Reinhard Höppner, vormals Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt und neuer Präsident des Evangelischen Kirchentages, der 2007 in Köln stattfinden wird, im Interview der Woche des Deutschlandfunks:
„Breker: Die evangelische Kirche steht, wie vieles in dieser Gesellschaft, unter Sparzwang. Die gerade beendete Synode hat nochmal gezeigt, dass mit Kirchensteuer-Mindereinnahmen zu rechnen ist, nicht nur in diesem Jahr, auch im nächsten Jahr. Der Trend wird anhalten. Nachlassender Zuspruch für die Kirche – ist das auch gleichbedeutend für die nachlassende Bedeutung der Kirche in der Gesellschaft?
Höppner: Zunächst bin ich nicht sicher, ob es wirklich nachlassender Zuspruch zur Kirche ist. Im Osten Deutschlands kann man es jedenfalls nicht sagen, da ist es mindestens konstant. Es sind nachlassende Einnahmen. Und möglicherweise ist es auch ein Bedeutungsverlust in der Gesellschaft, die ja immer pluralistischer und säkularisierter wird, was die gesellschaftlichen Mechanismen anbetrifft. Und möglicherweise drückt die Kirche mehr dieser Bedeutungsverlust als der Einnahmeverlust der Finanzen. Man redet natürlich jetzt vor allen Dingen über die Finanzen. Ich vermute, des Pudels Kern steckt ein bisschen tiefer. Die Kirche ist selber ein bisschen verunsichert über ihren Auftrag, über ihre Funktion in dieser sich rasant verändernden Gesellschaft. Das ist das größere Problem. Die Finanzprobleme ließen sich schon lösen. […]
Und vielleicht ist die Kirche auch selber nicht so richtig davon überzeugt, dass sie jungen Leuten in ihrer durchaus schwierigen Situation, in der sie derzeit sind, irgend etwas wirklich Wegweisendes zu sagen hat. Ich bedaure das, weil ich glaube, wir haben viel zu sagen. Aber die Gewissheit ist bei der Kirche offenbar nicht so verbreitet, dass es so ansteckend wird.“