Dominica II in Quadragesima

Schon am zweiten Fastensonntag leuchtet erstmals die Auferstehung auf. In beiden Formen des römischen Ritus wird das Evangelium von der Verklärung gelesen: Mt 17, 1-9 in der außerordentlichen Form und im Lesejahr A der ordentlichen Form, die Parallelen Mk 9, 12-10 im Lesejahr B und Lk 9, 28b-36 im aktuellen Lesejahr C. Erneut greifen die Antiphonen die zentralen Sätze des Geschehens heraus, wie zum Benedictus:

Assumpsit Jesus * discipulos suos et ascendit in montem et transfiguratus est ante eos
Jesus nahm seine Jünger beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt.
Mt 17, 1b-2a

Im Evangeliumstext werden die Jünger noch einzeln benannt: Es sind Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes, die das Verklärungsgeschehen berichten. Allerdings erst später, denn unmittelbar danach gebietet Jesus ihnen zu schweigen. Diesen Satz wiederholt die Antiphon zum Magnificat:

Visionem quam videtis * nemini dixeritis donec a mortuis resurrexit Filius hominis
Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.
Mt 17,9

Hier stellt Jesus selbst die Verbindung zwischen dem Verklärungsgeschehen und der Auferstehung her. Romano Guardini schreibt in seiner Deutung der Verklärung:

Hier aber, auf dem Berge, bricht für einen Augenblick die Klarheit durch. Jesu Weg geht ins Dunkel, immer tiefer, bis in „ihre [der Feinde] Stunde und die Macht der Finsternis“. (Lk. 22, 53) Hier aber wird für einen Augenblick das Licht deutlich, das in die Welt gekommen ist, und fähig wäre, „alles zu erleuchten“. (Joh. 1-9) Auf dem Wege zum Tode bricht, wie eine Stichflamme, jene Herrlichkeit durch, die erst jenseits des Todes offenbar werden darf. Was die Rede vom Sterben und Auferstehen sagt, tritt hier in Gestalt und Schaubarkeit.

Dominica I in Quadragesima

Jesu Fasten in der Wüste und die Versuchung durch den Teufel sind das programmatische Thema des ersten Fastensonntags. In der außerordentlichen Form des römischen Ritus wird, wie auch im Lesejahr A der ordentlichen Form, Mt 4, 1-11 gelesen. Im Lesejahr B fällt die Parallelstelle bei Markus (1, 12-15) relativ knapp aus, der in diesem Jahr gelesene Text bei Lukas (1-13) ist Matthäus sehr ähnlich. Die Antiphon zum Benedictus:

Ductus est Jesus * in desertum a Spiritu, ut tentaretur a diabolo: et cum jejunasset quadraginta diebus, et quadraginta noctibus, postea esuriit.
Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden. Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, bekam er Hunger.
Mt 4, 1-2

Der Hunger, der Jesus nach vierzig Tagen und Nächten des Fastens befällt, ist die Voraussetzung für die Versuchung durch den Teufel. Der fordert ihn denn auch gleich auf, aus Steinen Brot zu machen, mit dem er seinen Hunger stillen könnte.

Doch steht der Versuchung auch die Gnade gegenüber, ist die Fastenzeit auch eine Zeit der Gnade, wie Paulus im zweiten Brief an die Korinther schreibt, in der Epistel des ersten Fastensonntags, aus der die Antiphon zum Magnificat entnommen ist:

Ecce nunc tempus * acceptabile, ecce nunc dies salutis: in his ergo diebus exhibeamus nosmetipsos sicut Dei ministros, in multa patientia, in jejuniis, in vigiliis, et in caritate non ficta.
Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; jetzt ist er da, der Tag der Rettung. In allem erweisen wir uns als Gottes Diener: durch große Standhaftigkeit, durch Fasten, in durchwachten Nächten, durch ungeheuchelte Liebe.
2 Kor 6, 2b.4a.5b.6b

Die Liste, aus der die Antiphon nur vier Punkte zitiert, ist noch länger:

In allem erweisen wir uns als Gottes Diener: durch große Standhaftigkeit, in Bedrängnis, in Not, in Angst, unter Schlägen, in Gefängnissen, in Zeiten der Unruhe, unter der Last der Arbeit, in durchwachten Nächten, durch Fasten, durch lautere Gesinnung, durch Erkenntnis, durch Langmut, durch Güte, durch den Heiligen Geist, durch ungeheuchelte Liebe, durch das Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, mit den Waffen der Gerechtigkeit in der Rechten und in der Linken, bei Ehrung und Schmähung, bei übler Nachrede und bei Lob.

Feria Quarta Cinerum

Cum jejunatis, * nolite fieri sicut hypocritae, tristes.
Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler.
Mt 6,16a

Die Antiphon zum Benedictus ist ein Vers aus dem Evangelium, das in beiden Formen des römischen Ritus in der Messe zum Aschermittwoch gelesen wird. Er umreißt in knappen Worten das Programm der Fastenzeit. Romano Guardini merkt dazu an:

Deine Buße – das ist in diesem Fall das Gute – sollst du nicht vor den Leuten tun, damit die Mitleid haben und staunen und dich für heilig ansehen, sondern in der Stille, wo nur Gott es weiß. Dann aber kommt jenes Letzte heraus, das von keinem Gebot zu fassen ist, aber allem Tun erst seinen eigentlichen Wert gibt: Wenn du fastest – das heißt also, dir um deiner Sünden willen Schweres auferlegst – dann salbe dein Haupt und wasche dein Antlitz! Tue es in der Haltung der Selbstverständlichkeit, die kein Wesen macht. Ja, verhülle es ins Festliche. Vor dir selbst verhülle es dahinein, damit es vom allem Selbstgenuß und allem Zweideutigen rein bleibe. Dann wird es klar und kann Gott ausstrahlen.

In der außerordentlichen Form wird noch Mt 6, 19-21 gelesen. Die Antiphon zum Magnificat ist daraus entnommen:

Thesaurizate vobis * thesauros in coelo, ubi nec aerugo, nec tinea demolitur.
Sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören.

Es ist unsere Aufgabe für die Fastenzeit, uns auf die unvergänglichen Dinge zu konzentrieren, die Schätze im Himmel. Das korrespondiert mit dem Verzicht auf vergängliche Dinge, dem Fasten.

Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Mt 6,21

Quinquagesima: Leiden und Auferstehung

Am letzten Sonntag vor dem Beginn der Fastenzeit lenkt die Liturgie bereits den Blick auf das Leiden und die Auferstehung des Herrn. Das Evangelium von Quinquagesima ist Lk 18, 31-42. Wie der Zufall die Vorsehung so will, habe ich gerade diese Passage heute früh gelesen. Der zentrale Satz daraus, zugleich die Antiphon zum Benedictus, ist die dritte Ankündigung von Leiden und Auferstehung bei Lukas:

Ecce ascendimus * Jerosolymam, et consummabuntur omnia, quae scripta sunt de Filio hominis: tradetur enim Gentibus, et illudetur, et conspuetur: et postquam flagellaverint, occident eum, et tertia die resurget.
Wir gehen jetzt nach Jerusalem hinauf; dort wird sich alles erfüllen, was bei den Propheten über den Menschensohn steht: Er wird den Heiden ausgeliefert, wird verspottet, misshandelt und angespuckt werden, und man wird ihn geißeln und töten. Aber am dritten Tag wird er auferstehen.

Jesus zeichnet am siebten Sonntag vor Ostern so den Weg durch Fasten- und Passionszeit nach Jerusalem, zu Palmsonntag, Karfreitag und schließlich dem dritten Tag des Triduums vor.

Doch die Zwölf verstanden das alles nicht; der Sinn der Worte war ihnen verschlossen und sie begriffen nicht, was er sagte. (Lk 18,34)

Unmittelbar darauf folgt im Evangelium von Quinquagesima die Heilung eines Blinden bei Jericho. Sie liest sich wie ein Kommentar und eine Antwort auf das Unverständnis der Apostel: Die Zwölf waren wie blind für den Sinn der Worte Jesu, der sein Leiden und seine Auferstehung ankündigt. Und Jesus antwortet darauf, indem er einem Blinden das Augenlicht zurückgibt. Die Antiphon zum Magnificat greift die entscheidenden Sätze auf:

Stans autem Jesus * jussit caecum adduci ad se, et ait illi: Quid vis ut faciam tibi? Domine, ut videam. Et Jesus ait illi: Respice, fides tua te salvum fecit. Et confestim vidit, et sequebatur illum, magnificans Deum.
Jesus blieb stehen und ließ ihn zu sich herführen. Als der Mann vor ihm stand, fragte ihn Jesus: Was soll ich dir tun? Er antwortete: Herr, ich möchte wieder sehen können. Da sagte Jesus zu ihm: Du sollst wieder sehen. Dein Glaube hat dir geholfen. Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen. Da pries er Gott und folgte Jesus.

Der Glaube ist entscheidend für die Heilung. Durch den Glauben an Christus werden wir erlöst. Das Programm für die Quadragesima ist damit umrissen: Uns durch den Glauben an Christus heilen zu lassen, mit ihm nach Jerusalem zu gehen und durch Leiden und Tod zur Auferstehung zu gelangen, zur wahren Osterfreude.

Petrus und seine Schwiegermutter

Ein kleiner Nachtrag zum Evangelium des vergangenen Sonntags. Father John Riccardo beschreibt in seiner Predigt sehr lebendig die Szenerie der Fischer am See Genezareth – und erzählt dabei den folgenden Brüller mit Simon Petrus in der Hauptrolle:

He was a married man. One of Jesus‘ first cures is the cure of Simon’s mother-in-law. Which is perhaps why Peter denied Jesus three times. [Gelächter] Only a celibate man can say that.

Paulus und das Gesetz

Von Zeit zu Zeit läuft mir ein Argumentationsmuster über den Weg, das ich nicht so recht verstehen kann. Kurz gefasst lautet es: Da wir nicht durch Werke des Gesetzes gerecht (erlöst, gerettet) werden, sondern durch den Glauben an Jesus Christus (Gal 2,16), brauchen wir uns um die Gebote der Kirche eigentlich nicht so recht zu kümmern. Denn das wäre ja wahlweise „Werkgerechtigkeit“ oder eben das Einhalten jenes Gesetzes, das Paulus eben für obsolet erklärt habe.

Nun bezieht sich aber Paulus erstens glasklar auf das jüdische Gesetz, dass er zweitens für Juden und Judenchristen auch weiterhin für gültig erachtet:

Ich versichere noch einmal jedem, der sich beschneiden lässt: Er ist verpflichtet, das ganze Gesetz zu halten. Wenn ihr also durch das Gesetz gerecht werden wollt, dann habt ihr mit Christus nichts mehr zu tun; ihr seid aus der Gnade herausgefallen. Wir aber erwarten die erhoffte Gerechtigkeit kraft des Geistes und aufgrund des Glaubens. (Gal 5, 3-5)

Wie kann man also Paulus gegen die Gebote der Kirche wenden? Oder anders gefragt: Was haben die Gebote der Kirche mit dem jüdischen Gesetz zu tun? Oder ist das einfach nur ein rhetorischer Trick, das jüdische Gesetz mit den Geboten der Kirche gleichzusetzen und dann Paulus als argumentative Waffe zu verwenden? Im Galaterbrief zumindest ist der Kontext glasklar:

Wir sind zwar von Geburt Juden und nicht Sünder wie die Heiden. Weil wir aber erkannt haben, dass der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir dazu gekommen, an Christus Jesus zu glauben, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird niemand gerecht. Wenn nun auch wir, die wir in Christus gerecht zu werden suchen, als Sünder gelten, ist dann Christus etwa Diener der Sünde? Das ist unmöglich! Wenn ich allerdings das, was ich niedergerissen habe, wieder aufbaue, dann stelle ich mich selbst als Übertreter hin. Ich aber bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich für Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat. Ich missachte die Gnade Gottes in keiner Weise; denn käme die Gerechtigkeit durch das Gesetz, so wäre Christus vergeblich gestorben. (Gal 2, 15-21)

Das Wort Gottes ist lebendiger Befehl

Romano Guardini schreibt in seinem Buch Der Herr, das ich immer zur Hand nehme, wenn das Evangelium schwierige Fragen aufwirft, zum Gleichnis vom Sämann (hier nach Mt 13, 1-23):

Das Wort Gottes ist lebendiger Befehl und bringt selbst die Möglichkeit, ihn zu erfüllen. Es kommt, und indem es kommt, schafft es die Stunde, die entscheidet. Wird es nicht aufgenommen, dann vergeht nicht nur seine Stunde, sondern es wirkt zum Verderben.

Man fühlt eine Scheu, so zu sprechen – hat man selbst die Stunde innegehalten? Aber der Text will ausgelegt werden; so wollen wir uns unter sein Gericht stellen; wissen, daß er auch uns gilt und Gott bitten, er möge langmütig sein.

Wenn das Wort keine Bereitschaft findet, und die Zeit vorüber ist, dann entschwindet es nicht nur den Ohren, sondern macht, daß sie nicht mehr hören können. Es geht nicht nur vom Herzen weg, sondern läßt das Herz hart werden. Dann richtet der Mensch sich in der Welt ein; wird vielleicht tüchtig und gescheit und edel und alles mögliche sonst, aber zugeschlossen gegen die Botschaft, die in Christus kommt.

Sexagesima: Das Gleichnis vom Sämann

Am achten Sonntag vor Ostern (Sexagesima) wird das Gleichnis vom Sämann gelesen (Lk 8, 4-15). Aus Vers 10 ist die Antiphon zum Magnificat der zweiten Vesper entnommen:

Vobis datum est * nosse mysterium regni Dei, ceteris autem in parabolis, dixit Jesus discipulis suis.
Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu erkennen. Zu den anderen Menschen aber wird nur in Gleichnissen geredet.

Das ist die Antwort Jesu auf die Frage seiner Jünger, was dieses Gleichnis bedeute. Und er fügt hinzu:

Denn sie sollen sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht verstehen.

Jesus lehrt in Gleichnissen, weil er nicht möchte, dass jeder ihn versteht, sondern nur seine Jünger. Die Menschen außerhalb dieses Kreises sollen ihn nicht verstehen. Deshalb muss man, um Jesu Botschaft zu verstehen, bereits sein Jünger sein, und ohne dieses Bekenntnis zu ihm wird man ihn niemals völlig verstehen und keinen Nutzen aus seiner Botschaft ziehen. Wenn jemand die Gleichnisse nicht richtig versteht, dann ist das ein Zeichen dafür, dass er kein wahrer Jünger Jesu ist.

Manche Samen wachsen, viele wachsen nicht. Viele Menschen hören das Wort Gottes. Viele hören es und scheitern. Der Same ist die Heilige Schrift, die Lehre der Kirche, die Sakramente. Ob wir scheitern oder nicht, liegt an unserer eigenen Bereitschaft, nicht am Samen, den der Sämann in uns gesät hat.

Nicht der schlechteste Gedanke, um uns auf die Fastenzeit vorzubereiten.

Just found in the English service of Vatican Radio

In der letzten Zeit hakte der deutsche Dienst von Radio Vatikan etwas. Das nahm ich zum Anlass, das englische Programm zu abonnieren. Und prompt wurde ich mit zwei wunderbaren Fundstücken belohnt.

Zunächst am Freitag mit dem musikalischen Kommentar (ab 17:03) von Monsignore Philip Whitmore zum zweiten Geheimnis des lichtreichen Rosenkranzes, das identisch ist mit dem Evangelium dieses Sonntags von der Hochzeit zu Kana. Whitmore brachte die einschlägigen Antiphonen von der Erscheinung des Herrn zu Gehör, sowohl klassisch-gregorianisch als auch polyphon, die das dreifache Festgeheimnis vorstellen: die Erscheinung vor den Weisen, die Taufe im Jordan und eben die Hochzeit zu Kana.

Und dann mit der Erläuterung zu eben jenem Sonntagsevangelium von Jill Bevilacqua („There’s More in the Sunday Gospel than Meets the Eye“). Listen!

Dilettantus in Radiophonia Cathedralis Coloniensis

Nicht schlecht habe ich gestaunt, als die Moderatorin des Kölner Domradios vorhin den Musiker und Theologen Thomas Baumann aus Dinslaken ankündigte – und den Blogger dabei geflissentlich unterschlug. In dieser Woche legt unser geschätzer Dilletantus in interrete täglich das Evangelium im Domradio aus. Die erste Folge war heute zu hören. Warum eigentlich nicht gestern, liebes Domradio, am ersten Tag der Woche?

So schnoddrig, wie aus dem Blog bekannt, forderte Thomas als Quintessenz des heutigen Evangeliums eine Entscheidung: Nachfolge Jesu, ohne jemandem wehzutun, ist unmöglich. Well roared, Lion!

Auf etwaige Fehler im fremdsprachigen Teil dieses Eintrags bitte ich hinzuweisen.