Officium Divinum Parvum im Test

Schon seit geraumer Zeit hatte ich ein Auge auf das Officium Divinum Parvum geworfen. Es handelt sich um den direkten Vorläufer des Christuslob und war wie letzteres vor allem in den tätigen Frauenorden in Gebrauch. Der Seckauer Benediktiner P. Hildebrand Fleischmann OSB, von dem auch das 1933 erschienene Volksbrevier stammt, hat das Officium Divinum Parvum 1947/50 im Auftrag der Fuldaer Bischofskonferenz publiziert. Diese Rezension bezieht sich auf die 9. Auflage, die 1958 erschien. Der Episkopat, so heißt es im Bischöflichen Geleitwort, wolle

mit diesem neuen Offizium den Ordensgenossenschaften, die zum Römischen Brevier nicht verpflichtet sind, aber doch einen engeren Anschluss ans Kirchenjahr wünschen, an Stelle des Marianischen Offiziums ein kleines Brevier darbieten, das sich ihren Bedürfnisen anpasst und nichts anderes ist als ein vereinfachtes, verkürztes Römisches Brevier.

Das trifft es sehr genau. Das Büchlein hat in etwa das Format unseres Kleinen Stundenbuches und bringt das Kunststück fertig, in einem einzigen Band nicht nur das gesamte Kirchenjahr abzubilden, sondern auch sämtliche acht Horen – von der Matutin bis zur Komplet – und immerhin 128 der 150 Psalmen. Sie sind in zwei Wochenreihen angeordnet, sodass jede Hore höchstens drei Psalmen enthält. Längere Psalmen werden in mehrere Teile aufgespalten, wie es auch im Römischen Brevier Usus ist. Die mir vorliegende Ausgabe ist in deutscher Sprache gehalten. Es gibt aber auch lateinisch-deutsche Ausgaben, und eine solche suche ich noch.

Seit einigen Tagen bete ich aus diesem Kleinen Officium neben Laudes und Vesper noch die Komplet, wenn auch nicht jeden Tag. Diese drei Horen sind recht kurz – weil die Fürbitten fehlen, sogar kürzer als im heutigen Stundenbuch. Diese Kürze lässt theoretisch auch dem berufstätigen Beter Raum dafür, weitere Horen in den Tagesablauf zu integrieren. Beim Römischen Brevier bin ich meistens am Umfang der Komplet gescheitert: Auf der Bettkante bin ich schon zu müde dafür. Beim Officium Divinum Parvum ist das kein Problem. Die Komplet hat nur einen Psalm, der wochenweise wechselt, und ist zudem jeden Tag identisch.

Brillant ist die Flexibilität des Officium Divinum Parvum, erlaubt es doch ein kürzeres, mittleres oder längeres Officium. Beim kürzeren wird die Lesung in der Matutin auf den ersten Absatz gekürzt und in jeder Hore nur ein einziger Psalm gebetet. Die anderen Teile der Lesung und die ausgelassenen Psalmen können dann wochenweise an die Reihe kommen. Das mittlere Officium lässt die II. Nokturn an Festtagen weg, die im längeren Officium gebetet wird.

Mit dem Officium Divinum Parvum lässt es sich also sehr leicht anfangen, zum Beispiel mit nur einer Hore am Tag, vielleicht zu einer bereits geläufigen Gebetszeit, und mit nur einem Psalm. Das Pensum kann dann nach und nach schrittweise gesteigert werden, bis sich ein Gleichgewicht zwischen dem Wünschenswerten und dem Machbaren einstellt. Die gleichen Grundprinzipien können im Übrigen auch auf andere Stundenbücher angewandt werden.

Ich persönlich halte es für einen Vorzug des hier vorliegenden Buches, dass es sich seiner Natur gemäß am vorkonziliaren Kalender orientiert. Einige Heiligenfeste sind weggelassen worden, lassen sich aber mit Hilfe des Commune dennoch berücksichtigen. Auch wird der Hymnus in Laudes, Vesper und Komplet nicht am Anfang, sondern wie es sich gehört erst nach den Psalmen gesungen. Und die Psalmen sind noch vollständig und nicht politisch korrekt verkürzt wie in der Liturgia Horarum und dem heutigen Stundenbuch.

Die Sprache ist für jemanden, der wie ich mit der Einheitsübersetzung aufgewachsen ist, etwas gewöhnungsbedürftig. So beginnt zum Beispiel das Benedictus mit den Worten

Gelobt sei der Herr, unser Gott, *
denn heimgesucht hat er sein Volk, und ihm Erlösung gebracht.

Doch das schadet nicht, im Gegenteil helfen ja bekanntlich andere Übersetzungen beim Textverständnis. Die Psalmenübersetzung stammt übrigens von Romano Guardini.

Da ich gleich zwei Exemplare dieses Bändchens besitze, kann ich eines gerne günstig abgeben. Dabei handelt es sich um die 8. Auflage (1957). Bitte bei Interesse einen Kommentar hinterlassen.

Benediktinisches Brevier im Schnelltest

Auf Empfehlung von Georg habe ich vor kurzem meiner Sammlung von Stundenbüchern das Benediktinische Brevier hinzugefügt und es auch gleich ausprobiert. Es handelt sich um eine kleine Ausgabe des umfangreichen mehrbändigen Benediktinischen Antiphonale, mit dem es demnach die meisten Stärken und Schwächen teilt.

Das Format ist fast so kompakt wie das der Kleinen Stundenbücher, allerdings gibt es nur einen einzigen Band statt derer vier. Diese Beschränkung ist Vorteil und Nachteil zugleich. Denn im Grunde handelt es sich nur um ein Äquivalent zum grünen Stundenbuch für die Zeit im Jahreskreis.

Zwar sind in der zweiten Auflage eigene Texte für die geprägten Zeiten (Advent/Weihnachtszeit und Fasten-/Osterzeit) hinzugefügt worden, jedoch fehlen nach wie vor sämtliche Heiligenfeste und -gedenktage, Herren- und Marienfeste. Diese Einschränkung ist für jemanden wie mich, der mit dem Stundenbuch, der Liturgia Horarum und dem Römischen Brevier großgeworden ist, nur schwer zu verkraften.

Dafür sind die Psalmen der schönen Übersetzung des Münsterschwarzacher Psalter entnommen, und zudem sind alle Teile des Offiziums für den Gesang eingerichtet – ein großer Vorteil gegenüber den römischen Stundenbüchern. Ich vermisse indes die Orationen, aber das ist im Antiphonale auch nicht anders. Und nach wie vor gewöhnungsbedürftig sind die neutestamentlichen Cantica, die in Laudes und Vesper an die Stelle von Benedictus und Magnificat treten.

Mit Laudes, Mittagshore, Vesper und Komplet sind die Eckpfeiler des Stundengebets enthalten, nur die für den Laien ohnehin schwer vollziehbaren Vigilien fehlen. Der Lesbarkeit ist abträglich, dass die Schriftgröße erheblich kleiner als in den deutlich größeren Ausgaben des Benediktinischen Antiphonale ist.

Mit 26,90 Euro ist das Preisleistungsverhältnis für deutsche Verhältnisse akzeptable. Allerdings muss ich sagen, dass ich mich mittlerweile an iPad und iPhone statt gedrucktem Stundenbuch gewöhnt habe. Sowohl die Liturgia Horarum als auch das Breviarium Romanum sind für beide Geräte preisgünstig oder sogar kostenlos verfügbar, und zwar durchaus ansprechend umgesetzt. Vor allem auf Reisen ist das extrem praktisch.

Wer weiß, wie lange wir noch auf deutsche Stundenbücher auf digitalen Endgeräten warten müssen? Und wenn sie dann irgendwann erscheinen sollten, welcher Preis wird dann dafür aufgerufen werden? Hier wird, das ist offensichtlich, eine große Chance vertan, das Stundengebet in die Hände einer breiten Zielgruppe zu bringen.

Die kirchliche Publizistik in Deutschland ist völlig verkorkst. Als Stichworte müssen für heute Weltbild, Kirchenzeitungen, Rheinischer Merkur genügen. Doch das ist ein anderes Thema, dem ich mich bei anderer Gelegenheit zu widmen gedenke.

Katholiken. Das Buch.

Brian Moore zeichnet in seiner 1972 veröffentlichten Erzählung Catholics das Bild einer konsequent modernistischen katholischen Kirche nach dem IV. Vatikanischen Konzil, das irgendwann um die Jahrtausendwende stattgefunden haben muss. Die älteren Protagonisten können sich immerhin noch an die alte Messe erinnern, die 1970 de facto abgeschafft und später offenbar verboten wurde. Die konsequent ökumenisch nivellierte Kirche befasst sich gerade mit der Einigung mit dem Buddhismus.

Da passt eine einsame Abtei im fernen Irland, die noch immer die alte Messe zelebriert und an überholten und verfemten Bräuchen wie der Ohrenbeichte festhält, nicht gut ins Bild. Vor allem nicht, nachdem das Fernsehen das Treiben weltweit bekannt gemacht hat und die Massen selbst aus fernen Ländern nach Irland streben, nur um einmal die traditionelle lateinische Messe zu hören.

Der Generalobere des Ordens schickt einen jungen Priester vom Ökumenischen Zentrum, das ausgerechnet in Amsterdam residiert und als eine Art Superbehörde offenbar auch über dem Vatikan angesiedelt ist. Der Priester, der sich nicht als solcher kleidet, hat den Auftrag, das illegale Treiben zu beenden und die abtrünnige Abtei zurück in den Schoß der modernen Kirche zu führen. Der geforderte Gehorsam kollidiert mit dem katholischen Glauben der Mönche – ein auch heute noch aktuelles Thema.

Brian Moore zieht die Linien der frühen siebziger Jahre weiter und zeigt eine deprimierende Zukunftsvision, die so zu unser aller Heil bis dato nicht Wirklichkeit geworden ist und es sicher auch nicht werden wird. Was wäre geworden, wenn sich die progressiven Kräfte, die Beschwörer des Konzilgeistes hätten durchsetzen können? Das zeigt dieses kleine Buch, das sich als Satire lesen lässt – eine Lektüre, bei der dem Leser das Lachen oft im Halse stecken bleibt.

Brian Moore: Catholics

Abbildung: Loyola Press

Katholiken

Brian Moore veröffentlichte 1972 seine Erzählung Catholics, die ein Jahr später mit Trevor Howard, Martin Sheen und Cyril Cusack verfilmt wurde. Die Handlung spielt in einer Zeit nach dem Vierten Vatikanischen Konzil, als ein junger Priester in eine Abtei auf einer kleinen Insel vor Irland geschickt wird, in der nach wie vor die lateinische Messe in der hergebrachten Form zelebriert wird. Katholiken aus allen Teilen der Erde strömen dorthin, der Andrang ist so groß, dass die Messe im Freien auf einem Berg zelebriert werden muss.

Tiberius hat übrigens bereits vor zwei Jahren auf Buch und Film hingewiesen. Ich habe beides jetzt bestellt, in den nächsten Tagen erwarte ich Post.

Nachtrag: Das Buch ist schon da. Ich habe mich für das englische Original entschieden. Es gibt aber auch eine deutsche Übersetzung.

Brian Moore: Catholics (engl.)
Brian Moore: Katholiken (dt.)
Katholiken (Film)

Bücher schnorren

Wer Bücher sein eigen nennt, kennt das Problem: Wohin mit dem Überfluss? Wie Platz schaffen im Regal? Was geschieht mit aussortierten Büchern?

Einige Zeit habe ich es mit Amazon versucht. Der dortige Gebrauchtbüchermarkt ist sehr groß. Doch ist das Angebot größer als die Nachfrage. Viele Bücher sind für den Spottpreis von einem Cent zu haben. Amazon schlägt drei Euro Versandkosten auf den vom Verkäufer gesetzten Preis auf. Der minimale Endpreis ist daher 3,01 Euro, und damit scheint noch eine Marge möglich zu sein. Anders lässt sich die Schwemme an Billigstbüchern bei Amazon nicht erklären.

Wie auch immer. Mit einem relativ großen Buchangebot lässt sich über Amazon das eine oder andere Buch verkaufen. Für den Normalverkäufer ist es allerdings relativ mühsam, ein solch großes Angebot zu pflegen, da jedes Buch über ein mehrstufiges Formular erfasst werden muss. Und für alle unverkauften Bücher beginnt das Spiel nach geraumer Zeit von vorn. Aufwand und Ertrag stehen in keinem gesunden Verhältnis.

In der vergangenen Woche habe ich mit BookMooch eine neue, vielversprechende Möglichkeit entdeckt, mich vom Buchüberschuss zu trennen. BookMooch ist eine Büchertauschbörse, auf der nicht direkt, sondern indirekt getauscht wird. Jedes Mitglied hat ein Punktekonto. Für jedes verschickte Buch gibt es eine Gutschrift, jedes angeforderte Buch kostet Punkte.

Mit Hilfe der ISBN lassen sich die meisten Bücher sehr schnell und einfach erfassen. So habe ich 85 Bücher aufgelistet, von denen meine Frau sich trennen möchte. Meine abgelegten Bücher werden noch folgen. Das erste Buch ging sofort weg, sodass derzeit noch 84 vorhanden sind. Außerdem habe ich meine Amazon-Wunschliste importiert, die eher eine Merkliste ist. Das ging fix.

Nach einigem Stöbern bei BookMooch ist meine dortige Wunschliste inzwischen noch deutlich angewachsen. Und die ersten Bücher habe ich bereits geschnorrt angefordert.

Die Mehrzahl der Mitglieder kommt aus den USA, in Deutschland gibt es bis jetzt erst 183 Mitglieder. Vom Bücherangebot sollte also nicht übermäßig viel erwartet werden, aber interessante Gebrauchtbücher dürften wohl schnell geschnorrt werden. Und so wieder Platz im Bücherregal schaffen.

Die Kirche ist keine Marke. Sagt Hans Küng.

Man nicht sagen, dass ich besonders oft mit Hans Küng übereinstimmen würde. Auch wenn ich „Existiert Gott?“ nach wie vor für ein gutes Buch halte. Aber was er hier im Interview mit der Welt sagt, kann ich unterschreiben:

WELT ONLINE: Sie haben also Vorbehalte gegen den Begriff „Ökumene der Profile“, der von evangelischer Seite in die Diskussion eingeführt wurde?
Küng: Wenn die evangelische Kirche sich nur noch profilieren kann, indem sie sich absetzt einerseits von Rom und andererseits vom Islam, dann verleugnet sie im Grunde das, was in der ökumenischen Bewegung längst deutlich wurde: dass wir uns nicht gegenseitig zu profilieren suchen. Begriffe wie Profilierung stammen aus der Geschäftswelt. Man betrachtet da die Kirche als eine Marke. Aber eine christliche Glaubensgemeinschaft ist keine Marke. Der Konkurrenzbegriff, der damit eingeführt wird, ist nicht der richtige Begriff für die Beziehungen der Christen untereinander, die ja Geschwister in Christus sein sollen.

Bücher 2007 (1): Ich bin dann mal weg

Im vergangenen Jahr habe ich nicht nur hier wenig notiert, ich habe auch sehr wenig gelesen. Das eine oder andere dieser wenigen Bücher will ich in loser Folge hier kurz vorstellen.

Den Anfang macht ein Bestseller, der aus gutem Grunde ein solcher geworden ist. 1978 gingen 13 Pilger den Jakobsweg – im vergangenen Jahr waren es 114.026. Dieser Aufschwung ist nicht allein Hape Kerkeling zu verdanken. Aber Kerkeling schwimmt mitten im breiten Strom der Wiederentdeckung des Pilgerns im Allgemeinen und des Jakobsweges im Besonderen.

Ein im guten Sinne populäres Buch, streckenweise witzig, immer unterhaltsam und manchmal sogar von geistlichem Wert. Auch in mir hat es den Wunsch geweckt, nach Santiago de Compostela zu pilgern.

Hape Kerkeling: Ich bin dann mal weg. Meine Reise auf dem Jakobsweg. Gebundene Ausgabe, 320 Seiten, 19,90 Euro.