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Wörtliche Interpretation

Wie verarbeiten Bibelfundamentalisten das Problem der beiden Schöpfungsberichte (Gen 1,1-2,4a und 2,4b-25)? Sie lassen sich ja bei streng wörtlicher Interpretation nicht auf einen Nenner bringen. Schuf Gott den Menschen zuletzt, am SonnabendFreitag, nachdem die Erde soweit fertig war – oder zuerst, ohne nähere zeitliche Eingrenzung, aber bevor er den Garten Eden anlegte und die Tiere schuf?

Höchst interessant ist übrigens, was Augustinus („Über den Wortlaut der Genesis“) als wörtliche (oder vielmehr wortgetreue) Interpretation ansah. Er versteht Begriffe wie „Licht“, „Tag“ und „Morgen“ in ihrer geistlichen (und nicht etwas physikalischen) Bedeutung. Geistliches Licht ist für ihn genauso wörtlich wie physikalisches, und die Schöpfung des geistlichen Lichtes ebenso ein geschichtliches Ereignis wie die Schöpfung des physikalischen Lichtes.

Eine wörtliche oder wortgetreue Interpretation der Genesis liegt für Augustinus keinesfalls auf der Hand, sondern ist das Ergebnis eines aufwendigen und schwierigen Prozesses. Dabei ist ganz selbstverständlich der fortschreitende Wissensstand zu berücksichtigen – und nicht etwa an einer einmal gefundenen Interpretation festzuhalten, auch wenn diese sich angesichts neuer Erkenntnisse nicht halten lässt.

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