Woher rührt die öffentliche Aufregung, die der Salzburger Weihbischof Andreas Laun mit seiner Klartext-Kolumne Love-Parade, Sünde und die Strafe Gottes hervorgerufen hat? Er selbst hat diesen Zusammenhang in just jener Kolumne treffend beschrieben:
So falsch die konkrete, moralische Verurteilung der Toten ist und bleibt, wäre es doch auch höchste Zeit zu fragen, warum viele Menschen heute auf den Begriff „Strafe“ wie von der Tarantel gebissen reagieren!
Natürlich, sie finden Strafe gut und fordern sie, wenn derjenige bestraft wird, der sie selbst geschädigt hat oder etwas tut, was sie verurteilen! Aber sie sind empört bei dem Gedanken, sie selbst verdienten Strafe, und erst recht: Gott könnte sie strafen!
Was aber die Loveparade betrifft und den Gedanken, das Unglück mit „Strafe Gottes“ in Verbindung zu bringen, empfindet man als empörend, weil und wenn man denkt: „Sünde? Wer? Wir doch nicht, wir amüsieren uns, wie wir wollen! Gott soll sich unterstehen, einen solchen Gott gibt es nicht!“
Mit anderen Worten: Man weigert sich anzuerkennen, dass die Loveparade, abgesehen von ihrem krankhaften Erscheinungsbild, auch mit Sünde zu tun haben könnte und darum, folgerichtig, auch mit dem richtenden und strafenden Gott!
Ähnlich auch in einem Aufsatz, den Laun Anfang der neunziger Jahre schrieb, und den ich hier bereits zitiert habe:
Wer von “Strafe” redet, hat natürlich an Sünde gedacht und damit an ein Tabu der Zeit gerührt! Prophetisch hat ja schon Pius XII. gesagt, “daß die Sünde des Jahrhunderts der Verlust des Bewußtseins von Sünde ist”.
Da aber weite Schichten unserer Gesellschaft den Gedanken, in ihrem Leben gebe es Sünde, kategorisch von sich weisen und darum auch dem Gedanken, Christus könnte sie von ihren Sünden erlöst haben, verständnislos gegenüberstehen, rührt die Rede von der Strafe an einen besonders empfindlichen Nerv: In dem Begriff der Strafe steckt logisch die Behauptung von der Sündigkeit des Menschen, ein Stück Anklage also – und wer läßt sich das schon ohne weiteres gefallen!
Es gibt aber noch einen weiteren Punkt, der unserer säkularisierten Mehrheitsgesellschaft sauer aufstößt. Das ist der Gedanke an einen Gott, der wirklich eingreift in unser Leben. Mehrheitsfähig ist bestenfalls noch ein deistischer Uhrmachergott, nicht aber der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der sich selbst offenbart – und den man sich deshalb eben nicht so leicht passend machen kann.
Ein Skandal ist schon der bloße Gedanke an einen Gott, der sich nicht nach Abschluss seiner Schöpfung zur Ruhe gesetzt hat und den Dingen ihren Lauf lässt, sondern der innerhalb der Welt, an uns handelt und erfahrbar ist. Diesen Gott zu verkünden, ist den heutigen Neuheiden ein Ärgernis. Denn der Glaube an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs kann nicht ohne ganz konkrete Konsequenzen bleiben – und diese scheut die Mehrheit, die sich aufregt.