Septuagesima: Von der Krippe zum Kreuz

Heute feiert die Kirche den neunten Sonntag vor Ostern, Septuagesima (“Siebzigste”) genannt. Die Liturgie richtet den Blick erstmals auf das kommende Osterfest. Die kommenden beiden Sonntage heißen Sexagesima (“Sechzigste”) und Quinquagesima (“Fünfzigste”), bevor am Aschermittwoch die Fastenzeit (Quadragesima, “Vierzigste”) beginnt. Die Zahlen sind offensichtlich eher von symbolischer denn numerischer Bedeutung.

Das Benedicamus zum Ende der ersten Vesper wird mit einem doppelten Alleluia abgeschlossen, das danach bis Karsamstag entfällt und durch den Vers Laus tibi Dómine, Rex ætérnæ glóriæ ersetzt wird. Die liturgische Farbe wechselt zum Violett.

In den Laudes am Sonntag wird nun der zweite Psalmensatz genommen, der mit dem 50. Psalm (Miserére mei, Deus, * secúndum magnam misericórdiam tuam) beginnt, und es gibt eigene Antiphonen. Das Capitulum rezitiert den Vers 1 Kor 9,24:

Nescitis quod ii qui in stadio currunt, omnes quidem currunt, sed unus accipit bravium? Sic currite ut comprehendatis.
Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber dass nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt.

Bis zum ersten Fastensonntag wird nun an jedem Sonntag ein Vers aus einem Korintherbrief rezitiert. Das Evangelium von Septuagesima ist das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20, 1-16), aus dem auch die Antiphonen zu Benedictus und Magnificat entnommen sind. Wir beginnen die Vorbereitung auf Ostern mit einem Blick auf die letzten Dinge und die Wiederkunft des Herrn.

Das ist eine Parallele zum Advent, der anderen großen Vorbereitungszeit im Kirchenjahr. Auf das Weihnachtsfest schauen wir in dieser Woche auch noch einmal zurück, mit dem Fest Mariä Lichtmess (In Purificatione Beatae Mariae Virginis) am 2. Februar. Damit schließt die Weihnachtszeit, während die Vorbereitung auf Ostern schon begonnen hat.

Just found in the English service of Vatican Radio

In der letzten Zeit hakte der deutsche Dienst von Radio Vatikan etwas. Das nahm ich zum Anlass, das englische Programm zu abonnieren. Und prompt wurde ich mit zwei wunderbaren Fundstücken belohnt.

Zunächst am Freitag mit dem musikalischen Kommentar (ab 17:03) von Monsignore Philip Whitmore zum zweiten Geheimnis des lichtreichen Rosenkranzes, das identisch ist mit dem Evangelium dieses Sonntags von der Hochzeit zu Kana. Whitmore brachte die einschlägigen Antiphonen von der Erscheinung des Herrn zu Gehör, sowohl klassisch-gregorianisch als auch polyphon, die das dreifache Festgeheimnis vorstellen: die Erscheinung vor den Weisen, die Taufe im Jordan und eben die Hochzeit zu Kana.

Und dann mit der Erläuterung zu eben jenem Sonntagsevangelium von Jill Bevilacqua („There’s More in the Sunday Gospel than Meets the Eye“). Listen!

Oktavtag von der Erscheinung des Herrn

Nein, es gibt ihn nicht mehr, auch nicht im Breviarium Romanum von 1960/62. Jedoch konnte ich in meinem alten Brevier heute noch einmal die Texte von der Erscheinung des Herrn nehmen (mit einer eigenen Oration).

Heute wurde nach dem Kalender von 1960 das Gedächtnis der Taufe unseres Herrn Jesus Christus begangen, das nach dem Kalender von 1970 bereits am vergangenen Sonntag stattfand. An Sonntag wiederum war das Fest der Heiligen Familie, das nach dem neuen Kalender bereits am Sonntag nach Weihnachten gefeiert wurde. Nun folgen die Sonntage nach der Erscheinung des Herrn, in diesem Jahr noch zwei (der zweite und der dritte), bevor mit Septuagesima bereits der liturgische Blick auf Ostern gerichtet wird.

Ich hatte mich ja in diesem Notizbuch gelegentlich über das frühzeitige Ende der Weihnachtszeit im neuen Kalender beschwert. Nun, da ich dem alten Kalender folgen darf, freue ich mich über einen Tag wie den heutigen. In diesem Jahr (Lesejahr C) wird am kommenden Sonntag das Evangelium von der Hochzeit zu Kana gelesen, das neben den Sterndeutern und ihren Gaben sowie der Taufe des Herrn zum Festgeheimnis der Erscheinung des Herrn gehört. Immerhin.

Dilettantus in Radiophonia Cathedralis Coloniensis

Nicht schlecht habe ich gestaunt, als die Moderatorin des Kölner Domradios vorhin den Musiker und Theologen Thomas Baumann aus Dinslaken ankündigte – und den Blogger dabei geflissentlich unterschlug. In dieser Woche legt unser geschätzer Dilletantus in interrete täglich das Evangelium im Domradio aus. Die erste Folge war heute zu hören. Warum eigentlich nicht gestern, liebes Domradio, am ersten Tag der Woche?

So schnoddrig, wie aus dem Blog bekannt, forderte Thomas als Quintessenz des heutigen Evangeliums eine Entscheidung: Nachfolge Jesu, ohne jemandem wehzutun, ist unmöglich. Well roared, Lion!

Auf etwaige Fehler im fremdsprachigen Teil dieses Eintrags bitte ich hinzuweisen.

Zivilreligionen tragen totalitäre Züge

Die Massendemokratien des 20. Jahrhunderts haben die mit der Reformation begonnene Verdrängung der Religion in die Privatsphäre vollendet. Doch kehrt das Verdrängte in Gestalt von Zivilreligionen zurück, die sich inzwischen offen der Unterstützung des Staates und der Politik erfreuen.

Anfang des vergangenen Jahres adoptierte die Bundeskanzlerin die Holocaust-Zivilreligion als quasi-offizielle Staatsreligion der Republik und verwies das Christentum auf die Plätze der gerade noch geduldeten Minderheitsreligion. Doch mit Macht drängt bereits eine zweite Zivilreligion heran, die in der globalen Erwärmung ihren zentralen Bezugspunkt hat.

Was dem Holocaust der Holocaustleugner ist, das ist dem Klimawandel der Klimaskeptiker. Hier wie dort reichen bereits Zweifel an der Mehrheitsmeinung, um von den Meinungsführern ins Abseits des Indiskutablen geschoben zu werden. Eine Institution wie die Heilige Römische Inquisition wäre in beiden Fällen ein echter Fortschritt gegenüber dem Status quo.

Die Verächter der Demokratie auf der Linken nutzen das Thema Klimawandel, um die alte Idee einer Ökodiktatur wiederzubeleben oder den Vegetarismus als alleinige ökologisch korrekte Ernährungsweise zu propagieren. Beiden Zivilreligionen gemeinsam ist ihr zutiefst antiliberaler Impuls. Sie greifen tief in elementare Bürgerrechte wie das der freien Meinungsäußerung (im Falle der Holocaust-Zivilreligion) oder der persönlichen Lebensführung ein.

Das sind totalitäre Züge, die an die beiden großen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts erinnern. Ich für meinen Teil ziehe das Christentum diesen modernen Ersatzreligionen vor. Wo aber das Christentum ein Vakuum hinterlässt, da entsteht Platz für allerlei Ersatz.