Ein Unternehmensberater in Rom

Papst Franziskus hat Thomas von Mitschke-Collande als Berater für seine geplante Reform der römischen Kurie hinzugezogen. So berichtet es jedenfalls heute der italienische Vatikanist Sandro Magister. Der ehemalige Direktor der Unternehmensberatung McKinsey in München war bereits für die Deutsche Bischofskonferenz und für verschiedene Diözesen tätig.

Im vergangenen Jahr hat er ein Buch mit dem Titel „Schafft sich die katholische Kirche ab? Analysen und Fakten eines Unternehmensberaters“ publiziert, für das Kardinal Karl Lehmann ein Vorwort beisteuerte.

Alles klar also? Ein Unternehmensberater maßt sich an, es besser zu wissen als die Insider? Und die Lehmannkirche gibt ihren Segen dazu? Nun, der Autor ist praktizierender Katholik und in seiner Gemeinde aktiv. Er weiß also zumindest, wovon er spricht. Ich habe begonnen, das Buch zu lesen.

Ein Jahr mit Bach

Am 1. Sonntag nach Trinitatis, wie der heutige Sonntag in der lutherischen Tradition heißt, habe ich vor einem Jahr die erste Playlist mit den Bachkantaten zum Tage auf Spotify angelegt. Seitdem kam an den meisten Sonn- und Feiertagen eine neue Playlist hinzu.

Somit feiere ich heute ein kleines Jubiläum: ein Jahr mit Bach. Das geistliche Werk dieses Großen der Musikgeschichte ist einfach unglaublich faszinierend. Dabei sind die Kantaten nicht einmal alles, sondern sozusagen der Cantus firmus, der rund ums Jahr den geistlichen Takt angibt. Man denke an seine Oratorien, die Passionen oder auch die h-Moll-Messe.

Das lutherische Kirchenjahr wies schon zur Zeit Bachs gegenüber dem katholischen eine Reihe von Lücken auf, sodass zu manchen Festen wie Fronleichnam oder Mariä Himmelfahrt keine Kantaten gebraucht wurden. Gleiches gilt für die Advents- und Fastenzeit, in der die die Bachsche Kantorei überwiegend schwieg.

An solchen Sonntagen habe ich mangels Bach auf der Suche nach geistlicher Musik einen seiner weniger bekannten Zeitgenossen entdeckt, den Komponisten Christoph Graupner. Er hat ein vom Umfang her noch einmal deutlich größeres Werk geistlicher Kantaten hinterlassen. Allerdings steht davon nur ein kleinerer Teil als Aufnahme bei Spotify zur Verfügung.

In den nächsten zwölf Monaten werde ich die noch fehlenden Playlists soweit wie möglich ergänzen, gelegentlich auch noch andere Aufnahmen der gleichen Kantaten hinzufügen und für die Festtage ohne Bachkantaten nach geeigneten Alternativen suchen. Wer sich dafür interessiert, kann dem Geschehen auf Spotify oder auch Facebook folgen.

Víctimæ pascháli laudes

Víctimæ pascháli laudes
ímmolent Christiáni.

Agnus rédemit oves:
Christus ínnocens
Patri reconciliávit peccatóres.

Mors et vita
duéllo conflixére mirándo:
dux vitæ mórtuus regnat vivus.

Dic nobis, María,
quid vidísti in via?

Sepúlcrum Christi vivéntis
et glóriam vidi resurgéntis.

Angélicos testes,
sudárium et vestes.

Surréxit Christus, spes mea:
præcédet vos in Galilaeam.

Scimus Christum surrexísse a mórtuis vere:
tu nobis, victor Rex, miserére. Amen. Allelúia.

Singt das Lob dem Osterlamme,
bringt es ihm dar, ihr Christen.

Das Lamm erlöst‘ die Schafe:
Christus, der ohne Schuld war,
versöhnte die Sünder mit dem Vater.

Tod und Leben, die kämpften
unbegreiflichen Zweikampf;
des Lebens Fürst, der starb, herrscht nun lebend.

Maria Magdalena,
sag und, was du gesehen.

Sah Engel in dem Grab,
die Binden und das Linnen.

Das Grab des Herrn sah ich offen
und Christus von Gottes Glanz umflossen.

Er lebt, der Herr, meine Hoffnung,
er geht euch voran nach Galiläa.

Lasst uns glauben, was Maria den Jüngern verkündet.
Sie sahen den Herren, den Auferstandenen.

Ja, der Herr ist auferstanden, ist wahrhaft erstanden.
Du Sieger, König, Herr, hab Erbarmen!

Lat. nach dem Missale Romanum von 1962, dt. nach dem aktuellen Schott.

Theologische Tugenden und Grundvollzüge

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Franziskus, unser neuer Papst, ist ein völlig anderer Typ als Benedikt XVI., der wiederum ein völlig anderer Typ ist als es Johannes Paul II. war. Diese Reihe ließe sich vermutlich fortsetzen. An Johannes Paul I. und Paul VI. kann ich mich noch erinnern, Johannes XXIII. starb schon deutlich vor meiner Geburt.

Das Bild oben zeigt, wie sich die letzten drei Päpste den theologischen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe zuordnen lassen. Das ist ziemlich vereinfacht, man denke nur an Deus Caritas est und Spes Salvi. Aber dennoch trifft es den jeweiligen Akzent, wenngleich wir für Franziskus noch eher auf Mutmaßungen angewiesen sind.

Mir kamen spontan die drei Grundvollzüge Martyria, Leiturgia und Diakonia in den Sinn, die ich in genau dieser Reihenfolge den Päpsten Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus zuordnen möchte.

Liturgie ist, im krassen Unterschied zu seinem Vorgänger, erkennbar nicht das Kernanliegen des neuen Papstes. Ob wir ihn noch singen hören werden? Möglicherweise erlaubt ihm sein Lungenleiden keinen Gesang.

Hingegen Diakonie! Das scheint ihm ein zentrales Thema seines Lebens zu sein. Die Bilder, die ihn bei der Fußwaschung an Kranken zeigen, seine Aufforderung an argentinische Landsleute zu Spenden statt Transatlantikreisen zu seiner Amtseinführung – nur zwei Beispiele, denen weitere folgen werden.

Haben wir einen diakonischen Papst? Das ist eine wirkliche Überraschung, wie auch der von ihm gewählte Name und die weitere Novität, ein Jesuit auf dem Stuhl Petri zu sein. Unbefangen und unkompliziert wie seine ersten Auftritte wird wohl auch sein Umgang mit dem Vorgänger sein. Gerade weil er ein völlig anderer Typ mit eigenen Schwerpunkten ist, dürfte er über jeden Verdacht erhaben sein, im Schatten und unter ungebührlichem Einfluss seines Vorgängers zu stehen.

Möglich ist sogar, dass er zu einem großen Versöhner im Papstamt wird. Er erhält Zuspruch aus unerwarteten Ecken, quer durch das Spektrum kirchenpolitischer Lager. Zu seiner Amtseinführung wird der Ökumenische Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel nach Rom kommen, auch das ein Novum. Selbst die Piusbruderschaft könnte er noch in die volle Einheit zurückführen. Den nötigen Pragmatismus scheint er zu haben.

Wie ein Besuch beim Zahnarzt

„Es wird hoffentlich ein kurzes Konklave und recht bald beginnen. Ich will das mal mit dem Besuch beim Zahnarzt vergleichen. Da möchte man alles schnell hinter sich bringen.“
Paul Josef Kardinal Cordes im Interview mit der „Bild“

Eine Woche Sedisvakanz

Seit einer Woche ist der Stuhl Petri vakant. Die Hälfte der vorgeschriebenen Zeit bis zum Konklave ist bereits verstrichen. Unter Umständen beginnt es, da nun alle wählenden Kardinäle in Rom anwesend sind, auch schon früher.

Am kommenden Montag wird genau ein Monat vergangen sein, seit Papst Benedikt XVI. die Welt mit der Ankündigung seines Amtsverzichts überrascht hat. Dieses Kapitel der Kirchengeschichte ist abgeschlossen. Ich muss sagen, dass ich damit inzwischen im Reinen bin.

Das Tagesgeschäft der Kirche geht weiter, auch ohne Papst. In Rom sind die Kardinäle gefordert, und ihre tägliche Arbeit hat etwas Beruhigendes. Einer von ihnen wird mit hoher Sicherheit bald Papst sein. Welcher das sein wird, ist eine spannende Frage.

Doch sorgen muss diese Frage niemanden. Inzwischen waren so viele Portraits über Kardinäle zu lesen, die mir gut geeignet erscheinen, dass ich mich auf den neuen Papst von Herzen freuen kann. Ich bin gespannt auf die Messe für den zu wählenden Papst, auf den feierlichen Einzug ins Konklave, die Bilder des kleinen Schornsteins auf der Sixtinischen Kapelle.

Schon bald wird weißer Rauch aufsteigen, die Glocken von St. Peter werden festlich läuten, das „Habemus Papam“ von der Mittelloggia ausgerufen. Wir werden den Namen des neuen Papstes hören, und auch, wie er sich künftig nennen wird. Dann wird er selbst hervortreten, eine erste Ansprache halten und den Segen Urbi et Orbi spenden.

Einige Tage darauf folgt die Krönungsmesse auf dem Petersplatz, die vermutlich mangels Tiara nicht so heißen wird. Und sogleich die Heilige Woche, die am Ostertag erneut mit dem Segen Urbi et Orbi aufwartet. Sollte der neue Papst dann nach Castel Gandolfo aufbrechen, wird er dort mit seinem Vorgänger zusammentreffen – ein weiteres historisches Ereignis.

Wir werden viele Bilder sehen, jede Menge Schlagzeilen lesen, viel dummes Geschwätz darunter. Doch auch die wichtigsten Worte der Menschheitsgeschichte:

Christus resurrexit!

Zwei Lehren aus einem Pontifikat

Das Pontifikat Benedikts XVI. ist zuende. Die beiden vielleicht wichtigsten Lehren für mich verbinden sich mit dem Anfang und dem Ende der Amtszeit des jüngsten Papstes.

Als 2005 Papst Johannes Paul II. starb und Joseph Ratzinger zu seinem Nachfolger gewählt wurde, als Papst Benedikt XVI. im Sommer zum Weltjugendtag nach Köln kam, da wurde mir klar, was Weltkirche bedeutet. Deutschland mochte zwar jetzt Papst sein, der Nabel der katholischen Welt war und ist es deshalb noch lange nicht.

Seitdem schaue ich auf manches, was uns hierzulande in Kirchenkreisen intensiv zu beschäftigen scheint, mit einem gewissen inneren Abstand. Deutschland mit seinen (noch) nahezu gleichgewichtigen konfessionellen Gruppen ist und bleibt im weltweiten Maßstab ein Sonderfall.

Und während wir hierzulande Kirchen schließen und Gemeinden fusionieren, weil uns die Gläubigen abhanden kommen, wächst die Weltkirche kräftig weiter. Allein von 2004 bis 2010 (jüngere Zahlen liegen noch nicht vor) stieg die Zahl der Katholiken um nahezu 100 Millionen, von 1,098 Milliarden auf 1,196 Milliarden.

Eine zweite wichtige Lehre lässt sich mit den Stichworten Demut und Gehorsam beschreiben. So heißt ein kleiner Band aus Münsterschwarzach, den mir vor einigen Monaten mein geistlicher Begleiter ans Herz legte. Was Demut und Gehorsam bedeuten, hat Papst Benedikt mit seinem Amtsverzicht auf eine völlig neue Weise gezeigt.

Wie leicht lässt sich Demut mit Kleinmut verwechseln. Wie schwer fällt mir der Gehorsam gegenüber meiner Berufung und dem, der mich beruft. Welche Ausflüchte bringe ich vor, wenn es um ganz konkrete Fragen geht. Wie oft scheinen mir allerlei praktische Hindernisse übergroß im Weg zu stehen.

Ich denke an einen berühmten Satz von Papst Johannes XXIII.: „Giovanni, nimm dich nicht so wichtig.“ Papst Benedikt hat seinen Amtsverzicht als eine neue Berufung gedeutet. Eine kühne Deutung für einen kühnen Schritt. Schaue ich auf meine Berufung, dann möchte ich ihr mit ebensolchem Mut und ebensolcher Demut folgen können.

Die Stimmung im Lande

Es ist kein halbes Jahr her, da erwähnte ich in einem Gespräch mit unserem Weihbischof, dass sich in unserem Lande eine gefährliche Stimmung zusammenbraut. Dass es Menschen gibt, die uns Christen an den Kragen wollen und das auch offen aussprechen.

Er hielt das damals für übertrieben.

Hmm. Immer noch?

Für die Abschaffung der Zivilehe

In einem ansonsten weitgehend indiskutablen Blogeintrag las ich heute einen Satz, der zumindest eine Überlegung wert ist:

Ich finde die Position weit konsistenter, die Ehe als Rechtsinstitut abzuschaffen und dafür jene, die Kinder haben, steuerlich zu privilegieren – und dann sollen doch die Katholiken ihre vermeintlich heiligen Sakramente abfeiern, bis sie am Weihrauch ersticken. [Hervorhebung im Original]

Diesen Gefallen werden wir Katholiken sicher niemandem tun, aber die Zivilehe abschaffen – warum eigentlich nicht? In Deutschland kennen wir dieses Rechtsinstitut erst seit gut 200 Jahren, und zu verdanken haben wir es der französischen Besatzung. Der erste Anlauf hielt nicht lange, und erst 1874 wurde die Zivilehe in Preußen eingeführt. Ein Jahr später galt sie dann, wir schreiben die Zeit des Kulturkampfes, im ganzen Deutschen Reich.

Die Zivilehe war ein Instrument, mit dem der Staat die Kirche bekämpfte. Daran sollten wir Katholiken uns erinnern, wenn wir nun die Zivilehe gegen ihre endgültige Auflösung meinen verteidigen zu müssen. Denn darauf läuft ja die Entwicklung nicht erst seit gestern hinaus. Spätestens mit der Möglichkeit der Ehescheidung begann dieser Auflösungsprozess, der mit der absehbaren Einführung der gleichgeschlechtlichen Zivilehe noch nicht abgeschlossen sein wird.

Bereits seit 2009 ist in Deutschland wieder eine kirchliche Eheschließung möglich, ohne vorher beim Standesamt eine Zivilehe geschlossen zu haben. Die kirchlich geschlossene Ehe hat keine zivilen Rechtsfolgen. Wofür genau ist eine Zivilehe noch gut, einmal von den möglichen steuerlichen Vorteilen abgesehen? Die könnten durch eine Erweiterung des in der Sozialgesetzgebung bereits eingeführten Begriffes der Bedarfsgemeinschaft abgelöst werden.

Wäre das nicht die einfachste Lösung?