Zeitgeist

Des öfteren war dieser Tage ein gewisses Erstaunen darüber zu vernehmen, dass „die Jugend“ den Papst trotz seiner etwas seltsamen Ansichten geliebt habe. Das Rätsel lässt sich lösen: Nicht trotz – wegen. Er hat niemanden nach dem Munde geredet. Der Kommentator der Wiener Zeitung Die Presse hat den Grund dafür erkannt:

„Die ‚Zweiteilung‘ in der Einschätzung der Regierungszeit Johannes Pauls, die sich jetzt abzeichnet, ist eine grobe Verkürzung: Man wird diesem Papst nicht gerecht, wenn man sagt, er sei zwar eine große, über die Grenzen der eigenen Kirche hinaus wirksame spirituelle Erscheinung gewesen, habe aber innerkirchlich durch seinen konservativen Kurs mehr Probleme geschaffen als gelöst. Der rigorose Kurs in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre war nicht die andere, ‚dunkle‘ Seite Johannes Pauls, sondern die Grundlage auch für seine spirituelle Kraft. Und was für die Person des Papstes galt, gilt auch für die Zukunft seiner Kirche: Es wäre ein folgenschwerer Irrtum zu glauben, dass die Versöhnung mit dem herrschenden Zeitgeist das Akzeptanzproblem der Kirche in der heutigen Gesellschaft von selbst lösen würde.“

Schließlich hat sich Johannes Paul II. gerade als Kritiker des Zeitgeistes der Spätmoderne und der kultischen Verehrung von Konsum und Hedonismus profiliert. Daran sollte sein Nachfolger festhalten, meint die tschechische Zeitung Lidove Noviny:

„Dem Vatikan droht jetzt die Gefahr, dass er sich auf den Weg einer ‚Modernisierung‘ begibt, die die von Johannes Paul II. gesetzten Ansprüche aufweicht. Ein noch größeres Risiko besteht aber darin, dass die intellektuellen und politischen Eliten der so genannten entwickelten Welt den letzten Rest an Demut und Wachsamkeit verlieren, wenn sie nicht mehr mit der Kritik des Papstes am Konsumkult konfrontiert werden. Und auch nicht mit seiner Kampfansage an den modernen Hedonismus.“

[via Deutschlandfunk/Presseschau]

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Leere der Popkultur

Die Autorin Dorota Maslowska im FAZ-Feuilleton:

„Die Leere der Popkultur ist völlig wehrlos gegen diesen Tod. Sie ist nicht darauf vorbereitet, etwas anzunehmen, das wirklich geschieht. Das Sterben des Papstes, seine Schwäche sind ein ästhetischer Schock für eine Welt, in der die Medien den Körper auf eine Verpackung reduzieren, eine Verpackung der Ware Mensch, der deshalb jung, dynamisch, sonnengebräunt und gesund sein muss, sonst findet er keinen Käufer. Was für ein Kontrast dazu war Johannes Paul II. – gekrümmt, geschlagen von Gebrechlichkeit und dennoch stets hellwach.“ [via Perlentaucher]

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Metakritik

Ein TV-Kritiker kritisiert Kirchenkritiker. Vernichtend.

Die linke Kirchenkritik ist beleidigt darüber, dass sie in den vergangenen 26 Jahren durch die überwältigende Popularität des Papstes immens an Einfluss verloren hat. Doch jetzt meldet sie sich zurück und macht da weiter, wo sie vor ein paar Jahrzehnten so rüde unterbrochen worden war. Während sich ein nie gesehenes Millionenheer von Pilgern aufmacht nach Rom und die Staatshäupter und Vertreter der Weltreligionen sich in Liebe und Respekt verneigen, spricht sie, die linke Kirchenkritik, na, von was wohl: von der tiefen Krise der katholischen Kirche. Das ist nur bei „Christiansen“ möglich, nämlich die Lebensleistung des polnischen Giganten am Tag nach seinem Tod auf die üblichen muffigen drei Ladenhüter runterzuschnurren: Zölibat, Frauenbild, betriebliche, pardon: kirchliche Mitbestimmung.

Ich fange allmählich an, mich dafür zu schämen, dass ich mich früher auch in dieser Ecke befunden habe.

Update: Ein anderes Zitat aus dem nämlichen Artikel bei Scipio.

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Der verlorene Reformer

Gestern saß er bei Sabine Christiansen (lesenswert übrigens die TV-Kritik von Matthias Matussek im Spiegel): Hans Küng, ein brillianter Kopf, dessen Buch „Existiert Gott?“ ich für seine intellektuelle Gründlichkeit wirklich schätze. Seine Abrechnung mit Johannes Paul II. hat er bereits in der vorvergangenen Woche im Spiegel zu Protokoll gegeben (auf deutsch nicht mehr frei erhältlich, dafür aber auf englisch). Der Pontificator, seines Zeichens anglikanischer Geistlicher mit starkem katholischen Einschlag und Autor meines Lieblings-Blogs in englischer Sprache, kommt zu einem pointierten Urteil über Küng:

„When I think of Hans Kung, I think of a man who might have been a true theologian, a man who might have contributed mightily to the work of the gospel in the Catholic Church. His book Justification, where he contrasts and compares the views of Karl Barth and the Council of Trent on the theme of justification by faith, remains essential reading on the subject. Yet somewhere along the way he got lost. Instead of integrating what he learned from Barth and his study of Scripture into his Catholic faith, he left both Barth and the Catholic faith and became a boring modernist committed to converting the Catholic Church into something along the lines of the World Council of Churches.“

Küng ruft im Prinzip noch einmal den hinlänglich bekannten Kanon der Kritik auf. Die Überschriften lauten im Original: Menschenrechte, Rolle der Frauen, Sexualmoral, Priesterzölibat, Ökumene, Personalpolitik, Klerikalismus, Nachwuchs der Kirche, Historische Sünden. Der Pontificator weist diese Kritik mit einem Argument zurück, das ich zuletzt bei Ratzinger gelesen habe (der wiederum Johann Baptist Metz zitiert):

„The critical weakness of Kung’s diagnosis is his failure to observe that his reform proposals have in fact been embraced by the churches of the Reformation, yet these churches are now at the point of extinction. Becoming ‚modern‘ and ‚progressive‘ has not proven to be a source of renewal and church growth–quite the contrary.“

Update: Scipio hat den Beitrag des Pontificators ausschnittsweise übersetzt.

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Requiem aeternam dona ei Domine, et lux perpetua...


Requiem aeternam dona ei Domine, et lux perpetua luceat ei.
Requiescat in Pacem.

In Paradisum deducant te Angeli:
in tuo adventu suscipiant te Martyres,
et perducant te in civitatem sanctam Jerusalem.
Chorus Angelorum te suscipiat,
et cum Lazaro quondam paupere aeternam habeas requiem.

Thomas


Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch!
Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott!
Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Joh 20,26-29

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Samstag der Osteroktav

Keiner von uns lebt sich selber und keiner stirbt sich selber:
Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn.
Denn Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende.
Röm 14,7-9

Intensivmedizin?

Ich habe mich lange gescheut, hier über Theresa Schiavo zu schreiben. Zu sehr hat mich die politische Instrumentalisierung gestört, zu wenig wusste ich über die konkreten Umstände und wollte ich darüber wissen.

Doch eine Frage bleibt: Warum ist des öfteren von Intensivmedizin die Rede? Zählt künstliche Ernährung mittels einer Magensonde schon dazu? Und ist Verdursten und Verhungern ein Vorgang, der auf der gleichen Ebene liegt wie Herzversagen oder Atemstillstand?

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