Mich hat das ganze Wertegequassel auch schon lange gestört. Jetzt kommt der erklärte Atheist und WamS-Journalist Alan Posener und bringt auf den Punkt, wo das Problem liegt:
Nein, wenn Gott eine Notwendigkeit ist, dann doch wohl nicht, weil es ohne ihn Fleiß und Disziplin, Liebe und Treue nicht gäbe; sondern weil es ohne ihn (in den Augen dessen, der glaubt) weder die Welt noch die Liebe noch die Menschen noch ein Leben nach dem Tod noch einen Sinn im Leben gäbe. Es ist die große Leistung Martin Luthers, mit dem Protestantismus das Christentum zurückgeführt zu haben auf jene Freiheitsvision des Zeltmachers Paulus, der da sagte: Ihr braucht nicht das Gesetz zu erfüllen, um gottgefällig und also erlöst zu sein. Die Rechnung ist schon durch den Tod Jesu beglichen. Ihr seid frei. Und also könnt ihr das Gesetz nun aus freien Stücken erfüllen, aus Liebe.Man lönnte allenfalls sagen: Gott braucht Werte. Eine eher jüdische Haltung, denke ich, bei der die Erfüllung des Gesetzes den Alltag heiligt. Aber wie man sieht: das Gesetz ist nicht Zweck, sondern nur Mittel zum Zweck. Beim Slogan „Werte brauchen Gott“ ist es umgekehrt.
Ich bin Atheist. Es könnte mir also gleichgültig sein, wenn die Kirchen Gott derart klein machen, dass er sozusagen eine funktionale Leerstelle für eine Leute ausfüllt, die anscheinend auf Vernunft und Einsicht nicht setzen und an die Wirksamkeit von Strafe und Belohnung nicht glauben. Ist es aber nicht.