Wozu Ökumene? Ganz einfach – um den Auftrag des Herrn zu erfüllen: Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! (Mk 16,15) Das griechische Wort oikoumenê bezeichnet genau diese ganze (bewohnte) Welt, in die wir Christen das Evangelium tragen sollen.
Deshalb bleibt allen ökumenischen Bemühungen nur eines zu tun: zurückzugehen zu den Quellen der Verkündigung – zu dem, was die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche ausmacht. Ich erwarte vom ökumenischen Dialog ein gemeinsames Ringen um ein besseres Verständnis dieser Quellen des Heiles. Meine von Rom getrennten Gesprächspartner sollen mir erklären, wie sie die Quellen der Kirche, das Evangelium und seine, eine und einzige Wahrheit verstehen.
Auch wenn ich davon überzeugt bin, dass die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche in der katholischen Kirche verwirklicht ist (subsistit), so denke ich, dass nach wie vor Potentiale zu entfalten und zeitbedingte Irrtümer zu erkennen sind. Auch die katholische Kirche kann im Rückgang zu den Quellen und insbesondere zu den Kirchenvätern noch und wieder eine Menge lernen, kann wachsen und besser verwirklichen, was die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche dem Auftrag des Herrn gemäß ist.
Rein praktisch denke ich, dass die Gemeinschaften der Reformation zunächst einmal zu ihren Urtexten zurückkehren müssten, bevor an eine Rückkehr zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche auch nur zu denken ist. Jene Revision der lutherischen und sonstigen reformatorischen Texte, die ich neulich skizziert habe, ist wohl unumgänglich.
Es müsste festgestellt werden, was davon noch gilt, was falsch war – und was sich im Widerspruch zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche befindet. Das ist eine Aufgabe, die den Protestanten eigentlich niemand abnehmen kann: Es betrifft ihr Selbstverständnis und ihre Existenzberechtigung. Aber erst mit einem geklärten Verständnis der eigenen Grundlagen wäre überhaupt die Möglichkeit geschaffen, von dort aus zu den Quellen zu gelangen.
Ist das eine Rückkehr-Ökumene? Nicht im landläufigen Sinne, aber wohl in dem Sinn, dass allen Christen an einer Rückkehr zu dem, woraus die Kirche hervorgeht, gelegen sein muss. Ausgeschlossen jedenfalls ist eine Subtraktions-Ökumene des kleinsten gemeinsamen Nenners, die die Wahrheit zugunsten der Einheit aufgibt.
Die Wahrheit des Evangeliums steht in der Hierarchie der Werte ganz klar über der Ökumene, der ganzen Welt, in die wir das Evangelium tragen sollen – und nicht umgekehrt die Wahrheit solange biegen, bis sie aller Welt in den Kram passt. Wenn deshalb die Wahrheit die Ökumene verhindert – who cares? Niemand, der die Wahrheit liebt.