in Catholica

Der Anspruch der Wahrheit

„Schon jetzt ist es möglich, die Themen festzulegen, die vertieft werden müssen, um zu einer echten Übereinstimmung im Glauben zu gelangen: 1) die Beziehungen zwischen Heiliger Schrift als oberster Autorität in Sachen des Glaubens und der heiligen Tradition als unerläßlicher Interpretation des Wortes Gottes; 2) die Eucharistie, Sakrament des Leibes und Blutes Christi, dargebracht zum Lob des Vaters, Gedächtnis des Opfers und Realpräsenz Christi, heiligmachende Ausgießung des Heiligen Geistes; 3) die Weihe als Sakrament zum Dienstamt in seinen drei Stufen: Bischofsamt, Priestertum und Diakonat; 4) das Lehramt der Kirche, dem Papst und den in Gemeinschaft mit ihm stehenden Bischöfen anvertraut, verstanden als Verantwortung und Autorität im Namen Christi für die Unterweisung im Glauben und seine Bewahrung; 5) die Jungfrau Maria, Gottesmutter und Ikone der Kirche, geistliche Mutter, die für die Jünger Christi und für die ganze Menschheit Fürbitte leistet.

Auf diesem mutigen Weg zur Einheit halten uns die Klarheit und die Klugheit des Glaubens an, die falsche Irenik und die Nichtbeachtung der Normen der Kirche zu vermeiden. Umgekehrt gebieten uns dieselbe Klarheit und dieselbe Klugheit, die Lauheit beim Einsatz für die Einheit und noch mehr den vorgefaßten Widerstand zu meiden oder auch den Defätismus, der dazu neigt, alles negativ zu sehen.

An einer Sicht der Einheit festhalten, die allen Forderungen der geoffenbarten Wahrheit Rechnung trägt, heißt jedoch nicht der ökumenischen Bewegung Einhalt zu gebieten. Im Gegenteil, es bedeutet zu vermeiden, daß sie sich mit Scheinlösungen zufriedengibt, die zu keinem stabilen und echten Ergebnis führen würden. Der Anspruch der Wahrheit muß bis auf den Grund gehen. Ist das etwa nicht das Gesetz des Evangeliums?
Ut unum sint – Ioannes Paulus PP. II – Enzyklika (1995)

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Kommentar

17 Kommentare

  1. Ich würde mir statt recht allgemein gehaltener Formulierungen von Dir entweder konkrete Erwiderungen zu den obigen fünf Punkten oder eine Art protestantische Gegenagenda wünschen, also (fünf oder mehr) Themen, die aus Deiner Sicht vertieft werden müssen.

    Eine klare Agenda würde der Ökumene mehr helfen als alle floskelhaften Lippenbekenntnisse. Man kann dem Bischof von Rom jedenfalls nicht vorwerfen, es an Klarheit fehlen zu lassen – den protestantischen Dialogpartnern hingegen schon.

    „Was würde nur Jesus sagen, wenn er mit dem Gedankengebäude der römisch-katholischen Kirche von heute konfrontiert würde?“

    Ja, was denn? Ich muss bei diesem Gestus, den zum Beispiel auch Heiner Geißler meisterlich beherrscht, immer schmunzeln. Das sieht für mich nach einer Art individuellen, persönlichen Unfehlbarkeit aus – leider völlig losgelöst von allem, was uns überliefert wurde, inklusive Christus selbst.

  2. Matthias, ich verstehe Dich wirklich nicht. Was ist so schlimm daran, die eigene Position festzulegen? Wie oft haben wir – mit Hinweis auf die Apostolische Tradition, auf die Heilige Schrift, auf die Kirchengeschichte… – argumentiert, warum die Kirche sich in ihrem Lehramt der Apostolischen Tradition verbunden weiß?

    Warnen denn nicht etwa schon Paulus und die anderen Apostel immer wieder vor Irrlehren in den Gemeinden, die das Falsche über Christus verbreiten? Fordert Paulus denn etwa nicht, diese Irrlehren abzulehnen und die Irrlehrer auszuschließen? Woher leitest Du also her – denn aus der Schrift kann’s nicht sein -, dass niemand befugt ist, eine Lehre über Christus als wahr oder falsch zu deklarieren?

    Oder liegt es eher daran – wie ich schon einmal analysiert habe -, dass Du Dich auf eine Position zurückgezogen hast, wo Du nicht Deine Ansichten verteidigen musst, weil Du selbst nicht weißt, ob die nun wirklich wahr sind oder nicht? Irritiert es Dich deswegen, dass hier Leute etwas für wahr halten – und auch noch zu erklären bereit sind, warum und wieso?

  3. Entschuldigung, aber ich hätte geglaubt, ich versuche immer wieder, viele Glaubenssätze der Kirche biblisch zu begründen – zuletzt auch in meinem vorigen Kommentar… Dass Du mir dann vorwirfst, ich würde das nicht „über die Schrift nachprüfen“? Warum begründest denn nicht Du einmal, wie man diese Passagen (z. B. über das Weiheamt in den Timotheusbriefen, über die Krankensalbung im Jakobusbrief, über die Zusage Christi, dass die Sünden, die von den Apostel vergeben werden, auch im Himmel vergeben werden in Joh 20,21-23) noch verstehen kann, wenn das katholische Verständnis schon nicht das Richtige ist?

    Oder sollte man Deiner Meinung nach gleich bei den Basics anfangen und sich der Bibel aus einer agnostischer Weltsicht nähern – wir wissen ja, was da alles rauskommen kann, wenn man ein bisschen selektiv liest: von „Jesus war ein Revolutionär“ über „Jesus hat alles ok gefunden und niemanden verurteilt“, bis „Jesus war gar nicht Gott, sondern nur ein Mensch“?

    Die Apostolische Tradition ist das, was uns durch die Apostel als WAHRHEIT ÜBER JESUS CHRISTUS überliefert wurde. (In den Apostelbriefen kommen ja solche bekenntnishaften Zusammenfassungen des Glaubens mehrmals vor.) Auch damals gab es schon Leute, die andere Dinge verkündeten. Meinst Du vielleicht, nur die Apostel waren befugt, etwas als wahr oder falsch zu deklarieren, aber nach ihrem Tod ist das niemand mehr, weil wir ja den Auferstandenen nicht gesehen haben?

    In der von Dir angesprochenen Passagen spricht Jesus übrigens über die „Traditionen der Menschen“. Hier geht es aber um die Tradition (=Weitergabe, Überlieferung) von GOTTES OFFENBARUNG! Womit soll denn begründet werden, dass manche Dinge, die von Christen 1500 Jahre lang für wahr gehalten wurden, nicht wahr sein sollen – ausgerechnet mit Berufung auf die Heilige Schrift, die 1500 Jahre mit genau diesen Dinge völlig zu vereinbaren war (und historisch gesehen von diesen auch nicht zu trennen ist)?

    Aber ich stelle schon wieder so viele Fragen, und bekomme nie eine Antwort, außer den Hinweis, dass „die katholische Kirche ihre eigenen Dogmen für wahr hält“. Weißt Du was? ALLE Christen halten ihren Glauben an Christus für wahr! (Auch wenn sie vielleicht andere Dinge für wahr halten, als die katholische Kirche.) Was würdest Du denn auf den Vorwurf eines Agnostikers sagen, der zu Dir meint: „Du glaubst, die Wahrheit in Jesus erkannt zu haben, aber damit wurdest Du doch von [hier einfügen: Familie, Kirche, usw.] indoktriniert. Wenn Du mal für Dich selbst denken würdest, würdest Du sehen, dass dieser Wahrheitsanspruch des Christentums doch aus der Luft gegriffen ist… Jesus war sicher ein netter Mensch – aber wie kann bitte ein vernünftiger Mensch daran glauben, dass er Gott war? Das sind doch alles nur Dogmen, mit denen Du vollgepumpt wurdest!“

  4. Ich habe diese Frage hier analysiert – aus meiner persönlichen Geschichte heraus.

    Natürlich kann man immer die Frage nach „was wäre wenn?“ stellen – vielleicht wäre man in einem islamischen Land ja gar nicht in Kontakt mit dem Christentum gekommen…

    Aber heute und jetzt geht es darum, den eigenen Glauben begründen zu müssen – denn wenn der Glaube nur etwas Individuelles ist, das im Grunde keinen Bezug zur äußeren Wirklichkeit hat (ich nehme das Wort „Wahrheit“ ja gar nicht mehr in den Mund…) – kann man dann den Glauben eigentlich verkünden? Wie soll dann jemand durch uns zu Christus finden, wenn wir ihm nicht – mit rationalen Argumenten! – begründen können, warum wir denken, dass Christus heute nicht irgendwo unter der Erde liegt, sondern auferstanden ist? Ich glaube, dieser Verantwortung müssen wir uns als Christen immer bewusst sein…

  5. „Natürlich halte ich meinen eigenen Glauben für wahr […]. Aber ich halte ihn nicht für die absolute Wahrheit – und das sehen manche als agnostische Auffassung.“

    Gibt es eine relative Wahrheit, eine Wahrheit in Beziehung (relatio) zu was denn? Zur Wirklichkeit? 🙂

    Gibt es eine absolute Wahrheit, eine Wahrheit losgelöst (absolutus) von was denn? Von unserer Erkenntnis, von menschlicher Schwäche, von der Kirche, von Gott?

    Ach ja: Die Wikipedia schreibt recht ausführlich zur berühmten Frage: Was ist Wahrheit?

  6. Die Grundfrage des Christentums ist ja: entweder ist Christus auferstanden – dann ist die Offenbarung Gottes durch Ihn wahr; oder er ist nicht auferstanden – dann kann man das ganze Christentum getrost am Klo hinunterspülen. Hier geht’s nicht um theologische Spekulationen, sondern um ein historisches Ereignis. Etwas, was das Christentum von allen anderen Religionen unterscheidet – das unmittelbare und materielle Eintreten Gottes in die menschliche Geschichte. (Siehe dazu übrigens auch 1 Kor 15.)

  7. Ich habe die Auferstehung nur als Beispiel genannt, was (für mich wenigstens) einer der Eckpunkte des Glaubens an die Wahrheit ist. (Das war vor allem eine Antwort auf Deinen Satz: „Natürlich halte ich meinen eigenen Glauben für wahr (…). Aber ich halte ihn nicht für die absolute Wahrheit.“)

    Die Frage ist nun, woher wir wissen, woran wir glauben sollen, wenn wir an Jesus glauben. Für die Apostel war klar, dass es wahre und falsche Ansichten über Christus und Seine Offenbarung geben kann, und dass es ihre Aufgabe war, hier die Spreu vom Weizen zu trennen. Auch ihre Nachfolger habe das im Sinne der Apostel interpretiert: die Wahrheit weitergeben, zu einem tieferen Verständnis von ihr (für unseren Glauben, für unser Leben) zu gelangen…

    Der Glaube der Kirche hat sich wie ein Pflanze entwickelt, die zuerst nur ein Korn war und viele Jahre später ein großer Baum ist – genauso, wie Christus über das Senfkorn sagt. Wenn wir heute an das glauben, was die Kirche sagt, dann glauben wir an all das, was Menschen Jahrhunderte und Jahrhunderte lang versucht haben, zu klären, zu formulieren…

    Wir sind nicht allein: wir haben hunderttausende, ja Millionen Menschen, die in diesen 2000 Jahren gelebt haben, hinter uns, die bestrebt waren, die Wahrheit Christi weiterzugeben, Seine Kirche auf ihrem Weg zu bestärken und nicht abirren zu lassen, und in ihrem Leben Zeugnis für Christus abzulegen.

  8. „Mir scheint es nur, dass die römisch-katholische Kirche ihre gesamte Tradition als apostolisch ansieht und es zumindest für Außenstehende gar nicht immer so klar ist, was jetzt davon Tradition (Singular) und Traditionen (Plural) sind.“

    Sorry, aber das ist doch hanebüchen! Das genaue Gegenteil ist der Fall – niemand unterscheidet klarer als die römisch-katholische Kirche: die Protestanten nicht, weil sie gar kein stabiles und gemeinsames Verständnis von Tradition (Singular) haben; und die Orthodoxen auch nicht, weil Traditionen (Plural) bei ihnen deutlich weniger Gewicht haben.

    So wirst Du zum Beispiel über den Rosenkranz im Katechismus den folgenden Absatz finden: „2678 In der mittelalterlichen Frömmigkeit des Westens entstand das Gebet des Rosenkranzes als volkstümlicher Ersatz für das Stundengebet. Im Osten haben die Litaneien des Akáthistos und der Paräklisis mehr Ahnlichkeit mit dem Chorgebet in den byzantinischen Kirchen bewahrt, während die armenische, die koptische und syrische Überlieferung Hymnen und Volkslieder zur Mutter Gottes bevorzugt haben. Doch die Überlieferung des Gebetes ist im Ave Maria, in den Theotokia, den Hymnen des hl. Ephrem und des hl. Gregor von Narek im Grunde die gleiche geblieben.“

    Klarer geht es wohl nicht.

  9. „Abwertung anderer Glaubensgemeinschaften“

    Ja, schwing nur weiter Deine Keulen… Ich lese hier zwischen und in den Zeilen: „Ich will so bleiben wie ich bin.“ Da kann ich nur sagen: „Du darfst (dann aber keine volle Anerkennung von Rom erwarten).“

    Zölibat ist übrigens ein ungeeignetes Beispiel. Es handelt sich um eine Frage der Disziplin, nicht des Glaubens. Vom Zölibat kann dispensiert werden, das geschieht auch nicht selten. Es könnte auch ganz abgeschafft oder verändert werden – letzteres geschah nach dem jüngsten Konzil, als Verheiratete zur Diakonenweihe zugelassen wurden.

    (Und was geht Dich eigentlich das Zölibat an, solange Du Dich nicht klar zum Sakrament der Priesterweihe bekannt hast? Da kommt man doch vom Hundersten ins Tausendste.)

    „Stattdessen wird alles, was nicht katholisch ist, als per definitionem defizitäres Christentum dargestellt, da nicht-apostolisch.“

    Falsch. Was nicht apostolisch ist, wird als nicht-apostolisch (und damit in der Tat defizitär) kritisiert. Vgl. den kleinen Spruch ganz oben, auf dunkelrotem Grund.