Überlegenheit

Respekt, Jürgen Rüttgers! Der nordrhein-westfälische CDU-Spitzenkandidat hat der gnadenlosen Fragenmaschine seines Parteifreundes Michel Friedman sauber standgehalten. Spiegel Online dokumentiert den Dialog und die Statements der üblichen Verdächtigen (die ich mir erspare):

Friedman: Zum gleichberechtigten Respekt aller Kirchen sagt Benedikt XVI: „Die katholische Kirche ist allen anderen Kirchen überlegen.“ Hat er Recht?

Rüttgers: Er sagt, dass das, was er glaubt, und das, was seine Kirche glaubt, das Richtige ist. Und ich finde, das darf er auch.

Friedman: Ich sage noch einmal: Die katholische Kirche sei allen anderen Kirchen überlegen.

Rüttgers: Ich hab das schon verstanden. Er sagt, das ist das Richtige, und wenn’s das Richtige ist, dann muss er zwangsläufig sagen, dass das andere nicht richtig ist.

Friedman: Und was sagen Sie?

Rüttgers: Ich glaube, dass wir wieder lernen müssen, dazu zu stehen, dass wir wieder etwas für wahr und etwas für unwahr halten. Ich bin Katholik und ich glaube, dass unser christliches Menschenbild das Richtige ist und nicht vergleichbar ist mit den anderen Menschenbildern, die es anderswo auf der Welt gibt.

Friedman: Aber wir sprechen von dem Begriff „überlegen“. Ist die katholische Kirche und ihr Menschenbild anderen Religionen überlegen?

Rüttgers: Ich glaube, dass es das Richtige ist, wenn Sie wollen auch „überlegen“.

Friedman: Was bedeutet das denn eigentlich für einen Protestanten, einen Juden oder einen Moslem, wenn Sie sagen, die katholische Religion ist den anderen überlegen?

Rüttgers: Das bedeutet, dass er von seiner genauso überzeugt sein kann und dass man auf der Basis dann anfängt miteinander zu reden.

Ist das die Diktatur des Relativismus?

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Immer noch Habermas und Ratzinger

Isolde Charim erläutert in der heutigen taz (unter der an Botho Strauß gemahnenden Überschrift Anschwellender Papstgesang), was diese beiden Päpste miteinander verbindet:

„Habermas geht es um Konzepte wie die Gottesebenbildlichkeit des Menschen und um die absolute Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpfen. Denn das sind jene Vorstellungen, die Gründe für den Einspruch liefern, jene Vorstellungen eines ‚Wissens‘ um die eigenen Grenzen, die die Religion plötzlich vernünftiger erscheinen lassen als eine ungezügelte Vernunft. Um Letztere zu hegen, wendet sich Habermas an die Religion, die ihr gegenüber die ‚unbedingte Geltung moralischer Pflichten‘ auch in postsäkularen Gesellschaften garantieren soll. Kein Wunder, dass Ratzinger sich mit ihm absolut einig wusste. Der nunmehrige Papst war der ideale Ansprechpartner dafür.“

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Weckruf

Ging mir gestern schon durch den Sinn, aber dann geriet es wieder in Vergessenheit. Eines meiner liebsten klassischen Kirchenlieder, aus gegebenem Anlass:

  1. Sonne der Gerechtigkeit,
    gehe auf zu unsrer Zeit;
    brich in deiner Kirche an,
    daß die Welt es sehen kann.
    Erbarm dich, Herr.

  2. Weck die tote Christenheit
    aus dem Schlaf der Sicherheit;
    daß sie deine Stimme hört,
    sich zu deinem Wort bekehrt.
    Erbarm dich, Herr.

  3. Schaue die Zertrennung an,
    der sonst niemand wehren kann.
    Sammle, großer Menschenhirt,
    alles, was sich hat verirrt.
    Erbarm dich, Herr.

  4. Tu der Völker Türen auf;
    deines Himmelreiches Lauf
    hemme keine List noch Macht.
    Schaffe Licht in dunkler Nacht.
    Erbarm dich, Herr.

  5. Gib den Boten Kraft und Mut,
    Glauben, Hoffnung, Liebesglut,
    und laß reiche Frucht aufgehn,
    wo sie unter Tränen sä’n.
    Erbarm dich, Herr.

  6. Laß uns deine Herrlichkeit
    sehen auch in dieser Zeit
    und mit unsrer kleinen Kraft
    suchen, was den Frieden schafft.
    Erbarm dich, Herr.

  7. Laß uns eins sein, Jesu Christ,
    wie du mit dem Vater bist,
    in dir bleiben allezeit
    heute wie in Ewigkeit.
    Erbarm dich, Herr.

Verzeihung

Wahre Worte, gelassen ausgesprochen:

Immer noch das Thema: Papst Benedikt XVI. – ein Papst
aus Deutschland. Viele fortschrittliche Katholiken sind
begeistert: „Toll, ein Papst aus Deutschland. Endlich
mal ein Papst aus einem Entwicklungsland!“

Es gibt aber auch kritische Stimmen zum neuen Papst.
Alice Schwarzer hat gesagt: „Das ist alles ein bisschen
konservativ.“ Indirekt meinte sie: „Liebe katholische
Frauen, wenn ihr das nicht mittragen wollt, dann tretet
aus der katholischen Kirche aus.“ Der Vatikan hat
sofort reagiert und heute um 16 Uhr sein Abo von „Emma“
gekündigt.

Was bedeutet es, dass wir nach 482 Jahren wieder
einen Papst aus Deutschland haben? Es bedeutet: der
Herr hat uns Martin Luther verziehen.

Harald Schmidt, 21. April 2005

Zeitgeist

Telepolis analysiert messerscharf:

„Man hätte es ahnen müssen: Als Maria Jepsen, protestantische Bischöfin von Hamburg, am Dienstagmorgen im Deutschlandradio mit weinerlich-drängender Stimme mahnte, es dürfe ‚auf keinen Fall Ratzinger‘ werden, hätte man es ahnen müssen. Niemand steht dem Zeitgeist näher, als die protestantische Kirche in Deutschland und so war Jepsen genau das richtige Fähnlein, um früh zu signalisieren, woher der Wind wehte.“

Jepsen im Originalton

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Habemus Habermas

Ich habe da doch meine Zweifel, ob Mariam Lau ihr Diplom an der Frankfurter Schule wirklich bestanden hat. Sie schreibt heute bei Spiegel Online:

„Den Anfang hatte Jürgen Habermas gemacht – derselbe Habermas, der noch vor ein paar Jahren das ’nachmetaphysische Denken‘ verteufelte. In den achtziger Jahren hat er jedermann des ‚Neokonservatismus‘ verdächtigt, der auch nur den leisesten Zweifel daran äußerte, dass ‚die Moderne den sinnstiftenden und tröstenden Gegenhalt nicht aus sich selber produzieren kann‘, so Habermas 1985 in einem programmatischen Aufsatz. Er goss Häme aus über jene Denker, die der haltlosen Moderne einen Bedarf an ‚gegenwirkenden Traditionen‘ attestierten. Sie waren Reaktionäre, Philosophen der Kohlschen Tendenzwende und gehörten als solche entlarvt und an den Pranger gestellt.

Derselbe Habermas räumte vor einem Jahr im Gespräch mit Ratzinger ein, der säkulare Verfassungsstaat sei auf die ’säkularisierende Entbindung religiös verkapselter Bedeutungspotentiale‘ dringend angewiesen – was für ein Gang nach Canossa! Da wurde die Religion zur Revitalisierung des politischen Systems schamlos eingespannt. Wer da Erfahrungen sucht, sollte mal nach Iran fahren: Von dieser Wechselbeziehung hat weder Religion noch Staat profitiert. In den religiösen Gemeinden, so Habermas, könne ‚etwas intakt bleiben, was andernorts verloren gegangen ist‘, nämlich ‚Sensibilitäten für verfehltes Leben, für gesellschaftliche Pathologien, für das Misslingen individueller Lebensentwürfe und Deformation entstellter Lebenszusammenhänge‘.“

Schusterin, bleib bei deinem Leisten?

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Anselm


Hast Du gefunden, meine Seele, was du gesucht hast? Du hast Gott gesucht und gefunden, daß er das Höchste von allem ist, so hoch, daß wir nichts Höheres denken können als ihn. Du hast gefunden, daß er Leben und Licht, Weisheit und Güte, ewige Seligkeit und selige Ewigkeit in Person ist, überall und immerdar.
Herr, mein Gott, der mich geschaffen und neu geschaffen hat, sag meiner verlangenden Seele, was du über das hinaus bist, was sie gesehen hat, damit sie dich rein erkennt. Meine Seele streckt sich aus, um noch mehr zu sehen. Aber jenseits von dem, was sie gesehen hat, erblickt sie nur Finsternis. Ja, sie sieht auch keine Finsternis, da es die nicht in dir gibt. Aber sie merkt, daß sie wegen ihrer eigenen Finsternis mehr nicht sehen kann.
Wirklich, Herr, das ist das unzugängliche Licht, in dem du wohnst; es gibt wirklich nichts anderes, was in dieses Licht eindringen und dich dort sehen könnte. Wahrhaftig, deswegen kann ich nicht sehen, weil es zu hell für mich ist.
Anselm von Canterbury: Aus dem Proslogion
[mit besten Grüßen an Scipio]

Reformbedarf

Schon seltsam. Da hat eine globale Institution gerade ihren – nach weltlichen Maßstäben – größten Erfolg ihrer Geschichte erlebt: weltweite Anteilnahme, himmelhohe Einschaltquoten, grenzenlose Begeisterung. Und ohne mit der Wimper zu zucken, halten die meisten Menschen in dem Land, aus dem der neue Chef kommt, nichts für dringender als Reformen? Das ist doch ungefähr so, als ob der Fußball dringend neu erfunden werden müsste, nachdem die Nationalmannschaft gerade die WM gewonnen hat.

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