Wahlentscheidung 2009 (Teil 8 und Schluss)

Es war keine einfache Entscheidung. Ich bin inzwischen ein klassischer Wechselwähler geworden. Bei der Europawahl hatte ich meine Stimme nach einigem Überlegen der AUF-Partei gegeben – die zur Bundestagswahl nicht antritt. Bei früheren Bundestagswahlen hatte ich häufig Erst- und Zweitstimme an verschiedene Parteien vergeben.

In diesem Jahr habe ich nur eine Partei gewählt – die FDP. Trotz Westerwelle. Letztlich haben mich die Kandidaten überzeugt, die heute auf meinem Stimmzettel standen. Und umgekehrt: Im Ausschlussverfahren kamen für meine Erststimme weder die beiden bisherigen Abgeordneten meines Wahlkreises in Frage noch die sonstigen Bewerber kleiner Parteien. Ähnlich bei der Zweitstimme – die CDU schickt schon auf den ersten drei Plätzen ihrer Landesliste zwei Kandidatinnen ins Rennen, die für mich nicht wählbar sind. Die FDP hingegen tritt mit zwei Katholiken auf den Plätzen 1 und 3 an, und das in einem Diasporabundesland.

Der entscheidende Grund, nicht die Piraten zu wählen, sind die Kandidaten. Ich konnte über sie wenig bis gar nichts in Erfahrung bringen. Vielleicht habe ich nicht genug gesucht, aber von einer Internetpartei erwarte ich da schon mehr. Ich gebe zu, dass ich die Kandidaten der übrigen Landeslisten, mit denen ich inhaltlich wenig übereinstimme, gar nicht mehr angesehen habe.

Von Wahl zu Wahl achte ich mehr und mehr auf die Kandidaten, denen ich meine Stimme gebe. Das begann bei den Kommunalwahlen, die in Niedersachsen ohnehin sehr stark kandidatengetrieben sind. Da habe ich meistens quer durch das politische Spektrum die Kandidaten gewählt, weniger die Parteien. Und letztlich sind auch im Bundestag die Abgeordneten wichtiger als die Parteien. Sie sind zwar, wie vielfach beklagt wird, in eine strenge Fraktionsdisziplin eingebunden. Aber schließlich wählen sie den Kanzler, nicht ich. Ich wähle Abgeordnete, keine Parteien und auch keine Wahlprogramme.

Ich werde, das nehme ich mir vor, in den nächsten vier Jahren stärker als bisher auf meine Abgeordneten achten, also auf diejenigen, die ich in meinem Wahlkreis und in Niedersachsen gewählt habe oder wählen konnte.

Wahlentscheidung 2009 (Teil 7)

Bei der Vergabe der Erststimme ist übrigens zu berücksichtigen, dass die SPD-Kandidatin meines Wahlkreises mit Platz 23 keinen hundertprozentig sicheren Listenplatz hat. Zwar sitzen im aktuellen Bundestag 27 SPD-Abgeordnete aus Niedersachsen, allerdings erreichte die SPD im Schröderland bei der Bundestagswahl 2005 immerhin 43,2 Prozent der Zweitstimmen. Dieses Ergebnis dürfte sich so kaum wiederholen.

Eine wahltaktische Überlegung könnte sein, dass unsere Region mit zwei Abgeordneten aus beiden Regierungsparteien, den heutigen wie wahrscheinlich auch den künftigen, ganz gut im Parlament vertreten ist. Das spräche dafür, die Erststimme der SPD-Kandidatin zu geben. Und nicht meinem bisherigen Favoriten.

Wahlentscheidung 2009 (Teil 6)

Der Spitzenkandidat der FDP in Niedersachsen, Carl-Ludwig Thiele, ist katholisch, hat fünf Kinder und gegen das Zensursula-Gesetz gestimmt. Ebenfalls mit Nein gestimmt hat Dr. Claudia Winterstein, die auf Platz 2 kandidiert. An dritter Stelle kandidiert der Tierarzt MIchael Goldmann, ebenfalls ein Katholik. Im Juni trafen in seinem Berliner Abgeordnetenbüro Islam, Katholizismus und Orthodoxie aufeinander. An der Zensursula-Abstimmung hat er nicht teilgenommen.

Wahlentscheidung 2009 (Teil 4)

Um über die Vergabe der Zweitstimme entscheiden zu können, braucht es noch einen Blick auf die Landeslisten. Hier gehe ich nach der vom Wahl-O-Maten vorgeschlagenen Reihenfolge vor und schaue mir zunächst die Kandidaten der CDU in Niedersachsen an.

Oh Schreck, die Liste führt ausgerechnet Ursula von der Leyen an, die ich bekanntlich für unwählbar halte. Auf Platz 2 kandidiert Eckart von Klaeden, der immerhin im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages sitzt, gefolgt von Dr. Martina Krogmann – die auch in meinem Wahlkreis kandidiert und meine Erststimme nicht bekommen wird. Ist die CDU damit ausgeschieden? Gut möglich.

Die Kandidaten der FDP sind mir praktisch unbekannt. Der bekannteste der unbekannten Kandidaten dürfte Carl-Ludwig Thiele auf Platz 3 1 sein. Mein Wahlkreiskandidat und aktueller Favorit Serkan Tören hat es immerhin auf Platz 8 der Landesliste geschafft. Da im aktuellen Bundestag nur sechs niedersächsische FDP-Abgeordnete sitzen, ist das kein sicherer, aber auch kein aussichtsloser Listenplatz. 2005 kam die FDP in Niedersachsen auf 8,9 Prozent der Stimmen.

Schwer zu finden war die Landesliste der Piraten. Entdeckt habe ich sie schließlich beim Niedersächsischen Landeswahlleiter. Für die Piraten kandidieren zehn Männer, davon fünf Studenten und ein Arbeitsloser. Nur zwei von ihnen sind älter als ich. Auf Platz 1 findet sich der ehemalige Bundesvorsitzende Dirk Hillbrecht aus Hannover.

Mein Zwischenstand für die Zweitstimme: FDP oder Piraten.

Wahlentscheidung 2009 (Teil 3)

Bild 5

Neben meiner Erststimme, die vorerst an Serkan Tören (FDP) gehen soll, ist ja auch noch die Zweitstimme zu vergeben, und zwar für die Landesliste einer Partei. Hier ziehe ich zunächst den Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung zu Rate. Der ergibt, wenig überraschend, eine hohe inhaltliche Übereinstimmung mit der CDU/CSU, gefolgt von FDP und Piraten. SPD und Grüne folgen mit gewissem Abstand, abgeschlagen ist die Linke.

Wahlentscheidung 2009 (Teil 2)

Wenig zur Entscheidungsfindung beitragen konnte der Kandidaten-Check auf abgeordnetenwatch.de. Neben meinem bisherigen Favoriten Serkan Tören (FDP) haben sich nur Dr. Margrit Wetzel (SPD) und der Kandidat der Linken beteiligt. Mit den beiden erstgenannten Kandidaten fand ich jeweils 16 Übereinstimmungen (bei 32 Fragen), mit dem Kandidaten der Linken immerhin auch 12.

Wer weiß, vielleicht beteiligen sich ja auch noch die übrigen fünf Direktkandidaten an der Aktion. So bleibt es vorerst bei meiner Entscheidung zur Vergabe der Erststimme.

Wahlentscheidung 2009 (Teil 1)

In zweieinhalb Wochen wird der Bundestag gewählt – Zeit, sich allmählich Gedanken um die Wahlentscheidung zu machen. Erster Teil: die Erststimme.

Im Wahlkreis 031 (Stade I – Rotenburg II) stehen nur fünf acht Direktkandidaten zur Wahl. Die beiden bereits seit Jahren im Parlament vertretenen Damen Dr. Martina Krogmann (CDU) und Dr. Margrit Wetzel (SPD) haben sich mit ihrer Zustimmung zum Zensursula-Gesetz im Prinzip schon unwählbar gemacht. Bleibt eigentlich nur der Rechtsanwalt Serkan Tören (FDP), da der junge Auszubildende zum Verwaltungsfachangestellten (Grüne) oder der ältere Diplom-Sozialökonom und -Betriebswirt (Linke) auch nicht in Frage kommen. Von NPD, BüSo und dem Einzelbewerber ganz zu schweigen.

Technokratin von der Leyen

Im Wahljahr 2009 gibt es für Katholiken zwei Gründe, das Kreuz nicht bei der CDU/CSU zu machen. Neben der populistischen, törichten und ungerechtfertigten Attacke der Kanzlerin auf Papst Benedikt XVI. ist die Person der Familienministerin Ursula von der Leyen und deren Politik das zweite Wahlhindernis.

Als ich im April dieses Interview im Deutschlandfunk hörte, wurde mir klar, dass die Familienministerin eine Technokratin reinsten Wassers ist. Misst man ihre auf eine Steigerung der Geburtenrate angelegte Familienpolitik an eben jener Geburtenrate, so ist sie bis jetzt ganz klar gescheitert. Im Jahr 2008 ging die Zahl der Geburten nach vorläufigen Zahlen um 1,1 Prozent zurück. Ein Jahr zuvor war sie um 1,8 Prozent gestiegen. In absoluten Zahlen ist damit wieder das Niveau von 2006 erreicht, dem Jahr vor der Reform.

Dies hält die Ministerin jedoch nicht davon ab, ihre Politik weiterhin für richtig zu halten. Dass sie nun angesichts des kurzfristigen Scheiterns für den langen Atem plädiert, ist völlig in Ordnung. Aber vielleicht hätte sie ihren vermeintlichen Erfolg im Februar nicht ganz so laut feiern sollen. Jetzt steht sie als Politikerin da, die vermeintliche Erfolge gern als Bestätigung ihrer Politik heranzieht, Misserfolge aber nicht zum Anlass etwaiger Korrekturen nehmen will. Was eigentlich könnte Frau von der Leyen zu Änderungen veranlassen, wenn nicht der Misserfolg – außer vielleicht der Finanzminister, der ihr die Mittel streichen könnte?

Es kann gut sein, dass ihre familienpolitischen Reformen keinerlei Auswirkungen auf die Geburtenrate haben. Dann sind sie aber ganz klar schädlich, denn sie binden knappe Steuermittel. Von diesem Geld hätten die Familien mehr, wenn der Staat es ihnen gar nicht erst wegnehmen oder der nächsten Generation in Form von Schulden aufbürden würde. Und eine weitere Verstaatlichung der Kinderbetreuung kann keinesfalls wünschenswert sein.

Von ähnlich technokratischem Geist bestimmt ist ihre Kampagne gegen Kinderpornographie, die inzwischen zum Kern der Sache vorgedrungen ist: den Freiheitsrechten der Bürger, die Frau von der Leyen um der vermeintlich guten Sache willen einzuschränken wünscht. Ganz ähnlich wie im Fall staatlicher Kinderbetreuung übrigens geht es auch hier darum, dem Staat Zugriff auf einen Bereich zu geben, wo er besser keinen Zugriff hätte.

Frau von der Leyen glaubt fest an den Staat und dessen Mittel, auf die Gesellschaft im Sinne ihrer Ideologie einzuwirken. Sie wünscht mehr Staat in der Familien- wie auch der Innen- und der Telekommunikationspolitik, in deren Bereiche sie sich eingemischt hat.

Und am Ende soll der nahezu allmächtige Staat von der Leyenscher Prägung auch noch im Bereich der Reproduktionsmedizin tätig werden und mit Steuermitteln Kinderwünsche erfüllen. Technik, Geld, Recht und der Staat können offensichtlich alles.

Siehe auch: Ursula von der Leyen und die Verbalkeule

Klaus Berger kümmert sich nicht um Denkverbote

Klaus Berger, der sich erfreulicherweise nicht um Denkverbote schert und gern Klartext spricht, hat der Jungen Freiheit ein Interview gegeben. Das allein ist ja schon politisch inkorrekt. Auch in der CDU droht Redakteuren dieses Blattes durchaus Amtsverlust.

Den Anlass gaben die jüngsten Diskussionen um die Bedeutung des Kreuzestodes Christi, die Berger sehr treffend kommentiert:

Dieser Streit könnte nicht weniger markieren als das Ende des Christentums – wenn sich diese These durchsetzt.

Doch nicht darum soll es hier gehen. Stattdessen eine Reihe zitierenswerter Sätze Bergers:

Die Trennlinie verläuft in der Theologie zwischen Fundamentalismus und liberalem Christentum. Man selbst steht ratlos dazwischen, denn Fundamentalismus will man nicht, weil er Unbelehrbarkeit, und liberale Soße will man auch nicht, weil sie Profillosigkeit bedeutet.

Es ist übrigens typisch, daß die Katholiken, die liberal sein möchten, immer versuchen, die Protestanten links zu überholen. De facto gibt es heute eine Ökumene der liberalen Katholiken und Protestanten einerseits und der bibeltreuen Katholiken und Protestanten andererseits. Die Trennlinie verläuft schon lange nicht mehr wirklich zwischen den nominellen Konfessionen. In Deutschland sind die Bibeltreuen bekanntlich schon lange in der Minderheit.

Fundamentalist ist, wer meint, in der Kirche dürfe nur seine eigene Meinung gelten. Das gilt für „Rechte“ wie für „Linke“. Deshalb gibt es das Unfehlbarkeitsdogma, das nur für einen gilt und dann auch nur manchmal. Wo kämen wir hin, wenn von 1,3 Milliarden Katholiken jeder sich für unfehlbar halten würde?

Ich finde, die Judenmission sollte nach dem Vorbild des Paulus vor allem eine Sache der jüdischen Christen sein. Der Umgang der übrigen Christen mit solchen Judenchristen ist allerdings gegenwärtig der eigentliche schwarze Fleck auf unserer Weste! Denn diese sitzen buchstäblich zwischen allen Stühlen und werden daher – im Unterschied zum Beispiel zum Dalai Lama – noch nicht einmal zu Kirchentagen eingeladen, weil man fürchtet, damit die übrigen Juden zu verärgern. Diese Feigheit der Christen in Deutschland gegenüber ihren getauften jüdischen Brüdern und Schwestern ist allerdings ein Skandal.