinde nach wie vor leistet.

Das musikalische Kernstück des Gottesdienstes, vorgetragen logischerweise nach der Predigt, war das Deutsche Magnificat von Heinrich Schütz, das den Lobgesang der Maria ins wuchtige Lutherdeutsch übersetzt. Dazu kamen, thematisch eng verwandt, „Übers Gebirg Maria geht“ und der lutherische Adventsklassiker „Nun komm der Heiden Heiland“ (dessen katholische Variante „Komm, Du Heiland aller Welt“ im Vergleich etwas blass bleibt).

Etwas blass blieb im Vergleich mit all dem kirchenmusikalischen Glanz auch die gestrige Vorabendmesse – die aber den unbezweifelbaren Vorzug hatte, den jede Heilige Messe schon durch ihr reines Sein hat. Denn die Eucharistie war, was mir heute fehlte zum Glück. (Ein Abendmahl gab es auch nicht.)

Wie schön wäre es, wenn wir die kirchenmusikalischen Ressourcen noch viel öfter bündeln könnten! Eine Messe mit dieser Orgel und diesem Chorgesang, das wäre es doch.