Dringend notwendig

Am 26. September ist Contraception Day. Die Propaganda dazu verbreitet Bayer Schering Pharma:

Der internationale Tag zur Verhütung ist dringend notwendig, wie die globalen Zahlen zu ungewollten Schwangerschaften belegen.

Denn jedes Jahr werden 80 Millionen Frauen ungewollt schwanger. Ein Viertel dieser Schwangerschaften endet mit einem Abbruch. Die Tragik dabei: fast 70 Tausend Frauen sterben wegen des Eingriffs.

Von den jährlich zwanzig Millionen getöteten Kindern ist vorsichtshalber keine Rede. Wie war das noch gleich mit dem Vergleich des Kardinals, für den er heftige Prügel einstecken musste?

Statistik, selbst gefälscht

Wenn nun die kinderfreundliche Bevölkerungspolitik Frankreichs bejubelt wird, wäre doch ein Hinweis darauf angebracht, dass Frankreich, wenn es denn Deutschland nach der Einwohnerzahl überholt haben wird, längst schon ein überwiegend muslimisches Land sein wird.

Lies, Damn Lies, and Statistics

In der demographischen Debatte wird gern das Beispiel Frankreichs mit seiner hervorragenden Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr herangezogen, um die höhere Geburtenrate zu erklären. Werfen wir einen kleinen Blick auf die Fakten:

The overall French TFR* is 1.85; however, the TFR of French Muslims is approximately 3 to 4 (the French government does not collect official statistics on religion) while the non-Muslim TFR is only 1.4. Thus, while Muslims make up only 7% of the French population, they constitute 25-30% of the population under 25. Clearly, unless major changes occur (if it is not already too late), France is facing major cultural changes in the next 50 years, especially because the mainstream French culture has generally left its Muslim immigrants underrepresented and unassimilated.

Womit diese Lebenslüge ausgeräumt sein dürfte. Für die im Vergleich zu Deutschland höhere Geburtenrate in Frankreich sorgt allein die muslimische Bevölkerung. Nicht etwa die bessere Kinderbetreuung. Die Geburtenrate im nicht-muslimischen Teil liegt fast exakt auf dem gleichen Niveau wie in Deutschland (1,36).

Schön auch, dass sich der französische Staat mit dem Verzicht auf statistische Erhebungen zur Religionszugehörigkeit selbst die Augen zuhält. Das ist in Deutschland auch nicht viel besser.

*TFR steht für total fertility rate, also die Geburtenrate. Bei einer Geburtenrate von 2,1 bleibt die Bevölkerungszahl stabil.

Noch mehr Statistik

Hier ein paar einfache mathematische Überlegungen, die Situation in den USA betreffend:

If one population is declining by 5% a year and another population is increasing by 5% a year it doesn’t matter very much how big the first population is to start with. The graph lines will take no time at all to intersect – in fact at 5% (according to the Rule of 70) one population will halve in 14 years, the other will double. Assuming that 2% of the Catholics in the USA are going to the Latin Mass now (one million people) and that 49 mill are going to the NOM, then in 14 years assuming 5% increase and decrease respectively, only 24.5 mill will still be attending the NOM while Two Million would be attending the Old Rite. In 28 years time only 12.25 million people will be attending the NOM and four million the Old Rite (33%). Another 14 years and 6.125 million people will be at a Novus Ordo Parish and 8 million at the Old Mass.

Following current trends in about forty years the Old Mass people will be in the majority.

Und vierzig Jahre sind seit dem Konzil gerade erst vergangen. Anders gesagt: Achtzig Jahre nach dem Konzil wäre die Messe Pauls VI. in den USA ein Minderheitenphänomen.

In the long run, we’re all traditionalist

Georg war in einer Messe, die nach dem Missale von 1962 gefeiert wurde, und ist beruhigt:

Das ist und bleibt ein Minderheitenprogramm für eine Hand voll älterer Katholiken.

Nun ja. Diese Statistik aus Frankreich spricht eine andere Sprache:

It seems that 5% of French Catholics attend the traditional Mass somewhere in France every Sunday. It is, however, 13% of Catholics under the age of 55.

The demographics get even scarier if you are a French bishop. Of traditionalist congregations 90% are less than 55 yo and their average age is 26. Scariest of all is that 70% of traditionalist families have four or more children. This is more or less an age pyramid with a broad base and a small peak (11% over 56 yo). The usual Novus Ordo congregation has an inverted age pyramid with the bulk of the congregation over 55 yo.

I failed statistics, but even I can see that in 20 years time the only people going to the new mass in France will be elderly bishops.

Nabelschau-Demografie

Der Perlentaucher fasst zusammen, was Ulrich Beck in der Süddeutschen schreibt:

„Nicht Deutschland altert, die Welt altert. Nicht Deutschland hat die geringsten Kinderzahlen (1,32 pro Frau), sondern Länder wie Ukraine (1,17), Slowakei, Slowenien, auch Süd-Korea (alle 1,2), gefolgt von Italien (1,29), Spanien (1,3)“, schreibt der Soziologe Ulrich Beck und warnt vor der „Nabelschau-Demografie“, die in der deutschen Debatte vorherrsche. Fest stehe nur eins: „Die Weißen europäischer Herkunft schrumpfen auf ein Fünftel der Weltbevölkerung und weniger“. Statt nun Selektionsprinzipien für nicht-weiße Migranten aufzustellen, sollten wir lieber versuchen, „den Zusammenhang von Bevölkerungsrückgang, alternder Gesellschaft, notwendiger Reform sozialer Sicherungssysteme und gezielter Einwanderungspolitik als europäisches Problem zu definieren“.

Familienpolitik

Ganz schön viel Text, den ich da provoziert habe.Nur eine Bemerkung: Ich bin der Überzeugung, dass unsere westlichen Gesellschaften sich mit dem Abschied von der Familie als normativer Lebensform in letzter Konsequenz von sich selbst verabschiedet haben. Denn die demographische Entwicklung zeigt deutlich: Diese Gesellschaften haben in ihrer heutigen Form keine Zukunft, sie werden schlicht und einfach aussterben. Zum langfristigen Selbsterhalt ist eine Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau erforderlich, die seit mittlerweile 35 Jahren nicht mehr erreicht wird.

Daran wird die Mobilisierung sämtlicher Sozial- und Politiktechnik überhaupt nichts ändern. Was ich der CDU indes vorwerfe, ist dass sie sich selbst an der Demontage der Norm (und in 16 Jahren Kohl auch an der Demontage der Familie, die Adenauer seinerzeit mit der Rentenreform eingeleitet hatte) beteiligt. CDU-Familienpolitik war schon immer verlogen, weil sie aus dem Lippenbekenntnis zur Familie nicht die nötigen Schlüsse gezogen hat.

Adenauer hat seinerzeit – gegen einschlägige Warnungen – ein gigantisches Schenkkreis-System zu Lasten der Familien mit Kindern und zu Gunsten Kinderloser installiert. Seit dieser Rentenreform waren Kinder optional, und der Lebensstandard Kinderloser besser gesichert als derjenige von Eltern. Es hat dann noch eine halbe Generation und einen gesellschaftlichen Umbruch gedauert, bis das Resultat in der Geburtenstatistik ablesbar war.

Seit inzwischen 30 Jahren konnten wir wissen, was wir tun. Vor 23 Jahren kam die CDU wieder an die Regierung, versprach diffus eine geistig-moralische Wende – und installierte Norbert „Die Rente ist sicher“ Blüm. Jetzt kommt die CDU in der Familienpolitik der großen Koalition mit einem technokratischen Ansatz daher, wie ihn die letzte SPD-geführte Regierung nicht zu realisieren wagte. Und noch dazu mit den falschen Instrumenten.

Ein Blick auf meine Gehaltsabrechnung zeigt, dass die Steuerbelastung nicht das entscheidende Problem ist. Die Sozialabgaben sind in der Summe etwa doppelt so hoch wie die Steuern. Und bitte nicht vergessen: Mein Arbeitgeber zahlt die gleiche Summe noch einmal direkt an die Sozialkassen. Meine Sozialabgaben sind also viermal so hoch wie die Steuern. Und was ist der größte Teil davon? Der Rentenbeitrag.

Wenn die CDU wirklich etwas für Familien mit Kindern tun wollte, würde sie den Arbeitnehmeranteil der Rentenbeiträge nach der Zahl der Kinder staffeln. Je mehr Kinder, desto weniger Rentenbeitrag. Das wird aber nicht geschehen, also zahle ich weiterhin schön fleißig die Rente jener Generation, die uns diesen ganzen Schlamassel eingebrockt hat.