Römische Inquisition

„Die Römische Inquisition ist 1542 gegründet zur Abwehr der protestantischen Häresie, also eine Reaktion auf den Protestantismus, der sich des Mediums Buch bediente und wo sozusagen das Buch als das Erfolgsgeheimnis zur Verbreitung reformatorischer Gedanken in Rom dann auch schließlich erkannt wurde. Deshalb ist eine der Hauptaufgaben der Römischen Inquisition, praktisch den Buchmarkt zu beobachten, um – jetzt mal in der Sprache der Zeit – zu verhindern, dass sich gesunde Katholiken mit dem protestantischen Virus anstecken. Der Index der verbotenen Bücher ist jetzt eine Liste von Büchern, die Katholiken bei Strafe der Exkommunikation und damit Verlust des ewigen Seelenheiles nicht lesen durften. Da der Buchmarkt sich immer weiter entwickelte, konnte man natürlich nicht statisch bei einer Liste bleiben, sondern es musste ständig nachgearbeitet werden. Wenn neue Bücher erschienen, mussten die in Rom wieder untersucht werden und dann gegebenenfalls wieder verboten werden oder auch freigesprochen.“
Hubert Wolf, Historiker [Deutschlandfunk]

Andreas

Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren.
Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte (Christus).
Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels (Petrus).
Joh 1,40-42

Souverän

Durchaus abgewogen kommentiert die NZZ das seit gestern amtliche römische Papier:

„Es gibt wohl keine guten Gründe dafür, der katholischen Kirche das Recht abzusprechen, ihre inneren Angelegenheiten selber zu regeln und beispielsweise die Bedingungen für die Zulassung zu Ämtern nach ihrem eigenen Gusto festzulegen. Niemand hat einen wie auch immer gearteten rechtlichen Anspruch darauf, zum Priester der katholischen Kirche geweiht zu werden. Da nützt auch die Berufung auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und das darin enthaltene Diskriminierungsverbot nichts. Die Kirche ist, zumindest was die Rekrutierung ihres Führungspersonals betrifft, durchaus souverän. Sie zwingt ja niemanden dazu, ihr anzugehören.“

Etwas schräg dann allerdings der Versuch einer Kurzexegese nebst moraltheologischer Schlussfolgerungen am Schluss des Kommentars:

„In diesem Rückgriff auf die traditionelle Lehre spiegelt sich weniger Homophobie als vielmehr eine Sexualmoral, die in der Ehe in erster Linie eine Institution der Reproduktion sieht und den Fortpflanzungsaspekt der Sexualität überbetont. Stellte der Vatikan mehr auf personale Zuwendung und Hingabe ab, käme er zu einer positiveren Beurteilung homosexueller Partnerschaften – und wäre damit erst noch biblischer. Das Neue Testament hat die Päderastie und ihre Abarten verurteilt, wie sie in der damaligen griechischen-römischen Kultur praktiziert wurden. Es sagt nichts über heutige Partnerschaften zwischen erwachsenen Homosexuellen auf der Basis gegenseitiger Anerkennung.“

Da möchte ich doch mit Hein Blöd sagen: Fragt lieber noch mal eure Eltern, denn so ganz sicher bin ich mir da nicht.

Wörtliche Interpretation

Wie verarbeiten Bibelfundamentalisten das Problem der beiden Schöpfungsberichte (Gen 1,1-2,4a und 2,4b-25)? Sie lassen sich ja bei streng wörtlicher Interpretation nicht auf einen Nenner bringen. Schuf Gott den Menschen zuletzt, am SonnabendFreitag, nachdem die Erde soweit fertig war – oder zuerst, ohne nähere zeitliche Eingrenzung, aber bevor er den Garten Eden anlegte und die Tiere schuf?

Höchst interessant ist übrigens, was Augustinus („Über den Wortlaut der Genesis“) als wörtliche (oder vielmehr wortgetreue) Interpretation ansah. Er versteht Begriffe wie „Licht“, „Tag“ und „Morgen“ in ihrer geistlichen (und nicht etwas physikalischen) Bedeutung. Geistliches Licht ist für ihn genauso wörtlich wie physikalisches, und die Schöpfung des geistlichen Lichtes ebenso ein geschichtliches Ereignis wie die Schöpfung des physikalischen Lichtes.

Eine wörtliche oder wortgetreue Interpretation der Genesis liegt für Augustinus keinesfalls auf der Hand, sondern ist das Ergebnis eines aufwendigen und schwierigen Prozesses. Dabei ist ganz selbstverständlich der fortschreitende Wissensstand zu berücksichtigen – und nicht etwa an einer einmal gefundenen Interpretation festzuhalten, auch wenn diese sich angesichts neuer Erkenntnisse nicht halten lässt.

Blick auf die Wirklichkeit

Anfang November sprach Angela Merkel in der Katholischen Akademie, München, über ihren Glauben. Die Tagespost kommentierte:

„Christlichen Parteien muss das Ideologische, das weltanschauliche Vorurteil völlig fremd sein. Man ist bei den Menschen – den Arbeitslosen, den Handwerkern und Unternehmern, den Familien, den alleinerziehenden Müttern – und nimmt deren Alltag und Sorgen als die Wirklichkeit an.

Zwei Entwicklungen befördern diese christliche Sicht der Politik, die den Bürger nicht irgendwelchen ideologischen Vorgaben unterwirft: Zum einen das Ausbluten der 68-er-Bewegung, die das Land über Jahrzehnte mit zahllosen Ismen überzogen hat. Feminismus, Marxismus, Maoismus, Ökologismus waren wie Denkschablonen, die den Blick auf die Wirklichkeit versperrten. Emanzipation (von was? – auf was hin?) war das große Schlagwort. Erziehung musste antiautoritär sein, egal wie es den Kindern in Wirklichkeit erging. Diese Bewegung kommt nun an ihr biologisches Ende und hinterlässt ein Vakuum, das es zu füllen gilt.

Zum anderen gibt es Anzeichen, dass die laizistische Welt wieder mit Christen spricht und akzeptieren könnte, dass auch das Religiöse Teil der Wirklichkeit ist. Das Gespräch des Präfekten der Glaubenskongregation mit dem Philosophen Habermas, dem ‚reinsten aller Laizisten‘ (Ratzinger), vor fast zwei Jahren war so ein Signal.“

Man nehme als Kontrastmittel die vorgestanzten Wortschablonen aus dem Munde von Claudia Roth, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen:

‚Der Erlass ist anachronistisch und diskriminierend. Homosexuelle Männer dürfen erst nach einer dreijährigen Phase der Keuschheit zu katholischen Priestern geweiht werden. Für heterosexuelle Männer gilt das Keuschheitsgelübde dagegen erst mit der Priesterweihe. Das ist eine klare Diskriminierung von homosexuellen Männern.

Wenn von Priesteramtskandidaten zudem verlangt wird, dass sie keine ‚tiefsitzenden homosexuellen Tendenzen‘ haben, dann wird das dazu führen, dass homosexuelle Kandidaten ihre Identität verleugnen werden. Das Dokument schreibt eine überkommene Sexualmoral fest, unter der homosexuelle Männer jahrhundertlang leiden mussten.

Es enttäuscht damit auch die Erwartungen von vielen gläubigen Menschen, die auf eine Modernisierung der katholischen Kirche gehofft hatten. Es ist ein schmerzliches Relikt aus einer schon überwunden geglaubten Zeit.‘

Claudia Roth – ein schmerzliches Relikt aus einer schon überwunden geglaubten Zeit?

ARD-Standards

Als Kommentator hatte Gregor Hoppe, ARD-Hörfunkkorrespondent in Rom, in der letzten Woche kräftig daneben gehauen. Sein heutiger Hörfunkbericht hingegen steigt zwar mit dem unvermeidlichen Protest „von Schwulenverbänden und Menschenrechtsgruppen“ ein, referiert dann aber ausführlich das Papier selbst, bevor er abschließend die Kritiker zu Wort kommen lässt.

Immer gleich Sünden

„Es war verhängnisvoll für die christliche Moraltheologie, dass sie Sünde und Sex von Anfang an in einen so engen Zusammenhang gebracht hat, den sie bis heute nicht auflösen konnte. Allerdings ist das der logische Schluss, wenn man eine reine Sexualität, die keine Irritationen kennen darf, zum Ideal erhebt. Dann sind Schwierigkeiten immer gleich Sünden. Zölibatär lebende katholische Priester sind, wenn man sie darauf anspricht, schnell mit der Antwort zur Hand, sie hätten mit ihrer Sexualität keine Probleme. Genau dieses Ideal ist das Problem.“ [Frankfurter Rundschau]

Es ist verhängnisvoll für den Kommentator der Frankfurter Rundschau, dass er Sünde von Anfang an aus dem engen Zusammenhang mit Vergebung und Erlösung herausgelöst hat. Allerdings ist das der logische Schluss, wenn man weder Vergebung noch Erlösung kennen will. Dann sind Sünden immer gleich Katastrophen. Journalisten sind, wenn sie über religiöse Themen berichten, schnell mit der These zur Hand, die Sündhaftigkeit des Menschen sei kein Problem, sondern werde ihm von übelmeinenden Pfaffen eingeredet. Genau dieser Erkenntnismangel ist das Problem.

Emanzipation

„Man sollte die Kirche im Dorf lassen. Das Vatikan-Dokument ist ein echter Fortschritt auf dem Weg zur Emanzipation von Homosexuellen in der Kirche. Denn erstmals in dieser Deutlichkeit wird durch die oberste Kirchenbehörde anerkannt, dass es schwule Priesteramtskandidaten gibt und dass sie genauso wie ihre heterosexuellen Zimmernachbarn Priester werden können – und sollen. Die dreijährige Probephase hat mit Diskriminierung nicht das Geringste zu tun: Sie ist – für Heteros nicht minder – eine wichtige Zeit der Prüfung, Reifung und Klärung der eigenen Berufung und Sexualität. Homosexuellen in der Kirche kann das Dokument Mut machen: Es ist ein Plädoyer für Schwule im Priesteramt. Sie können sich künftig outen, ohne Gefahr zu laufen, um ihr Amt und ihre Reputation bangen zu müssen. Kein Homosexueller muss sich verstecken und seiner Veranlagung abschwören. Er muss nur keusch leben und um des Himmelsreiches willen auf Sex verzichten – genauso wie sein heterosexueller Mitbruder.“ [Stuttgarter Nachrichten]

Norbert Trelle

Anfang November hatte eine Glosse in der FAZ auf ein Phänomen aufmerksam gemacht:

„In Deutschland häufen sich die Fälle, daß eine Diözese ein Jahr und länger auf die Ernennung eines neuen Bischofs warten muß. So war es jüngst in Magdeburg und Augsburg, so ist es in Hildesheim. Ein irritierendes Signal, selbst wenn hier und da ein Kandidat das ihm angetragene Amt abgelehnt haben sollte. Denn soll die Botschaft einer quälend langen Vakanz lauten, daß es auf den Bischof eigentlich nicht ankommt? Oder muß man sich gar vorstellen, daß die Suche nach geeigneten Kandidaten inzwischen fast aussichtslos ist? Das dürfte wohl nicht wahr sein.“

In Hildesheim legt gemäß Preußenkonkordat der Heilige Stuhl dem Domkapitel eine Dreierliste von Bischofskandidaten vor, aus der in freier, geheimer Abstimmung der neue Bischof gewählt wird. Die Ernennung ist dann Sache des Heiligen Stuhls. Das Preußenkonkordat trifft keine ausdrückliche Feststellung zur Frage, ob Rom jeden Gewählten ernennen muss.

Zwar sollten auf der römischen Dreierliste nur Kandidaten stehen, die im Falle der Wahl auch tatsächlich ernannt würden. Doch fällt in die Zeit der Hildesheimer Sedisvakanz auch der Wechsel im Papstamt – und damit die Möglichkeit, dass Papst Benedikt XVI. diese Eignungsfragen anders beurteilt hat als sein Vorgänger. Was immerhin den Zeitverzug erklären würde.

Nun soll heute, so berichtet jedenfalls der Kölner Stadt-Anzeiger, die Wahl von Norbert Trelle (63) zum neuen Oberhirten annonciert werden. Sollte dies zutreffen und sich an der gegenwärtigen Praxis des Amtsverzichts mit 75 Jahren nichts ändern, so wäre seine Amtszeit jedenfalls kürzer als die seiner Vorgänger Josef Homeyer (1983-2004), Heinrich Maria Janssen (1957-1982) und Joseph Godehard Machens (1934-1956). Übrigens zeigt diese Liste, dass ein Jahreswechsel zwischen Erledigung und Neubesetzung eines Bischofsstuhls jedenfalls in Hildesheim keine Neuigkeit ist.