Theodor Haecker

Vor 60 Jahren wurde der katholische Schriftsteller und Kulturphilosoph Theodor Haecker ermordet. Der Deutschlandfunk erinnert heute auch an ihn:

„Haecker war ein Gegner der rassenbiologischen Vorstellungen der Nazis, bereits in den dreißiger Jahren mit Lehr- und Publikationsverbot belegt worden und unterhielt Kontakte zur ‚Weißen Rose‘ um Hans und Sophie Scholl. Zusammen mit Wilhelm Canaris, Hans Oster und Dietrich Bonhoeffer wurde Theodor Haecker am 9. April 1945 in Flossenbürg ermordet.“

Ich lese gerade sein Büchlein „Was ist der Mensch?“.

Dies irae


Dies irae, dies illa
solvet saeclum in favilla:
teste David cum Sibylla.

Quantus tremor est futurus,
quando judex est venturus,
cuncta stricte discussurus!

Tuba mirum spargens sonum
per sepulcra regionum,
coget omnes ante thronum.

Mors stupebit et natura,
cum resurget creatura,
judicanti responsura.

Liber scriptus proferetur,
in quo totum continetur,
unde mundus judicetur.

Judex ergo cum sedebit,
quidquid latet apparebit:
nil inultum remanebit.

Quid sum miser tunc dicturus?
Quem patronum rogaturus,
cum vix justus sit securus?

Rex tremendae majestatis,
qui salvandos salvas gratis,
salva me fons pietatis.

Recordare, Jesu pie,
quod sum causa tuae viae:
ne me perdas illa die.

Quaerens me, sedisti lassus:
redemisti Crucem passus:
tantus labor non sit cassus.

Juste judex ultionis,
donum fac remissionis
ante diem rationis.

Ingemisco, tamquam reus:
culpa rubet vultus meus:
supplicanti parce, Deus.

Qui Mariam absolvisti,
et latronem exaudisti,
mihi quoque spem dedisti.

Preces meae non sunt dignae:
sed tu bonus fac benigne,
ne perenni cremer igne.

Inter oves locum praesta,
et ab haedis me sequestra,
statuens in parte dextra.

Confutatis maledictis,
flammis acribus addictis:
voca me cum benedictis.

Oro supplex et acclinis,
cor contritum quasi cinis:
gere curam mei finis.

Lacrimosa dies illa,
qua resurget ex favilla
judicandus homo reus.

Huic ergo parce, Deus:
pie Jesu Domine,
dona eis requiem. Amen.

Österliche Trauer

Es ist ein eindrucksvolles Zeichen, dass der Papst genau zum Ende der Osteroktav gestorben ist – großartiges Timing. Denn so bekommt die Trauer eine gewisse österliche Leichtigkeit, weil sie sich eng mit der Freude über die Auferstehung verbindet. Das zeigt sich sehr schön in den Osterliedern und den zahlreichen Hallelujarufen, wie ich sie heute live aus dem Petersdom hören konnte. (Zur Stunde zeigt der Livestream nur den nächtlichen Petersdom, morgen soll dort das Requiem übertragen werden.)

Sonntag


Wirtschaftswoche 15/2005

Doch, es gibt auch noch andere Themen. Wirtschaftwoche-Autor Christian Deysson schreibt (online nicht frei verfügbar) über die Institution Sonntag. Zwar kann auch er mit keiner ganz schlüssigen Erklärung des Phänomens dienen, aber dafür fasst er sehr schön den christlichen Ursprung des Feiertags am ersten Tag der Woche zusammen:

„Der Sonntag, das war der Lichtblick und das Glanzlicht einer jeden Woche. Seit frühchristlichen Zeiten gingen Abendländer sonntags zur Kirche, um allwöchentlich die Auferstehung Christi zu feiern. Die frühen Christen taten dies noch an ganz normalen Arbeitstagen. Erst seit Kaiser Konstantin den ursprünglich dem Sonnengott gewidmeten Tag im Jahr 321 per Gesetz zum arbeitsfreien christlichen Feiertag erklärt hatte, wurde sonntags geruht.

Doch der Sonntag war mehr als nur ein freier Tag, er war ein Feiertag im ursprünglichen Sinn des Wortes, geprägt vom christlichen Auferstehungsgedanken. Jeder Sonntag war ein kleines Ostern. Deshalb durfte auch während der Fastenzeit an Sonntagen ausnahmsweise Fleisch gegessen werden. Das Konzil von Nizäa befürwortete im Jahr 325 sogar, dass die Christen beim Sonntagsgebet auf die sonst gebotene Demutshaltung des Kniens verzichten sollten, um der Freude über die Besiegung des Todes sichtbar Ausdruck zu verleihen.“

Unverstandene Kultur

Mit bemerkenswerter Gründlichkeit schreitet die Bestandsaufnahme in Sachen Religion fort, die mit dem öffentlichen Sterben des polnischen Giganten (Matussek) begonnen hat. So bringt die morgige Ausgabe der Zeit u.a. ein Stück von Josef Joffe über den Großtrend Säkularisierung. Treffend der Titel „Entchristianisierung“ im URL – denn Säkularisierung ist ein wenig konzises Konzept, wie Luhmann in seinem posthum veröffentlichten Buch Die Religion der Gesellschaft festgestellt hat. Joffe schließt mit einem Blick auf die Konsequenzen für das Verständnis von Kunst und Literatur:

„Bis vor ein, zwei Generationen war die Bibel das Band zwischen Klassen, Völkern und Generationen. Sie war Teil des kollektiven Gedächtnisses. Hält die Entchristianisierung an, werden wir bald ein Viertel der westlichen Literatur, die Hälfte westlicher Kunst nicht mehr verstehen. Und werden uns am Kopf kratzen, wenn das Kind fragt: »Sag mal, wie war das mit Joseph und seinen Brüdern?« Oder beim Moses von Michelangelo: »Wer ist dieser Bärtige mit dem Hörnern auf der Stirn?«“

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Rom vs. Canterbury 1:0

Der Perlentaucher bringt heute diese Preziose an die Oberfläche:

„Heinrich VIII. brach mit Rom, um sich scheiden lassen und wieder heiraten zu können. Jetzt verschiebt ein englischer Thronfolger die eigene Hochzeit wegen eines Papst-Begräbnisses.“

SZ-Autor Alexander Kissler über die Konkurrenz zwischen Vatikan und Anglikanischer Kirche

Seltsame Nachrichtengebung

Hund beißt Mann. Seit wann ist das eine Nachricht? Der Deutschlandfunk, nun wirklich ein Ausbund an seriöser Nachrichtengebung, vermeldet heute:

„Der neue Papst sollte nach Ansicht der Bewegung ‚Wir sind Kirche‘ Reformen in der katholischen Kirche einleiten.“

Wer hätte das gedacht?

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Weltkirche

Noch nie wurde so deutlich wie in diesen Tagen, was Weltkirche bedeutet. So stehen die Kardinäle im kommenden Konklave auch vor der Aufgabe, einen Weltpapst zu wählen – was immer das im Detail bedeuten mag. Die globale Kirche hat aber auch schon das Pontifikat Johannes Pauls II. geprägt. Was nämlich Europäer über ihn dachten, hat seit 1978 kontinuierlich an Bedeutung verloren.

Seine Positionen „mögen für Europäer bisweilen konservativ bis bizarr erscheinen, das entscheidende Publikum aber sitzt schon längst woanders“, referiert der Perlentaucher einen Artikel des amerikanischen Religionshistorikers Philip Jenkins in der heutigen Ausgabe der SZ (nur gegen Geld erhältlich). Zitat Jenkins: „In der päpstlichen Vorstellung zählen Nigeria und die Philippinen auf eine Weise, wie es die Niederlande oder selbst Deutschland schon seit Jahrzehnten nicht mehr tun. Die Vereinigten Staaten zählten noch doch zunehmend wegen ihrer Latinos und Asiaten, nicht wegen der lautstarken weißen Amerikaner.“

Und weiter:

Deshalb auch der unverschämte Hang zur Marienverehrung. „Grob ausgedrückt, wenn diese devotionalen Trends abgeklärte Westeuropäer an den Rand des Schismas bringen, dann kann man eben nichts machen.“

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Fenster der Demokratie?

Warum eigentlich sollte die Kirche demokratisch verfasst sein? Ist sie ein Staat? Nur für den, der den winzigen Kirchenstaat bewohnt. Ist sie ein Betrieb? Nein. Sie hat allerdings Betriebe, und selbst für die gilt in Deutschland Tendenzschutz, der die betriebliche Mitbestimmung eng begrenzt (was übrigens in Medienunternehmen genauso ist).

Und ist etwa das Kardinalskollegium, dessen Interregnum Christiane Kohl in der Süddeutschen Zeitung als Fenster der Demokratie beschreibt, ein demokratisches Gremium? Keinesfalls – das würde wohl die Wahl seiner Mitglieder voraussetzen, nicht deren Ernennung.

Und so werden plötzlich Diskussionen geführt und Entscheidungen vom Kardinalskollegium getroffen, die der amtierende Pontifex in normalen Zeiten wie ein absolutistisch regierender Monarch exekutieren kann.

Moment – kommt hier nicht eine grandiose Überschätzung der Spielräume eines Papstes zum Ausdruck? Was würde es bedeuten, wäre ein Papst tatsächlich ein absolutistisch regierender Monarch? Könnte er sich nach Belieben über Heilige Schrift, Tradition, Kirchenrecht, Bischofskollegium oder sensus fidei fidelium hinwegsetzen? Wohl kaum.

Die Kirche ist nicht demokratisch verfasst, und dafür gibt es Gründe (die ich hier auslasse). Wo sind die Gründe, aus denen die Kirche sich eine demokratische Verfassung geben sollte? Möglichst, wenn ich das noch hinzufügen darf, sollten es theologische oder – noch besser – Gründe des Glaubens sein.

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