Kirche vs. Fußball

Franz Walter bei Spiegel Online:

Auch sonst ist die zähe Beständigkeit des institutionalisierten Christentums beträchtlich. Immerhin besuchen weiter mehr als 4,5 Millionen Gläubige Sonntag für Sonntag in verbindlicher Regelmäßigkeit den Gottesdienst. In den Fußballstadien und auf den deutschen Sportplätzen tummeln sich an den Wochenenden keineswegs mehr Menschen (aktiv wie passiv) – obwohl der Sport ungleich mehr Resonanz in den Medien erfährt.

Ein guter Vergleich. Vielleicht sollten wir daran arbeiten, diesen medialen Rückstand aufzuholen?

Der Quotenkritiker

Warum der Deutschlandfunk nun gerade Christian Weisner zur abschließenden Bewertung des Papstbesuches befragt [MP3], das wird wohl auf ewig das Geheimnis der Redaktion bleiben. Was immerhin auffällt: Er schlägt bisweilen leisere Töne an.

Und natürlich kann er wie eh und je die gängigen Schlagworte aufrufen, ohne sich kritische Fragen vom Gesprächspartner gefallen lassen zu müssen. Offensichtlich ist die Stelle des Kritikers mit Weisner besetzt, und der Journalist begnügt sich mit der Rolle des Stichwortgebers. Peinlich.

Spaemann im Spiegel

Am Schluss eines Spiegel-Gesprächs (nicht online) mit Robert Spaemann findet sich dieser kleine, lakonische Dialog:

Spiegel: Gibt es das Böse?

Spaemann: Offensichtlich. Gómez Dávila sagt einmal, es ist noch nicht alles verloren, wenn Menschen nicht an Gott glauben. Aber gefährlich wird es, wenn sie stattdessen an den Menschen glauben und den Teufel für eine Fiktion halten.

Der Relativist

Am Sonntagmorgen spricht der Deutschlandfunk derzeit über die Wiederkehr der Religion. Heute mit Gianni Vattimo [MP3], über den die Wikipedia lapidar schreibt:

Er bezeichnet sich selbst als homosexuell und ist bekennender Katholik.

Entsprechend bekennt er sich auch zum Relativismus als unlösbarem Kennzeichen einer liberalen Gesellschaft und ist enttäuscht vom Papst, den er als Intellektuellen eigentlich schätzt. Seinen Glauben beschreibt er so:

Das neue Christentum, das ich glaube zu glauben, ist ein Christentum ohne metaphysische Gründe, ohne Objektivitäten.

Sein Gesprächspartner Jochen Rack macht es ihm sehr leicht, indem er auf Nachfragen zu seinen Thesen quasi vollständig verzichtet und sich stattdessen als Stichwortgeber hervortut: Schwangerenberatung („die Kirche ist immer noch dagegen“), Homosexualität, Frauenpriestertum. Fazit Rack:

Es gibt eine Reihe von Normen, die die Kirche nicht bereit ist, zur Disposition zu stellen.

Vattimo bekennt, dass er zur Kommunion gehe, ohne zu beichten.

Ich glaube nicht mehr an diese Administration der Sakramente.

Eine meiner Lieblingsthesen aus dem Munde Vattimos: Die Kirche behindere die aktuelle Wiederkehr der Religion, weil viele Leute zwar religiös sein, aber nichts mit dieser Kirche zu tun haben wollten. Selbstverständlich fordert Vattimo die Abschaffung des Zölibats und der Unfehlbarkeit des Papstes.

In einem der raren lichten Momente des Gespräches fragt der Journalist nach Liturgie und Sakramenten. Wenn es so sei, dass die Kirche sich reformieren und die letzten Wahrheiten abschaffen müsse, die ihre Struktur und die Sakramente begründen, wie könne sie dann noch verbindliche Praktiken ausbilden? Wie kann ein Gottesdienst aussehen, der diesen reformistischen Ansprüchen entspricht? Seine Antwort: Die Kirche solle – sola scriptura – nur das Neue Testament predigen. Die wache Gegenfrage: Kein Glaubensbekenntnis? Darauf Vattimo:

Ich kann zwar das Glaubensbekenntnis sagen, aber ich sage es wie eine allgemeine Mythologie. Ich glaube nicht, dass Jesus sitzt zur Rechten des Vaters. Ich glaube nicht, dass Gott existiert irgendwo.

An dieser Stelle, gegen Ende des Gespräches, wird klar, dass hier wieder einmal ein Kranker dem Arzt zur Therapie raten will. Nicht die Gesunden brauchen den Arzt…

In der Summe ein unglaublich dummes Gespräch. Ein schwadronierender Philosoph und ein Journalist als sein Steigbügelhalter.

Medienpapst 2.0

Am 5. August wird in Castel Gandolfo ein Interview aufgezeichnet, dass Medienpapst Benedikt XVI. vier TV-Sendern gibt. Zu sehen sein wird das Resultat am 13. August um 19.15 Uhr (ARD) und 22 Uhr (ZDF). Die beiden anderen Sender sind Radio Vatikan und die Deutsche Welle.

Der richtige Papst zur richtigen Zeit

Harald Schmidt gibt mal wieder ein Interview. Diesmal der taz.

Über Hitler darf man lachen, über den Papst auch. Wie finden Sie den neuen?

Durch den neuen bin ich dazu gekommen, theologische Bücher zu lesen. Weil es mich fasziniert, wie er durch Gelassenheit die Luft aus den schärfsten Diskussionen lässt. Das ist Fügung: es ist der richtige Papst zur richtigen Zeit. Es gibt ein Bedürfnis in der Bevölkerung nach Halleluja. Nach irgendeiner höheren Macht, die sagt, „Werdet leicht wie die Spatzen“.

Werte, auf die man sich verlassen kann.

Vermutlich auch.

Was sind Ihre Werte?

Ich hab’s nicht so mit Werten. Wenn man es schaffen würde, sich an die Zehn Gebote zu halten, liefe es ja sicher nicht schlecht. Mein Eindruck ist, dass in der Bevölkerung so eine Art von Erleichterung herrscht, dass man jetzt wieder sagen kann: man grillt. Oder: man heiratet. Oder: man hat’s gern gemütlich zu Hause. Ich stelle gerade ein Ironieverbot in den Medien fest. Es ist eine neue Ernsthaftigkeit gefragt. Was soll schlimm daran sein, wenn jemand eine Dauerwelle hat?