Fronleichnam in Rom

Zwei Nächte in Rom, beruflich, zum ersten Mal überhaupt. Und dann Fronleichnam als Haupttag. Eine selten glückliche Fügung.

Mein erster Weg am Mittwoch führte mich gleich zu Fuß durch das Stadtzentrum zum Petersplatz. Kaum zu glauben, aber beinahe rechtzeitig zur ersten Vesper von Fronleichnam war ich nahe am Hochaltar, an der Cathedra Petri von Bernini, wo das Domkapitel des Bischofs von Rom die hochfestliche Vesper feierte.

Die Sonne tauchte den Petersdom in ein wunderbares Nachmittagslicht. Es war unbeschreiblich schön. Ich blieb nicht zur anschließenden Messe, weshalb die Ordner mich samt einer größeren Gruppe nachdrücklich hinter die Absperrungen zurück beorderte.

Überhaupt wird im Dom ein ordentliches Regiment geführt, um der Touristenströme Herr zu werden. Und das scheint im Rahmen des Möglichen auch ganz gut zu gelingen. Es gibt Platz zum Beten, die Beichte kann in zahllosen Sprachen abgelegt werden, für Gottesdienste wird der Altarraum großzügig abgesperrt.

Auch das Grab des seligen Papstes Johannes Pauls des Zweiten liegt hinter einer solchen Absperrung, unter dem Altar des Heiligen Sebastian. Auch dort konnte ich eine Zeit im Gebet verweilen.

Die Vatikanische Post war so freundlich, mir etwas Strom für den Akku des iPhones zu schenken. Damit kam ich immerhin etwas weiter, denn Stadtplan oder Reiseführer in Papierform hatte ich nicht dabei.

Das Abendessen nahm ich gegenüber der Kirche Santa Maria dell’Anima ein, die passend zu Tiramisu und Kaffee ihre Türen für ein Konzert öffnete. So konnte ich noch einen schnellen Blick in die Kirche der deutschen Gemeinde Roms werfen.

Das Pantheon sah ich an diesem Abend – wie alle weiteren Kirchen – nur von außen, denn es war inzwischen etwas später geworden. Nach einem kurzen Blick in den Trevi-Brunnen (habe ich schon die Brunnen auf der Piazza Navona erwähnt?) nahm ich die Abkürzung durch den schrecklich lauten Straßentunnel unter dem Quirinalspalast zurück zum Hotel.

Am Abend des Fronleichnamstages kam ich so rechtzeitig zur Piazza San Giovanni, dass ich dort noch einen Sitzplatz ergattern konnte. Die Wartezeit ließ sich durch die still gebetete Vesper trefflich verkürzen.

Doch von einem pünktlichen Beginn um 19 Uhr konnte keine Rede sein. Die päpstliche Festmesse begann mit einem akademischen Viertel Verspätung, was sich wie ein ironischer Wink in Richtung des Professors Ratzinger lesen lässt. Der Vorteil der kleinen Verzögerung war, dass die Sonne inzwischen hinter San Giovanni versunken war und uns nicht mehr blenden konnte.

Zur päpstlichen Liturgie gibt es wenig zu sagen. Das Ordinarium aus der Missa de Angelis konnte ich fröhlich zusammen mit dem wackeren Priester schmettern, der zu meiner Rechten Platz genommen hatte. Links saßen drei Damen reiferen Alters, die mit dem Latein weniger vertraut schienen.

Überhaupt Latein. Es gab relativ viel Italienisch für meinen Geschmack, eine Sprache, der ich leider nicht mächtig bin. Auf Latein waren das Hochgebet, das dritte in diesem Fall, und die meisten Gesänge, wenn auch bei weitem nicht alle.

Zu den liturgischen Höhepunkten möchte ich die Sequenz zählen, die in voller Länge und Schönheit im Wechsel zwischen Schola und Volk gesungen wurde. Ist die eigentlich im aktuellen Messbuch vorgesehen? Egal, es war phantastisch und übrigens durchaus anspruchsvoll zu singen, da das Volk des öfteren gerade nicht die Melodie des vorangegangenen Scholaverses wiederholen kann, sondern eine andere Melodie zu singen hat.

Die Predigt werde ich wohl mal nachlesen müssen. Was übrigens leicht nervte, waren die metallenen Absperrgitter, die der Ordner regelmäßig mit lautem Krachen zur Seite rückte, um das rege Kommen und Gehen abzuwickeln.

Der Römer an sich lässt sich auch durch eine Papstmesse nicht davon abhalten, im Straßenverkehr durch häufiges Hupen schlimmere Unfälle als kleinere Blechschäden zu vermeiden. So war immer klar, dass ich nicht träume. Denn irgendwie unwirklich war die Szene an diesem wunderbaren Frühsommerabend: die große Menschenmenge vor der festlich geschmückten Fassade der Lateranbasilika, der prächtige Altar und der zierliche Papst mit seinen weißen Haaren, alles unter einem strahlend blauen Himmel bei stetig abnehmendem Tageslicht.

Die Kommunionausteilung führte leider zu einem ziemlichen Gedränge. Der wackere Diakon, der an unserem Ende die Kommunion spendete, begann der großen Nachfrage wegen irgendwann damit, die Hostien zu halbieren. Er musste am Ende von einem Ordner zur Ordnung gerufen werden, weil er der letzte war, der noch die Kommunion spendete. Übrigens nur Mundkommunion, die scheint inzwischen bei päpstlichen Messen wieder selbstverständlich zu sein.

Dann war die Messe vorbei, und nun wurde die Lage etwas unübersichtlich. Wie ich später sah, hätte ich wohl einfach innerhalb der Absperrungen bleiben sollen, um mit den übrigen Gläubigen hinter dem Wagen mit dem Allerheiligsten und dem Papst zur Basilika Santa Maria Maggiore ziehen zu können. Der gesamte Weg dorthin war nämlich komplett abgesperrt.

Doch der Herdentrieb verleitete mich dazu, außerhalb der Absperrungen neben dem schier endlosen Zug kirchlicher Würdenträger an den zahlreichen Zuschauern vorbei zu gehen. Meine Kerze war schnell erloschen, weil ich keinen bunten Windschutz abbekommen hatte.

Von Priestermangel konnte an diesem Abend wohl keine Rede sein. Nicht nur zog eine unabsehbare Reihe von ihnen vor dem Allerheiligsten her, auch außerhalb der Absperrungen wimmelte es nur so von Römerkragen und Soutanen. Eine wahre Demonstration des Katholischen, rund um den auferstandenen Christus in der Monstranz.

Der Papst kniete dahinter, mit seinem etwas zerzaust wirkenden weißen Haar, wie von den Zeitläuften zerknittert. Die Prozession wirkte auf mich wie eine große Kundgebung der Solidarität mit dem Papst, der wiederum durch sein Knien zeigte, dass es nicht zuerst um ihn geht, sondern um Christus.

Die Texte und Gesänge zur Prozession waren nun fast ausschließlich auf Italienisch, und das Begleitheft verzichtete, anders als bei den Texten der Messe, auf Übersetzungen. Der Zug erreichte Santa Maria Maggiore, bevor der Vorrat an Wort und Musik erschöpft war. Sogar das letzte Evangelium entfiel.

Es gab auch keine Zwischenaltäre, wahrscheinlich aus Platzgründen, denn auch die Piazza Santa Maria Maggiore platzte aus allen Nähten, als der Zug dort ankam, und zwar auf beiden Seiten der Absperrgitter. Mit dem Tantum Ergo und dem Eucharistischen Segen endete die Feier.

Dem Begleitheft war zu entnehmen, dass ich einen Ablass hätte gewinnen können, wenn ich die üblichen Bedingungen erfüllen würde. Hätte ich das vorher gewusst, so wäre ich vermutlich am Vortag im Petersdom zur Beichte gegangen. Geschadet hätte das jedenfalls nicht.

Der hochfestliche Abend klang für mich im Antico Caffe Santamaria aus, das direkt gegenüber der Basilika Santa Maria Maggiore liegt. Nachdem die Feier samt Prozession rund drei Stunden gedauert und ich zuvor nichts gegessen hatte, war es Zeit für ein spätes Abendessen. Als ich Platz nahm, leuchteten noch die sechs hohen Kerzen auf dem Freialtar vor der Basilika in die warme römische Nacht.

Nächste Woche in Rom

Von Mittwoch bis Freitag werde ich das außerordentliche Vergnügen einer kurzen Romreise haben. Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich dort sein werde. Der Anlass ist eine Konferenz, an der ich dienstlich teilnehmen darf. Weil es aus Hamburg nur einen Direktflug nach Rom gibt, reise ich bereits am Mittwoch an.

Ich werde am frühen Nachmittag in Fiumicino landen. Mein Hotel liegt nicht weit vom Bahnhof Roma Termini. Von dort aus werde ich mich gleich mal zu Fuß in Richtung Petersplatz begeben. Weitere Pläne für den Mittwoch habe ich noch nicht, bin aber dankbar für jeden Hinweis.

Am Donnerstag – Fronleichnam! – will ich abends um 19 Uhr an der Hl. Messe mit dem Heiligen Vater in der Basilica di San Giovanni in Laterano und der anschließenden Prozession zur Kirche Santa Maria Maggiore teilnehmen. Die Rückreise am Freitagabend führt mich dann über Wien, weil es abends keinen Direktflug zurück nach Hamburg gibt.

Ich freue mich wirklich sehr über diese Gelegenheit, Rom zu sehen. Sie kam etwas unverhofft, aber umso größer ist die Freude.

Fronleichnam in der Diaspora

Hier im Norden sind ja Häretiker, Agnostiker, Atheisten und die Anhänger anderer Religionen (die Reihenfolge stellt keine Wertung dar) in der Mehrheit. Deshalb ist Fronleichnam leider kein gesetzlicher Feiertag. Üblicherweise kein Problem, denn es gibt ja Abendmessen.

Heute allerdings musste ich einen Elternabend wahrnehmen, da die Frau meines Herzens anderweitig beschäftigt war. Was mich schließlich dazu bewog, um 10 Uhr die Messe im Mariendom zu besuchen und meinen Arbeitstag entsprechend später zu beginnen. Nun hatte ich allerdings die Anreise nicht optimal geplant und demzufolge einige Zeit im Stau verbracht. Auch ein Parkplatz ist vormittags in St. Georg nicht leicht zu finden.

Zudem handelte es sich bei der Messe, was mir erst klar wurde, als es zu spät war, um den Schulgottesdienst der Domschule St. Marien. Waren wir als Schüler in den Schulmessen eigentlich auch so laut wie die heutige Generation? Was die Liturgie betrifft, so scheint sich wenig geändert zu haben – sie kommt heute wie damals nicht ohne Anpassungen an die vermeintlichen Erwartungen der Zielgruppe aus.

Bedauerlich. Wenigstens zum eucharistischen Segen am Schluss kam Weihrauch zum Einsatz. Ansonsten war die Liturgie eher karg, was vermutlich in meiner heutigen Heimatgemeinde deutlich anders gewesen wäre. Dort war um 9.30 Uhr Messe. Allerdings liegt meine Gemeinde nicht gerade am Arbeitsweg, im Gegenteil: Es ist genau die andere Richtung. Alternativ wäre noch eine Messe um 8 Uhr in unmittelbarer Nähe meiner Arbeitsstelle in Frage gekommen, allerdings hätte ich dann das Haus eine Stunde früher als gewöhnlich verlassen müssen. So blieb der Mariendom.

Ansonsten habe ich den Feiertag zusammen mit einem Kollegen beim Italiener mit Scaloppina nebst Dessert und Espresso gewürdigt, um dann zeitig gen Gymnasium zum Elternabend aufzubrechen. Ich kam trotzdem ein paar Minuten zu spät, weil im Elbtunnel mal wieder die Feuerwehr in Aktion treten musste. Die Schule liegt übrigens in Steinwurfweite der Hauptkirche meiner heutigen Gemeinde, wo just zur gleichen Stunde wie der Elternabend die Abendmesse begann…

Nun lasse ich den hochfestlichen Abend mit einem Glas Cuvée Martin ausklingen, nachdem meine Sachen für das kommende Wochenende in Hildesheim gepackt sind. Dort beginnt morgen mit den Einführungstagen das erste Jahr meiner Ausbildung zum Diakon. Und dort werde ich wohl auch die umgebaute Seminarkirche zu Gesicht bekommen.

Deshalb werde ich morgen vorzeitig von meiner Arbeitsstelle aufbrechen und zum 60 Kilometer entfernten Treffpunkt fahren, von wo wir drei Nordlichter dann gemeinsam die verbleibenden 124 Kilometer nach Hildesheim zurücklegen werden. Hier in der Diaspora sind wir ja weite Wege gewohnt.

Das Kirchenjahr beschert uns morgen gleich ein weiteres Hochfest, die Geburt Johannes des Täufers betreffend. Ein Messbesuch wird leider nicht drin sein. Bedauerlich.

In Festo Sanctissimi Corporis Christi


Fronleichnam in Tamarite de Litera

Ego sum * panis vivus, qui de caelo descendi: si quis manducaverit ex hoc pane, vivet in aeternum, alleluia.
Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Halleluja.
Antiphon zum Benedictus (Joh 6, 51)