in Femina, Normae, Ratio

Was ist normal?

„Was ist normal?“, fragt Miriam Meckel in einem Interview mit der FAZ. „Mit diesem Begriff habe ich nie etwas anfangen können. ‚Normal‘ ist ausgehandeltes Mittelmaß.“

Miriam Meckels Definition ist heute sicher mehrheitsfähig und sagt viel über ihre Persönlichkeit. Aber ist sie auch richtig? Schon die Wikipedia erscheint mir da treffender, wenn sie schreibt:

normal ist: […] in der Soziologie was als üblich betrachtet wird, siehe Soziale Norm

Und weiter heißt es dann:

Soziale Normen (Gesellschaftliche Normen, Soziale Skripte) sind konkrete Vorschriften, die das Sozialverhalten betreffen. Sie definieren mögliche Handlungsformen in einer sozialen Situation. Sie unterliegen immer dem sozialen Wandel, sind gesellschaftlich und kulturell bedingt und sind daher von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden. Normen sind (äußerliche) Erwartungen der Gesellschaft an das Verhalten von Individuen. Die Verbindlichkeit dieser Erwartungen variiert (siehe auch Tabu). Sie sind zu unterscheiden von (innerer) vernunftgemäßer Gewissensprüfung von Handlungen (siehe Moral, Ethik, kategorischer Imperativ).

Normal ist also, was den geltenden Normen entspricht. Normen postulieren ein Sollen, das dem empirischen Sein gegenübersteht. Sich als Einzelner nicht an Normen zu halten, heißt noch nicht, dass diese falsch wären oder nicht gelten würden.

Womit wir, und dieser Sprung sieht nur auf den ersten Blick gewagt aus, bei Charlotte Roche wären. Auch sie ist, wie Miriam Meckel, derzeit in eigener Sache unterwegs, um ihr jüngstes Buch zu bewerben. Bei einer Lesung in München fiel dabei einem Bericht der SZ zufolge der plakative Satz:

„Ich lieeeeebe Wissenschaft, weil sie das schlechte Gewissen weg macht.“

Unterliegt womöglich auch Charlotte Roche dem naturalistischen Fehlschluss? Das Gewissen kann sich ja nur auf Moral beziehen, also auf ein Sollen, während die Wissenschaft das Sein beschreibt. Wie könnte also Wissenschaft auf ein schlechtes Gewissen einwirken? Doch nur, indem Charlotte Roche vom Sein auf das Sollen schließt.

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