Ich möchte noch ein wenig Öl ins Feuer...

Ich möchte noch ein wenig Öl ins Feuer gießen und über den Zusammenhang von Sonntagspflicht und Versorgungsmentalität nachdenken. Ich fürchte nämlich, es gibt einen solchen. Die eine ist das passgenaue Gegenstück zur anderen.

Oft und nicht zu unrecht wird ja das Denken in Kategorien der Versorgung kritisiert: „Unser Pfarrer muss drei Gemeinden versorgen.“ (Mit was eigentlich?) Solches Versorgungsdenken lebt aus dem Konzept von wechselseitigen Rechten und Pflichten – aus den Rechten der einen Partei entstehen Pflichten für die andere und umgekehrt.

Das Recht der Gemeinden auf sonntägliche Eucharistiefeier legt den Bischöfen und Priestern die Pflicht auf, solche zu feiern. Umgekehrt steht dieser Pflicht das Recht des Priesters auf Beteiligung der Gemeinde gegenüber – also die Pflicht des einzelnen Christen zum Messbesuch, vulgo Sonntagspflicht. Dies hat bereits zum absurden Resultat geführt, dass immer weniger Priester immer mehr Messen vorstehen, die immer schlechter besucht werden – trotz Sonntagspflicht.

Auch wenn ich der Nabelschau prinzipiell eher skeptisch gegenüber stehe, sei doch eine weitere These gewagt: Spezifisch deutsch ist dieses Versorgungsdenken wahrscheinlich, weil es einerseits unserer obrigkeitsstaatlichen Tradition entspricht und andererseits aus der Pflicht zur Zahlung der Kirchensteuer gewisse Versorgungsrechte ableitet. Dass dieses Prinzip in der Kirche nicht dauerhaft funktioniert, ist wohl offenkundig.

Ganz anders die Sicht des Soziologen Peter Fuchs...

Ganz anders die Sicht des Soziologen Peter Fuchs, publiziert ebenfalls Ende August in der Frankfurter Rundschau: „Das Risiko für die Demokratie liegt darin, dass sie nicht mehr als (langsame) Problembewältigungsmaschine begriffen wird, sondern als Gefahren- und damit Betroffenheitsausstreuerin. Der Riss, der sich in den Montagsdemonstrationen augenfällig zeigt, ist nicht zufällig, er ist systematisch, sobald eine hoch temporalisierte Gesellschaft sich von der Aussicht auf die Zukunft stärker leiten lässt als von der Vergangenheit.“

„An der Masse lieben Menschen die Dichte,...

„An der Masse lieben Menschen die Dichte, die sie mit den anderen vereint. Auf der Straße erleben sie hautnah die Gleichheit, die sie so sehr entbehren; nur im Verein mit Tausenden gewinnen sie die Illusion, ihre Einsamkeit überwunden zu haben. Dieses Erlebnis verlangt nach Wiederholung. Spätestens in einigen Wochen wird die rituelle Protestbewegung ihren Zenit überschreiten. An diesem Umkehrpunkt wird sich der kollektive Unmut entweder in einem Gewaltausbruch entladen, oder die Menge wird sich zerstreuen. Dass bei den nächsten Wahlen der Kreislauf der Regierungen beschleunigt wird, ist gewiss. Für die Entwicklung des Kapitalismus indes ist der kurze Aufruhr der Entbehrlichen nur eine Episode.“ So schließt der Soziologe und Publizist Wolfgang Sofsky seine bereits Ende August in der Welt erschienene Analyse der Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV (Aufruhr der Entbehrlichen).

Nirgends genießen Angestellte einen derart...

Nirgends genießen Angestellte einen derart hohen Grad an Freiheiten wie in der Kirche. Sie können sich relativ weit von den Zielen und Botschaften ihres Arbeitgebers entfernen, bevor der einschreitet.

Ironischerweise sorgt gerade die Seltenheit dieses Einschreitens für einen gewissen Nachrichtenwert („Priester N. von Bischof XY gemaßregelt“). Das Skandalon liegt darin, dass die Ziele und Botschaften als unzeitgemäß und die Abweichung als Normalität empfunden werden. Herkömmliche Unternehmen würden Vergleichbares nicht dulden.

Die Zeit lakonisch über die Seligsprechung...

Die Zeit lakonisch über die Seligsprechung Kaiser Karls I.: „Doch nicht einmal die Angehörigen der Familie Habsburg-Lothringen können ganz genau sagen, warum sich der Heilige Vater entschlossen hat, die Beatisation des Büßers Karl vorzunehmen. Hängt es damit zusammen, dass nun die meisten Länder der alten Habsburger-Monarchie heimgekehrt sind in das christliche Europa? Wie auch immer: Es bleibt ein Mysterium, und den Gläubigen ist aufgetragen, es zur Kenntnis zu nehmen.“