Erlaubt oder verboten

Liebe Journalisten,

die Ihr dieser Tage darüber spekuliert, ob Papst Benedikt XVI. wohl den Gebrauch von Kondomen unter bestimmten Umständen erlauben könnte: Hier liegt ein Irrtum vor.

Der Papst hat in dieser Sache nichts zu erlauben oder zu verbieten. Wir Katholiken leben nicht in einer Diktatur. Der Papst hat nur Auskunft darüber zu geben, was nach der Lehre der Kirche gut und was böse ist.

Und seine Stimme wie die des Lehramtes insgesamt hat Gewicht. Offensichtlich so viel, dass selbst säkulare Medien die kirchliche Lehre wie ein Gesetz betrachten.

Doch in diesem Fall ist der Gesetzgeber Gott, und das Recht, über das wir diskutieren, ist das Naturrecht. (Auch wenn das vielleicht nicht gern gehört wird.)

Das Naturrecht selbst ist unveränderlich, nicht aber dessen Kasuistik. Und genau darum geht es hier: die Anwendung sittlicher Normen auf den Einzelfall.

Beste Grüße,
M.

Markt der Werte

„Die Phrase vom ‚Markt der Werte‘ ist nicht ganz neu, aber nun ist die Gelegenheit günstig, sie sich einmal gewissermaßen auf der Zunge zergehen zu lassen. Bleibt die Ankündigung der Ministerin von der Leyen in puncto Erziehungsbündnis reichlich nebulös – ‚Bausteine aus der Praxis für die Praxis‘ -, so wird Bischöfin Käßmann hinsichtlich der für die christliche Bildungsinitiative zu wählenden Methode konkret: Nach marktwirtschaftlichen Strategien also ist die Wertevermittlung der beiden christlichen Kirchen zu organisieren. Man könnte sich die Folgen eines solchen Ansatzes detailliert ausmalen. Aber man muß es gar nicht, denn die Ergebnisse des scheinbar zukunftsträchtigen Konzepts sind bereits zu besichtigen. Denken wir einige Jahre zurück. Die Kirchen verloren dramatisch Marktanteile. Der Islam, verschiedene christliche Sekten und esoterische Bewegungen warben mit Erfolg (potentielle) Kunden ab. Es war also an der Zeit, die Geschäftsstrategie zu überdenken. Man holte sich Unternehmensberater ins Haus. Vielleicht, fragte man sich, liegt es ja an der Werbung in eigener Sache? Man plakatierte großflächig, schaffte sich verschiedene Internetpräsenzen, tauchte in Talkshows auf, legte sich ein ‚unverkrampftes‘ Image zu – erst kürzlich verteilte Käßmann in der Fußgängerzone Hannovers lustigsaure ‚Lutherbonbons‘ – und ging auch sonst mit der Zeit: Die ‚Bild‘-Zeitungs-Kolumne der Bischöfin etwa kann man sich via Internet auf den iPod laden. Die Kampagne zeitigte indes kaum Erfolge. Was also tun? Ist das kirchliche Angebot zu anspruchsvoll? Man bot es deshalb günstiger feil: ‚Niederschwellige Angebote‘ zum Wiedereintritt in die Kirche wurden entwickelt. Keiner sollte das Gefühl haben, das Bekenntnis zum Christentum sei mit Aufwand verbunden. All das hat kaum geholfen. Das marktwirtschaftliche Konzept der Bischöfin Käßmann, formuliert in modischem ‚Managersprech‘, ist in Wahrheit ein alter Hut.“ [Aus einer Glosse der FAZ]

Wertebündnis

Habe ich was verpasst?

Von der Leyens Vorstoß ist – gelinde gesagt – irritierend in einer säkularen Gesellschaft, die sich die Trennung zwischen Staat und Kirche in die Verfassung geschrieben hat. Und die garantiert nicht nur die Freiheit der Religion, sondern auch das Recht, ganz ohne sie zu leben.

So heißt es heute im Kommentar der Frankfurter Rundschau [via Deutschlandfunk/Presseschau]. Trennung zwischen Staat und Kirche? Mein Grundgesetz sieht etwas anders aus.

Es gibt im Europa der EU im Prinzip drei verschiedene Typen des Verhältnisses von Staat und Kirche:

  1. Staatskirchen (Dänemark, England, Griechenland, Schweden und Finnland)
  2. Trennungssysteme (Frankreich, Niederlande)
  3. Kooperation zwischen Staat und Kirche (Deutschland, Spanien, Italien, Belgien, Luxemburg und Österreich)

Rechtliche Grundlage für das dritte Modell sind in Deutschland neben dem schon zitierten Grundgesetz die Konkordate. Das sind Verträge zwischen Staat und Kirche, die beiderseitig Rechte und Pflichten festlegen. Es gibt in diesem Sinne keine Trennung von Staat und Kirche.

Aber das Problem des gestern vorgestellten Bündnisses liegt für meine Begriffe woanders, und das bringt wie so oft die andere Zeitung aus Frankfurt auf den Punkt:

So wichtig es ist, die Erziehungsverantwortung zu stärken, so sehr bleibt ein Bündnis für Erziehung – ähnlich wie der sogenannte Integrationsgipfel – auf seinen zeichenhaften Charakter beschränkt. Allein der Gedanke, zu bestimmten Werten erziehen zu wollen, geht in die falsche Richtung, weil er den Eindruck erweckt, Werte ließen sich isoliert und autoritativ vermitteln.

Die Kirche(n) als Werteagentur(en) – das ist ein von Anfang an zum Scheitern verurteilter Ansatz. Funktionieren würde dieser Ansatz nur, wenn er mit einem Missionierungsprogramm verbunden wäre. Aber wie lange ließe wohl eine säkulare Gesellschaft ihre Kindergärten von Kirchen betreiben, die plötzlich wieder missionarisch wären?

Anselm reloaded

Auch wenn sein Gedenktag in diesem Jahr in die Osteroktav und damit ausfällt, sei doch wieder einmal Scipio gegrüßt und Anselm zitiert:

Meine Seele streckt sich aus, um noch mehr zu sehen. Aber jenseits von dem, was sie gesehen hat, erblickt sie nur Finsternis. Ja, sie sieht auch keine Finsternis, da es die nicht in dir gibt. Aber sie merkt, daß sie wegen ihrer eigenen Finsternis mehr nicht sehen kann.

Wirklich, Herr, das ist das unzugängliche Licht, in dem du wohnst; es gibt wirklich nichts anderes, was in dieses Licht eindringen und dich dort sehen könnte. Wahrhaftig, deswegen kann ich nicht sehen, weil es zu hell für mich ist.

Fulminant

„Im Herbst vergangenen Jahres gelang es dem verhärteten Teil des Protestantismus zu gelingen, die Öffentlichkeitswirksamkeit des Heidelberger Neutestamentlers Klaus Berger durch das Anzetteln eines anachronistischen Konfessions-Skandals in den Tageszeitungen empfindlich zu reduzieren. Der Schaffenskraft des unbequemen Theologen hat das keinen Abbruch getan. In diesem Frühjahr veröffentlicht Berger gleich drei Bücher.“

Mit diesem fulminanten Einstieg (obwohl – „gelang es … zu gelingen“?) beginnt Gerhard Besier seine Berger-Sammelrezension in der Welt. [credo ut intelligam]

Humanismus

„Humanismus ist da vorhanden, wo griechische und lateinische Autoren im Original gelesen werden, um des puren Genusses willen. Alles andere ist Dummheit, Geschwätz, Pädagogik.“
Ernst Robert Curtius, der heute vor 50 Jahren starb

Das gilt natürlich auch und gerade für die Kirchenväter. Und über Goethe sagt Curtius:

„Goethes Lehre von der Überlieferung ist, soweit ich sehe, nie gewürdigt worden. Es könnte sein, dass sie in der heutigen Verworrenheit das wichtigste Stück seiner Botschaft wäre. Das Überlieferte nennt Goethe jenes Ehrwürdige, wodurch das Entfernte verbunden, das Zerrisse ergänzt wird.“

Worum es ging

Johannes zitiert das Kompendium:

Nicht nur katholische Blogger gefallen sich in der Darstellung österlicher Bilder, Schriftzitaten (gern in Latein) oder anderer erhabener Kopierungen, die sie jeglichen Eigenbeitrags entschulden.

Und fügt hinzu:

Die Kritik, die ohne Zweifel in diesem Kommentar durchscheint, ist auch mir zu Gedanke gekommen. Ich fand es relativ einfallslos nur Bilder und Texte in meinem Blog zu kopieren, habe es aber doch getan (zumindest für Gründonnerstag und Karfreitag). Es mag vielleicht wirklich an meiner mangelnden Kreativität liegen, vielmehr aber liegt der Grund dafür darin, das ich dieses wichtigste Geschehen im Jahr nicht völlig unkommentiert lassen wollte, zugleich aber mich nicht in der Lage sah, das Unfassbare in Worte zu kleiden, ich musste auf bereits gesagtes zurückgreifen. Am Karsamstag, Ostersonntag und heute erschlug mich das Drama um Christus aber derart, dass mir selbst diese Art der Kommentierung zu schwächlich schien – also schwieg ich lieber.

Dieses Schweigen ist in der Tat das, was dem bleibt, der sich dem Kreativitätszwang und Originalitätsdiktat unterwirft, die das Kompendium offensichtlich auszuüben versucht.

Sorry, Jungs, aber das ist ganz einfach bullshit. Mag ja sein, dass Ihr die kreativen Masterminds schlechthin seid. Schön für Euch. Aber lasst doch bitte andere mit Euren überzogenen Ansprüchen in Frieden.

Es nervt.

Stillos, verständnislos und hoffnungslos

Dominik nutzt einen Kommentar zu einem bösartigen Seitenhieb:

„Das genaue Gegenteil unserer Intention, die Du verstanden hast, lesen wir indes im Kommentar von
@Martin
der seit Januar fester Bestandteil unserer Gebet ist.

Denn er legt die Bitterkeit der eigenen Mißerfolge in seine Kritik, wenn er andere Menschen beurteilt.“

Dass meine Brüder und Schwestern (auch und gerade jene, die mich im Übrigen wie einen Feind behandeln) für mich beten, ist natürlich nie verkehrt. Aber von welchen Misserfolgen redet der Mensch? Ich bin wohl im falschen Film.

Es hat den Anschein, als ob dieses Blog eine bestimmte Art von Trollen anzieht. Ich habe mich daran gewöhnt (auch wenn es nach wie vor schmerzt), dass die gelegentlich hier notierten banalsten Wahrheiten zu ökumenischen Fragen mit Hohn und Spott übergossen werden. Es überrascht mich auch nicht mehr, dass das Kompendium, kaum aus der Fastenpause erwacht, nicht Besseres zu tun hat, als über die Verwendung von Latein und ausführlichen Zitaten aus heiligen und anderen Schriften herzuziehen.

Aber diese fromm verkleidete Bösartigkeit nimmt langsam wirklich groteske Züge an. Vielleicht ist es an der Zeit, ein paar Dinge klarzustellen.

Der Name dieses bescheidenen Blogs ist Programm: katholisches Notizbuch. Hier notiere ich, ganz allgemein, was ich hier für notierenswert halte. Mehr nicht. So hat es damals angefangen, und daran hat sich im Kern auch nichts geändert. Wenn dies anderen Menschen gefällt, freut es mich. Wenn dabei ab und an auch noch Dialog gelingt (und sinnloser Streit vermieden werden kann), umso besser.

Wie an der völlig überladenen Seitenleiste unschwer zu erkennen ist, probiere ich hier auch ein paar Dinge aus. Freizeitbeschäftigung, mehr nicht. Hier gibt es keine Agenda, keine übergeordneten Ziele, keine missionarischen Absichten und also auch keine Misserfolge im herkömmlichen Sinne des Wortes.

Natürlich eröffnet ein neues Interaktionsfeld wie dieses auch neue Möglichkeiten zur Sünde. Mir ist schon klar, dass ich an allerlei Zank und Streit meinen gehörigen Anteil habe. Mein Beichtvater könnte davon ausführlich berichten. 🙂

Aber (großes Aber): Könnt Ihr Helden vom Kompendium Euch vielleicht endlich mal wie erwachsene Menschen benehmen? Niemand braucht ein Blog, das kontinuierlich voller Hochmut über andere Blogs herzieht. Wirklich nicht.

Durch Christus, unsern Herrn

Ralf bringt auf den Punkt, warum es nicht angebracht ist, die kleine Orations-Schlussformel „Durch Christus, unsern Herrn“ zu „Bruder und Herrn“ zur erweitern – wie es ja in Kreisen üblich ist, die der liturgischen Beliebigkeit frönen:

„Mir fiel neulich auf, daß nach Ostern keiner der Apostel von Jesus als “unserem Bruder” spricht, Petrus spricht gar vom “Herrn, der bei uns ein- und ausging”. Da schimmert eine Fremdheit durch, ein Anders-sein. Keine Kumpelbeziehung, keine dicke Freundschaft zum Pferdestehlen. Auch wenn Jesus selbst die Apostel zum Schluß hin “Freunde” nennt so wird dies von seiten der so genannten nicht wiederholt.

Der Herr ist der Andere. Nach Ostern und zumal nach Pfingsten war den Aposteln die Sendung Jesu klar, nach Ostern die Sendung Jesu, nach Pfingsten die ihrige.

Es wird viel von “unserem Bruder Jesus” gesprochen heutzutage, ich tue das auch, zumal bei “unserem Bruder und Herrn”. Die Apostel waren da zurückhaltender. Was kann das für uns heißen?“