Der neue Habermas

Scipio hat die Rezension von Robert Spaemann in der Welt bereits erwähnt. Bleibt mir nur noch die Skepsis nachzutragen, mit der Uwe Justus Wenzel in der NZZ den neuen Sammelband mit Aufsätzen von Jürgen Habermas bespricht:

Die Philosophie mag sich der «Anmassung» enthalten können, «selbst zu entscheiden, was in den religiösen Lehren vernünftig und was unvernünftig ist». Kann dies aber ein übersetzungswilliger säkularer Bürger im Handgemenge der politisch-religiösen Debatte? – Ist die postsäkulare Kommunikationsgemeinschaft womöglich doch auf einen pfingstlichen Geist angewiesen, der über sie kommt?

Jürgen Habermas: Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 2005. 370 S., 16,80 EUR.

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Blogtag

Eigentlich wollte ich heute beim BlogDay 2005 mitmachen und fünf neue Blogs empfehlen. Aber dazu reichte die Zeit leider nicht. Nächstes Jahr.

Rückkehr zur Normalität

Der August ist vorbei, und damit möge in diesem Notizbuch wieder der Alltag einkehren. Was insbesondere heißt: Es gibt wieder die Möglichkeit für jedermann, seinen Senf gleich an Ort und Stelle zu hinterlassen. Jedoch möchte ich allen Lesern ans Herz legen, was der Spreeblick so formulierte:

Weblogs (im Folgenden nur noch “Blogs” genannt, denn wir sind schwer beschäftigt und sparen uns somit das Tippen der Buchstaben “W” und “e”) sind vom Stil der jeweiligen Autoren geprägte Online-Publikationen und erheben keinerlei Anspruch auf Objektivität, Allwissenheit, politische oder inhaltliche Korrektheit, Regelmäßigkeit oder Ironiefreiheit. Blogs beinhalten weder Humorwarnungen noch rauchfreie Zonen, sind steuerlich nicht absetzbar und enthalten sich selten der Stimme.

Für die Inhalte der Artikel […] sind allein die Autoren verantwortlich und nicht selten unterscheidet sich deren Meinung selbst von der ihrer besten Freunde. Leserinnen und Leser, die anderer Meinung sind als die Autoren, können diese Meinung mit Hilfe der Kommentarfunktion […] äußern, selbst ein Blog schreiben oder “TV Total” gucken. Unsere Autoren nehmen sich die Freiheit, Kommentare zu löschen, wenn sie es für nötig halten (die Autoren, nicht die Kommentare).

Gemein, oder? Macht aber Spaß!

In diesem Sinne: Fröhliches Kommentieren!

Biologisch investieren

Peter Sloterdijk im Handelsblatt-Interview:

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die heutige Gesellschaft?

Sloterdijk: Die Deutschen haben sich an einen ökonomistisch verengten Begriff des Investierens gewöhnt, und diese Verengung müsste so bald wie möglich aufgebrochen werden. Sie investieren nur monetär, sie haben nicht begriffen, dass ein echtes Investitionskollektiv nicht nur wirtschaftlich investiert, sondern auch biologisch und symbolisch.

Wie investiert man biologisch und symbolisch?

Sloterdijk: Biologisches Investieren heißt Nachkommen zeugen. Wir leben hier im biologischen Pessimismus, in vitaler Kleinkariertheit. Wie die meisten Europäer heute haben sich unsere Landsleute in ein konsumistisches Spießertum zurückgezogen, das nicht bereit ist zu begreifen, dass Kinder das Wertvollste sind, was das Leben zu bieten hat. Das führt auch zu einer Reihe von ökonomischen Folgeproblemen, denn der Generationenfluss stagniert und mit ihm die Funktionsfähigkeit der sozialen Systeme. Auch das fehlende Verständnis für die Notwendigkeit eines weitsichtigen symbolischen Investierens hängt mit der ökonomistischen Verengung zusammen. Damit meine ich, dass wir zu wenig für die Kultur getan haben. Die Deutschen haben sich lange Zeit darauf verlassen, dass Kultur ein Unkraut ist, das von selbst wächst.

Kommt das Foto bekannt vor? Bleibt in der Familie…

Nachtrag: Zum gleichen Thema spricht heute der Pontifex Maximus.

Papst Benedikt XVI. ist besorgt über die demographische Entwicklung. Der Bevölkerungsrückgang raube der Gesellschaft „die Frische, die Energie und die Zukunft“, die durch Kinder entstehe, sagte er in seiner Katechese zum Psalm 127, die er bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz hielt. „Kinder sind keine ,Belästigung’ und kein ,Produkt’, das persönliche Wünsche befriedigt; sie sind ,eine Gabe des Herrn’ (Ps 127, 3)“, sagte Benedikt XVI. „Gottes Segen ruht auf jenen, die dieses große Geschenk mit offenem Herzen empfangen.“ [kath.net]

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Paulinus von Trier

Paulinus (nicht zu verwechseln mit Paulinus von Nola. 22.Juni) wurde um 346 Bischof von Trier. Auf der von den Arianern beherrschten Synode von Arles 353 weigerte er sich, der Verurteilung des Athanasius zuzustimmen. Deshalb wurde er abgesetzt und von Kaiser Konstantius II. nach Phrygien verbannt, wo er 358 starb. Sein Leib soll nach Trier übertragen worden sein. 1072 fand man in der Krypta der um 400 erbauten Kirche des späteren Kanonikerstifts Sankt Paulinus in Trier seinen Sarg, der, wie sich aus den Symbolen und Inschriften ergibt, aus dem Ende des 4. Jahrhunderts stammt. [Schott]

Allmächtiger Gott,
du hast dem heiligen Paulinus von Trier
im Kampf gegen die arianische Irrlehre
unerschrockenen Mut gegeben,
so dass er auch die Verbannung nicht scheute.
Lehre uns, das Wahre vom Falschen zu unterscheiden,
und hilf uns,
ohne Furcht für die Wahrheit einzutreten.
Tagesgebet

Budgetarithmetik

Richtige Fragen, falsch gestellt:

Für eine einzige Vigil und eine einzige Messe, die der Papst auf dem Braunkohlenfeld bei Kerpen gefeiert hat, wurde ein gewaltiges Erdbauwerk errichtet. Mit einem Fünfundzwanzigstel der einhundert Millionen Euro, die der Weltjugendtag Kirche, Staat, Land und Stadt kostete, wäre St.Agnes in Berlin zu retten. [FAZ]

Der 100-Millionen-Vergleich ist in jeder Hinsicht schief. Soviel kostete der gesamte Weltjugendtag, das Marienfeld dürfte nur einen überschaubaren Teil davon ausgemacht haben. Vom Gesamtetat bezahlten die Pilger rund 40 Prozent selbst, rund 20 Millionen sollten aus Spenden, Sponsoring und Werbeartikeln fließen. Aus öffentlichen Kassen kommen etwa 15 Prozent: Der Bund zahlt 8 Millionen, das Land Nordrhein-Westfalen 3, die Stadt Köln und die EU investieren jeweils 1,5 Millionen Euro. 30 Millionen Euro zahlt die Deutsche Bischofskonferenz, also alle 27 Bistümer gemeinsam. [FAZ]

Vier Millionen für die Rettung einer Kirche, die keiner mehr braucht, finde ich demgegenüber auch nicht gerade wenig. Zumal es hier um Mittel des Erzbistums Berlin geht, das bekanntlich pleite ist (und zum Weltjugendtag deutlich weniger als vier Millionen vermutlich maximal eine Million zusteuern musste).

Das ganze Thema Kirchensterben ist schwierig und unter solch schrägen Prämissen kaum angemessen diskutierbar. Scipio, setz doch mal ein eigenes Blog dazu auf! Ich spendierte die Domain, sofern wir eine fänden, und beteiligte mich gerne als Co-Autor.

Nachtrag: So schnell kann es gehen.

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Meinhard Miegel

Ein furioses Spiegel-Gespräch [kostenpflichtig] mit dem alten Kompagnon von Kurt Biedenkopf.

„Was derzeit in vielen frühindustrialisierten Ländern zu beobachten ist, ist keineswegs nur eine vorübergehende Flaute, sondern der Beginn einer neuen Epoche. Wir befinden uns auf dem Scheitelpunkt einer Entwicklung, die vor ungefähr 500 Jahren in Europa begonnen hat. Sie nahm ihren Anfang mit der Entdeckung Amerikas, wurde beschleunigt durch die Reformation und den frühen Kapitalismus, setzte sich fort in einer zunehmend effizienten Manufakturenwirtschaft und mündete in der Industrialisierung. Aufgrund dieser Entwicklung können heute die Menschen im Westen pro Kopf im Durchschnitt das 17fache dessen verbrauchen, was der übrigen Menschheit zur Verfügung steht. Ein solcher Vorsprung ist auf Dauer nicht zu halten. Das Hauptfeld wird uns wieder einfangen.

SPIEGEL: Sind wir dann abgeschlagen, oder können wir wieder aufschließen?

Miegel: Wir sind weit davon entfernt, abgeschlagen zu sein. Nur – um den bisherigen Vorsprung zu halten, müsste sich die Gesellschaft grundlegend verändern. So wie sie ist, altert sie rapide. Schon jetzt ist die Hälfte der Bevölkerung älter als 43 Jahre. Bei den Völkern, die gegen uns antreten, liegt dieses Alter bei unter 30 Jahren. In nicht sehr ferner Zukunft wird fast jeder zweite Erwachsene in Deutschland das 60. Lebensjahr überschritten haben. Viele Menschen sind extrem sicherheitsorientiert, anspruchsvoll und verweichlicht. Sie haben altengemäße Interessen und Bedürfnisse. Eine solche Gesellschaft hält keine Vorsprünge vor dem Rest der Welt.“

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Wozu Kirchhof?

Um die offene Flanke zu schließen, die eine ostdeutsche, kinderlose, geschiedene Protestantin als Kanzlerkandidatin bei (süd-)westdeutschen, verheirateten Katholiken mit Familie hinterlässt – der traditionellen Stammwählerschaft der CDU. Könnte man meinen. Dafür allerdings hätte er wohl etwas früher präsentiert werden müssen. Also doch nur Notnagel, weil Stoiber weder kann noch will? [Lummaland]

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