Käßmann

Ich muss zugeben, meiner Landesbischöfin* gelegentlich mit gemischten Gefühlen gegenüberzustehen. Doch was sie hier sagt (das Thema hatten wir gestern), könnte ich wohl unterschreiben:

„Die ‚totale Ökonomisierung des Lebens‘ trage erheblich dazu bei, dass sich junge Frauen und Männer gegen Kinder entschieden, so die evangelische Bischöfin. Kinder würden stärker als früher als Kostenfaktor gesehen. Daneben gebe es einen gesellschaftlichen Druck, mobil, flexibel und spontan zu sein. Das passe nicht zu Kindern.

Es sei in Deutschland keine Normalität mehr, mit Kindern zu leben, sagte die evangelische Theologin, die selbst vier Kinder hat. Diese Entwöhnung führe dazu, dass an Mütter völlig überhöhte Ansprüche gestellt würden. Das Leistungsdenken in der Erziehung schrecke junge Frauen davon ab, Kinder zu bekommen. Zudem fehle Vertrauen in die Zukunft, auch Gottvertrauen.“

Von einer ganz anderen Seite nähert sich Alex Rühle in der Süddeutschen („German Angst macht unfruchtbar“) dem Thema:

„Leute, rechnet nicht, macht einfach. Rechnen macht arm. Machen macht glücklich. Nicht Deutschland. Einen selber.“

[via Perlentaucher]

* Meine Frau und meine Kinder gehören der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers an.

Evangelischer Theologe ruft an

Kuttner überrascht mal wieder. Jetzt spricht er, bekennender Atheist, mit einem evangelischen Theologen buchstäblich über Gott und die Welt. Da fällt doch glatt das Wort Transubstantiation.

Der Atheist

Richard Dawkins sagt im Interview mit Salon.com viel Altbekanntes. Ganz großes Kino ist jedoch die folgende Aufzählung:

What are the dark sides of religion today?

Terrorism in the Middle East, militant Zionism, 9/11, the Northern Ireland ‚troubles,‘ genocide, which turns out to be ‚credicide‘ in Yugoslavia, the subversion of American science education, oppression of women in Saudi Arabia, Afghanistan, and the Roman Catholic Church, which thinks you can’t be a valid priest without testicles.“ [Hervorhebung von mir]

Nachtrag: Petra nimmt sich Dawkins und andere Atheisten zur Brust.

Hörer des Wortes

Bei Ebay ist gerade Hörer des Wortes von Karl Rahner zum Startpreis von 1,99 EUR (plus 2 EUR Versand) im Angebot. Das ist relativ günstig. Bei Amazon ist das Buch aktuell überhaupt nicht erhältlich, bei Abebooks werden irre Preise verlangt. Ich hatte im Februar bei Amazon 12,80 EUR (inkl. Versand) bezahlt.

Nachtrag: Prompt taucht noch ein Exemplar bei Ebay auf, sogar noch attraktiver als das erste. Hier handelt es sich um die gebundene Ausgabe, die bei Kösel erschienen ist, während das erste Angebot ein Herder-Taschenbuch ist.

Ich kann das Buch (auch wenn ich es bislang nur angelesen habe) empfehlen. Es legt die Grundlagen für den Grundkurs des Glaubens.

Kapitalismuskritik

Was mir an der aktuellen Debatte am meisten gefällt, ist ihr Name. Ohne Umschweife wird hier der Kapitalismus beim Namen genannt – und im Grunde genommen für seine pure Existenz kritisiert.

(Das ist übrigens eine Figuration, die sich auch in der Kirchenkritik wiederfindet: Viele Kirchenkritiker kritisieren die katholische Kirche dafür, dass sie katholisch und Kirche ist.)

Aber war nicht bislang immer von (sozialer) Marktwirtschaft die Rede? Und signalisierte das Wort Kapitalismus nicht etwa, dass sein Verwender sich gerade anschickte, den Boden der FDGO zu verlassen?

Tempora mutantur, nos et mutamur in illis.

Wende

Mariam Lau hatte jüngst in ihrer Empörung über die Wahl Joseph Ratzingers zum Papst von einem Gang nach Canossa geschwafelt, den Jürgen Habermas mit seinem Ratzinger-Treffen im Januar 2004 angetreten habe. Aber die Harald-Schmidt-Biografin ist nicht die einzige, der die Perspektiven etwas verrutscht sind.

Zur Erhellung trägt ein Beitrag von Axel Bohmeyer bei, den er im April 2004 für sciencegarden.de verfasst hat:

Die Friedenspreisrede und das als Bekehrungsversuch gedeutete Gespräch in der Münchner Akademie fügen der früheren Habermasschen Position […] inhaltlich nichts Neues hinzu.

Ob allerdings Bohmeyers Deutung der Intention Ratzingers zutrifft?

Das Zusammentreffen mit dem obersten Glaubenshüter hat eine gewisse Signalwirkung. Ratzinger bescheinigt dem Habermasschen Denken im gewissen Sinne die theologische Unbedenklichkeit.

Kinderwunsch

„Kinder bekommen die Leute sowieso“, gab Konrad Adenauer zurück, als ihm vorgehalten wurde, die umlagefinanzierte Rentenversicherung prämiere Kinderlosigkeit. Knapp 50 Jahre später sind die Folgen dieser epochalen Fehleinschätzung deutlich zu spüren. Wir sind nicht mehr weit davon entfernt, dass Kinderlosigkeit zum Normalfall und Elternschaft rechtfertigungspflichtig wird.

Deutlicher als durch den demographischen Niedergang kann das kollektive Nein zur Zukunft des eigenen Landes und die Verweigerung einer nachhaltigen Einstellung zum Leben nicht ausgedrückt werden. Eine gestern veröffentlichte Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) belegt die Katastrophe mit dramatischen Zahlen:

Mehr als elf Prozent der befragten Frauen in Ost und West wünschen sich demnach keine Kinder, bei den Männern beträgt der Wert sogar 26 Prozent. Von den 20 bis 39 Jahre alten Kinderlosen zeigte sich mehr als ein Drittel zufrieden mit diesem Zustand: „Das Ideal der freiwilligen Kinderlosigkeit”, so resümieren die Forscher, „hat sich ausgebreitet.”

Auch die gewünschte Kinderzahl ist seit Anfang der neunziger Jahre deutlich gesunken. Das nennen die Demographen „ein unerwartetes Ergebnis”. Planten deutsche Paare 1992 im Durchschnitt noch zwei Kinder, ist dieser Wert nach der aktuellen Studie auf 1,7 gesunken – der Wunsch und die Realität von 1,4 Kindern pro Frau nähern sich damit an. In der Studie heißt es: „Die so häufig zitierte Spanne zwischen tatsächlicher Kinderzahl und dem gewünschten Nachwuchs, auf der viele familienpolitische Hoffnungen ruhen, gibt es nicht mehr.” (FAZ)

Hier geht es längst nicht mehr um eine angesichts globaler Überbevölkerung wünschenswerte Korrektur, wie auch Leute meinen, die es besser wissen müssten. Ein ganzes Land und eine ganze Gesellschaft haben ihre Fähigkeit verloren, ihren eigenen Fortbestand zu sichern.

So viel könnten wir wirklich von der Evolutionstheorie lernen, um zu verstehen, was das heißt.

Philippus und Jakobus


Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns.
Jesus antwortete ihm: Schon so lange bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater?
Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke.
Joh 14,8-10