Modernisten

Der Spiegel 44/2006: Wortsalat im Garten Eden (Ausriss)

„Wird die Heilige Schrift von Modernisten verhunzt?“, fragt süffisant der Spiegel vom kommenden Montag aus Anlass der Publikation der Bibel in gerechter Sprache („Wortsalat im Garten Eden“).

Dröge holpern die feministischen Testamente dahin. „Törichte Jungfrauen“ werden „naiv“, die listige Schlange im Paradies hat nun „weniger an, aber mehr drauf“. „Der Herr ist mein Hirte“, übersetzte Luther Psalm 23, „er erquicket meine Seele.“ Bei den Geschlechtergerechten heißt es: „Adonaj weidet mich“, „meine Lebendigkeit kehrt zurück“. […]

Das aktuelle Antidiskriminierungsgesetz soll bis ins Gelobte Land zurück verlängert werden.

Entsprechend sieht das Resultat aus: „Pharisäerinnen und Pharisäer“ wimmeln neben „Ammoniterinnen und Ammonitern“, sowie „Makkabäerinnen und Makkabäern“. Jesus ist von „Jüngerinnen und Jüngern“ umgeben – obwohl seine zwölf Gefolgsleute allesamt Männer waren.

Sogar „Zöllnerinnen“ und amtierende altisraelitische „Königinnen“ lässt die Damenriege auftreten – alles Unfug.

Tatsache ist, dass Jesus in einer patriarchalisch geprägten Bauernkultur lebte. Keine Frau konnte dort Priesterin werden. Um einen Gottesdienst („Minjan“) abzuhalten, mussten mindestens zehn Kerle anwesend sein. Der Bielefelder Religionskundler Andreas Lindemann: „Alle Frauen Israels hätten den fehlenden zehnten Mann nicht ersetzt.“

Korrekt

Das Bibel-Blog befasst sich ein weiteres Mal mit der Bibel in gerechter Sprache:

Fairer und treffender wäre gewesen, diese Übersetzung Bibel in korrekter Sprache zu nennen. Denn durch das „korrekt“ wird einerseits die Nähe zur angestrebten political correctness hergestellt (denn nur darum ging es, nicht um „Gerechtigkeit“) und zum anderen weckt das Wort „korrekt“ Assoziationen zu dem Komiker-Duo Erkan & Stefan, was aufgrund der verunglückten Sprache an vielen Stellen näher liegt, als es den Machern dieser Bibelübersetzung lieb sein dürfte.

Der erste Bibel-Blogeintrag findet sich hier.

Nur das Ohr leidet

Die FAZ notiert in ihren Buchmessen-Splittern unter der passenden Überschrift „Nietzsche“ wie folgt:

So ein zartes Gelb auf dem Umschlag schmerzt das Auge nicht, es stimmt zum Lindenblütentee bei der Bibelarbeit. Nur das Ohr leidet. Die „Bibel in gerechter Sprache“ ist nach fünf Jahren von 52 Übersetzern – „und Übersetzerinnen!“ schallt es aus dem Publikum – zum geplanten Termin fertiggeworden und wird im Lesezelt präsentiert. „Ich, Adonaj, deine Gottheit, bin eine eifersüchtige Gottheit.“ Denn schlicht vom „Herrn“ zu sprechen paßt nicht in die Zeit. So gibt es auch keine Priester mehr, sondern nur eine „mit dem Priesteramt betraute Person“. Woraus wir lernen, daß die gerechte Sprache immer auch um eine Nuance bürokratischer ist: Das Vorbild gibt der Politiker, der im Fernsehen seinen Wählerinnen und Wählern dankt. Sicher wäre es schön, wenn man bei den Vernichtungsdrohungen des Jeremia gegen die Philister künftig ein „und Philisterinnen“ zum Behuf größerer Klarheit mitlesen könnte. Und sollte der Islam nicht, wenn er denn wirklich dialogfähig bleiben will, schleunigst einen Koran in gerechter Sprache herausbringen? (L.J.)