Von Kirchenreform war in diesem Jahr wahrlich nicht zu selten die Rede. Papst Benedikt machte da bei seinem Besuch in Deutschland keine Ausnahme. Doch was er gestern im Freiburger Konzerthaus sagte, das ist dazu angetan, die Debatte vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen.
Mit dem Stichwort Entweltlichung hat er die Grundlagen für ein Programm gelegt, das weit radikaler ist als die schale Reformagenda, wie sie auch dem Papst bei seinem Besuch entgegenschlug. Der säkularen Entkirchlichung der Welt mit einer Entweltlichung der Kirche zu begegnen, ist ein anspruchsvolles und zugleich bestechend einfaches Konzept. Statt die Kirche einer heillosen Welt anzupassen, fordert Benedikt XVI. dazu auf, sie von politischen und materiellen Sachzwängen zu befreien.
Der Verzicht auf weltliche Güter, soweit sie bei der Erfüllung ihres göttlichen Auftrags eher hinderlich sind – das ist starker Tobak für die immer noch reiche, durch Kirchensteuer finanzierte Kirche in Deutschland. Sie müsste, wenn sie dieses Reformprogramm ernst nähme, ihren Überhang an Strukturen – auch dies ein Schlüsselwort dieses Besuches – zurückschneiden und sich von allem verabschieden, was ihr eher zum Ballast geworden ist.
Viele Strukturdebatten kranken ja am Versuch, auf Teufel komm raus die überkommenen, bequemen Strukturen samt Pfründen zu erhalten, auch wenn die finanziellen und personellen Mittel dazu längst fehlen. Entweltlichung und der Verzicht auf unnötige Strukturen könnten hier eine Befreiung sein. Statt sinkenden Einnahmen und zurückgehenden Kopfzahlen hinterherzusparen, könnte sich die Kirche beizeiten auf eine Zukunft ohne Steuereinnahmen einstellen.