Geschwätz. Vermutlich ist diese Einschätzung heute wieder sehr weit verbreitet, nahezu konsensfähig. Was wir zu Ostern feiern, was uns vier freie Tage am Stück beschert (was übrigens noch nicht genügt, denn die Bedingungen dafür wollen wir auch noch selbst bestimmen, siehe die unsäglich dumme Diskussion, die unter dem irreführenden Stichwort #tanzverbot geführt wird), das halten die meisten unserer Mitmenschen heutzutage für Geschwätz.
Immerhin sind sie damit in bester Gesellschaft, denn so sahen das auch die Apostel, jene Elitetruppe, die dieser jüdische Wanderrabbi namens Jesus, der später den Beinamen Christus erhielt, um sich geschart hatte. In dieser Osternacht haben, während 11,34 Millionen Menschen ein Fußballspiel am Fernsehgerät verfolgten, katholische Christen u.a. die folgende Passage aus der Feder des Evangelisten Lukas zu hören bekommen:
Und sie kehrten vom Grab in die Stadt zurück und berichteten alles den Elf und den anderen Jüngern. Es waren Maria Magdalene, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus; auch die übrigen Frauen, die bei ihnen waren, erzählten es den Aposteln. Doch die Apostel hielten das alles für Geschwätz und glaubten ihnen nicht. Petrus aber stand auf und lief zum Grab. Er beugte sich vor, sah aber nur die Leinenbinden dort liegen. Dann ging er nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war. (Lk 24, 9-12)
Geschwätz. Am Anfang des Christentums steht nicht etwa der Glaube, sondern der Unglaube. Und das nicht etwa nur ganz zu Anfang. Die Irritation hielt an. Lukas berichtet weiter, in jener berühmten Emmauserzählung, die heute im Evangelium zu hören war:
Auch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab, fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, er lebe. Einige von uns gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht. (Lk 24, 22-24)
Große Aufregung, aber völliges Unverständnis. Die Sache bleibt rätselhaft. Und auch nach dem Emmausereignis ist die Sache noch längst nicht geklärt. Am kommenden Sonntag, das ist dann schon eine Woche nach Ostern, hören wir den Evangelisten Johannes:
Thomas, genannt Didymus – Zwilling -, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. (Joh 20, 24-25)
Thomas, auch einer von diesen Aposteln, klingt wie die heutigen Atheisten und Agnostiker: Wenn nicht [dies und das], glaube ich nicht. Wir wollen selbst die Bedingungen bestimmen. Letztlich setzen wir uns so selbst an die Stelle Gottes, ob wir wollen oder nicht. Und wir müssen uns spätestens nach der Geschichte des 20. Jahrhunderts und auch des frühen 21. Jahrhunderts fragen, ob das wirklich so eine gute Idee ist.