Fulminant

„Im Herbst vergangenen Jahres gelang es dem verhärteten Teil des Protestantismus zu gelingen, die Öffentlichkeitswirksamkeit des Heidelberger Neutestamentlers Klaus Berger durch das Anzetteln eines anachronistischen Konfessions-Skandals in den Tageszeitungen empfindlich zu reduzieren. Der Schaffenskraft des unbequemen Theologen hat das keinen Abbruch getan. In diesem Frühjahr veröffentlicht Berger gleich drei Bücher.“

Mit diesem fulminanten Einstieg (obwohl – „gelang es … zu gelingen“?) beginnt Gerhard Besier seine Berger-Sammelrezension in der Welt. [credo ut intelligam]

Humanismus

„Humanismus ist da vorhanden, wo griechische und lateinische Autoren im Original gelesen werden, um des puren Genusses willen. Alles andere ist Dummheit, Geschwätz, Pädagogik.“
Ernst Robert Curtius, der heute vor 50 Jahren starb

Das gilt natürlich auch und gerade für die Kirchenväter. Und über Goethe sagt Curtius:

„Goethes Lehre von der Überlieferung ist, soweit ich sehe, nie gewürdigt worden. Es könnte sein, dass sie in der heutigen Verworrenheit das wichtigste Stück seiner Botschaft wäre. Das Überlieferte nennt Goethe jenes Ehrwürdige, wodurch das Entfernte verbunden, das Zerrisse ergänzt wird.“

Worum es ging

Johannes zitiert das Kompendium:

Nicht nur katholische Blogger gefallen sich in der Darstellung österlicher Bilder, Schriftzitaten (gern in Latein) oder anderer erhabener Kopierungen, die sie jeglichen Eigenbeitrags entschulden.

Und fügt hinzu:

Die Kritik, die ohne Zweifel in diesem Kommentar durchscheint, ist auch mir zu Gedanke gekommen. Ich fand es relativ einfallslos nur Bilder und Texte in meinem Blog zu kopieren, habe es aber doch getan (zumindest für Gründonnerstag und Karfreitag). Es mag vielleicht wirklich an meiner mangelnden Kreativität liegen, vielmehr aber liegt der Grund dafür darin, das ich dieses wichtigste Geschehen im Jahr nicht völlig unkommentiert lassen wollte, zugleich aber mich nicht in der Lage sah, das Unfassbare in Worte zu kleiden, ich musste auf bereits gesagtes zurückgreifen. Am Karsamstag, Ostersonntag und heute erschlug mich das Drama um Christus aber derart, dass mir selbst diese Art der Kommentierung zu schwächlich schien – also schwieg ich lieber.

Dieses Schweigen ist in der Tat das, was dem bleibt, der sich dem Kreativitätszwang und Originalitätsdiktat unterwirft, die das Kompendium offensichtlich auszuüben versucht.

Sorry, Jungs, aber das ist ganz einfach bullshit. Mag ja sein, dass Ihr die kreativen Masterminds schlechthin seid. Schön für Euch. Aber lasst doch bitte andere mit Euren überzogenen Ansprüchen in Frieden.

Es nervt.

Stillos, verständnislos und hoffnungslos

Dominik nutzt einen Kommentar zu einem bösartigen Seitenhieb:

„Das genaue Gegenteil unserer Intention, die Du verstanden hast, lesen wir indes im Kommentar von
@Martin
der seit Januar fester Bestandteil unserer Gebet ist.

Denn er legt die Bitterkeit der eigenen Mißerfolge in seine Kritik, wenn er andere Menschen beurteilt.“

Dass meine Brüder und Schwestern (auch und gerade jene, die mich im Übrigen wie einen Feind behandeln) für mich beten, ist natürlich nie verkehrt. Aber von welchen Misserfolgen redet der Mensch? Ich bin wohl im falschen Film.

Es hat den Anschein, als ob dieses Blog eine bestimmte Art von Trollen anzieht. Ich habe mich daran gewöhnt (auch wenn es nach wie vor schmerzt), dass die gelegentlich hier notierten banalsten Wahrheiten zu ökumenischen Fragen mit Hohn und Spott übergossen werden. Es überrascht mich auch nicht mehr, dass das Kompendium, kaum aus der Fastenpause erwacht, nicht Besseres zu tun hat, als über die Verwendung von Latein und ausführlichen Zitaten aus heiligen und anderen Schriften herzuziehen.

Aber diese fromm verkleidete Bösartigkeit nimmt langsam wirklich groteske Züge an. Vielleicht ist es an der Zeit, ein paar Dinge klarzustellen.

Der Name dieses bescheidenen Blogs ist Programm: katholisches Notizbuch. Hier notiere ich, ganz allgemein, was ich hier für notierenswert halte. Mehr nicht. So hat es damals angefangen, und daran hat sich im Kern auch nichts geändert. Wenn dies anderen Menschen gefällt, freut es mich. Wenn dabei ab und an auch noch Dialog gelingt (und sinnloser Streit vermieden werden kann), umso besser.

Wie an der völlig überladenen Seitenleiste unschwer zu erkennen ist, probiere ich hier auch ein paar Dinge aus. Freizeitbeschäftigung, mehr nicht. Hier gibt es keine Agenda, keine übergeordneten Ziele, keine missionarischen Absichten und also auch keine Misserfolge im herkömmlichen Sinne des Wortes.

Natürlich eröffnet ein neues Interaktionsfeld wie dieses auch neue Möglichkeiten zur Sünde. Mir ist schon klar, dass ich an allerlei Zank und Streit meinen gehörigen Anteil habe. Mein Beichtvater könnte davon ausführlich berichten. 🙂

Aber (großes Aber): Könnt Ihr Helden vom Kompendium Euch vielleicht endlich mal wie erwachsene Menschen benehmen? Niemand braucht ein Blog, das kontinuierlich voller Hochmut über andere Blogs herzieht. Wirklich nicht.

Durch Christus, unsern Herrn

Ralf bringt auf den Punkt, warum es nicht angebracht ist, die kleine Orations-Schlussformel „Durch Christus, unsern Herrn“ zu „Bruder und Herrn“ zur erweitern – wie es ja in Kreisen üblich ist, die der liturgischen Beliebigkeit frönen:

„Mir fiel neulich auf, daß nach Ostern keiner der Apostel von Jesus als “unserem Bruder” spricht, Petrus spricht gar vom “Herrn, der bei uns ein- und ausging”. Da schimmert eine Fremdheit durch, ein Anders-sein. Keine Kumpelbeziehung, keine dicke Freundschaft zum Pferdestehlen. Auch wenn Jesus selbst die Apostel zum Schluß hin “Freunde” nennt so wird dies von seiten der so genannten nicht wiederholt.

Der Herr ist der Andere. Nach Ostern und zumal nach Pfingsten war den Aposteln die Sendung Jesu klar, nach Ostern die Sendung Jesu, nach Pfingsten die ihrige.

Es wird viel von “unserem Bruder Jesus” gesprochen heutzutage, ich tue das auch, zumal bei “unserem Bruder und Herrn”. Die Apostel waren da zurückhaltender. Was kann das für uns heißen?“

Qui resurrexit a mortuis

Et cum transisset sabbatum, Maria Magdalene et Maria Iacobi et Salome emerunt aromata, ut venientes ungerent eum.
Et valde mane, prima sabbatorum, veniunt ad monumentum, orto iam sole.
Et dicebant ad invicem: “Quis revolvet nobis lapidem ab ostio monumenti?”.
Et respicientes vident revolutum lapidem; erat quippe magnus valde.
Et introeuntes in monumentum viderunt iuvenem sedentem in dextris, coopertum stola candida, et obstupuerunt.
Qui dicit illis: “Nolite expavescere! Iesum quaeritis Nazarenum crucifixum. Surrexit, non est hic; ecce locus, ubi posuerunt eum.
Sed ite, dicite discipulis eius et Petro: “Praecedit vos in Galilaeam. Ibi eum videbitis, sicut dixit vobis””.
Mc 16,1-7

Salve caput cruentatum

»Ja, Mitleid hatt‘ ich! Das hatt‘ ich immer, Mitleid und Erbarmen. Und vielleicht auch, daß meiner ein Erbarmen harrt, um meines Erbarmens willen. Ich kann es brauchen; jeder kann es. Und in der letzten Stunde tut es wohl, etwas von diesem Ankergrund zu haben… Ich entsinne mich eines langen Liedes, das ich in der Predigerstunde bei dem alten Oberkonsistorialrat lernen mußte; ich hatte keinen Sinn dafür, aber eine Strophe gefiel mir; die war schön.«

»Welche? Sprich sie, oder willst du, daß ich sie spreche?«

»Es war etwas von Tod und Sterben und von Christi Beistand in der Scheidestunde.«

Renate hatte seine Hand genommen und sprach jetzt, ohne weiter zu fragen, mit leiser, aber fester Stimme vor sich hin:

»Wenn ich einmal soll scheiden,
So scheide nicht von mir,
Soll ich den Tod erleiden,
Tritt du für mich herfür;
Wenn mir am allerbängsten
Wird um das Herze sein,
Reiß mich aus meinen Ängsten,
Kraft deiner Angst und Pein.«

Tubal hatte sich aufgerichtet.

»Ja, das ist es.«

Er schien noch weitersprechen zu wollen, sank aber, immer matter werdend, in die Kissen zurück und begann unruhig und hastig, wie die Sterbenden tun, an seiner Bettdecke herumzuzupfen. Dabei war es, als ob er in seiner Erinnerung nach etwas suche.

Endlich hatte er es und fuhr in abgerissenen Sätzen fort: »Es war noch früher, viel früher, und wir waren noch in der alten Kirche, da sagte mir der Kaplan ein lateinisches Lied vor. Und als Ostern herankam, da mußt‘ ich es hersagen vor meinem Vater und vor meiner Mutter und vor Graf Miekusch. Und meine Mutter lachte, weil sie das Lateinische nicht verstand. Aber mein Vater war ernst geworden und Graf Miekusch auch.«

Er schwieg eine Weile, und Renate sah bang auf ihn.

»Das ist nun zwanzig Jahre«, fuhr er fort, »oder noch länger, und ich hatt‘ es vergessen. Aber nun hab‘ ich es wieder:

Salve caput cruentatum
Totum spinis coronatum
Conquassatum, vulneratum
Facie sputis illita…«

Er hatte sich bei jeder neuen Zeile mehr und mehr erhoben und starrte mit einem Ausdruck, als ob er etwas sähe, auf den Wandpfeiler zu Füßen seines Bettes. Und ein Lächeln, in dem Schmerz und Erlösung miteinander kämpften, verklärte jetzt sein Gesicht.

»Kathinka hatte recht… aber nun ist es zu spät… Salve caput cruentatum…« Es waren seine letzten Worte.

Er sank in die Kissen zurück, und seine Augen schlossen sich für immer.

Theodor Fontane, Vor dem Sturm, Band IV, Kapitel 24

Qui pro nobis crucifixus est

Stabant autem iuxta crucem Iesu mater eius et soror matris eius, Maria Cleopae, et Maria Magdalene.
Cum vidisset ergo Iesus matrem et discipulum stantem, quem diligebat, dicit matri: “Mulier, ecce filius tuus”.
Deinde dicit discipulo: “Ecce mater tua”. Et ex illa hora accepit eam discipulus in sua.
Post hoc sciens Iesus quia iam omnia consummata sunt, ut consummaretur Scriptura, dicit: “Sitio”.
Vas positum erat aceto plenum; spongiam ergo plenam aceto hyssopo circumponentes, obtulerunt ori eius.
Cum ergo accepisset acetum, Iesus dixit: “Consummatum est!”. Et inclinato capite tradidit spiritum.
In 19,25-30