Bildung statt Reform

Aus Sacrosanctum Concilium:

Die Mutter Kirche wünscht sehr, alle Gläubigen möchten zu der vollen, bewußten und tätigen Teilnahme an den liturgischen Feiern geführt werden, wie sie das Wesen der Liturgie selbst verlangt und zu der das christliche Volk, „das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, der heilige Stamm, das Eigentumsvolk“ (1 Petr 2,9; vgl. 2,4-5) kraft der Taufe berechtigt und verpflichtet ist. Diese volle und tätige Teilnahme des ganzen Volkes ist bei der Erneuerung und Förderung der heiligen Liturgie aufs stärkste zu beachten, ist sie doch die erste und unentbehrliche Quelle, aus der die Christen wahrhaft christlichen Geist schöpfen sollen. Darum ist sie in der ganzen seelsorglichen Arbeit durch gebührende Unterweisung von den Seelsorgern gewissenhaft anzustreben. Es besteht aber keine Hoffnung auf Verwirklichung dieser Forderung, wenn nicht zuerst die Seelsorger vom Geist und von der Kraft der Liturgie tief durchdrungen sind und in ihr Lehrmeister werden. Darum ist es dringend notwendig, daß für die liturgische Bildung des Klerus gründlich gesorgt wird.

Den Hinweis verdanke ich Fr. Joseph Fessio, S.J. (Ignatius Insight), neulich zitiert von Scipio.

Brauch ich nicht

Arnd Brummer ist Chefredakteur von Chrismon. Im Oktoberheft notiert er seinen Dialog mit Tine, einer atheistischen Journalistin ostdeutscher Herkunft. Was halten, fragt sie, die Protestanten vom Papst? Darauf Brummer:

Wir sind uns mit den Katholiken einig, dass sich die Liebe Gottes in Jesus Christus offenbart. Wir teilen die meisten zentralen ethischen Positionen. Aber wir nennen niemanden „Heiliger Vater“ außer Gott. Und wir sind davon überzeugt, dass in der Bibel nichts von einem Alleinherrscher steht, der für die Christenheit bestimmt. Jeder Mensch entscheidet selbst, wie seine Beziehung zu Gott aussieht und was er gegenüber seinem Gewissen verantworten kann. Evangelische Christen orientieren sich dabei an dem, was Jesus getan und gesagt hat, so wie es die Evangelien und die Apostelbriefe im Neuen Testament überliefern. Reicht das?

Natürlich reicht diese Antwort, ganz abgesehen von der katastrophalen Misinterpretation des Petrusamtes, nicht aus. Tine fragt zurück:

„Hört sich gut an. Aber mal ehrlich: Ihr seid doch neidisch auf die tollen Bilder, wenn der Papst irgendwo auftritt. Die Katholiken sind einfach besser in der Inszenierung.“ Findest du die Bilder toll?, fragte ich. „Ich glaube nach wie vor nicht an euren Gott“, antwortete Tine, „aber es ist doch irgendwie klasse, ja magisch – diese ganzen Aufzüge und Massenveranstaltungen. Sag’ jetzt bloß, dass dich das kaltlässt!“ Lässt es mich nicht. Aber brauchen tu ich es eigentlich auch nicht.

Bilder und Inszenierungen braucht er nicht, den Papst auch nicht. Kein Wunder. Wäre er konsequent, dann setzte er hinzu: Ich brauche auch die Kirche nicht. Mir reichen Evangelien und Apostelbriefe (bezeichnend übrigens, was er dabei so alles unterschlägt – neben der Apokalypse auch das ganze Alte Testament).

Arnd Brummer braucht, so schreibt er und bemerkt selbst die Banalität, Nähe, Liebe, Vertrauen und Hoffnung. Sakramente braucht er nicht. Schade eigentlich.

Ganz und gar akzeptabel

Klaus Berger, der alte Provokateur, wird in einem (schon anderswo annoncierten) Zenit-Interview auch zur Liturgie und zur Freigabe des Missale von 1962 gefragt und nutzt die Gelegenheit zu dieser kleinen Brandrede:

Die Sehnsucht nach der „Tridentinischen“ Messe ist deshalb so groß, weil diese Messform ein vollendetes Kunstwerk darstellt und keine Spielereien erlaubt. Man hat in den letzten Jahrzehnten die Messe zum Experimentierfeld gemacht und übersehen, dass Liturgie so etwas überhaupt nicht verträgt. Die Aufgabe des Latein war ein weiterer schwerer Fehler, gerade im Zeitalter der Globalisierung. Dadurch sind große Teile der Weltkirche provinzialisiert worden. Den Verlust vieler Formen des „Heiligen“ sehe ich als den zentralen Fehler an, dazu gehört auch die Aufgabe der Gregorianik. In einer Übergangsphase sollte der Papst die Feier der alten Messe unbeschränkt zulassen. Eigentlich fand ich den Zustand von 1962 ganz und gar akzeptabel. [kath.net]

Die Frage ist dann nur: Übergang wohin?

All Hallows Eve

fono findet Halloween prima. Ich auch. Hier die katholisch korrekte Begründung: Halloween leitet sich von Allhallows Eve(ning) ab, dem Vorabend von Allerheiligen (1. November). Die Wikipedia weiß:

Da es mit Allerheiligen verbunden war, wurde Halloween früher nur in katholisch gebliebenen Gebieten der britischen Inseln gefeiert, vor allem in Irland. Von dort kam es mit den vielen irischen Auswanderern in die USA und gehörte dort zur Folklore dieser Volksgruppe.

Wenn also mein Ältester am Abend des Reformationstages mit seinen Kumpels verkleidet um die Häuser zieht, werde ich die erste Vesper von Allerheiligen beten und mich freuen.

PS: Mit dem Reformationstag hat Halloween tatsächlich nichts zu tun – weshalb die Lutherbonbonhersteller sich völlig zu Recht davor fürchten.

Korrekt

Das Bibel-Blog befasst sich ein weiteres Mal mit der Bibel in gerechter Sprache:

Fairer und treffender wäre gewesen, diese Übersetzung Bibel in korrekter Sprache zu nennen. Denn durch das „korrekt“ wird einerseits die Nähe zur angestrebten political correctness hergestellt (denn nur darum ging es, nicht um „Gerechtigkeit“) und zum anderen weckt das Wort „korrekt“ Assoziationen zu dem Komiker-Duo Erkan & Stefan, was aufgrund der verunglückten Sprache an vielen Stellen näher liegt, als es den Machern dieser Bibelübersetzung lieb sein dürfte.

Der erste Bibel-Blogeintrag findet sich hier.

Marktwirtschaftliche Lösung

Spätestens mit dem Artikel von Paul Badde in der Welt hat das Thema eine gewisse Verbreitung in Deutschland gefunden – die (wahrscheinlich? womöglich?) bevorstehende Freigabe der Alten Messe durch ein päpstliches Dekret. Im fonolog zum Beispiel wird bereits diskutiert. Wenn ich richtig sehe, fasst Georg die Bedenken gegen diesen Schritt hier einigermaßen vollständig zusammen:

Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so weit gehen wird, die eigentlichen Vorsteher der Eucharistie in den Ortskirchen, die Bischöfe nämlich, (vgl. Ignatius von Antiochien) einfach zu desavouieren und ihre Letztverantwortung für diese Genehmigung zu übergehen;
aber er wird den bürokratischen Aufwand, der z.Z. dafür noch nötig ist sicher deutlich entschärfen;

Zu befürchten ist, dass manche „Elitetruppen“ innerhalb der Kirche nun meinen, „ihre Zeit“ sei gekommen. Allerdings glaube ich, dass diese Gruppen sehr bald erkennen werden, dass der Zulauf und die Begeisterung für den alten Ritus letztlich doch auf eine Minderheit beschränkt bleibt.

Nun war es gerade ein Problem der bisherigen Regelung, dass sie den Bischöfen einen Einfluss auf die Gestalt des römischen Ritus gab, der ihnen nicht zukommt. Denn – und das weiß Benedikt XVI. – es kann nur einen römischen Ritus geben, und über dessen konkrete Gestalt haben weder einzelne Bischöfe noch Bischofskonferenzen zu befinden. Fragen des Ritus gehen die ganze römische Kirche an. (Und deshalb ist es auch umso absurder, dass heute praktisch einzelne Priester oder auch Laien über die konkrete Gestalt des Ritus entscheiden.)

Das seit vierzig Jahren bestehende Problem, dass es de facto zwei solcher Riten gibt, von denen der eine nur unter fast grotesk zu nennenden Schwierigkeiten gefeiert werden kann, würde mit der nun diskutierten Regelung auf geradezu salomonische Weise gelöst: ein Ritus in zwei Formen, der gewöhnlichen (Missale 1970ff.) und der außergewöhnlichen (Missale 1962). Das scheint mir eine zugleich praktikable und liturgisch korrekte Lösung für ein schwerwiegendes Problem zu sein.

Sie macht auch den Weg frei für eine – horribile dictu! – längst überfällige Reformvision des Missale von 1962 und der übrigen vorkonziliaren liturgischen Bücher, um zum Beispiel einen einheitlichen liturgischen Kalender wiederherzustellen. Fragen wie diese können überhaupt erst wieder gestellt werden, wenn die Alte Messe (und mit ihr die gesamte Alte Liturgie) aus ihrem Schattendasein befreit werden.

Ob der Zulauf zur traditionellen lateinischen Messe tatsächlich ein Minderheitenphänomen bleiben wird, daran sind doch einige Zweifel erlaubt. Ein Berliner Beispiel spricht eine andere Sprache. Entscheidend dürfte mittelfristig sein, welchen Weg die junge Generation rechtgläubiger und liturgisch wohlinformierter Kapläne (die es zweifelsfrei gibt) gehen wird. Werden sie die außergewöhnliche Form des lateinischen Ritus erlernen? Werden sie sie zelebrieren?

Den Rest regeln dann, ganz marktwirtschaftlich, Angebot und Nachfrage. Die Alte Messe hat sich in ihrem vierzigjährigen Exil als erstaunlich vital erwiesen. Wer weiß, ob sie nicht sogar neue Bewegung in erstarrte und schrumpfende Gemeinden bringt? Auf jeden Fall würde mit einer Freigabe die Absonderung in randständige Traditionalistenclübchen aufgebrochen, und allein das ist eine gute Sache.

Na, und ich habe gut reden – von hier aus sind es über 150 Kilometer zur nächsten traditionellen lateinischen Messe… Ich muss ergänzen: …die in Einheit mit dem Papst gefeiert wird. Denn nach Hamburg ist es nicht so weit.

Verlässlich

Wenn in dieser Welt auf etwas Verlass ist, dann ist es der plumpe Antikatholizismus des Spiegel. Aus der Hausmitteilung dieser Woche:

Liebe, Lust und Leidenschaft müssen im Islam keine Tabus, Genuss und Glaube kein Widerspruch sein: Sexualität soll, anders als etwa im Katholizismus, nicht nur der Fortpflanzung dienen. Wehe dem aber, der sich nicht bis zur Ehe geduldet – ihm drohen, manchmal schon wegen Zärtlichkeiten, empfindliche Strafen.

Kein Kommentar.

Ähnlich klischeehaft kommt eine Deutschlandfunk-Reportage [MP3] von Gunnar Schulz-Burkel über das pfingstkirchliche Jesus Camp und andere christliche Phänomene in den USA daher, auf die mich Str per Mail hingewiesen hat. An christlichen Privathochschulen, so wird dort berichtet, schreiben sich mehr Studenten ein als je zuvor, und der Absatz von CDs mit christlicher Rockmusik ist binnen eines Jahres um 300 Prozent gestiegen. Für Schulz-Burkel ist das offensichtlich der Untergang des unchristlichen Abendlandes.

Orátio ante colligatiónem in interrete

Ein Gebet vor dem Gang ins Internet:

Omnípotens aetérne Deus,
qui secúndum imáginem Tuam nos plasmásti
et omnia bona, vera, et pulchra,
praesértim in divína persóna Unigéniti Fílii Tui
Dómini nostri Iesu Chrísti, quaérere iussísti,
praesta, quaésumus,
ut, per intercessiónem Sancti Isidóri, Epíscopi et Doctóris,
in peregrinatiónibus per interrete,
et manus oculósque ad quae Tibi sunt plácita intendámus
et omnes quos convenímus cum caritáte ac patiéntia accipiámus.
Per Christum Dóminum nostrum. Amen.

Gefunden bei What Does The Prayer Really Say?, dort u.a. auch die deutsche Übersetzung