Die Diaspora als Normalzustand

Ich lebe nun schon länger in der Diaspora als ich in meiner katholischen Heimat gelebt habe. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich die Diaspora mehr und mehr als Normalzustand begreife. Der Erzbischof von Manila, Luis Antonio Tagle, einer der sechs neuen Kardinäle, sieht das offenbar ähnlich:

„Ich höre häufig von der Angst einiger Kirchen, die daran gewöhnt waren, die Mehrheit zu sein, in der Gesellschaft einflussreich zu sein. Die fürchten die abnehmenden Zahlen und den schwindenden Einfluss. Wenn ich das höre, denke ich mir immer, dass das die Geschichte der Kirche Asiens während der ganzen letzten 2.000 Jahre war. Wir verfallen nicht in Panik. Man muss damit leben. Wir haben unsere Hoffnung in den Auferstandenen und die Hilfe des Heiligen Geistes, der weht, wo er will. Ich sage meiner Kirche, dass vielleicht die Zeit gekommen ist, dass wir unsere Erfahrung mit den Kirchen, die diese Angst haben und nicht gewöhnt sind, die Minderheit zu sein, teilen können.“

Die universale Sendung der Kirche

Papst Benedikt XVI. sprach beim gestrigen Konsistorium über das Motto dieses Notizbuches (Et unam, sanctam, catholicam et apostolicam Ecclesiam.):

„Die charakteristischen Merkmale der Kirche entsprechen dem göttlichen Plan, wie der Katechismus der Katholischen Kirche ausführt: ‚Christus macht durch den Heiligen Geist seine Kirche zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen. Er beruft sie dazu, jede dieser Eigenschaften zu verwirklichen‘. Die Kirche ist im besonderen darum katholisch, weil Christus in seiner Heilssendung die gesamte Menschheit umfasst.“

Das bedeute auch, so der Papst weiter, dass man in der Gemeinschaft mit Gott jeden ethnischen, nationalen und religiösen Partikularismus überwinde Dieser universale Charakter trete am Pfingsttag deutlich hervor. Der Heilige Geist erfüllte die christliche Urgemeinde mit seiner Gegenwart, damit sich das Evangelium auf alle Nationen ausbreite und in allen Völkern das eine Gottesvolk wachsen lasse:

„Die universale Sendung der Kirche steigt also nicht aus der Tiefe auf, sondern kommt von oben herab, vom Heiligen Geist, und von ihrem ersten Augenblick an ist sie darauf ausgerichtet, sich in jeder Kultur auszudrücken, um so das eine Volk Gottes zu bilden. Es ist nicht eine örtliche Gemeinschaft, die sich langsam vergrößert und ausbreitet, sondern gleichsam ein Sauerteig, der auf das Umfassende, auf das Ganze hin ausgerichtet ist und die Universalität selber in sich trägt.“

Auch die Jünger, die Christus begleiteten, hätten noch im Moment der Himmelfahrt Jesu ihre Schwierigkeiten damit gehabt, den Universalbegriff der Kirche über sich hinaus weisen zu lassen und nicht auf das Reich für Israel zu beschränken. Doch wenn die Apostel, die mit dem Auftrag in die Welt gesandt worden seien, allen Völkern das Wort Gottes zu bringen, dann von Kirche sprachen, hätten sie nicht von einer bestimmten Gemeinde, sondern von der einen Kirche Christi gesprochen.

Aus der Abteilung: Habe ich das nicht gesagt? (2)

Ökumene jetzt! Erinnert sich noch jemand? Damals im September notierte ich hier die Möglichkeit, für rückkehrwillige Lutheraner ähnliche Strukturen zu schaffen wie bereits für Anglikaner geschehen.

Es vergingen nur wenige Wochen, da antwortete Kurt Kardinal Koch auf die Frage danach wie folgt:

Wenn ähnliche Wünsche von den Lutheranern geäußert werden, dann wird man darüber nachdenken müssen.

Womöglich kommt bis 2017 hier noch eine Dynamik in Gang, die noch vor kurzem kaum vorstellbar gewesen wäre.

Aus der Abteilung: Habe ich das nicht gesagt? (1)

Warum es 2013 keinen Kanzlerwechsel geben wird, schrieb ich im Frühjahr an dieser Stelle. Und bis jetzt läuft alles (fast) nach Drehbuch.

Die SPD hat sich wider Erwarten für Peer Steinbrück als Kanzlerkandidaten entschieden (und sich damit das Problem eines in der eigenen Partei nicht mehrheitsfähigen Kandidaten eingehandelt).

Die Grünen haben mit Katrin Göring-Eckardt die Tür zu schwarz-grünen Sondierungsgesprächen nach der Bundestagswahl 2013 weit aufgestoßen (und sich zugleich so positioniert, dass eine solche Koalition praktisch nicht mehr in Frage kommt).

Alles läuft auf eine dritte Amtszeit von Angela Merkel hinaus, entweder in einer Großen Koalition oder mit der FDP, die abzuschreiben mir doch etwas verfrüht erschiene.