Zum Ende der Weihnachtszeit

Am vergangenen Sonntag endete die liturgische Weihnachtszeit, und zwar sowohl in der außerordentlichen wie auch in der ordentlichen Form des römischen Ritus. Der einzige Unterschied: In der außerordentlichen Form war das Fest der Heiligen Familie an der Reihe, in der ordentlichen Form das Fest der Taufe Jesu.

Diese Parallelität ergibt sich nur alle Jubeljahre einmal, nämlich dann, wenn das Hochfest der Erscheinung des Herrn wie in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt. Dann, und nur dann, folgt das Fest der Taufe des Herrn nach den liturgischen Büchern von 1969/70 genau eine Woche später. Nach den Rubriken von 1960 wird der Taufe des Herrn immer am Oktavtag von Erscheinung des Herrn gedacht.

In beiden liturgischen Kalendern ist die Farbe der folgenden Sonntage grün. Hier hat die Liturgiereform nichts geändert. Die Verkürzung der Weihnachtszeit schwankt also mit dem Kalender und kann bis zu sechs Tage erreichen, wenn Erscheinung des Herrn auf einen Sonnabend fällt und Taufe des Herrn auf den Sonntag unmittelbar danach.

Allerdings kommt in der Bezeichnung der Sonntage, entweder „nach Erscheinung des Herrn“ oder „im Jahreskreis“, ein deutlicher Unterschied zum Ausdruck. In der außerordentlichen Form geht der liturgische Blick noch zurück auf den Weihnachtsfestkreis, während in der ordentlichen Form dieser Orientierungspunkt fehlt.

Gewichtiger erscheint mir allerdings die Abschaffung der Vorfastenzeit mit den drei Sonntagen Septuagesima, Sexagesima und Quinquagesima. Septuagesima ist sozusagen der liturgische Wendepunkt. Von da an geht der Blick voraus auf Ostern. In diesem Jahr wird das am 27. Januar sein, also einige Tage vor Lichtmess.

Hier verschränken sich die beiden Festkreise, was im Übrigen typisch für die römische Liturgie ist. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Fest der Verkündigung des Herrn (25. März), das meistens mitten in die Fastenzeit fällt und dabei den Blick voraus auf Weihnachten wirft. In diesem Jahr allerdings wird es auf den 8. April verlegt, den Montag nach der Osteroktav.

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Vom Bedeutungsgehalt liturgischer Formen

Verlieh das Durchschimmern der alten Form nach der Liturgiereform der sechziger Jahre den neuen Formen einen Bedeutungsgehalt, den sie aus sich heraus nicht haben? Diese These hat Widerspruch hervorgerufen:

Ich bin zweieinhalb Jahrzehnte ohne auch nur geringste Kenntnis des “alten Ritus” aufgewachsen und habe, zumindest ab dem Zeitpunkt, da ich mich bewußt damit befasste, die Formen des “neuen Ritus” durchaus als bedeutungsvoll erlebt und Schritt für Schritt Bedeutung in der Messe entdeckt (damals ohne irgendwie liturgisch etwas mir anzulesen).

Ich will meinerseits nicht polemisieren, aber eine Messeform, in der weitgehend Schweigen herrscht, da wäre das nicht möglich gewesen, abgesehen davon, daß viele der (sicherlich organisch gewachsenen) Formen des “alten Ritus” gar keine Bedeutung haben, etwa das Wiederholen des Agnus Dei oder das Hin- und hertragen von Büchern.

In diesem Absatz stecken mindestens zwei starke Thesen:

  1. In der alten Messe herrscht weitgehend Schweigen.
  2. Viele ihrer Formen haben gar keine Bedeutung.

Ich bin kein Liturgiker, aber beide Thesen halte ich für eindeutig falsch. Schweigen herrscht im Usus antiquior vor allem im Hauptteil der Messe, und zwar bei der Opferung, beim Hochgebet und bei der Kommunion. Hier ist die alte Messe durchaus anders gestrickt als der meistens nach dem Motto „The show must go on“ zelebrierte Novus ordo. Das Schweigen hat seinen Sinn und seine tiefe Bedeutung.

Die Kanonstille hat die Funktion eines verhüllenden Schleiers zum Schutz des Heiligen. Sie drückt Ehrfurcht und Demut aus, denn vor dem, was hier geschieht, muss jedes menschliche Wort verstummen. […] Durch den stillen Vollzug des Kanons wird der eigentliche eucharistische Konsekrations- und Opferakt als ausschließlich priesterliche Handlung gekennzeichnet, denn die sakramentale Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers vollzieht Christus selbst durch den geweihten Priester. […] Die Gläubigen lädt die Kanonstille zu Einkehr und innerem Mitvollzug, denn kraft ihres in der Taufe erworbenen allgemeinen Priestertums sind sie befähigt, sich auf ihre Weise als Mitopfernde innigst mit dem Priester am Altar zu vereinen. […] Obwohl der römische Kanon weitgehend in Stille vollzogen wird, wirkt er doch durch zahlreiche begleitende Gesten sehr lebendig. Besonders bedeutsam sind dabei die vielen Kreuzzeichen.
P. Martin Ramm FSSP: Zum Altare Gottes will ich treten. Die Messe in ihren Riten erklärt

Womit wir auch schon bei der zweiten These wären. Hier ist das genaue Gegenteil wahr: Jedes einzelne Element der außerordentlichen Form hat seine Bedeutung. Nicht alle werden immer auf Anhieb verstanden, aber das gilt für Liturgie grundsätzlich, daran wird keine Reform etwas ändern.

Die dreimalige Wiederholung [des Domine non sum dignus, das wahrscheinlich oben gemeint ist] drückt gemäß einer besonderen Eigenart der hebräischen Sprache Steigerung und Ernsthaftigkeit aus.

Und auch der Wechsel von der Epistel- zur Evangelienseite hat selbstverständlich eine Bedeutung:

Die tiefere Symbolik der Evangelienseite kommt aus den Himmelsrichtungen, denn wo der Altar nach Osten hin ausgerichtet ist, weist sie in Richtung Norden. Da in unseren Breiten im Norden niemals die Sonne steht, gilt er als Symbol der Finsternis. Das nach Norden hin verkündete Evangelium ist wie ein Licht, das leuchtet in der Finsternis [vgl. Joh 1,5].

Mit der Einschätzung, dass der Vergleich beider Formen in ihren Texten eine übergroße Ähnlichkeit zeige, bin ich hingegen einverstanden. Allerdings sehe ich mich auch nicht in der Lage, den Einwand zu entkräften, dass sich in den Unterschieden der Form auch und gerade die Unterschiede der zugrundeliegenden Theologie zeigen.

Und ganz unter uns: Irgendeinen Sinn und Zweck muss ja die Liturgiereform gehabt haben, oder?

Was war noch gleich der Grund für die Liturgiereform?

Ein Thema hatte ich gestern ausgespart: die Hl. Messe. Die ersten drei Tage in Mariawald haben meinen Kontostand, was die Messe in der außerordentlichen Form angeht, glatt verdoppelt. Man sieht schon, ich bin noch Anfänger, auch wenn ich seit heute früh immerhin schon beide Hände zum Zählen brauche.


Seitenaltar in der Abteikirche Mariawald

Was ich aber immer weniger verstehe, ist der Sinn und Zweck der Liturgiereform, die ja um Haaresbreite zur Abschaffung der alten Messe geführt hätte. Ich könnte jetzt zwischen der vom Konzil intendierten Reform und der tatsächlich durchgeführten Revolution unterscheiden, aber das Thema erspare ich uns für heute.

Wie konnte man überhaupt auf die Idee kommen, etwas so wunderbares und geradezu überirdisch schönes wie die alte Messe reformieren oder gar abschaffen zu wollen? Und wozu sollte das gut sein? Warum nahezu alle Texte austauschen, alles kräftig umrühren und neu zusammenbauen? Wozu der Neubau auf der grünen Wiese? Hätte nicht eine anständige Renovierung genügt?

Ich werde wohl einschlägige Literatur hinzuziehen müssen, um das zu verstehen begreifen. Verstehen werde ich es wohl nicht mehr.

Wie der liturgische Kalender der Zisterzienser es so wollte, wurden alle drei Messen in weiß gefeiert, die vierte morgen früh dann auch. Gestern und heute kam zudem ein überaus wohlriechender Weihrauch zum nicht gerade kleinlichen Einsatz. Der Bruder Thuriferar legte sogar vor der Wandlung noch einmal in Eigeninitiative nach, auf dass sich die Abteikirche ordentlich in Nebel hülle. Der köstliche Duft hält sich trotz geöffneter Fenster den ganzen Tag.

Als kleine Konzession an den Zeitgeist oder auch um zu zeigen, dass hier keine Ideologen am Werk sind, werden Epistel und Evangelium auf Deutsch vorgetragen, während der zelebrierende Abt sie leise am Altar rezitiert. Das war es dann aber auch mit dem modernistischen Einschlag, soweit ich als blutiger Anfänger das erkennen kann.

Was soll ich sagen? Die Messe dauert, auch ohne Predigt, ungefähr eine Stunde. Ohne Weihrauch vielleicht etwas weniger. Hier lässt man sich Zeit. Dem Gebet ist nichts vorzuziehen. Der Messe erst recht nicht.

Möge sich der Chorraum in den nächsten Jahren stetig mit neuen Mönchen füllen und der Liturgie zu neuem Glanz verhelfen, ad majorem Dei gloriam.