Seit Mitte Oktober beschäftigt sich dieses Notizbuch verschärft mit Liturgie im Allgemeinen und der Liturgiereform des XX. Jahrhunderts im Besonderen. Meine Versuche, die Reform in ihren einzelnen Schritten zu rekonstruieren, sind auf den ersten Blick etwas unübersichtlich ausgefallen.
Deshalb sei hier passend zum neuen Jahr ein neues Stück Übersichtlichkeit hergestellt. Die wichtigsten bereits erschienenen und noch geplanten Beiträge in chronologischer Reihenfolge, nicht des Erscheinens, sondern der jeweils beschriebenen Thematik:
- „Mediator Dei“ (1947)
- Tätige Teilnahme 1.0
- Die Neuordnung der Karwoche (1955)
- Mehr als eine Terminänderung
- Traditionalistische Kritik
- Die Reform der Rubriken (1955)
- Die Reformen Johannes’ XXIII. (1960 bis 1962)
- Die Liturgiekonstitution (1963)
- “Inter Oecumenici” (1964) und die Reform von 1965
- Die Liturgiereform als Kirchenumbauprogramm
- Der hölzerne Volksaltar
- “Tres abhinc annos” (1967)
- Die apostolische Konstitution “Missale Romanum” (1969)
- Das Missale von 1969/1970
- Die heutige liturgische Praxis
- Kleine Zwischenbilanz
Warum das alles? Scipio schreibt treffend:
Die Liturgie ist schließlich keine Angelegenheit von Liturgiekommissionen und -kongregationen, sondern einer der zentralen Orte, an denen wir realiter ins Heilgeschehen, ins Ereignis von Tod und Auferstehung Jesu mithineingezogen werden, und genau deshalb ist es z.B. nicht ganz gleichgültig, wie das „pro multis“ bzw. „hyper pollon“ der Bibel und der lateinischen Liturgie ins Deutsche übersetzt wird (um einen möglichen, inzwischen aber entschiedenen Anlaß für Geplänkel zu nennen).
Mein Reformulierungsvorschlag: „Die Liturgie ist schließlich nicht nur eine Angelegenheit von Liturgiekommissionen und -kongregationen…“
Zum Thema siehe auch More is better, Standby, Multitasking oder was? Ein sehr laienhafter Versuch über die „tätige Teilnahme“ (von Scipio).
Weitermachen!!!!!!!!!!!!
p.s. Photo Kommt!
Vorschlag angenommen. Danke, Martin.
Ganz meine Meinung:
Josef Kardinal Ratzinger schrieb am 23. 6. 2003 folgenden Brief an den bekannten Altphilologen und Autor Dr. Heinz- Lothar Bart in Bonn.
Kardinal Ratzinger sagt, daß „auf Dauer die römische Kirche doch wieder einen einzigen römischen Ritus haben muß“. „Der Römische Ritus der Zukunft sollte ein einziger Ritus sein“, so der Kardinal, „vollständig in der Tradition des überlieferten Ritus“.
Der Papst sieht die Defekte der neuen Messe – wie er es auch in vielen anderen seiner Bücher und Schriften geäußert hat. Er scheint eine Reform der Liturgiereform anzustreben.
Sehr geehrter Herr Dr. Barth!
Haben Sie herzlichen Dank für Ihren Brief vom 6. April, zu dessen Beantwortung ich erst jetzt die Zeit finde. Sie bitten darum, daß ich mich für die erweiterte Zulassung des alten römischen Ritus einsetze. Eigentlich wissen Sie selbst, daß eine solche Bitte bei mir nicht auf taube Ohren stößt, ist doch mein Einsatz für dieses Anliegen inzwischen allgemein bekannt.
Ob der Hl. Stuhl aber den alten Ritus „wieder weltweit und ohne Beschränkung zulassen wird“, – wie Sie es wünschen und gerüchteweise gehört haben, – kann nicht ohne weiteres gesagt oder gar bestätigt werden. Zu groß ist doch immer noch bei vielen Katholiken die ihnen jahrelang eingeimpfte Abneigung gegen die traditionelle Liturgie, die sie verächtlich „vorkonziliar“ nennen, und auch von Seiten vieler Bischöfe wäre mit erheblichem Widerstand gegen eine allgemeine Wiederzulassung zu rechnen.
Anders sieht es aus, wenn man an eine begrenzte Wiederzulassung denkt: begrenzt ist ja auch die Nachfrage nach der alten Liturgie. Ich weiß, daß ihr Wert natürlich nicht von der Nachfrage abhängt, aber die Frage nach der Zahl der interessierten Priester und Laien spielt dabei doch eine gewisse Rolle. Zudem kann eine solche Maßnahme auch heute noch, erst gut 30 Jahre nach der Einführung der Liturgiereform Papst Paul’s VI. nur schrittweise in die Tat umgesetzt werden, jede neue Überstürzung wäre sicher nicht vom Guten.
Ich glaube aber, daß auf Dauer die römische Kirche doch wieder einen einzigen römischen Ritus haben muß; die Existenz von zwei offiziellen Riten ist in der Praxis für die Bischöfe und Priester nur schwer zu „verwalten“. Der Römische Ritus der Zukunft sollte ein einziger Ritus sein, auf Latein oder in der Landessprache gefeiert, aber vollständig in der Tradition des überlieferten Ritus stehend; er könnte einige neue Elemente aufnehmen, die sich bewährt haben, wie neue Feste, einige neue Präfationen in der Messe, eine erweiterte Leseordnung – mehr Auswahl als früher, aber nicht zu viel – eine „Oratio fidelium“, d.h. eine festgelegte Fürbitt-Litanei nach dem Oremus vor der Opferung, wo sie früher ihren Platz hatte.
Geehrter Herr Dr. Barth, wenn Sie sich in dieser Weise für das Anliegen der Liturgie einsetzen, werden Sie sicher nicht allein stehen, und bereiten die „öffentliche Meinung in der Kirche“ auf eventuelle Maßnahmen zugunsten eines erweiterten Gebrauchs der früheren liturgischen Bücher vor. Man sollte aber vorsichtig sein im Wecken von allzu hohen, maximalen Erwartungen bei den traditionsverbundenen Gläubigen.
Ich benutze die Gelegenheit, um Ihnen zu danken für Ihren geschätzten Einsatz zugunsten der Liturgie der römischen Kirche, in Ihren Büchern und Vorträgen, auch wenn ich mir da und dort noch mehr Liebe und Verstehen für das Lehramt von Papst und Bischöfen wünschen würde. Möge der Same, den Sie säen, aufgehen, und viele Frucht tragen für das erneuerte Leben der Kirche, dessen „Quelle und Höhepunkt“, ja dessen wahres Herz eben die Liturgie ist und bleiben muß.
Gerne gebe ich Ihnen den erbetenen Segen und bleibe mit herzlichen Grüßen
Ihr
Josef Cardinal Ratzinger