Eine Woche vor Heiligabend haben wir meinen Schwiegervater zu Grabe getragen. Er starb am 29. November, dem Montag der ersten Adventswoche, nach kurzer, schwerer Krankheit. Seine Trauerfeier stand unter einem Vers aus Psalm 25:
Denn keiner wird zuschanden, der auf dich harret. (Ps 25,3)
Dieser Satz ist ein Teil des Eröffnungsverses der Messe vom 1. Adventssonntag:
Ad te levávi ánimam meam: Deus meus, in te confíde,
non erubéscam: neque irrídeant me inimíci mei:
étenim univérsi, qui te exspéctant, non confundéntur.
Zu dir, Herr, erhebe ich meine Seele. Mein Gott, dir vertraue ich.
Lass mich nicht scheitern, lass meine Feinde nicht triumphieren!
Denn niemand, der auf dich hofft, wird zuschanden.
Dieses Wort steht ganz am Anfang der Adventszeit. Advent heißt Ankunft. Gemeint ist die Ankunft des Herrn, einmal in der Krippe im Stall zu Bethlehem, aber auch die zweite Ankunft am Ende der Zeiten, wenn Christus kommt, um uns alle vor sein Angesicht zu rufen. Mein Schwiegervater ruht nun in der Ewigkeit des Herrn.
Réquiem ætérnam dona eis, Dómine: et lux perpétua lúceat eis.
Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen.
Mit dem Eröffnungsvers der Totenmesse in der unsterblichen Vertonung von Mozart begann die Trauerfeier für meinen Schwiegervater am vergangenen Freitag. Mozarts Requiem spricht, ja schreit von der Trauer im Angesicht des Todes, mehr aber noch von der Größe des Herrn. Es verweist uns in aller Deutlichkeit auf den jüngsten Tag, das Ende der Geschichte, die Wiederkunft Christi.
Niemals zuvor wurde mir die doppelte Bedeutung des Advents so klar wie in diesem Jahr. Und auch Weihnachten ist alles andere als das süßliche Konsumfest, zu dem es heute in unseren westlichen Gesellschaften geworden ist. Johann Sebastian Bach hat dem ersten Choral seines Weihnachtsoratoriums „Wie soll ich dich empfangen“ nicht zufällig die gleiche Melodie gegeben wie „O Haupt voll Blut und Wunden“. Der Weg von der Krippe zum Kreuz ist kurz.
Im Mai konnte mein Schwiegervater noch bei der Erstkommunion unseres jüngsten Sohnes bei uns sein. Es war ein festlicher Tag, und es war schön, die Familie beisammen zu haben. Leider fehlten meine Neffen mit ihrem Vater.
Einige Wochen zuvor war es zum Bruch zwischen meinem Schwager und meinen Eltern gekommen. Das ist besonders traurig, weil auf diese Weise meine Neffen nach ihrer Mutter, meiner Schwester, auch noch ihre Großeltern verloren haben – und meine Eltern nach ihrer Tochter auch noch zwei ihrer Enkel. Manches Geschehen in unserem Leben macht uns ratlos oder auch fassungslos.
Unser Ältester hat sich kurz vor den Sommerferien beim Fußball am Knie verletzt. Er musste operiert werden und einige Tage im Krankenhaus verbringen. Nach seiner Entlassung habe ich ihn noch ins Ferienlager gebracht, wohin sein Bruder schon eine Woche zuvor gefahren war. Es war ein sehr heißer Tag. Bei der Fußball-WM gewann Deutschland an diesem Tag, es war nebenbei mein Geburtstag, im Viertelfinale mit 4:0 gegen Argentinien.
Außer einer großen Narbe am Knie scheint von der Verletzung nichts zurückgeblieben zu sein. Nach langer Rekonvaleszenz spielt er inzwischen schon wieder Fußball. Manche Verletzungen heilen schneller als andere.
Im November feierte meine Mutter ihren 70. Geburtstag in großer Runde. Es war der letzte warme Herbsttag dieses Jahres, wir konnten sogar draußen sitzen und die Sonne genießen. An jenem Sonntag wurde Sebastian Vettel Weltmeister. Es war ein schöner Tag, getrübt nur durch das Fehlen meiner Neffen und meines Schwagers.
Nun geht das Jahr in gedämpfter Stimmung zuende. Doch in den dunkelsten Tagen des Jahres strahlt neues Licht auf. So bleiben die Hoffnung auf und der Wunsch für ein neues Jahr mit mehr Licht als Dunkel.
Frohe, gesegnete Weihnachten und ein glückliches Jahr 2011!