Das Licht

Wenn ich heute gefragt würde, warum ich noch katholisch bin, dann müsste ich wohl sagen: Das liegt am Licht. Und zwar am Licht der Osternacht, das in die dunkle Kirche getragen und dort verteilt wird.

Auch in meinen gott- und glaubensfernsten Zeiten habe ich immer gespürt, dass dieses Licht der Osternacht etwas Besonderes ist. Ich hatte immer eine Sehnsucht nach diesem Licht, von dem ich heute weiß, dass es das Licht der Auferstehung ist: Christus, das Licht. Lumen Christi. Deo gratias.

Von diesem Licht aus, das einen völlig dunklen, gotischen Dom nach und nach erhellt, lässt sich das ganze, gewaltige Gebäude des katholischen Glaubens erhellen. Wie viel Kunst, Musik, Malerei, Architektur, Theologie, wie viele gute Werke (um es mal altmodisch zu formulieren) sind zur größeren Ehre Gottes entstanden! Omnia ad maiorem Dei gloriam. Dabei verweisen alle sichtbaren Zeichen am Ende auf die Gegenwart Gottes.

Mir war es am Ende intellektuell unmöglich, diesen riesigen Zeichenkosmos als das Produkt einer einzigen großen Lüge zu verwerfen. Denn das wäre ja der Atheismus – genau diese Aussage, dass jedes Gebäude, jedes Bild und jede Statue, jedes Stück Musik, die ganze Theologie, alle guten Werke, die ganze Gemeinschaft der Martyrer und der Heiligen durch die Jahrtausende letztlich auf einer Lüge basieren.

Das scheint mir eine intellektuelle Zumutung zu sein. Deshalb wurde ich, damals im Grunde Agnostiker, nicht zum Atheisten, sondern begab mich wieder auf den Weg zum Glauben. Und deshalb bin ich katholisch. Wegen dieses Lichtes, das die Nacht erhellt. Et nox sicut dies illuminabitur / et nox illuminatio mea in deliciis meis. „Die Nacht wird hell wie der Tag, wie strahlendes Licht wird die Nacht mich umgeben.“

Surrexit enim, sicut dixit. Alleluja.

Leonardo da Vinci, Jesus lebt

Christus heri et hodie.
Principium et Finis.
Alpha et Omega.
Ipsius sunt tempora
et saecula.
Ipsi gloria et imperium
per universa aeternitatis saecula. Amen.

Christus ist wahrhaft auferstanden. Halleluja!

Frohe und gesegnete Ostern!

Modernismus


E. J. Pace, The Descent of the Modernists, 1922

Tarzisius von sensuum defectui hat jetzt die obige Karikatur ausgegraben, was mich daran erinnert, dass ich schon länger meinen Senf zu diesem Thema abgeben wollte.

Mitte der 90er Jahre war ich fast Agnostiker. Ich lebte damals in Berlin und hatte den Kontakt zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche so gut wie verloren. Wenn ich heute überlege, wo wohl der Wendepunkt lag, der mich Jahre später zurück zum Glauben führte, dann fällt mir ein Buch von Jürgen Habermas ein: Der philosophische Diskurs der Moderne: Zwölf Vorlesungen. Dieses Buch hinterließ bei mir einen schalen Nachgeschmack. Konnte das wirklich alles sein?

Letztlich war es übrigens die Osternacht, die mich auch in den glaubensfernsten Jahren meines Lebens immer fasziniert hat, die ich auch nur in wenigen Jahren verpasst und einmal sogar in einer protestantischen Variante gefeiert habe, aber das ist eine andere Geschichte. Habermas stellte mich vor die Alternative, ob ich all die Manifestationen des Glaubens – die Martyrer, die Heiligen, die Milliarden von Christen, die Liturgie (Osternacht!), die Musik, die Kathedralen – als Folgen einer großen Illusion verwerfen und mein Herz statt an Gott an die moderne Weltanschauung, kurz: die Moderne hängen sollte.

Beides erschien mir unmöglich, aber damit war der Glaube zwar nicht ad acta gelegt, doch auch noch lange nicht wiedergewonnen. Denn nun ging es für lange Zeit darum, den Glauben mit der Moderne zu vereinbaren. Dieser gescheiterte Versuch trägt den historischen Namen Modernismus. fortes-fide hat vor einiger Zeit den Antimodernisteneid herausgekramt, den von 1910 bis 1967 jeder Kleriker ablegen musste. Dessen Grundfrage ist, ob Glauben und Moderne konfliktfrei miteinander vereinbar sind oder nicht. Und falls nicht, ob im Konfliktfall dem Glauben oder der Moderne der Vorrang gebührt. Der Modernisteneid ist in dieser Frage eindeutig.

In der Praxis geben indes die meisten (nominellen) Christen, die ich kenne, wie auch ich früher, im Konfliktfall der Moderne den Vorrang. Insofern hat der Modernismus gesiegt. Der Glaube wird auf eine Privatsache reduziert, seine Auswirkungen auf das übrige Leben in Familie, Beruf und Freizeit minimiert. Weiter noch: Auch Glaubenssätze, die der Moderne widersprechen, werden aufgegeben oder so interpretiert, dass kein Widerspruch mehr auftritt.

Eine Spielart des Modernismus ist der (ontologische) Naturalismus. Er besagt im Grunde, dass es nichts gibt und geben kann außer der Natur, die nicht als Schöpfung begriffen wird, da dies einen nicht zur Natur gehörigen Schöpfer voraussetzen würde. Der Naturalismus setzt voraus, dass alle Phänomene eine natürliche, mit den Methoden der Naturwissenschaft erklärbare Ursache haben. Demnach kann es keine Wunder geben, die Wunderberichte der Bibel beruhen für den Naturalisten auf Täuschung und Irrtum.

Doch damit ist, die Karikatur zeigt es deutlich, noch nicht der Tiefpunkt erreicht. Es wäre interessant zu wissen, warum der Antimodernisteneid abgeschafft wurde.