Aktion Katechismus für Käßmann: Die persönliche Referentin geht dazwischen. Eine erste Bewertung.
September 2005
Junge Freiheit
Damit das Thema nicht in den Kommentaren versauert:
„Als was spricht Georg Ratzinger? Als Prälat aus Regensburg oder als Papst-Bruder?“
Diese berechtigte Frage stellt eine Priesterin angesichts des Interviews der Jungen Freiheit mit Ratzinger senior.
Volkszählung
Reiner Klingholz, der Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, plädiert in der FAZ für eine Volkszählung.
„Angenommen, Sie interessierten sich für die Anbaumengen von Topfchrysanthemen bei deutschen Zierpflanzenproduzenten oder für den Bestand an Gänsen, Enten und Truthühnern in landwirtschaftlichen Betrieben – kein Problem… Wer allerdings wissen möchte, wo in der Republik welche Migranten leben, welchen Krankenstand sie haben, wie es in den Kommunen um die Betreuung der unter Dreijährigen bestellt ist oder wie viele Personen kinderlos bleiben, muss lange suchen und wird wenig finden.“ [Perlentaucher]
Notiz an mich: bei Gelegenheit das ganze demographische Geraffel in ein Zweitblog auslagern
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Programmtipp
Heute um 21.05 Uhr im DLF: Göttlicher Humor – Glaubensfragen im Kabarett (in der Sendung Querköpfe)
Solidarität
Der Historiker Paul Nolte im Spiegel-Streitgespräch [0,50 EUR] mit dem Ökonomen Rudolf Hickel
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Verkündigungsauftrag und Lebensführung
Aus der Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Thema „Homosexualität und Kirche“ (1996):
- Der Verkündigungsauftrag kann nicht so von der Lebensführung der Amtsträger getrennt werden, als hätte das eine mit dem anderen nichts zu tun. Wenn die Lebensführung, soweit sie öffentlich wahrgenommen wird, dem Verkündigungsinhalt widerspricht, beeinträchtigt dies die Glaubwürdigkeit der Verkündigung.
- Die Lebensführung jedes Amtsträgers bleibt in irgendeiner Form hinter dem zurück, was als Wille Gottes zu verkündigen ist. Entscheidend ist jedoch, daß die Differenz zwischen dem Willen Gottes und dem eigenen Versagen nicht geleugnet oder bagatellisiert wird. Die Anerkennung des eigenen Zurückbleibens ist selbst ein Element der Glaubwürdigkeit kirchlicher Verkündigung.
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Realität
Petra Steinberger eiert heute im SZ-Feuilleton wortreich um die Frauenfrage herum. Zwei Takes im Vergleich:
Fahren wir fort mit jenem Zitat von Paul Kirchhof, das der CDU inzwischen in jeder Wahldebatte um die Ohren geschlagen wird, jenen Satz, den er vor ein paar Jahren im Vorwort eines Buches geschrieben hat: „Die Mutter macht in ihrer Familie Karriere, die nicht Macht, sondern Freundschaft verheißt, nicht Geld, sondern Glück bringt.“ Etcetera. Fraglos ist das ein recht konservatives Familienbild. Aber wieso, fragt man sich, soll das junge, moderne Frauen noch berühren, die doch längst erkannt haben, dass die Realität heute ganz anders abläuft?
So, die Realität läuft heute ganz anders ab? Das meint sie selbst nicht ernst – oder jedenfalls wundert sich die gleiche Autorin am Ende ihrer Überlegungen:
Es passiert nur nichts. Bisher. Sobald einmal Kinder da sind, wird in Deutschland bis heute trotz aller Rhetorik eine gesellschaftliche und soziale Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau gefördert, die den großbürgerlichen Idealen des 19. Jahrhunderts entspricht, mitsamt goldenem Käfig und ein paar feministischen Ausrutschern (in den ostdeutschen Ländern passiert das weniger, was an kommunistischer Indoktrination liegen muss). Der große Graben zwischen den Geschlechtern resultiert nun mal aus der Realität der Reproduktion, und solange eine derart veraltete Frauen-Männer-Dichotomie in Deutschland existiert, werden sich mehr und mehr Frauen, ökonomisch völlig konsequent, für die eigene Karriere entscheiden – wer mag es ihnen verdenken?
Und damit, so möchte ich hinzusetzen, das langfristige Aussterben beschleunigen. [Perlentaucher]
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Im Zusammenhang
Das Vorwort von Paul Kirchhof zum Buch von Jürgen und Martine Liminski, aus dem im aktuellen Wahlkampf gern zitiert wird, erschien am 31. März 2002 in der Welt am Sonntag. Auszüge:
[…] unser deutsches Gesellschafts- und Wirtschaftssystem ist fast ausschließlich auf eine Maximierung von Profit und Spaß angelegt. Es sucht in einer gewaltigen Propaganda alle Menschen – Männer und Frauen – in sozialpflichtige Erwerbsarbeit zu drängen, vergisst dabei aber, dass Kapital nicht arbeitet, sondern nur Menschen mit Kapital arbeiten. Es vernachlässigt, dass ein Generationenvertrag ohne die nachfolgende Generation zusammenbricht, dass die Zukunft von Kulturgesellschaft und Wirtschaft in Deutschland durch Einwanderung nicht gesichert werden kann, weil selbst bei einer Einwanderung von jährlich fünfhunderttausend Menschen die Einwohnerzahl sinken und die Veralterung fortschreiten würde.
Unser Rentenrecht enteignet die Mütter, weil es ihnen faktisch die Alterssicherung durch ihre Kinder nimmt, dafür aber anderen Rentenansprüche gibt. Das Arbeitsrecht privilegiert die Kinderlosen, wenn es ihnen beruflichen Aufstieg eröffnet, die Mütter aber auch nach Erfüllung ihres Erziehungsauftrags vom Arbeitsmarkt fernhält. Das Steuerrecht benachteiligt Familien, weil es bei den Eltern auch einen Teil des Einkommens besteuert, der den Kindern gehört.
Staat und Wirtschaft in Deutschland stellen sich gegenwärtig nicht energisch der Aufgabe der Verteilungsgerechtigkeit, die Familien finanziell besser stellt und dazu alle anderen, die später von den Leistungen unserer Kinder profitieren, zu deren Unterhalt heranziehen müsste.
Wenn sich die Altersgruppe der Achtzehn- bis Fünfunddreißigjährigen in den nächsten zehn Jahren zu halbieren droht, wenn in den USA über fünfzig Prozent aller Ehen, in einigen Zentren von Wirtschaft und Wissenschaft fast hundert Prozent geschieden werden, zersetzt unser Erwerbs- und Wirtschaftssystem unsere Kultur, frisst die Menschen und zerstört unsere Zukunft. Gerade eine freiheitliche Gesellschaft wird nur gelingen, wenn der Freiheitsberechtigte sich in einer jung bleibenden Gesellschaft entfalten kann. Wir müssen uns deshalb der Frage stellen, ob Jugend im Fitness-Center synthetisch hergestellt wird oder in der Familie entsteht.
Auf diese Passage folgen dann die inkriminierten Äußerungen.
Wie sieht Familienglück in einer wirklich gelebten, echten Gemeinschaft von Eltern und Kindern aus? Die Mutter macht in ihrer Familie Karriere, die nicht Macht, sondern Freundschaft verheißt, nicht Geld, sondern Glück bringt. Ihr Beruf als Familienmanager fordert – jenseits des zweiten, des eher handwerklichen Auftrags – stetige Präsenz, einen Raum der Bedingungslosigkeit und des Humanum, eine Intimität als Grundmuster der Familie, ohne die eine Frau zwischenmenschliche Beziehungen nicht gestalten, Menschlichkeit nicht schenken kann. Die Mutter widmet ihren Kindern vor allem Zeit, gibt ihnen auf dieser Grundlage Zärtlichkeit, Zuwendung und ein Zuhause.
Und zur Vaterrolle:
Auch der Vater sieht seine erste Verantwortung in seinem Familienberuf und erst dann in seinem Erwerbsberuf. Wenn Erziehungspflichten vernachlässigt werden, wirkt sich das auf Menschen aus; wenn Pflichten im Erwerbsberuf vernachlässigt werden, hat das meist nur Folgen für die Produktion. Diese Perspektive ist entwaffnend unökonomisch und rückt unsere fast ausschließlich vom Erwerbsstreben verrückte Welt wieder zurecht. Der Vater sichert den familiären Konsens und wacht über die Solidarität, entwickelt eine natürliche Autorität, die im nicht selten unbegrenzten Vertrauen in die Glaubwürdigkeit des Vaters auch an Überforderung grenzt, trägt mit der Mutter die Verantwortung, den Kindern Tugenden einzuprägen, zu denen insbesondere auch die Fähigkeit zu unbeschwerter Freude gehört.
Seine eigene Vatertugend wird vor allem von der klassischen Erfahrung bestimmt, dass es die Aufgabe der Einflussreichen ist, die ihnen Anvertrauten zu schützen. Der Vater findet seine Identität, wenn er die ökonomischen Grundlagen der Familie beschafft und die Kinder in ihrer Zugehörigkeit zu Familie, Staat, marktwirtschaftlicher Ordnung, Kulturgemeinschaft und Kirche erzieht.
Soweit der Zusammenhang.
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Abenteuer
Zu den wenigen Neuigkeiten, die das gestrige TV-Duell zu bieten hatte, gehörte eine kleine Information aus dem Munde der Kanzlerkandidatin. Demnach stammen die polarisierenden Zitate von Paul Kirchhof aus dem Vorwort zu einem Buch, das der DLF-Journalist Jürgen Liminski gemeinsam mit seiner Frau geschrieben hat. (Der Kanzler indes bestritt diese Quellenangabe und verwies stattdessen auf ein Interview des Finanzministerkandidaten.) Die Familie Liminski hat zehn Kinder.
Jürgen und Martine Liminski: Abenteuer Familie. Erfolgreich erziehen – Liebe und was sonst noch nötig ist. Augsburg 2002, 200 Seiten. 18,90 EUR.
Eine Rezension aus der Tagespost.
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Wie eine Wolke
160 Minuten dauert „Die große Stille“, der neue Film von Philip Gröning über das Mutterkloster der Karthäuser. In Venedig wurde er zum ersten Mal gezeigt, und die FAZ hat ihn gesehen:
Ein halbes Jahr hat er zugebracht zwischen den schweigenden und betenden Brüdern – ein kontemplativer Film ist daraus geworden, ein Film wie eine Wolke, sagt Gröning. Tatsächlich ist „Die große Stille” mitunter zu wolkig, zu wenig an der Schilderung der Abläufe interessiert und zu sehr in die eigenen Impressionen verliebt. Der Film entwickelt ein schönes Gefühl für den Wechsel der Jahreszeiten, aber manchmal wünschte man sich die Aufnahmen eher länger und aufmerksamer, als sie ohnehin schon sind. Einmal werden Kutten für zwei Neuankömmlinge geschneidert, aber Grönings Interesse gilt zu wenig dem Praktischen, als daß er den Vorgang anschaulich schildern wollte. So wird nur angedeutet, wo Anlaß wäre, sich in einen Vorgang zu versenken. [Perlentaucher]
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