Zivilreligionen tragen totalitäre Züge

Die Massendemokratien des 20. Jahrhunderts haben die mit der Reformation begonnene Verdrängung der Religion in die Privatsphäre vollendet. Doch kehrt das Verdrängte in Gestalt von Zivilreligionen zurück, die sich inzwischen offen der Unterstützung des Staates und der Politik erfreuen.

Anfang des vergangenen Jahres adoptierte die Bundeskanzlerin die Holocaust-Zivilreligion als quasi-offizielle Staatsreligion der Republik und verwies das Christentum auf die Plätze der gerade noch geduldeten Minderheitsreligion. Doch mit Macht drängt bereits eine zweite Zivilreligion heran, die in der globalen Erwärmung ihren zentralen Bezugspunkt hat.

Was dem Holocaust der Holocaustleugner ist, das ist dem Klimawandel der Klimaskeptiker. Hier wie dort reichen bereits Zweifel an der Mehrheitsmeinung, um von den Meinungsführern ins Abseits des Indiskutablen geschoben zu werden. Eine Institution wie die Heilige Römische Inquisition wäre in beiden Fällen ein echter Fortschritt gegenüber dem Status quo.

Die Verächter der Demokratie auf der Linken nutzen das Thema Klimawandel, um die alte Idee einer Ökodiktatur wiederzubeleben oder den Vegetarismus als alleinige ökologisch korrekte Ernährungsweise zu propagieren. Beiden Zivilreligionen gemeinsam ist ihr zutiefst antiliberaler Impuls. Sie greifen tief in elementare Bürgerrechte wie das der freien Meinungsäußerung (im Falle der Holocaust-Zivilreligion) oder der persönlichen Lebensführung ein.

Das sind totalitäre Züge, die an die beiden großen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts erinnern. Ich für meinen Teil ziehe das Christentum diesen modernen Ersatzreligionen vor. Wo aber das Christentum ein Vakuum hinterlässt, da entsteht Platz für allerlei Ersatz.

Weihnachten 2009

2009 kann nur besser werden, schrieb ich vor einem Jahr mit Blick auf das Vorjahr. Und tatsächlich blieben wir in diesem Jahr von größeren Unglücken verschont. Es war kein leichtes Jahr, aber es fühlte sich besser an als die letzten Jahre.

In diesem Jahr bin ich vierzig Jahre alt geworden. Es war der erste runde Geburtstag meines Lebens, der mir als ein echter Einschnitt erschien. Schon in den letzten Jahren hatte ich reichlich Gelegenheit, über mein Leben und die wichtigen Fragen desselben nachzudenken. So kam der 40. Geburtstag nicht ganz so plötzlich und unerwartet wie Weihnachten jedes Jahr wieder kommt.

Es war ein Freitag, der letzte Arbeitstag vor dem Sommerurlaub, wie meistens ein heißer Tag. Gefeiert haben wir dann fünf Wochen später im Garten mit einer bunten Mischung guter Gäste. Es war ein wunderbarer, entspannter Tag.

Unseren Familienurlaub haben wir in diesem Jahr in Garding auf der Halbinsel Eiderstedt an der Nordsee verbracht. Der Ort liegt nicht weit von St. Peter-Ording mit seinen riesengroßen, feinen Sandstränden. In den letzten Urlaubstagen konnte ich dann das Benediktinerkloster Königsmünster in Meschede besuchen.

Mein Arbeitgeber ist verhältnismäßig gut durch das wirtschaftliche Krisenjahr gekommen. Der Umsatz ist gestiegen, die Firma hat in neue Geschäftsfelder investiert, die Stimmung war nicht euphorisch, aber entspannt und einigermaßen optimistisch.

Für nächstes Jahr stehen neue berufliche Herausforderungen an. Wir werden die internationale Konferenz mit inzwischen weit über 1.000 Teilnehmern, die mein Arbeitgeber seit 2006 jedes Jahr im Mai ausrichtet und für die ich die Verantwortung trage, nach Berlin verlegen und weiter ausbauen. 2010 wird wieder ein heißer Ritt, soviel scheint festzustehen.

An der Schwelle des neuen Jahres steht die Weihnachtszeit. Die Liturgie dieser Zeit enthält diese beiden Verse aus dem Buch der Weisheit:

Dum médium siléntium tenérent ómnia,

et nox in suo cursu médium iter habéret,

omnípotens sermo tuus, Dómine,

de cælis a regálibus sédibus venit.
(Sap 18, 14-15)

Als tiefes Schweigen das All umfing
und die Nacht bis zur Mitte gelangt war,
da sprang dein allmächtiges Wort
vom Himmel, vom königlichen Thron herab.
(Weish 18, 14-15)

Romano Guardini schreibt dazu in seinem Buch „Der Herr“, das ich seit ein paar Jahren regelmäßig zur Hand nehme, die folgenden Zeilen:

Die Worte sprechen von dem Geheimnis der Menschwerdung, und die unendliche Stille, die darin waltet, drückt sich wunderbar in ihnen aus. In der Stille geschehen ja die großen Dinge. Nicht in Lärm und Aufwand der äußeren Ereignisse, sondern in der Klarheit des inneren Sehens, in der leisen Bewegung des Entscheidens, im verborgenen Opfern und Überwinden: wenn das Herz durch die Liebe berührt, die Freiheit des Geistes zur Tat gerufen, und sein Schoß zum Werke befruchtet wird. Die leisen Mächte sind die eigentlich starken.

Ich wünsche stille, frohe und gesegnete Weihnachtstage und ein glückliches Jahr 2010!

Frohes Neues Jahr!

Mit der Vorabendmesse und der Vesper hat die Adventszeit und damit das neue Kirchenjahr begonnen. Die Außenlichterkette ist installiert, wie meistens bei Regen und einstelligen Temperaturen. Im Haus hat adventliche Dekoration die Herbstdeko verdrängt. Die Krippe steht schon, leer bis auf den Ochsen, die Hirten weiden auf dem Buffet ihre Schafe, und Maria und Josef sind auf ihrer Reise mit dem Esel gen Bethlehem im ersten der vier Küchenfenster angekommen.

Wie in jedem Jahr denke ich über die rechte Gestaltung der Adventszeit nach. Die Catholic Encyclopedia meint dazu:

During this time the faithful are admonished

  • to prepare themselves worthily to celebrate the anniversary of the Lord’s coming into the world as the incarnate God of love,
  • thus to make their souls fitting abodes for the Redeemer coming in Holy Communion and through grace, and
  • thereby to make themselves ready for His final coming as judge, at death and at the end of the world.

Ich habe mir vorgenommen, den Advent als Fastenzeit zu begehen. In meiner täglichen Bibellesung war ich rechtzeitig zu Christkönig im Buch der Offenbarung des Johannes angekommen. Danach werde ich, dem Lesejahr entsprechend, das Lukasevangelium lesen.

Wenigstens eine der beiden adventlichen Frühmessen (Rorate) in meiner Gemeinde plane ich zu besuchen. Auf Empfehlung unseres Diakons habe ich für die Familie Die Bibel für Kinder und alle im Haus bestellt. Ob als Weihnachtsgeschenk oder schon vorher als Hausbibel für die Adventszeit, weiß ich noch nicht.

Eine fromme Provokation

Gloria von Thurn und Taxis provozierte einst durch ihre Frisuren. Später verlegte sie sich auf eine andere Art von Provokation, übrigens eine der wenigen, die in unserer tabulosen Welt überhaupt noch möglich sind: Sie ist demonstrativ katholisch, umgibt sich mit Bischöfen wie Joachim Kardinal Meisner und wurde Präfektin der Marianischen Frauencongregation „Mariä Verkündigung“ Regensburg.

Nun folgt ihre Tochter Elisabeth den Spuren der Mutter. Ihr hier bereits erwähntes Buch fromm! ist eine sanfte, erfrischende und fromme Provokation. Ich habe es vor einigen Tagen gelesen und bin begeistert. Elisabeth von Thurn und Taxis dekliniert alle wesentlichen Elemente der katholischen Frömmigkeit durch, der liturgischen wie der Volksfrömmigkeit. Ihre kurzen Texte sind Kolumnen, die sie für das Vatican-Magazin verfasst hat. Neben den auch heute noch allgemein gebräuchlichen Frömmigkeitselementen widmet sie sich auch den weniger bekannten.

Das Buch ist ein Gang durch den bunten Blumengarten der katholischen Frömmigkeit. Es eignet sich bestens als kleines Geschenk. Mir hat es eine ganze Liste von Ideen gebracht, wie ich mein Glaubensleben bereichern könnte. Das erste Buch habe ich schon verschenkt. Demnächst kommt sicher ein weiteres dazu.

Drei der üblichen Verdächtigen über das gegenwärtige Pontifikat

The European lässt vier mehr oder weniger Prominente jeweils eine Zwischenbilanz des Pontifikats Benedikts XVI. ziehen, darunter die unvermeidliche Margot Käßmann und den ehemaligen Leiter des deutschen Programms von Radio Vatikan, Pater Eberhardt von Gemmingen. Den freundlichsten und sachkundigsten Beitrag liefert Volker Resing.

Als komplett ahnungslos steht allerdings Alan Posener da, den ich bis dato für sein früheres Blog Apocalypso durchaus geschätzt habe. Er hat sich in seiner Fehde mit dem Papst leider als nicht satisfaktionsfähig erwiesen. Schade.

Sechs Cathcasts, die ich empfehlen kann

In den letzten Wochen habe ich eine Reihe katholischer Podcasts entdeckt, die ich nur wärmstens weiterempfehlen kann.

  1. Daily Breakfast: Father Roderick Vonhögen aus Holland ist der CEO des Starquest Production Network (SQPN). Sein tägliches Frühstück dauert gute 30 Minuten und handelt von Filmen und Fernsehserien (was mich persönlich nicht so interessiert), aber auch Geek Talk. Mein liebster Teil dieser Show ist The Peculiar Bunch: Father Roderick beantwortet allerlei katholische Fragen. Da geht es oft ans Eingemachte.
  2. Radio Vatikan: Der deutsche Dienst des päpstlichen Radios hat zwar seine bekannten Schwächen. So kommt die Piusbruderschaft nicht ohne das Adjektiv „schismatisch“ vor, was zumindest eine Verkürzung ist. Aber dennoch informiert Radio Vatikan zuverlässig über die Weltkirche.
  3. Domradio: Von dort beziehe ich das Tagesevangelium samt kurzer Auslegung. Es gibt beim Domradio darüber hinaus jede Menge Stoff.
  4. Monastero San Benedetto: Die tägliche Heilige Messe in der außerordentlichen Form, gesungen von den Mönchen der Abtei San Benedetto in Norcia, Italien. Seit kurzem wieder regelmäßig Tag für Tag.
  5. Bruder Paulus‘ Kapuzinerpredigt: Der wortgewaltige Kapuzinerpater zeichnet seine Predigten auf, die er im Würzburger Käppele hält.
  6. What Does The Prayer Really Say? Father John Zuhlsdorf hat auch einen Podcast, allerdings produziert er im Moment nur sehr selten neue Folgen.

Soweit meine katholischen Podcastfavoriten. Über weitere Vorschläge in den Kommentaren freue ich mich.

Antikatholische Klischees am Münsteraner Tatort?

Ich mag die Münsteraner Tatorte ja. Aber nicht wenn sie, wie morgen zu befürchten, sämtliche billigen antikatholischen Klischees bedienen. Darauf deutet jedenfalls die Vorschau in der heutigen FAZ hin (nicht online). Darin fallen Worte wie stupende Einseitigkeit, Lieschen-Müller-hafter Zugriff aus Thema und erwartbar ausgemalter Hintergrund. Es geht um den Mord am Regens des Münsteraner Priesterseminars, und offensichtlich kommt die Geschichte nicht ohne Kinderschändung, Zölibatsverletzung und Priesterkinder aus.

Warten wir’s ab. Immerhin gehen die Serienjunkies weniger streng mit dem WDR-Produkt um:

„Tempelräuber“ ist ein sehr unterhaltsamer und sehenswerter „Tatort“, der gekonnt auf den Klaviaturen des Komischen wie des Tragischen spielt.

Gregorianik als Schlüssel zur Erneuerung der Liturgie

Vermutlich ist es einer Überdosis Gregorianischen Chorals in den letzten Tagen zuzuschreiben, dass ich ihn jetzt für den Schlüssel zur Erneuerung der Liturgie halte. Die Gründe:

  1. Der Gregorianische Choral ist hip, auch und gerade außerhalb des katholischen Kernpublikums. Mönche stürmen die Charts, und kirchenferne Menschen schätzen ihren Gesang. Die Gregorianik hat also eine Strahlkraft, die weit über den inzwischen doch einigermaßen überschaubaren Kreis regelmäßiger Messbesucher hinausreicht.
  2. Der Gregorianische Choral ist lateinisch, und das ist auch gut so. Er sperrt sich allen Versuchen, ihn einzudeutschen oder in andere Umgangssprachen zu übersetzen. Selbst die hartnäckigsten Verfechter der landessprachlichen Liturgie und Gegner des Kirchenlateins kommen nicht umhin, die Gregorianik auf Latein zu singen.
  3. Sollte es gelingen, den Gregorianischen Choral wieder stärker in der Liturgie zur Geltung zu bringen, dann stellen sich quasi von selbst die richtigen Fragen. Zum Beispiel die, warum Proprium und Ordinarium eigentlich auf Latein gesungen werden, während der Rest in der Landessprache vorgetragen wird. Wer sich dieser Frage nicht sperrt, wird früher oder später dem Latein mehr Raum in der Liturgie geben.
  4. Der Gregorianische Choral fördert die außerordentliche Form des römischen Ritus. Denn da gehört er hin. Seine Texte sind die Texte des Missale Romanum von 1570 bis 1962. Sie bilden mit den übrigen Teilen eine organische Einheit.

Mehr Gregorianik in der Liturgie wird also früher oder später auch zu mehr Latein und zur häufigeren Zelebration des usus antiquior führen. Mal ganz abgesehen vom zeitlosen ästhetischen Wert, was sich vom Neuen Geistlichen Lied oder auch vielen Gotteslobliedern nicht so leicht sagen lässt.

Der wahre Grund für die Aufregung um die Piusbrüder

Lange Zeit habe ich nicht verstanden, woher die innerkirchliche Aufregung um die Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Priesterbruderschaft St. Pius X. rührte. Insbesondere die deutschen Bischöfe haben sich ja in dieser Sache mehrheitlich nicht besonders klug verhalten, als sie unrealistische Forderungen stellten, für die zudem jegliche Rückendeckung aus Rom fehlte.

Aber auch ihre Verteidigungslinie gegen Angriffe aus kirchenfeindlichen Kreisen und von innerkirchlichen Opponenten hatte die Mehrheit der Bischöfe wenig vorausschauend gewählt. So ist die ständige Betonung, die Priester und Bischöfe der Bruderschaft seien weiterhin suspendiert und übten ihr Amt nicht rechtmäßig aus, nicht mehr als eine vorübergehende Beschwichtigung. Denn schließlich ist es das erklärte Ziel auf beiden Seiten, in Rom wie in Econe, im Vatikan wie am Sitz der Priesterbruderschaft, diesen Zustand zu beenden und die volle Einheit mit dem Papst und der ganzen Kirche wiederherzustellen. Wenn das erreicht ist, was wollen die deutschen Bischöfe dann sagen?

Nein, der wahre Grund für die ganze Aufregung sind nicht die skurrilen Ansichten eines extravaganten und suspendierten Bischofs. Die Wortführer auf Bischofssitzen, in allerlei Ämtern, Einflusspositionen und Redaktionsstuben beschleicht vielmehr die dumpfe Ahnung, dass sie ihre Mehrheit im Kirchenvolk längst verloren haben könnten. Sofern sie diese jemals besaßen und es ihnen nicht nur gelungen war, die mit ihrem vermeintlich durch das jüngste Konzil gedeckten Reformkurs nicht einverstandene, aber unter den Vorzeichen der Schweigespirale (Noelle-Neumann) schweigende Mehrheit zu marginalisieren.

Ich habe in meiner Gemeinde noch niemanden getroffen, der die liturgischen Eskapaden des nicht so wichtigen Pfarrers billigen oder gar gutheißen würde. Den Messdienern ist das alles peinlich, auch die Kommunionhelfer machen keinen glücklichen Eindruck, die Jugendlichen finden es blöd und zogen dem Pfarrer stets die beiden letzten Kapläne vor, der eine katholischer als der andere. Und auch im übrigen Kirchenvolk konnte ich bis jetzt niemanden finden, der den liturgischen Stil des Pfarrers goutiert, aber viele, die darüber verzweifeln oder den Messbesuch vernachlässigen, weil sie das Kaspertheater nicht mehr ertragen.

Die Gründe, warum diese Missstände trotzdem fortbestehen, sind vielfältig. Zu ihnen gehört, dass dieser Pfarrer sich immer noch im Einklang mit der vorherrschenden Interpretation des Zweiten Vaticanums und dessen Reformwillens wähnen kann. So absurd das schon bei nur oberflächlicher Kenntnis der einschlägigen Konzilstexte auch erscheinen mag. Und dies gilt nicht nur für die Liturgie, sondern – lex orandi, lex credendi – für die gesamte Lehre der Kirche.

Der eigentliche Kern der Sache ist ein Streit um Deutungshoheit. Die deutsche Konzilsmafia, um den oben angedeuteten Zirkel aus Bischöfen, Kirchenverwaltungsbeamten, Gremien, Meinungsführern und Redakteuren einmal despektierlich zusammenzufassen, beginnt zu ahnen, dass sie ihre Deutungshoheit verlieren wird und zum Teil bereits verloren hat.

Das Kirchenvolk lässt sich heute, ausgestattet mit Katechismus und direktem Zugang zu allen römischen Dokumenten, nicht mehr so leicht für dumm verkaufen wie noch vor zwanzig Jahren, als es gerade einmal den Deutschen Erwachsenenkatechismus gab und an den digitalen Direktbezug aller möglichen vatikanischen Verlautbarungen noch nicht zu denken war.

Der mehr oder weniger starke Druck aus Rom ließ sich stets als Ausdruck dumpfer Reaktion und als Versuch diffamieren, das Rad hinter das Konzil zurückzudrehen. Dieses Spiel wird bis heute gespielt, nicht ohne Erfolg. Doch an der Basis wächst der Druck dagegen. Die schweigende Mehrheit bricht ihr jahrzehntelanges Schweigen. Und sie hat mittlerweile die besseren Karten.

Vermutlich steht die schweigende Mehrheit dem katholischen Kern der Lehre und Liturgie, wie ihn die Piusbruderschaft vertritt, näher als dem Reformquark der vergangenen 50 Jahre. Für die Meinungsführer wird es allmählich eng. Und das erklärt die verzweifelte Inbrunst der Attacken.

Eine ganze Generation der meinungsführenden Minderheit merkt, dass ihre Zeit abläuft und ihr Spiel verloren ist. In den Lehrgesprächen zwischen Glaubenskongregation und Piusbruderschaft wird der ganze heiße Stoff verhandelt. Auf der Tagesordnung steht nicht mehr und nicht weniger als die Frage, was es heißt, das Zweite Vaticanum anzuerkennen – und was nicht.

Seine Programmatik in dieser Sache hat Papst Benedikt schon in seiner Weihnachtsansprache 2005 an die römische Kurie formuliert, als er die Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruches einer Hermeneutik der Kontinuität Reform gegenüberstellte. In den anstehenden Lehrgesprächen wird sich nun zeigen, wie weit dieser Ansatz trägt.

Die Bedeutung dieser Gespräche reicht also weit über die Integration der Piusbruderschaft in die Kirche hinaus. Die Gespräche werden eine Zäsur für die Rezeption des Zweiten Vaticanums markieren, so oder so.