Sackgasse bei der Müllhalde

Es scheint den Protestanten im Vorfeld des Lutherjahres 2017 aber doch gelungen, den Namen ihres Begründers in Roms Antlitz einzuritzen, wie Martin Wallraff vom Melanchthon Zentrum am Rande mitteilte. Die Stadt wird eine Straße nach dem Reformator benennen. Noch unklar sei allerdings, welche Straße. Wallraff hat einen beliebten Weg an der Piazza del Popolo im Sinn. Gut möglich, dass die Lobbyisten des Vatikans eine Sackgasse bei der Müllhalde ins Spiel bringen.
FAZ

Die Lebenslügen der Generation 68

Das Theologenmemorandum, der kleine Volksaufstand gegen Stuttgart 21 und die Sarrazin-Debatte haben eines gemeinsam: Es sind Schlachten, die im Namen der politischen Korrektheit geschlagen werden. Dabei ist „politisch korrekt“ im Kern eine contradictio in adiecto.

Denn Korrektheit setzt voraus, dass es richtig und falsch gibt und dass dies objektiv erkennbar ist. Politisch hingegen ist gerade das, was nicht eindeutig richtig oder falsch ist. Politisch muss entschieden werden, wo es kein objektives richtig oder falsch gibt, wo sich die Empfehlungen der Fachleute widersprechen, wo ein Kompromiss zwischen sich widersprechenden Positionen gefunden werden muss.

So sieht die Arbeitsteilung zwischen Politik und Verwaltung aus. Wenn die Verwaltung mit ihrem Latein am Ende ist, wenn der Umweltdezernent und das Bauamt mit jeweils guten Gründen für das genaue Gegenteil votieren, dann muss die Politik entscheiden, was getan oder auch unterlassen werden soll.

„Politisch korrekt“ wäre also das eindeutig Richtige, zu dem es keine Alternative gibt. Alternativlos, wie zuletzt in der deutschen Politik des öfteren zu hören. Was aber alternativlos ist, das ist nicht politisch. Es sei denn, wir hätten es mit einer Diktatur zu tun.

Die memorierenden Theologen, die schwäbischen Wutbürger und die Gegner Thilo Sarrazins wähnen sich auf der richtigen, der politisch korrekten Seite. Sie stemmen sich mit aller Kraft gegen unerwünschte und für sie unerfreuliche Realitäten.

Ihre Gegner sind klar: eine Kirche, die sich dem Diktat der politischen Korrektheit nicht beugen will und kann, ein Infrastrukturgroßprojekt, das sich nicht mit dem Idyll verbürgerlichter Altrebellen verträgt, ein Analytiker, der verdrängte und ignorierte Probleme ans Tageslicht holt.

In Stuttgart waren vor allem die ergrauten Grünen die Träger des Aufstands, mit Unterstützung bis weit ins bürgerliche Lager hinein. Das Memorandum ist ebenfalls das Projekt jener Generation, die im Gefolge von 68 sozialisiert wurde. Und im Fall Sarrazin sind es die Lebenslügen der Multikulti-Ideologen, die als solche entlarvt wurden.

Wir sollten uns in den kommenden Jahren auf weitere Schlachten nach diesem Muster einstellen. In einer alternden Gesellschaft, in der Rentner, Pensionäre und Sozialleistungsempfänger den Ton angeben, ist sehr viel Raum für Schattenboxen dieser Art. Und einige Anlässe lassen sich auch leicht vorhersehen.

So jährt sich 2012 der Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils zum fünfzigsten Mal. Für die Jahre bis 2015 gibt es jede Menge Gelegenheit, über die Themen des Konzils zu streiten. Man kann sich übrigens auf diese Debatten vorbereiten und schon jetzt mit der Rezeption der Konzilsdokumente beginnen. Vielleicht werden auch die Lehrgespräche der Piusbruderschaft mit Rom rechtzeitig bemerkenswerte Ergebnisse liefern.

2017 steht der fünfhundertste Jahrestag der Reformation an. Zu diesem Termin wird es jede Menge Streit um den Ökumenismus geben. Zur Vorbereitung könnte es sich lohnen, zum Beispiel Mortalium animos zu lesen. (Mit Dank an Father Z.)

Und schließlich folgt 2018 der fünfzigste Jahrestag der Revolte von 1968. Bis dahin stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich die 68er sämtlich im Ruhestand befinden und ihre Meinungsmacht endgültig gebrochen ist. Damit wäre der Weg frei für eine erste echte Schadensbilanz.

Die Lebenslügen der Generation 68 gegen die harte Realität zu verteidigen kostet jede Menge Energie. Energie, die jener Generation langsam, aber sicher abhanden kommt, nicht zuletzt aus biologischen Gründen. Die Heftigkeit der Debatte um die Thesen Thilo Sarrazins, aber auch die Reaktionen auf das Theologenmemorandum haben gezeigt, dass die Deutungshoheit bereits kräftig bröckelt. Was in sich widersprüchlich ist, wie die politische Korrektheit an sich, lässt sich auf Dauer nicht aufrechterhalten.

Doch auch 2011 stehen noch einige bemerkenswerte Ereignisse ins Haus. Die Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. im Mai dürfte ein Großereignis mit bis zu 2,5 Millionen Pilgern werden. Auch darauf können wir uns vorbereiten.

Und schließlich folgt im September der Staatsbesuch von Papst Benedikt XVI. in Deutschland. Wir haben es in der Hand, daraus einen Erfolg zu machen. Denn ein Erfolg wäre es bereits, wenn sichtbar würde, wie groß die Unterstützung für den Heiligen Vater in Deutschland ist – und wie klein die Zahl seiner Gegner.

Mit der Petition ist zum ersten Mal seit langer Zeit die Schweigespirale durchbrochen. Das ist ein gewaltiger Fortschritt. Weitere Schritte sollten folgen.

Tu es Petrus

Tu es Petrus
et super hanc petram ædificabo ecclesiam meam
et portæ inferi non prævalebunt adversus eam.
Et tibi dabo claves regni cælorum.

Ab jetzt geht der Blick in Richtung Ostern

Die sechste Woche nach Erscheinung des Herrn geht zuende. Der vergangene Sonntag war der sechste und letzte nach Erscheinung. Mehr gibt es nicht und mehr kann es nicht geben, da Ostern fast nicht mehr später sein kann als in diesem Jahr.

Liturgisch wenden wir nun den Blick und schauen nicht mehr zurück auf Weihnachten, sondern voraus auf Ostern. Den kommenden Sonntag nennt die Kirche Septuagesima, nach dem siebzigsten Tag vor dem Triduum. Das stimmt zwar rechnerisch nicht, aber symbolisch. Denn es folgen Sexagesima und Quinquagesima, die beiden weiteren Sonntage der Vorfastenzeit, und dann die Quadragesima, die heiligen vierzig Tage der Fastenzeit.

In den Ostkirchen hat die Vorfastenzeit bereits am vergangenen Sonntag begonnen. Georg hat sehr schön den geistlichen Sinn dieser Vorbereitungszeit beschrieben:

Wir Menschen sind in der Regel nicht so gebaut, dass wir so ohneweiteres von einem Tag auf den anderen unseren Lebensstil ändern; alles, was gut gedeihen soll braucht seine Vorbereitung und die richtige Disposition. In diesen Wochen der Vorfastenzeit, will ich mich langsam geistlich und körperlich auf diese Reinigung einstellen besonders auch in Hinsicht darauf, wie ich fasten werde und und wo ich besonders ansetzen werde.

Ich werde mir ganz sicher nicht einfach irgend welche äußeren Regeln überstülpen sondern vielmehr versuchen, mir diese Regeln von innen her und unter der Führung eines erfahrenen Leiters vertraut zu machen, sodass sie wirklich mein ganz persönlicher Ausdruck der Vorbereitung auf das zentrale Geheimnis des Glaubens- das große Pascha des Herrn werden.

Nur von diesem Geheimnis her hat ja alle christliche Askese ihren Sinn. Ohne Ostern und ohne die Heilstat Gottes wäre alle Askese nichts anderes als geistliche Selbstsucht.

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern eine frohe und gesegnete Vorfastenzeit, inklusive Karneval übrigens. Der gehört, richtig verstanden und begangen, auch zum katholischen Leben.

Papst Benedikt, das Eichsfeld und ich

Mit zunehmender Spannung verfolge ich seit Wochen die Berichte von einem möglichen Papstbesuch im Eichsfeld. Vor kurzem besuchte der päpstliche Reisemarschall den Marienwallfahrtsort Etzelsbach. Nun hat der Erfurter Bischof Joachim Wanke eine päpstliche Marienvesper ebenda ins Gespräch gebracht.

Eines ist klar: Sollte es dazu kommen, so werde ich als alter Eichsfelder alles daransetzen, dabei zu sein.

Kirchlich gebotene Feiertage

Erstaunlich wenige Feiertage sind im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz gemäß c. 1246 § 1 CIC kirchlich geboten. Dies betrifft nur Weihnachten, Neujahr und Himmelfahrt sowie die drei deutschen Bonustage zweiter Weihnachtstag, Oster- und Pfingstmontag.

Erscheinung des Herrn, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt und Allerheiligen sind nicht in allen Diözesen gebotene Feiertage, so im Bistum Hildesheim nur Fronleichnam und Allerheiligen, beides keine gesetzlichen Feiertage. Und die Hochfeste der Unbefleckten Empfängnis Mariae, des Hl. Josef sowie der Apostel Petrus und Paulus sind in Deutschland sogar nirgends kirchlich gebotene Feiertage.

Canon 1246 CIC lautet wie folgt:

§ 1 Der Sonntag, an dem das österliche Geheimnis gefeiert wird, ist aus apostolischer Tradition in der ganzen Kirche als der gebotene ursprüngliche Feiertag zu halten. Ebenso müssen gehalten werden die Tage der Geburt unseres Herrn Jesus Christus, der Erscheinung des Herrn, der Himmelfahrt und des heiligsten Leibes und Blutes Christi, der heiligen Gottesmutter Maria, ihrer Unbefleckten Empfängnis und ihrer Aufnahme in den Himmel, des heiligen Joseph, der heiligen Apostel Petrus und Paulus und schließlich Allerheiligen.

§ 2 Die Bischofskonferenz kann jedoch, nach vorheriger Genehmigung des Apostolischen Stuhles, einige der gebotenen Feiertage aufheben oder auf einen Sonntag verlegen.

Ein riesiger Verlust an Glauben

Auch wenn sich Markus Lüpertz schon vor den jüngsten offenen Briefen und Memoranden geäußert hat, so lesen sich seine Äußerungen wie ein Kommentar dazu:

Der Kirchenkünstler Markus Lüpertz ist mit der Arbeit der katholischen Kirche unzufrieden. „Wieso laufen die Leute heute zum Islam über oder werden Sektenmitglieder? Weil die Leute ein unheimliches Bedürfnis nach Gott haben.“ Das sagte Lüpertz im Interview mit dem Kölner Domradio. Die Kirche habe in letzter Zeit auf dieses religiöse Bedürfnis nur unzureichend geantwortet.

„Die Kirche vermittelt Gott, und da hat sie einfach ihre Aufgabe in letzter Zeit sehr vernachlässigt. Sie hat sich zu sehr ums Soziale gekümmert.“ Sie habe, so meint der Maler und Bildhauer, „zu sehr an ihren Dogmen rummäkeln lassen, sie hat ihre Rituale vernachlässigt“; eine Kirche, die sich nur noch als Sozialstruktur für arme und alte Leute sehe, verfehle allerdings ihren Auftrag. Nach Ansicht des langjährigen Direktors der bekannten Düsseldorfer Kunstakademie ist auch das kirchliche Engagement für die Kunst zu kurz gekommen: 20 bis 30 Jahre lang habe die Kirche kaum noch Kunst gefördert, doch heute „entdeckt die Kirche die Kunst als guten Partner für die Vermittlung des Geistigen“ wieder.

Parallel zu dem von Lüpertz diagnostizierten Glaubensverlust gibt es auch einen großen Verlust an Bildung: „Das geht Hand in Hand – das sind zwei Dinge, die es zu beklagen und die es zu ändern gilt. Das ist, was mich umtreibt.“

Der Doppel-Deckers

Die gestrige FAZ ordnet den unsäglichen Aufruf jener Gruppe von Theologieprofessoren, die lieber heute als morgen die Abrissbirne gegen ihre eigene Kirche schwingen möchten, nachrichtlich korrekt ein: als Einspalter am unteren Rand von Seite 7. Doch kommentiert Daniel Deckers das Ereignis gleich zweimal im selben Blatt, und entsprechend janusköpfig lesen sich die beiden Texte. Auf Seite 10 spricht er dieses schneidende Verdikt über die Theologenzunft aus:

Es ist wohl bezeichnend für den Zustand der katholischen Theologie in Deutschland, dass in Kompaniestärke angetretene Professorinnen und Professoren den Christinnen und Christen nach den Enthüllungen sexueller Übergriffe von Geistlichen auf Kinder und Jugendliche wieder nichts anderes auftischen als den üblichen Kessel Buntes.

Doch im Leitartikel auf Seite 1 droht er, nicht zum ersten Mal übrigens, mit einer neuen Auflage des Kampagnenjournalismus, wie er sich bereits in Sachen Williamson, Missbrauch und Mixa bewährt hat:

Muss erst das Thema Homosexualität und Priestertum – nicht wieder einmal, sondern erstmals – in seiner ganzen Breite entfaltet werden, damit der vermeintlich fromme Schleier des Nichtwissens als fataler Selbstbetrug entlarvt wird?

Hat Daniel Deckers dazu bereits ein Dossier in der Schublade? Müssen wir uns auf das nächste Sautreiben gefasst machen?