Unter der Fuchtel

Scipio schreibt zur wahren Bestimmung der Weiblichkeit nach Johannes B. Kerner:

Wehe, Mädels, Bräute, Mütter, Ihr plant Euer Leben anders. Wehe, Ihr „committet“ Euch zu einem Leben als Hausfrau (a.k.a. Familienmanagerin) und Mutter: Da ist Schluß mit lustig. Da tritt der gesellschaftliche Liebesentzug ein. Da verfehlt Ihr Euer Wesen!

Selber schuld, wenn Ihr Freiwild werdet. Konntet’s ja sehen. Nicht umsonst sind die Tribunale öffentlich.

Ähnlich warnt auch idea-Reporter Marcus Mockler bei kath.net:

Eva Herman ist überzeugt, dass sie nicht nur vernünftige Werte vertritt, sondern auch biblische. Sie kämpft dafür, dass Müttern die Chance gegeben wird, sich in den ersten Lebensjahren um ihre Kinder zu kümmern. Der Ausbau der Krippenplätze sei eine einseitige Förderung berufstätiger Mütter mit Steuergeldern. Diese finanzielle Unterstützung hätten auch Vollzeitmütter verdient.

Dass auf solche Thesen hin versucht wird, Eva Herman in die braune Ecke zu stellen, muss Christen alarmieren. Und sie müssen sich vor Eva Herman stellen. Denn sonst passiert folgendes: Wer künftig öffentlich für ein Familienbild wirbt, bei dem die Mutter auf Erwerbstätigkeit verzichtet, um sich selbst um ihre Kleinstkinder zu kümmern, kann mit dem Satz mundtot gemacht werden: „Du redest ja wie Eva Herman.“ Um so unverständlicher ist es, wie wenig Solidarität die Moderatorin aus den Kirchen erfährt. Von den katholischen Bischöfen hat nur Walter Mixa (Augsburg) sie verteidigt, von den evangelischen niemand.

Unterstützung hingegen erfährt Eva Herman von Anna in deren jüdischem Tagebuch:

Ich habe Eva Herman verstanden. Und ich habe auch verstanden, dass sie mit ihren Thesen über die Rückkehr zu traditionelleren Familienwerten in Deutschland zur Zeit keine wirkliche Chance hat. Dafür stehen wir schon viel zu lange unter der Fuchtel unserer prominenten Berufsfeministinnen, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, unsere gesamte Gesellschaft so umzuerziehen, dass die traditionelle Rollenverteilung heute weitgehend als rückständig geächtet ist.

Mütter, die ihre Berufstätigkeit aufgeben, um ihr Kind zu Hause selbst betreuen zu können, dürfen bestenfalls in den ersten drei Lebensjahren des Kindes noch mit dem Verständnis der Gesellschaft rechnen – und das natürlich auch nur, solange es für die Kleinsten nicht genügend Betreuungsplätze gibt. Ab dem Kindergartenalter gibt es dann selbstredend auch für diese Frauen kein Pardon mehr. Spätestens jetzt sollten die jungen Mütter wenigstens halbtags wieder in ihren Beruf zurückkehren, wenn sie gesellschaftlich auf Linie sein wollen. Frauen, die sich dem Druck zur beruflichen Selbstverwirklichung widersetzen und freiwillig zu Hause bei den Kindern bleiben, müssen sich für ihr gesellschaftlich unkorrektes Verhalten mittlerweile sogar oft schon im privaten Umfeld rechtfertigen. Ihre größten Gegnerinnen sind dabei die berufstätigen Frauen, die sich ohne wirtschaftliche Notlage dem gesellschaftlichen Druck beugen und tagtäglich Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen versuchen, ohne sich selbst einzugestehen, dass die Doppelbelastung auf die Dauer eher in eine Nervenkrise als zur versprochenen Selbstverwirklichung führt.

[via dilettantus]

Die wahre Bestimmung der Weiblichkeit

Das Familiennetzwerk Deutschland fordert in einem offenen Brief eine Klarstellung von ZDF-Moderator Johannes B. Kerner, der in seiner Sendung am 9. Oktober in der Debatte mit Eva Herman diese Sätze gesprochen hatte:

Was ist denn die wahre Bestimmung der Weiblichkeit – [das] ist doch nicht zu Hause zu sitzen und die Kinder großzuziehen, sondern die wahre Bestimmung der Weiblichkeit ist doch, ein voll anerkanntes Mitglied einer Gesellschaft zu sein.

Die Koordinatorin der Initiative, die Kinderärztin und Familientherapeutin Maria Steuer, hält dem entgegen:

So viel Verachtung gegenüber Müttern ist uns selten entgegen geschlagen. Mütter leisten einen unersetzlichen Dienst, um ihre Kinder optimal auf das Leben vorzubereiten. Und nun müssen sie sich von einem Fernsehmoderator anhören, sie säßen (!) zuhause und seien keine voll anerkannten Mitglieder der Gesellschaft. Dies ist eine ungeheuere Diskriminierung!

Was war (3): Eva und die Wölfe

Was mich an der Aufregung der letzten Wochen über Eva Herman am meisten gestört hat, war die Geringschätzung, ja Verachtung der Mutterschaft, die in vielen Wortmeldungen zum Ausdruck kam. Mutter zu sein ist in Deutschland inzwischen etwas völlig Nachgeordnetes, das hinter allem Möglichen zurückstehen muss. Wer Mutter wird, hat offensichtlich nichts Besseres zu tun. Oder ist zu blöd zum Verhüten.

Eine zynische, menschen- und frauenverachtende Haltung scheint Allgemeingut geworden, jedenfalls in der veröffentlichten Meinung. Sie korrespondiert aufs Genaueste mit der jüngst veröffentlichten Abtreibungsstatistik und der Berichterstattung darüber. Angesichts von 42 Millionen Kindstötungen jährlich scheint die ganze Sorge den Zehntausenden Frauen zu gelten, die bei Abtreibungen ums Leben kommen.

Selbstverständlich ist das eine berechtigte Sorge, aber ist es nicht zynisch und menschenverachtend, die getöteten Kinder keines einzigen Gedankens zu würdigen? Und nimmt sich nicht die als Holocaust (Ganzopfer, Brandopfer) bezeichnete industrielle Ermordung der europäischen Juden im Vergleich zu 42 Millionen getöteten Kindern pro Jahr fast mickrig klein aus?

Eva Herman wird für ungeschickte Äußerungen zur nationalsozialistischen Familienideologie von mediokren Talkmastern öffentlich hingerichtet und in die Nähe zum Nationalsozialismus gerückt – während die Ideologie, gegen die sie sich wendet, Jahr für Jahr eine Zahl von Opfern fordert, die an die des Zweiten Weltkriegs heranreicht. Diese Ideologie ist die Geringschätzung des Lebens selbst und die Unterordnung des Lebens der nächsten Generation unter unsere Wünsche und Bedürfnisse.

Es ist in Deutschland fast schon rechtfertigungspflichtig geworden, Kinder aufzuziehen statt sie zu verhüten oder abzutreiben. Werte wie Liebe, Familie und Kinder waren einmal selbstverständlich und sind es in jeder gesunden Gesellschaft. In Deutschland nicht.

Diskurshoheit

Das Bedauern des Erzbischofs von Köln, niedergeschrieben in der FAZ von morgen, fand seinen Weg heute abend in die Tagesschau. Viel klarer als in dieser Zeitung wird er seine Position nicht mehr formulieren können, und dennoch wird weiterhin das Geschrei derjenigen zu hören sein, die ihn falsch verstehen wollen. Und derer, die ihn richtig verstehen und genau deshalb schreien.

Joachim Kardinal Meisner schert sich nicht um die Denk-, Diskurs- und Formulierungsverbote, die Eva Herman gerade den Arbeitsplatz gekostet haben. Er trifft, und die getroffenen Hunde bellen. Sein inzwischen auch schon nicht mehr ganz neuer Pressesprecher zieht dabei offensichtlich mit zunehmendem Geschick die kommunikativen Fäden für seinen Dienstherrn.

Mit der Nazi-Keule kann man in diesem, unserem Land fast jeden erschlagen, mag der Anlass auch noch so absurd sein. Den Kölner Hirten nicht. Und das ist auch gut so.

Motu Proprio von der Brandstwiete

Der Spiegel 14/2007 (Ausriss)

Eine trivialisierte, auf den Leisten des Hamburger Nachrichtenmagazins gespannte Version der developing story vom Motu Proprio zur Freigabe der alten Messe. Im Spiegel 14/2007. Warum im Deutschland-Teil? Des deutschen Papstes wegen?

Morgen. Andacht?

Scipio führte neulich Klage über bischöfliche Mitarbeiter, die eher gegen als mit dem Bischof arbeiten. Das rief sofort Assoziationen zur täglichen Morgenandacht hervor, die mir passioniertem Hörer des Deutschlandfunks nicht entgeht. Jedenfalls, solange der Wasserkocher für den Morgenkaffee nicht lauter rauscht als das Radio tönt.

Diese kurzen Wortbeiträge befassen sich mit allen möglichen Themen, von der aktuellen politischen Lage über die gut gemeinte Hilfe in allen Lebenslagen bis zum moralisch-moralinsauren Appell an den Hörer. Wie wäre es denn, ihr Medienbeauftragten der Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, einfach mal mit einer Andacht? Oder auch der Rede von Gott?

So jedenfalls lösen diese Sendungen auch beim hartgesottensten Katholiken einen kräftigen Abschaltimpuls aus. Wäre da nicht das gnädige Rauschen des Kaffeewassers.

Was außerdem fehlt

Bessere Medienpolitik im Vatikan. Guido Horst (Die Tagespost) fasst die Schwierigkeiten päpstlicher PR prägnant zusammen:

Bereits drei Mal haben die führenden Medien vor allem des englisch- und des französischsprachigen Raums versucht, Papst Benedikt XVI. in Bedrängnis zu bringen. Nach der Regensburger Vorlesung, als ein kurzes Zitat ohne den dazugehörenden Zusammenhang durch die – vor allem – muslimische Welt befördert wurde.

Dann während der Türkei-Reise des Papstes, als führende Zeitungen so taten, als habe Benedikt XVI. im Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten seine persönliche Haltung zum Beitritt des Gastlandes zur europäischen Union geändert. Und schließlich am Anfang dieser Woche, als wieder fast dieselben Blätter den Skandal von Warschau als Fehler des Papstes hinstellen wollten.

Es gibt die einflussreichen Kräfte in der internationalen Medienszene, die – auch komplizierte – Vorgänge nicht erläutern wollen, sondern diese nutzen, um der Kirche und vor allem ihrer „Zentrale“ in Rom zu schaden. Es scheint, dass die „Schonfrist“ für den deutschen Theologen-Papst abgelaufen ist.

Für den Vatikan wird das vor allem zwei Konsequenzen haben: Seine eigene Medienpolitik zu überdenken und zu verbessern. Bisher hat man hier eher reagiert als Initiativen entwickelt. Zum Zweiten gilt es, das Instrument der Nuntiaturen in aller Welt auf den Prüfstand zu stellen. Eine Panne wie die in Warschau darf sich nie mehr wiederholen.

Vgl. dazu auch fono: Was der Vatikan von Apple lernen könnte