in Liturgia, Media

Geyer vs. Mosebach

Der Spiegel hat in dieser Woche noch einmal nachgelegt und neben einer spiegeltypisch wirren Nacherzählung der stürmischen Ereignisse der letzten Woche, einem schriftlich geführten Interview mit Bischof Richard Williamson und einem unfreundlichen Portrait des künftigen Linzer Weihbischofs Gerhard Maria Wagner auch einen Essay von Martin Mosebach gedruckt. Diesen Essay wiederum demontiert kommentiert Christian Geyer in der heutigen FAZ:

Ganz am Ende seiner lesenswerten Einlassung im „Spiegel“ („Warum der Papst tun musste, was er tat“) kommt der Schriftsteller Martin Mosebach zu einer Definition dessen, was er „katholische Mentalität“ nennt. Katholische Mentalität heiße, im Blick aufs Ultramontane „mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein“. Haben wir so gewettet, als wir die Wette auf Gott abschlossen? Dass sich die Tatsache der christlichen Taufe in einer „katholischen Mentalität“ niederzuschlagen habe, lässt aufhorchen.

Scheint doch erst als Mentalität, als eine alles Säkulare überspringende Denkweise, das Katholische in Gefahr, den Bogen Gottes zu überspannen. Leszek Kolakowski sprach in diesem Zusammenhang vom Wuchern des Mythos. Auch das Bewusstsein, der Zeitgenossenschaft zu entkommen, kann doch nie anders denn als Zeitgenosse gewonnen werden. Wie sollte das möglich sein, sich aus höherer metaphysischer Einsicht aus seiner Zeitgenossenschaft zu stehlen, aus den Bezügen von Recht und Kultur und Politik – und sei es mit einem klitzekleinen Bewusstseinszipfel nur? An solche Zipfel hängen sich Esoteriker aller Couleur, politische Romantiker und hohnlachende Dezisionisten.

Bemerkt Mosebach nicht, dass es genau diese als Generalklausel gehandhabte vermeintliche „katholische Mentalität“ ist, jenes Dummstellen im Namen Gottes, welche das feist-dreiste Denken hervorgebracht hat, das auch er an den Piusbrüdern kritisieren möchte: „Weltfremdheit und Eiferertum, eine krankhafte Verengung der Geister“?

Da lohnt es sich vielleicht, Mosebach im Kontext zu zitieren:

Natürlich könnte es durchaus so weit kommen, dass Staat und Gesellschaft die Lust verlieren, in ihren Grenzen eine Korporation zu dulden, die ersichtlich unter einem anderen Gesetz steht und andere Werte verteidigt als die säkulare Mehrheit. Die Grobheit einer wahlkämpfenden Kanzlerin gibt dafür einen Vorgeschmack. Es könnte den Katholiken wieder wie unter Bismarck zum Vorwurf gemacht werden, sie seien schlechte Staatsbürger, denn ihr Herz hänge „jenseits der Berge“, ultramontan, am Papst und seiner Autorität.

Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. Bei allem Misstrauen muss das Gemeinwesen mit solchen Mitgliedern nicht schlecht fahren – Ergebnis der Dauerspannung zwischen Papst und Kaiser im Mittelalter war nichts Geringeres als die europäische Vorstellung von der Freiheit.

Eine schöne und optimistische Wende, aber ich verspüre nicht ohne Sorge den Vorgeschmack künftiger Christenverfolgung.

Doch zum Thema. Mosebach schreibt:

Strenggenommen exkommuniziert sich derjenige selbst, der gegen die Einheit der Kirche verstößt – die Aufhebung dieser Exkommunikation kann ihm nicht verwehrt werden, wenn er aufrichtig begehrt, zu dieser Einheit zurückzukehren.

Und Geyer weiß:

Hier klärt der Autor selbst über das entscheidende Kriterium auf, an dem sich die Rücknahme einer Exkommunikation zu messen hat: die Aufrichtigkeit des Begehrens, der Kirche rechtsgültig wieder eingegliedert zu werden. Es ist doch nun aber gerade die mangelnde Aufrichtigkeit, die im vorliegenden Fall ins Auge sticht und das eigentliche Thema darstellt. Ein Thema, das Mosebach in seiner Einlassung zum Verschwinden bringen möchte. Nur im schriftstellerischen Konstrukt einer „katholischen Mentalität“ geht solches vorsätzliche Verfehlen des Themas durch.

Mangelnde Aufrichtigkeit? Soll heißen: Williamson begehrt gar nicht die Wiederaufnahme in den Schoß der Kirche? Schon möglich, aber woher will Geyer das wissen?

Mosebachs blinder Fleck hat damit zu tun, dass er die Piusbruderschaft im Grunde nur aus liturgischer Perspektive beobachtet: Sie hat den tridentinischen Ritus gerettet; das war ihre historische Aufgabe; alles andere ist zweitrangig: „Ob es der Piusbruderschaft gelingt, in der Vielfalt der kirchlichen Gegenwart ihren Platz zu finden, kann nun in Ruhe abgewartet werden; ihre historische Aufgabe jedenfalls ist abgeschlossen.“

Auch dieses Zitat ließt sich im Kontext anders:

Mit diesem Nein zu einem für die Kirche hochgefährlichen Zerfallsprozess ist Lefebvre in die Kirchengeschichte eingegangen. Kraft gab ihm ein nur in Frankreich zu findendes Milieu katholischer Laien, die ihre Weltsicht im Kampf gegen den aggressiven republikanischen Laizismus erworben hatten. Das war die Tragik Lefebvres und seiner Bewegung: Sie retteten die alte Liturgie, aber sie verknüpften sie mit allem Parteienstreit der neueren französischen Geschichte. Die einzige Zuflucht, die die überlieferte Liturgie gefunden hatte, drohte ihr Gefängnis zu werden. Aus diesem Gefängnis hat Papst Benedikt sie schon mit seinem Motu proprio befreit und sie mit ihrem universellen Anspruch der ganzen Kirche zurückgegeben.

Aber musste er nicht auch gegenüber der Piusbruderschaft ein Gefühl der Verpflichtung empfinden, ein Gefühl, dass sie mit all ihren Makeln zu einem Instrument geworden war, um das Sanctissimum der Kirche über eine Krisenzeit zu bewahren? Ob es der Piusbruderschaft gelingt, in der Vielfalt der kirchlichen Gegenwart ihren Platz zu finden, kann nun in Ruhe abgewartet werden; ihre historische Aufgabe jedenfalls ist abgeschlossen.

Interessant übrigens auch die Lesermeinungen zu Geyers Kommentar.

Schreibe einen Kommentar

Kommentar

26 Kommentare

  1. Ich bin von der FAZ, die ich seit Schulzeiten abonniert habe, ohnehin maßlos enttäuscht. Bis auf den (halben) Lichtblick Fischer Polemik der schlimmsten Sorte. Bislang waren mir nur Bahners und Schümer unangenehm aufgefallen, aber mit Deckers und Geyer noch dazu wird es mir langsam zu viel. Was ich in all diesen Kommentaren so frappierend finde, ist, was Prof. Windisch heute sehr treffend auf kath.net sagt: „Wohl aber muß es in bezug auf den Zustand der Christenheit in Deutschland nachdenklich stimmen, dass die Aufhebung einer Exkommunikation nicht mehr mit dem vor allem in der evangelischen Kirche betonten theologischen Gedanken der Voraussetzungslosigkeit von Gnade in Verbindung gebracht werden kann.“
    Und noch etwas, was mich schon die ganze Zeit bei der Terminologie stört: Seit wann ist es eigentlich akzeptabel, in Publikationen, die ein gewisses Niveau für sich in Anspruch nehmen, durchgehend flapsig-umgangssprachlich von „Piusbrüdern“ zu sprechen? Vielleicht sollte man von den vier Herren der FAZ auch nur als den „FAZ-Brüdern“ sprechen.

  2. Bahners, Geyer und Deckers sind auch mir in den letzten Wochen negativ aufgefallen. Nach einem anfänglichen Ausfall hat immerhin Fischer die Kurve noch bekommen. Der ausdrückliche Nicht-Katholik Fuhrmann hat da noch den ausgewogensten Kommentar verfasst. Anscheinend bekommen vor allem Katholiken Pickel, wenn sie es mit der katholischen Tradition zu tun bekommen.

  3. Tiberius:

    Genau! Hefty, den ich ohnehin sehr schätze, hatte ebenfalls einen ziemlich guten Kommentar. (Identitäts-)Probleme scheinen also eher die „professionellen Katholiken“ zu haben – vielleicht ein Fall von déformation professionelle?

  4. Wes Geistes Kind die Piusbrüder sind: Der heilliggesprochene Papst Pius X http://tinyurl.com/bybrld

    Die Gegenüberstellung der beiden Kommentare aus SPIEGEL und FAZ finde ich interessant und lesenswert. Besser jedenfalls als den Generalverdacht, dass der SPIEGEL. wenn er über kirchliche Themen schreibt, nur „spiegeltypisch wirr“ schreiben kann. Ich persönlich würde jedenfalls, wenn mich die Äußerungen des SPIEGELS (nur als Beispiel, könnte auch jedwede andere Publikation sein) a priori störten, diese wohl eher nicht lesen. Und es fällt mir, ehrlich gesagt, schwer, in Pauschalaussagen (wie etwa hinsichtlich der Titelgeschichte des SPIEGELS der letzten Woche) etwas anderes zu sehen als primitive Rundumschläge. Das passt auch nicht zu den sonst für gewöhnlich differenzierten Äußerungen hier im Weblog.

  5. Die Lesermeinungen zu Geyers Kommentar finde ich eher ärgerlich, zielen sie doch weniger auf eine Kritik an seinem Kommentar als eine Kritik an seiner Gesinnung (allerdings sehr pauschal und oberflächlich). Damit haben die Kommentatoren sich um einen Erkenntnisgewinn (für sich und andere) gebracht, um das mal vorsichtig zu formulieren.

  6. @mf:

    Nach allem, was ich bisher in diesem Blog geäußert habe, bin ich wohl einigermaßen unverdächtig, als tumber ultramontaner Eiferer vom Dienst vom Leder zu ziehen. Dennoch: Ihre positive Einschätzung des Geyer’schen Artikels ist für mich einfach nicht nachvollziehbar.

    Hier wird geradezu mit Perfidie versucht, Mosebach als weltfremden Sonderling („ersichtlich schon kein Erdenbürger mehr“) abzutun, der in seiner Begeisterung für tridentinisches Brimborium verkennt, was die FSSPX-ler doch nicht für schreckliche Brüder wären. Und genau das hervorzuheben, ist Geyer kein Untergriff zu tief:

    Mit keinem Wort gewichtet Mosebach, dass die Piusbruderschaft seit Jahren schon und nach wie vor programmatisch gegen das Zweite Vatikanische Konzil hetzt – gegen dasselbe Konzil der Religionsfreiheit und Aussöhnung mit dem Judentum also, auf das die Piusbrüder mit der Aufhebung der Exkommunikation verpflichtet werden sollen.

    Presserechtlich geschickt formuliert, keine Frage! Es wird ja nicht gesagt, daß der völlig verhatschte Syllogismus
    1.) FSSPX hetzt gegen Vaticanum II,
    2.) Vaticanum II wollte Versöhnung mit dem Judentum,
    daher: FSSPX hetzt gegen das Judentum!

    zutrifft, nur entsteht im Leser genau dieser Eindruck. Und daß dieser Eindruck — da soll Geyer uns doch nichts vormachen! — entsteht, das ist wohlkalkuliert. Denn wenn man jamanden in Deutschland plattmachen kann, dann gerade mit diesem Argument. So weit, so ungut …

    Nicht anders ist es mit der — sicherheitshalber gleich als ohnehin „in die Augen stechend“ gegen etwaige Kritik oder auch nur Nachfrage immunisierten — Unterstellung:

    Hier klärt der Autor selbst über das entscheidende Kriterium auf, an dem sich die Rücknahme einer Exkommunikation zu messen hat: die Aufrichtigkeit des Begehrens, der Kirche rechtsgültig wieder eingegliedert zu werden. Es ist doch nun aber gerade die mangelnde Aufrichtigkeit, die im vorliegenden Fall ins Auge sticht und das eigentliche Thema darstellt.

    Woher weiß er das? Kann einer, der die Tötungsart und den Umfang der Judenmorde im 3. Reich bezweifelt, kein Katholik sein wollen? Ist es mittlerweile ein dogmatisierter Glaubenssatz ebendieser Kirche, daß es sich um mindestens 6 Millionen und um Vergasungen gehandelt habe? Ist Zweifel daran bereits Häresie?

    Vollends unerträglich wird das alles, wenn es (da es ja ohnehin „in die Augen sticht“) auch noch gleich gegen die drei anderen Bischöfe, die kein solches Interview gegeben haben, mitgeurteilt wird. Und am besten auch gleich noch für alle Priester der FSSPX, und zum D’rüberstreuen auch noch für die Laien, die den Messen dieser Priester teilnehmen.

    Polemisch nachgefragt: hat auch jemand, der einem solche dubiose Messen besuchenden Laien eine Zeitung verkauft oder mit ihm das Büro teilt, zu befürchten, von dieser grausigen mentalen Infektion angesteckt zu werden? Sind mittlerweile auch schon alle Orte, an denen sich einer dieser Quarantäne-Fälle unlängst aufgehalten hat, verseucht?

    Und erklären Sie uns doch, bitte: worin soll also eigentlich der „Erkenntnisgewinn“ bestehen, um den die Kommentatoren sich gebracht hätten, indem sie Geyers „Argumentation“ mehr oder weniger als das bezeichneten, was sie letztlich ist: als schäbige Demagogie …

  7. @LePenseur: gestatten Sie mir die Anmerkung, dass ich leider noch keine Zeit hatte, den Kommentar von Geyer zu lesen. Das werde ich heute noch nachholen und mir dann Ihre Bemerkungen zu Gemüte führen. Ich habe auch keinesfalls Herrn Geyers Gesinnung verteidigt (oder gar verteidigen wollen), da ich diesbezüglich mir noch keine Meinung bilden konnte.

    Ich bezog mich lediglich auf die Art und Weise der Kommentare zum FAZ-Kommentar, danke Ihnen für Ihre Äußerungen und Sie werden wieder – kommentarweise, und dann hoffentlich auch konkreter – von mir lesen.

    Einstweilen bitte ich Sie für das Missverständnis um Verzeihung. Besten Dank!

  8. Nachdem ich – zumindest bei LePenseur – wohl für einige Verwirrung gesorgt habe, möchte ich nun gerne nach der Lektüre von Martin Mosebachs Essay einerseits als auch Christian Geyer andererseits eine Antwort versuchen.

    In der Tat finde ich die Betrachtung der Causa Williamson unter liturgischer Perspektive lehrreich. Aber, und darauf zielt ja Geyer ab, wenn es Gründe für die Exkommunikation gab, sind diese wohl nicht so einfach zu ignorieren. Ich verstehe ja, wenn die Ergebnisse des 2. Vatikanischen Konzils als auslegungsbedürftig bezeichnet werden, ob sie widersprüchlich sind, kann ich selbst nicht beurteilen, aber es sind nun mal wichtige Ergebnisse – und ich habe den Eindruck, dass man als katholischer Christ nicht wählen kann zwischen Vaticanum I und II. Sicher, man kann die Ergebnisse kritisch hinterfragen (und das sollte man auch), aber mir fehlt wirklich das Verständnis, warum der damalige Stein des Anstoßes – die Weihe der vier Piusbrüder zu Bischöfen – nun keine Rolle mehr spielen soll. Dabei spielt nun keine Rolle, wie ich persönlich zum Thema Exkommunikation stehe.

    Die Äußerungen zum Holocaust sind zwar schlimm, aber sie sind eben gerade kein Kriterium im kirchenrechtlichen Sinne, um zu beurteilen, ob die Exkommunikation oder deren Rücknahme rechtens war. Deswegen können diese Äußerungen auch nicht als Häresie gelten – man mag sich fragen, wes Geistes Kind dieser Bruder Williamson ist, aber das gehört nicht hierher. Kann sein, dass manche Leser diesen Unterschied nicht kennen und deshalb der Eindruck des von Ihnen angeführten „verhatschten Syllogismus“ entstehen mag. Aber das ist nichts weiter als eine Vermutung, für die ich beim besten Willen keinerlei Anhaltspunkte finden kann.

    Es mag schlechter Stil sein, Martin Mosebach als weltfremden Sonderling hinzustellen, wie es Christian Geyer getan hat. Meinetwegen auch respektlos, ja. Es ist Herrn Geyers persönliche Meinung, die er in der FAZ geäußert hat, die man sich zu eigen machen kann oder aber auch nicht.

    Nach dem, was ich gehört und gelesen habe, handelt es sich bei FSSPX um eine Gruppierung, die selbst einen eigenen, aus ihrer Sicht „katholischen“ Weg gehen wollten und wollen – also gewissermaßen vergleichbar mit einer Sekte (auch wenn Sie das wohl nicht gerne lesen). In diesem Sinn ist wohl auch die „mangelnde Aufrichtigkeit“ zu verstehen, von der Christian Geyer schreibt. Nach Mosebachs Logik müsste man dann auch Hans Küng und andere Theologen zurück in die Kirche holen wollen. Leider kann ich da keinerlei Impulse feststellen.

    Wo, bitteschön, werden andere Bischöfe dieser Gemeinschaft oder Teilnehmer an deren Messen mitverurteilt? Vielleicht können Sie dies noch etwas genauer – am Text – ausführen. Ansonsten habe ich leider den Eindruck, dass Sie hier etwas hineinlesen, was einfach nicht im Kommentar enthalten ist.

    Warum nur haben Sie es nötig, mit der Keule den Kommentar Geyers als „blinde Demagogie“ zu bezeichnen? Auch das, verzeihen Sie mir die Anmerkung, empfinde ich nicht gerade als respektvoll. Der Erkenntnisgewinn hätte dann passieren können, wenn sich die Kommentatoren des FAZ-Artikels die Mühe gemacht hätten, differenziert zu argumentieren, anstatt herumzupöbeln (so empfinde ich das zumindest). Schade.

  9. Die Causa Küng liegt deutlich anders. Küng ist weder Bischof noch exkommuniziert. Ihm wurde die Missio canonica entzogen, aber er ist bis heute nicht von seinem Priesteramt suspendiert worden. Nach meiner Kenntnis hat er das Gesprächsangebot des damaligen Präfekten der Glaubenskongretation stets abgelehnt und eine Audienz beim Papst verlangt, die ihm erst gewährt wurde, als der frühere Präfekt zum Papst gewählt worden war.

    Es gibt Stimmen, die Küng der Häresie bezichtigen, was bedeuten würde, dass er sich die Tatstrafe der Exkommunikation zugezogen hätte. Doch haben die zuständigen Autoritäten dies niemals formal festgestellt. Küng ist also in der Kirche, deshalb kann man ihn nicht zurückholen. Seine Lehrerlaubnis braucht er als Emeritus schon länger nicht mehr. Er hat nach meiner Kenntnis auch niemals darum gebeten.

    Die gewünschte Audienz hingegen hat er schon 2005 erhalten. Welche weiteren Impulse, ihn zurückzuholen, könnte es noch geben? Küng muss klar sein, dass jedes geregelte Verfahren in der Kirche nicht zu seinen Gunsten verlaufen könnte. Als profilierter Papstkritiker ohne Lehrerlaubnis, aber mit Professorenpension, Priesteramt und Prominentenstatus hat er die für ihn günstigste Position.

    Die Weihe der vier Bischöfe hat zur Exkommunikation geführt. Diese kann nur der Papst aufheben, auf die Bitte der Exkommunizierten. Genau dies ist nun geschehen. Wegen der unerlaubten Weihe können die Bischöfe nun nicht erneut exkommuniziert werden. Und warum sollten sie? Der Sinn der Aufhebung ist ja die Versöhnung und die Vermeidung eines unnötigen Schismas.

  10. Ich habe den Mosebach-Artikel (und Geyers Replik) ob der Spiegelschen Veröffentlichungsweise noch nicht gelesen, daher kann ich dazu noch nichts sagen.

    Aber eines, LP, kann so nicht stehen bleiben:

    „Presserechtlich geschickt formuliert, keine Frage! Es wird ja nicht gesagt, daß der völlig verhatschte Syllogismus
    1.) FSSPX hetzt gegen Vaticanum II,
    2.) Vaticanum II wollte Versöhnung mit dem Judentum,
    daher: FSSPX hetzt gegen das Judentum!
    zutrifft, nur entsteht im Leser genau dieser Eindruck. Und daß dieser Eindruck — da soll Geyer uns doch nichts vormachen! — entsteht, das ist wohlkalkuliert. Denn wenn man jamanden in Deutschland plattmachen kann, dann gerade mit diesem Argument. So weit, so ungut …“

    Sicher kann man in Deutschland damit jemanden plattmachen und sollte es nicht zutreffen, wäre es perfide.

    Nur, die Sache ist: es stimmt ja. Ja, die SSPX hetzt (nicht immer, aber doch hin und wieder) gegen das Judentum.

  11. @mf:
    Sie verzeihen, daß ich präzisiere: ich sprach nicht von „blinder“, sondern von „schäbiger“ Demagogie. Und diese Schäbigkeit kommt in folgendem Zitat klar zur Geltung:

    Mit keinem Wort fällt bei Mosebach ins Gewicht, dass die Rücknahme des Kirchenbanns auf nichts als das Prinzip Hoffnung gegründet ist – einer blinden Hoffnung, wie Pokerface Williamson stellvertretend für seine Bruderschaft hohnlächelt …

    Da lese nicht ich hinein, sondern da steht ganz unverblümt, daß williamson „stellvertretend für seine Bruderschaft hohnlächelt“. Und ebenso wird in der Passage:

    Hier klärt der Autor selbst über das entscheidende Kriterium auf, an dem sich die Rücknahme einer Exkommunikation zu messen hat: die Aufrichtigkeit des Begehrens, der Kirche rechtsgültig wieder eingegliedert zu werden. Es ist doch nun aber gerade die mangelnde Aufrichtigkeit, die im vorliegenden Fall ins Auge sticht und das eigentliche Thema darstellt. Ein Thema, das Mosebach in seiner Einlassung zum Verschwinden bringen möchte.

    gleich mehrfach demagogisch argumentiert. Sie gestatten, daß ich es aufdrösle:
    1. unterschwellig ist „die mangelnde Aufrichtigkeit, die im vorliegenden Fall ins Auge sticht“ nicht nur auf Williamson bezogen, sondern auch auf die anderen ehemals Exkommunizierten. Wie, bitteschön, außer durch die Gabe der Herzenssicht bzw. des Gedankenlesens will Geyer das feststellen (noch dazu nicht bloß vermutend, sondern als ins Auge stechend)?
    2. wird damit Mosebach unterstellt, daß er dieses Kriteríum „in seiner Einlassung zum Verschwinden bringen möchte“. Geyer unterstellt Mosebach damit die bewußte („möchte“) Fehldarstellung, indem er nämlich „das entscheidende Kriterium“, nämlich die „mangelnde Aufrichtigkeit“, die Geyer nur suggestiv behauptet, ohne sie auch nur im Ansatz zu beweisen (!), camoufliert.

    Ich weiß nicht, wie Sie eine solche Darstellung, die mit suggestiven Behauptungen und unbewiesenen Unterstellungen arbeitet, bezeichnen. Ich nenne so etwas Demagogie, und scheue mich auch nicht, es näherhin als „schäbig“ zu bezeichnen, wenn damit ein integerer Mensch wie Mosebach angepatzt werden soll.

    P.S.: die von Ihnen hinterfragte Passage mit den Meßbesuchern habe ich durch die Einleitung „Polemisch nachgefragt: …“ eindeutig als Polemik gekennzeichnet! M.a.w.: ein Stilmittel, einen Sachverhalt durch Überzeichnung deutlichzumachen. Und eines, das durch seine deutliche Kennzeichnung wohl zulässig ist, denke ich …

  12. „Woher weiß er das? Kann einer, der die Tötungsart und den Umfang der Judenmorde im 3. Reich bezweifelt, kein Katholik sein wollen?“

    Natürlich könnte er. Nur ist mir nicht ersichtlich, daß dieser Zusammenhang hier hergestellt wird (außer von ihnen).

    Sicher will RW katholisch sein! Nur was heißt das denn? Will er katholisch sein wie alle anderen auch, in Treue zu Papst und allen Konzilien – mithing katholisch katholisch – oder will er katholisch sein, solange er nur bestimmen kann was das heißt – mithin protestantisch katholisch.

    Mithin wäre folgender Satz gegenstandslos, aber dennoch:

    „Ist es mittlerweile ein dogmatisierter Glaubenssatz ebendieser Kirche, daß es sich um mindestens 6 Millionen und um Vergasungen gehandelt habe? Ist Zweifel daran bereits Häresie?“

    Nein, nur ist Häresie nicht alles!

    Er hat auch nicht nur mal kurz eine Methode bezweifelt und die Zahlen etwas korrigiert – so etwas kann jeder – er hat 96% der Toten geleugnet, damit auf ihr (nichtvorhandenes) Grab gespuckt. Und dies alles ja nicht aus entschuldbarer Unwissenheit sondern aus Haß gegenüber den Juden. (Im Schwedeninterview kommt das nicht so raus, in seinen kanadischen Aussagen schon).

    „Vollends unerträglich wird das alles, wenn es (da es ja ohnehin “in die Augen sticht”) auch noch gleich gegen die drei anderen Bischöfe, die kein solches Interview gegeben haben, mitgeurteilt wird.“

    Nur wenn man diesen Antisemitsmus oder Holocaustleugnerei vorwürfe. Die Glaubensfragen jedoch betreffen grundsätzlich mal alle. Natürlich unterscheiden sich die vier, nur als einer mir persönlich bekannten Quelle weiß ich: Fellay (und Schmidberger) sind eher an einer Aussöhnung interessiert (was nicht heißt, das sie schon die theologischen Voraussetzungen erfüllt haben – bei Fellay ist da auch viel diplomatischer Opportunismus dabei – siehe die Causa Williamson), Tissier und Williamson dagegen nicht. Galaterra schweigt, liegt aber auf Tissiers Linie.

    „Polemisch nachgefragt: hat auch jemand, der einem solche dubiose Messen besuchenden Laien eine Zeitung verkauft oder mit ihm das Büro teilt, zu befürchten, von dieser grausigen mentalen Infektion angesteckt zu werden? Sind mittlerweile auch schon alle Orte, an denen sich einer dieser Quarantäne-Fälle unlängst aufgehalten hat, verseucht?“

    Jetzt hängen Sie aber ihren eigenen Phantasien nach, LP.

  13. MR,

    „Die Weihe der vier Bischöfe hat zur Exkommunikation geführt. Diese kann nur der Papst aufheben, auf die Bitte der Exkommunizierten. Genau dies ist nun geschehen. Wegen der unerlaubten Weihe können die Bischöfe nun nicht erneut exkommuniziert werden. Und warum sollten sie? Der Sinn der Aufhebung ist ja die Versöhnung und die Vermeidung eines unnötigen Schismas.“

    Es könnte aber sehr wohl eine Exkommunikation erfolgen, sollten die vier im Schisma verharren.

  14. LP,

    Es kann ja wohl nicht um Beweise gehen! Aber seine Schlußfolgerung aus Auftreten und Verhalten kann man dennoch ziehen.

    Und die Äußerungen von Williamson (jetzt nicht das Interview und die Holocaustleugnung) und Tissier lassen da nicht viel Hoffnung, daß sie eine Aussöhnung (außer unter eigenen Bedingungen) wirklich wollen. Da der Bittbrief aber in ihrem Namen war, kann man von Unaufrichtigkeit sprechen.

    Galaterra schweigt, daher kann man da nichts sagen.

    Und Fellay? Bei ihm war der Brief wohl aufrichtig – unaufrichtig dagegen ist sein Auftreten in der Causa Williamson. Zuerst ist es nur eine Privatmeinung, die ihn und die SSPX nicht betrifft, später distanziert er sich davon, behauptet aber, er habe nicht gewußt, was RW so denkt. Und das nach 21 Jahren gemeinsamer Bischofstätigkeit. Das glaube wer will, ich nicht.

    „die von Ihnen hinterfragte Passage mit den Meßbesuchern habe ich durch die Einleitung “Polemisch nachgefragt: …” eindeutig als Polemik gekennzeichnet! M.a.w.: ein Stilmittel, einen Sachverhalt durch Überzeichnung deutlichzumachen. Und eines, das durch seine deutliche Kennzeichnung wohl zulässig ist, denke ich …“

    Sprich, Sie sind kein Deut besser als Herr Geyer.

  15. @str1977:

    Aber seine Schlußfolgerung aus Auftreten und Verhalten kann man dennoch ziehen.

    Aha. Weil Herr W. sagt, daß seines Erachtens 300.000 … (lassen wir’s — ich will mich nicht schon durch die bloße Zitation strafbar machen. Was weiß man, was einem pflichteifrigen deutschen Staatsanwalt nicht alles einfällt …), sind auch die Herren F, G, und T (die das nicht gesagt haben) schuldig. Toll!

    Sprich, Sie sind kein Deut besser als Herr Geyer.

    Wir sind selbstredend allesamt Sünder — das meinten sie doch sicherlich, oder? Darüberhinaus: Herr Geyer hat seine Polemik eben genau nicht als polemische Überzeichnung gekennzeichnet, sodaß zumindest der Eindruck entstehen konnte, er meine das nicht polemisch überzeichnet, sondern eben so, wie er es hinschrieb. Ich las soeben den Artikel nochmals: für mich ist es völlig klar, daß er das, was der Autor meint, wiedergibt und keineswegs mit dme Stilmittel der Übertreibung arbeitet.

    Fazir: ich mag um keinen Deut besser sein als Herr G. (überlassen wir diese Beurteilung doch dem Ratschluß Gottes), aber ich kennzeichne wenigstens meine Polemik als solche. Das ist zwar nicht viel, aber immerhin etwas auf dem Wege zur sittlichen Vervollkommnung …

  16. LP,

    „(lassen wir’s — ich will mich nicht schon durch die bloße Zitation strafbar machen. Was weiß man, was einem pflichteifrigen deutschen Staatsanwalt nicht alles einfällt …)“

    Seien Sie doch nicht albern. Besagter Staatsanwalt müßte dann erstmal beim Spiegel und bei kath.net vorstellig werden. Übrigens sind sie doch in Österreich? Lassen Sie mal ihren Häretikerkomplex beiseite.

    „Aha. Weil Herr W. sagt, daß seines Erachtens 300.000 … […], sind auch die Herren F, G, und T (die das nicht gesagt haben) schuldig. Toll!“

    Absolut nicht.

    Nur haben die Herren Tissier und Fellay (und Galaterra wohl in Predigten) auch alle etwas gesagt. Sie mögen auf das Holocaustthema fixiert sein, nur geht es bei der Aussöhnung mit der SSPX, bei der Überwindung des Schismas eben nicht primär darum, sondern um Glaubensfragen. Und diesem Fall um die Aufrichtigkeit, die sich aus Aussagen dieser Bischöfe ergibt.

    Die Williamson’sche Holocaustleugnung ist quasi nur das Sahnehäubchen obendrauf. (Und nein, RW ist definitiv nicht der einzige Antisemit innerhalb der SSPX.)

    „Wir sind selbstredend allesamt Sünder — das meinten sie doch sicherlich, oder?“

    Nein, dafür verbrauche ich normalerweise kein virtuelle Tinte.

    „Darüberhinaus: Herr Geyer hat seine Polemik eben genau nicht als polemische Überzeichnung gekennzeichnet, …“

    Tut mir leid, aber ich akzeptiere die Logik nicht, daß wenn man es nur vorher sagt, daß dann andere Benimmregeln gelten.

  17. @str1977:
    1. Geyer bezieht sich aber nicht auf irgendwelche Predigten von F, G und T —sondern darauf, daß „… Pokerface Williamson stellvertretend für seine Bruderschaft hohnlächelt“.

    2. Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich sage: „Williamson ist daher ein Nazi“, oder ob ich sage: „Polemisch nachgefragt: Williamson ist daher ein Nazi“

  18. LP,

    1. Das ist mir (in diesem Moment) egal worauf Geyer sich bezieht. Ich habe MEINE Meinung gesagt und Sie haben auf diese reagiert.

    2. Nein, das ist kaum ein Unterschied. In beiden Fällen wäre es eine üble Verleumdung. Übrigens Fragen erkennt man an Intonation und Worstellung. In der deutschen Sprach ist „X ist Y“ keine Frage sondern eine Feststellung.

  19. @str197:

    ad 1.) Bitte entscheiden Sie sich, ob Sie nun Geyers Einlassungen verteidigen wollen, oder die Ihren.

    ad 2.) Sorry, aber der Unterschied, ob ich einen Satz als Meinungsäußerung tätige, oder ob ich dabeiu mit dem (als solchen sicherheitshalber gekenntzeichneten!) Stilmittel der Hyperbel arbeite, ist evident! Fragen Sie dazu, bitte, einen Germanisten Ihres Vertrauens …

  20. LP,

    1. Wo habe ich jemals Herrn Geyer verteidigt. Wie käme ich dazu, wo ich doch gerade erst Mosebach und dann Geyer lese.

    2. Meinungsäußerung ist es so oder so! Übertreibung ist es so oder so! Von Germanisten und ihren Stilmitteln halte ich mich lieber fern. Die mag man einsetzen, nur hängt das nicht daran, ob man das vorher ankündigt. Und andersrum wird es nicht dadurch okay, daß man es ankündigt.

  21. Habe den Mosebach-Essay nun gelesen und kann seinen Ausführungen größtenteils zuzustimmen.

    Stören tut mich (außer der Überschrift, denn Papst „muß“ gar nichts tun), nur seine Darstellung der SSPX als verfolgte Widerstandskämpfer, die in Garagen zelebrierten und die einzige Hoffnung der „alten Messe“ waren. Da hätte man erstens zwischen der Zeit vor und nach 1988 bzw. vor und nach 1978 (Papst Johannes Paul II) differenzieren müssen, andererseits berücksichtigen müssen, daß die SSPX ja bei weitem nicht die einzige Traditionalistengruppe war (von denen manche nie ins Schisma gingen). Lefebrve war auch nicht „der einzige Bischof“ (einen zweiten, Castro Meyer von Campos, hat er ja 1988 mit ins Schisma gezogen. Sein Nachfolger ist schon länger zurückgekehrt.)

    Insbesondere was er zum Ultramontanen und seiner grundlegenden Bedeutung für die europäische Freiheit sagt, stimmt voll und ganz.

    Geyers Ausführungen dagegen sind eher fragwürdig: wie könnte man denn den Bogen Gottes überspannen? Von einem „Dummstellen im Namen Gottes“ spricht ja Mosebach nicht, eher von einem Aufbrechen der völligen Zeitverhaftetheit (im Sinne Chestertons) – von einer völligen Lösung von der eigenen Zeit sprechen weder MM noch GKC.

    Unbedingten Gehorsam gegenüber dem Zeitgeist leisten eher die „Liberalen“ und auch die SSPX, nur daß letztere dem Geist von 1910 oder 1880 verpflichtet ist, was es aber um keinen Deut besser macht.

    In einem Punkt hat Geyer teilweise Recht, wenn er MM widerspricht, der sagt: „die Aufhebung dieser Exkommunikation kann ihm nicht verwehrt werden, wenn er aufrichtig begehrt, zu dieser Einheit zurückzukehren.“ Ja, das wäre so, nur ist dieser Fall ja bisher nicht eingetreten. Es zählen ja nicht Worte sondern Taten.

    Aber Geyer tut MM Unrecht, wenn er behauptet, daß [dieser „die Piusbruderschaft im Grunde nur aus liturgischer Perspektive beobachtet: Sie hat den tridentinischen Ritus gerettet; das war ihre historische Aufgabe“. Das sieht MM zwar so (und auch etwas einseitig, wie bereits von mir kritisiert), doch erwähnt er ausdrücklich die Wagenburgmentalität der SSPX und deren Verbindung mit der französischen Rechten.

  22. Und da auch die Lesermeinungen ein Thema waren (und es ja nur drei sind).

    Lesenswert sind sie allesamt nicht (was aber bei Lesermeinungen auch nicht überrascht), doch ärgerlich ist nur jener, der „Geyer, der Großinquisitor“ betitelt ist.

    „Wenn die Kirche jeden exkommunizieren würde, der gegen Teillehren irgendeines Konzils angeht, dann wären die Kirchenbänke leer.“

    Das ist bestenfalls Cafeteria-Katholizismus, denn ein Gläubiger kann sich nicht raussuchen, was er von Konzilien (und es ist nicht irgendeines sondern immerhin ein Ökumenisches Konzil) glauben WILL und was nicht.

  23. Ein Vorredner bemerkte:

    “Sicher kann man in Deutschland damit jemanden plattmachen und sollte es nicht zutreffen, wäre es perfide. Nur, die Sache ist: es stimmt ja. Ja, die SSPX hetzt (nicht immer, aber doch hin und wieder) gegen das Judentum.”

    Das ist doch eine sehr schiefe Verallgemeinerung, die auch nicht durch die einschränkende Parenthese angemessener wird.

    Der Zusammenhang, wie solche (mittlerweile hinlänglich beschworenen) Einstellungen unter der Piusbruderschaft Einfluss gewinnen konnten, ist von Mosebach gut analysiert worden:

    “Die Piusbruderschaft wurde [von der Kirche] perfekt abgeschottet; an den Diskussionen der diskussionsfreudigen nachkonziliaren Kirche durfte sie nicht mehr teilnehmen; die jungen Priester zelebrierten die überlieferte lateinische Messe in Kellern und Garagen. Man könnte sagen: Die Bruderschaft baute Wagenburgen, aber um diese Wagenburgen gähnte die Leere – niemand kümmerte sich um sie. Jeder Soziologe weiß, wie es sehr bald um die geistige Verfassung kleiner von der Reibung an der Realität abgeschnittener Oppositionsgruppen bestellt ist. Dass die Gruppe gefährdet war, hätte für einen verantwortungsvollen Priester genügt, sich um sie zu kümmern.”

    Ich halte die Absicht, die weitaus überwiegende Mehrheit der Harmlosen in dieser Gemeinschaft von den mittlerweile Radikalisierten zu schützen und wieder der Auseinandersetzung mit normalen Katholiken zuzuführen, für das wahrscheinlichste Motiv, dass die Exkommunikation zurückgenommen worden ist.

    Soweit der Papst überhaupt Entscheidungsspielraum hatte, denn ein Exkommunizierter hat einen *Rechtsanspruch* darauf, wieder zu den Sakramenten zugelassen zu werden, sobald der Anlass für die Exkommunikation beseitigt ist. Dies war bereits das vierte Mal, dass der Papst von den vier Piusbruderschafts-Bischöfen um Wiederaufnahme gebeten worden war. Eine Ablehnung hätte dann eine endgültige sein müssen, mit der Verantwortung, dass diese sich selber überlassende Gemeinschaft erst recht radikalisiert würde.

    Als die eigentliche Gefahr kann man die Abgeschlossenheit der Gemeinschaft deshalb identifizieren, weil diese Menschen ja nicht als Auschwitzleugner und Antisemiten angefangen haben.

    Ihr erster Bischof, Lefebvre, war mit beinahe absoluter Sicherheit kein Antisemit: dessen eigener Vater war ins KZ deportiert und umgebracht worden, u.a., weil er Juden geholfen hatte.

    Ansonsten bin ich verblüfft, zu welchen seltsamen Manipulationen der SPIEGEL am 9.2. gegriffen hat, um den beachtlichen Essay von Mosebach zwar aufzunehmen, dabei aber trotzdem so stark in den Hintergrund zu drängen und in ein schiefes Licht zu rücken wie es die Bebilderung, die Überschriftenredaktion, die Textanordnung und das Layout nur eben hergaben, und mit welcher Hysterie nun auch noch in der FAZ darüber berichtet wird, namentlich von diesem merkwürdigen Geyer, der Mosebach nun wirklich das Wort im Munde herumdreht und den Essay fälschlich auf einige streitige Punkte reduziert.
    Es wäre besser, sich den bloßen Text des Artikels von all solchen Einflüssen unverfälscht zu Gemüte zu führen, wie schon erwähnt worden ist, er ist hier zu finden:: http://www.kath.net/detail.php?id=22132

    Provinizialismus erkennt man nicht nur daran, dass in der Provinz nichts Großes geleistet wird, sondern auch daran, dass die Provinzler etwas Gutes und Großes nicht zu erkennen vermögen, bzw es nach Kräften zu verkleinern trachten. Mosebachs Artikel ist hoch informativ. Die unfasslichen Missverständnisse (oder auch kulturkämpferischen Verfälschungen), die um den Fall schweben, können sich an den von ihm vermittelten Informationen brechen. Das gilt auch dann, wenn man seiner Conclusio über den Ultramontanismus und seiner enorm hohen Einschätzung des tridentinischen Liturgie *nicht* beipflichtet.

    Der Artikel erschien fast unmittelbar nach seiner SPIEGEL-„Veröffentlichung” auf mehreren amerikanischen Blogs in akzeptabler englischer Übersetzung. Wie auch dort geurteilt wird, war er geradezu eine Erholung von der sonstigen Hysterie, die in Deutschland bzw auch im SPIEGEL über diesen Gnadenakt des Papstes verbreitet wird.—Vgl zB hier:

    http://hughofcluny.blogspot.com/2009/02/body-of-church.html

  24. Etwas spät, da immerhin schon über zehn Tage her, aber vielleicht auch lesenswert der Artikel in der FAZ im Nachklang zum päpstlichen Brief, in welchem von einem dramatischen Autoritätsverlust des Papstes die Rede ist. Dies wiederum kann und will ich nicht bewerten, weil es zunächst einmal eine Hypothese darstellt, deren Gültigkeit sich erst im Laufe der Zeit erweisen wird – oder auch nicht.