Schon seltsam. Da hat eine globale Institution gerade ihren – nach weltlichen Maßstäben – größten Erfolg ihrer Geschichte erlebt: weltweite Anteilnahme, himmelhohe Einschaltquoten, grenzenlose Begeisterung. Und ohne mit der Wimper zu zucken, halten die meisten Menschen in dem Land, aus dem der neue Chef kommt, nichts für dringender als Reformen? Das ist doch ungefähr so, als ob der Fußball dringend neu erfunden werden müsste, nachdem die Nationalmannschaft gerade die WM gewonnen hat.
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wer redet eigentlich von reformen? hauptsächlich doch wir hier im reichen europa bzw. deutschland. gerade hier, wo kirche und glauben nicht mehr „in“ sind wollen wir alles reformieren. wir sitzen hier in unserer seifenblase und meinen für den rest der welt mitbestimmen zu müssen. das ein sog. konservativer nun papst ist scheint wohl zu zeigen das es dem rest der welt nicht so eilig ist mit reformen und was wir hier in deutschland meinen.
Das immer wieder kommende Argument, dass die Schäfchen in Westeuropa – im Gegensatz zu jenen in der Dritten Welt, die aber natürlich dumm, ungebildet und indoktriniert sind, wie impliziert wird – der Kirche weglaufen, weil die Ansichten der Kirche zu Abtreibung, Verhütung, Frauenpriestertum usw. „nicht mehr zeitgemäß“ seien, führt sich doch selbst ad absurdum angesichts noch höherer Austrittszahlen in der evangelischen Kirche in Deutschland. Gerade in Deutschland müsste man das ja eigentlich wissen. Aber die Leute, die so argumentieren, haben ja noch nie besonders viel Verbindung mit der Wirklichkeit bewiesen….
Die enttäuschten Reaktionen aus Afrika und vor allem Lateinamerika sind Euch aber nicht entgangen?
Da sieht man zwar andere Schwerpunkte, aber ebenfalls Reformbedarf. Die Vorstellung, über Glaubensdinge abstimmen zu können, ist so alt wie die Übernahme von Niedlichkeiten der Volksfrömmigkeit in die römische Lehrmeinung …
Reformbedarf gibt es ja auch. Die ecclesia wird erst am Ende aller Tage nicht mehr semper reformanda sein. Man muss aber wissen, zu welchem Ende hin eigentlich reformiert werden soll. Und die Erfahrungen mit der Reformation schlechthin sind ja auch nicht so besonders berückend.
Der Witz ist aber, welcher Spielraum für Reformen vorhanden ist!
Die meisten Konfessionen verstehen sich als weltliche Institutionen, die Irrtümern unterliegen können. Da kann prinzipiell alles hinterfragt werden (wenn es auch seit zwei Jahrtausenden in Kernfragen doch immer auf dieselben Antworten hinauslief).
Die römische Kirche beruht aber darauf, endgültige Wahrheiten zu besitzen, an denen nicht gerüttelt werden kann, ohne das Axiom der Irrtumsfreiheit der Institution und damit die ganze Grundlage zu kippen.
JPII hat wohlweislich nur von den Fehlern der Menschen in der Kirche gesprochen, nicht von Fehlern der Kirche!
Damit sind allerlei Reformvorschläge mit Rom nicht zu machen, weil sich diese Kirche in ihrer 1550-Jährigen Geschichte so darauf festgelegt hat, daß es kein Zurück mehr gibt.
Das hat Vorteile gegen die grassierende Beliebigkeit, ganz klar. Es ist auch weniger anstrengend als ein permanentes Hinterfragen von allem. Aber es bedeutet, daß die ganzen „Wir sind Kirche“-Typen in Wirklichkeit nicht reformieren, sondern zerstören würden.