in Evangelium vitae, Politica

I don’t believe in Obama

Das Messiashafte an der politischen Inszenierung des demokratischen Präsidentschaftskandidaten ging mir schon auf die Nerven, als Barack Obama noch gegen Hillary Clinton kämpfte. Auch Obama ist nur ein Politiker, und ein fehlbarer noch dazu. Zu den Fehlleistungen gehört die flapsige Antwort auf die in amerikanischen Wahlkämpfen eminent wichtige Frage, ab wann ein Baby Menschenrechte habe:

Whether you are looking at it from a theological perspective or a scientific perspective, answering that question with specificity is, you know, above my pay grade.

Über seiner Besoldungsklasse? Aha. Nancy Pelosi, demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses und Katholikin, legt sich zur gleichen Frage mit bis jetzt 27 Bischöfen an, als sie behauptet, das könne niemand sagen, die katholische Kirche diskutiere darüber seit Jahrhunderten.

I would say that as an ardent, practicing Catholic, this is an issue that I have studied for a long time. And what I know is, over the centuries, the doctors of the church have not been able to make that definition. And Senator–St. Augustine said at three months. We don’t know. The point is, is that it shouldn’t have an impact on the woman’s right to choose. […] I don’t think anybody can tell you when life begins, human life begins. […] So again, over the history of the church, this is an issue of controversy. But it is, it is also true that God has given us, each of us, a free will and a responsibility to answer for our actions. And we want abortions to be safe, rare, and reduce the number of abortions.

Am vergangenen Sonntag hat nun auch Obamas Vize Joe Biden, ebenfalls Katholik, auf die gleiche Frage geantwortet:

I’d say, „Look, I know when it begins for me.“ It’s a personal and private issue. For me, as a Roman Catholic, I’m prepared to accept the teachings of my church. But let me tell you. There are an awful lot of people of great confessional faiths–Protestants, Jews, Muslims and others–who have a different view. They believe in God as strongly as I do. They’re intensely as religious as I am religious. They believe in their faith and they believe in human life, and they have differing views as to when life–I’m prepared as a matter of faith to accept that life begins at the moment of conception. But that is my judgment. For me to impose that judgment on everyone else who is equally and maybe even more devout than I am seems to me is inappropriate in a pluralistic society.

Das sind mir schöne Katholiken.

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Kommentar

  1. Obwohl…die Antwort von Biden ist interessanter und diskussionswürdiger als diese auf sehr schwachen Beinen stehende Ausflucht von Pelosi…. beide beginnen dort zu irren, wo sie den Anfang des Mensch-seins zu einer (privaten) Glaubensfrage erklären,….

  2. @georg:

    Nun, in gewissem Sinne ist die Frage „Ab wann ist ein Mensch“ (also eine Unterfrage der allgemeineren: „Was ist ein Mensch“) auch „nur“ eine Definitionssache — etwa vergleichbar der Definition, was ein Planet ist. Im Unterschied zu Pluto, dem kürzlich per definitionem die Bezeichnung „Planet“ abhandengekommen ist, hat die Definition „Was ist ein Mensch“ allerdings eine von uns unmittelbar und höchst emotionell wahrgenommene Auswirkung (Pluto hingegen wird’s egal sein, ob er ein PLanet ist oder nicht).

    Was nun die Abtreibung betrifft, so ist Biden’s Ansatz, daß andere (also: nicht-christliche) Religionsgemeinschaften die Sache teilweise anders sehen, zutreffend — und das hat in einem sich bewußt als bekenntnisneutral sehenden Staat natürlich Auswirkungen.

    Wenn es daher nicht ausschließlich mit den Mitteln einer rein nicht-metaphysischen philosophischen Ethik gelöst werden kann, bleibt das Problem diesfalls unlösbar, denn ich kann andere in einer solchen Situation ja nicht mit meiner persönlichen Weltsicht „zwangsbeglücken“.

    Nun denke ich durchaus, daß eine solche Lösung ausschließlich unter Anwendung allgemein akzeptierter ethischer Axiome nicht unmöglich ist. Das erfordert aber natürlich in Grenzbereichen (bei Vergewaltigung, schwerster Behinderung des Kindes etc.) einen gewissen „Mut zur Lücke“ (was angesichts der Emotionalität des Problems naturgemäß einen bitteren Nachgeschmack hinterläßt).

    Jedenfalls aber kann ein Politiker eines solchen religiös neutralen Staates eigentlich nur eine Antwort à la Biden geben, oder andernfalls überhaupt zurücktreten (bessergesagt: nicht einmal antreten). Ob das allerdings eine kluge Lösung wäre, erscheint mir doch recht fraglich!

  3. Georg hat ganz Recht.

    LP, Ihre Ausführungen beruhen auf mehrere Mißverständnissen bzw. Sprechblasen

    1. die Frage wäre eine religiöse Frage, die von unterschiedlichen Religionen unterschiedlich beantwortet würde.
    2. die USA wäre ein bekenntnisneutraler Staat (was auch immer das sein soll)

    Tatsächlich ist es nun eine philosophische Frage, die aber rückgekoppelt ist, an naturwissenschaftliche Erkenntnisse. Klar, man kann sich entschließen, das Menschenwürde quatsch ist – das wäre eine konsistente Position. Aber keine die allgemein Akzeptanz fände, von verfassungsrechtlichen Vorgaben mal ganz abgesehen (die in den USA allerdings etwas anders liegen als z.B. in Deutschland). Aber gleichzeitig Menschenrecht hochzuhalten und für Abtreibung einzutreten ist über Heuchelei schon lange hinaus.

    Aber Ihre Ausführungen ließen noch nciht einmal die Philosophie zu, sondern nur eine amputierte Schrumpfphilosophie, wenn Sie schreiben „einer rein nicht-metaphysischen philosophischen Ethik“.

    2. Was ist denn ein bekenntnisneutraler Staat? Ein laizistischer? Das sind die USA nicht.

    Nein, die Verfassung bestimmt nur, daß es weder eine Staatsreligion geben darf, noch daß die freie Religionsausbübung behindern werden darf (genaugenommen nur, daß der Kongress dies nicht durch Gesetzt tun darf, aber lassen wir das mal beiseite).

    Nirgends seht geschrieben, daß religiöse Gründe nicht herangezogen werden dürften. Ein solches Verbot würde ja auch bedeuten, daß Mord erlaubt sein müßte, da ja Religiöse dergleichen ablehnen.

    Erschreckend, LP, finde ich folgenden Satz:

    „Jedenfalls aber kann ein Politiker eines solchen religiös neutralen Staates eigentlich nur eine Antwort à la Biden geben, oder andernfalls überhaupt zurücktreten (bessergesagt: nicht einmal antreten).“

    Das würde nichts weniger bedeuten, als einen totalitär liberalen Staat in dem Gläubigen, die sich nicht dem Staatsdogma unterwerfen, die Bürgerrechte (zumindest das passive Wahlrecht und das Recht zur Ämterübernahme) entzogen wäre. Das ist es genau, was mit der US Verfassung verhindert werden sollte (no religious tests for office). Daß die heutigen US Liberalen das natürlich anders sehen und genau so eine Gesinnungsdiktatur errichtet sehen wollen, ist natürlich wahr.

    „ich kann andere in einer solchen Situation ja nicht mit meiner persönlichen Weltsicht “zwangsbeglücken”.“

    Das wird auch niemand tun. Niemand ist gezwungen irgendeine Gesetzesebgründung zu akzeptieren. Den Gesetzen muß man aber dennoch gehorchen.

    „Nun denke ich durchaus, daß eine solche Lösung ausschließlich unter Anwendung allgemein akzeptierter ethischer Axiome nicht unmöglich ist.“

    Das freut mich dies zu hören. Ich hatte ohnehin den Eindruck, daß oben kritisiertes nicht wirklich Ihre Meinung war.

    Einen „Mut zur Lücke“ in dem von Ihnen beschriebenen Fällen halte ich nicht für nötig oder akzeptable, allerdings für tolerabel.

  4. Ein kleines Beispiel dieser Entrechtung bestimmter Bevölkerungsgruppen gab diesen Morgen auch wieder unser aller Lieblingssendung, „Tag für Tag“. (Der Beitrag ist leider nicht im Downloadbereich erhältlich.)

    Anscheinend wollen einige (oder nur einer?) evangelikale Prediger sich offen für die Wahl von McCain/Palin aussprechen. Anscheinend auch von der Kanzel.

    Nun ist es in den USA Organisationen, die vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt sind und dadurch Steuerfreiheit genießen, sich für oder gegen die Wahl eines bestimmten Kandidaten auszusprechen. Es ist ihnen aber sehr wohl erlaubt, inhaltlichen Kritierien darzulegen. Außerdem handelt es sich nur um eine steuerrechtliche Angelegenheit – die Sanktion ist der Entzug der Steuerfreiheit.

    Was macht der DLF daraus:

    -evangelikale Prediger wollen für McCain werben, obwohl das verboten ist (das ist noch korrekt, wenn auch reichlich pauschal)

    -wollen sich in politische Fragen „einmischen“, was verboten ist (das ist eindeutig Quatsch)

    -was gegen einen Verfassungszusatz verstößt (das ist sehr weit hergeholt – ich habe besagten Zusatz ja bereits oben zitiert. Die Regelung, um die es hier geht ist aber rein steuerrechtlich und hat NICHTS mit Religion zu tun. Auch ein Volleyballverein, der steuerbefreit wäre dürfte nicht zur Wahl eines Kandidaten aufrufen.)

    -es wird zwar mal kurz erwähnt, daß diese Regelung erst seit ca. 50 Jahren besteht. Aber die Aussicht, das der Passus (im Sinne der Meinungsfreiheit) revidiert werden KÖNNTE, wird skandalisiert.

    Ach ja und schließlich führt man noch als Argument an, daß die Wahlempfehlungen ja wohl einseitig ausfallen würden. *Gelächter* Ja, genau da liegt der Hund begraben. Dem DLF paßt es nicht, daß hier jemand sich für McCain anstatt Obama aussprechen könnte.

    Hat sich der DLF jemals darüber echauffiert, wenn (vor allem schwarze) Prediger sich – wenn auch meistens innerhalb der gesetzlichen Vorgaben – für Obama (oder sonst einen Demokraten) ausgesprochen haben?

    Wie war das nochmal im Januar mit Pastor Wright? Komischerweise war das damals nie ein Thema.

    Man bemerkt die Absicht und ist verstimmt.

  5. @str1977:

    Aber Ihre Ausführungen ließen noch nciht einmal die Philosophie zu, sondern nur eine amputierte Schrumpfphilosophie, wenn Sie schreiben “einer rein nicht-metaphysischen philosophischen Ethik”.

    Es ist eine Philosophie des kleinsten gemeinsamen Nenners, würde ich sagen. Sie werden einen metaphysik-skeptischen Agnostiker (und derer gibt es jede Menge in der westlichen Welt) mit noch schon schönen metaphysischen Herleitungen Ihrer Ansichten nicht überzeugen können! Aber darauf kommt es letztlich an: wenn ich den nicht-metaphysischen Befürworter der teilweisen Straffreiheit von Abtreibung*) überzeugen will, muß ich ihm beweisen, daß schon seine eigene nicht-metaphysische Ethik Abtreibung ausschließt, oder wenigstens weitaus restiktiver zuläßt, als sie jetzt faktisch zugelassen wird.

    Daß das noch immer nicht heißt, daß er das Überzeugende einer solchen Argumentation auch zugibt, liegt in der menschlichen Natur begründet — wer läßt sich schon gerne eines Irrtums überführen! Aber das ist zwar ein Problem, aber ein zeitlich begrenztes, denn auch Dauer wird der Dissens zwischen stringenter Argumentation und versuchter Gesichtswahrung zugunsten ersterer entschieden.

    Wenn ich jedoch von vorneherein nicht als obiter dictum (das ist natürlich durchaus möglich), sondern als Fundament meiner Argumente metaphysische oder gar theologische Argumente verwende, ist eine sinnvolle Diskussion mit einem Andersdenkenden letztlich auf Dauer unmöglich. Was ja nicht das Ziel von Diskussionen sein sollte …

    *) So sollten sie fairerweise genannt werden — nicht „Abtreibungsbefürworter“, denn unter dem Motto: „Klasse! Wieder eine Abtreibung. Wir brauchen noch viel mehr davon!“, werden die Abtreibungen wohl nur von einer verschwindenden Minderheit unter ihnen gesehen werden!

  6. LP,

    „Es ist eine Philosophie des kleinsten gemeinsamen Nenners, würde ich sagen.“

    Es ist gar keine Philosophie, denn wenn die Philosophie nach Wahrheit und Weisheit strebt, kann sie ja nicht per Abkommen irgendwo Denkbarrieren aufstellen.

    „Sie werden einen metaphysik-skeptischen Agnostiker …“

    Mag sein. Nur ist auch dieser nicht metaphysik-skeptisch. Nein, er hat nur eine ander, womöglich unbewußte Metaphysik. Schauen Sie sich die Atheisten mit ihrer Multiversumstheorie an – das ist auch Metaphysik, nur schlechte.

    „wenn ich den nicht-metaphysischen Befürworter der teilweisen Straffreiheit von Abtreibung*)“

    „*) So sollten sie fairerweise genannt werden — nicht “Abtreibungsbefürworter”, denn unter dem Motto: “Klasse! Wieder eine Abtreibung. Wir brauchen noch viel mehr davon!”, werden die Abtreibungen wohl nur von einer verschwindenden Minderheit unter ihnen gesehen werden!“

    Nein, fairerweise sollten sie Abtreibungsbefürworter genannt werden, auch wenn sie sich selbst nicht trauen, vor sich selbst dieses Befürworten einzugestehen. Nein, man muß nicht begeistert sein, um zu befürworten. Ich z.B. befürworte das Institut der Sozialhilfe oder die Existenz von Gefängnissen. Begeistert bin ich aber nicht, wenn sie zum Einsatz kommen.

    „überzeugen will“

    Will ich ihn von der Imoralität von Abtreibung überzogen, dann ja. Nur lasse ich mir nicht von irgendwem irgendwelche Argumente a priori verbieten, wie sich das z.B. Herr Habermas vorstellt.

    Geht es mir aber um die Gesetze, muß ich nur auf die Verfassung verweisen – zumindest in Deutschland. Und dann gibt es kein so-oder-so mehr. Wenn Sie wollen: ja ich bin ein Verfassungsfundamentalist. Davon gibt es leider nicht genug. Noch nicht mal in der Regierung.

  7. @str1977:
    Wenn Sie auf die (deutsche) Verfassung verweisen, dann wissen Sie aber auch , daß das zur ihrer letztlichen auslegung berufene Organ, das Bundesverfassungsgericht, die deutsche Abtreibungsregelung eben nicht als verfassungswidrig eingestuft hat.

    Diese quasi verfassungspositivistische Argumententaionslinie können Sie daher vergessen!

    Nun zu Ihren weiteren Äußerungen:

    Es ist gar keine Philosophie, denn wenn die Philosophie nach Wahrheit und Weisheit strebt, kann sie ja nicht per Abkommen irgendwo Denkbarrieren aufstellen.

    Wenn ein metaphysischer Philosoph und ein nicht-metaphysischer Philosoph (um die beiden einmal kurz und untechnisch so zu nennen) mit einander sinnvoll diskutieren wollen, müssen sie sich über den gemeinsamen Begriff der Philosophie einigen. Und das wird dann eben eine nicht-metaphysische sein müssen, ob es dem „Metaphysiker“ nun paßt oder nicht — oder es wird eben keine sinnvolle Diskussion zustandekommen! Letzteres ist natürlich auch möglich, ich frage mich nur, wem das „Nicht-miteinander-Diskutieren-Können“ shclußendlich nützen soll. Den abgetriebenen Kindern sicher nicht!

    Nein, fairerweise sollten sie Abtreibungsbefürworter genannt werden, auch wenn sie sich selbst nicht trauen, vor sich selbst dieses Befürworten einzugestehen. Nein, man muß nicht begeistert sein, um zu befürworten. Ich z.B. befürworte das Institut der Sozialhilfe oder die Existenz von Gefängnissen. Begeistert bin ich aber nicht, wenn sie zum Einsatz kommen.

    Nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich! Man kann z.B. der Meinung sein, Prostitution oder das Inanspruchnehmen solcher sei moralisch verwerflich. Das ist das eine. Deshalb muß ich aber noch lange nicht der Meinung sein, daß deshalb Prostituierte nur deswegen, weil sie Prostituierte sind, ins Gefängnis gehören (wie in einer ganzen Reihe von Staaten praktiziert), oder daß ihre Freier bestraft werden sollten (wie es neuerdings — allerdings mit wenig Fortune, wie ich schmunzelnd feststellen kann — in Schweden und sonst ein paar Feministinnen-Diktaturen versucht wird).

    Nochmals: ich befürworte keineswegs die z.B. in Deutschland oder Österreich geltende Abtreibungs-Straffreiheit, aber muß dennoch legitimerweise zugestehen, daß jemand zwar gegen Abtreibung sein kann, aber deshalb auch nicht jede Abtreibung unter Strafe gestellt sehen will! Auch hier gilt: es gibt Graubereiche (z.B. Abtreibung nach Vergewaltigung, wegen schwerer Mißbildung, wegen Inzests etc.), in denen das Instrumentarium der Strafjustiz sicherlich unangebracht ist. Das Problem ist nun, daß durch eine jahrzehntelange Laissez-faire-Politik von linker Seite ein Bewußtseinswandel dahingehend stattgefunden hat, daß Abtreibung quasi ein legitimes Instrument zur nachträglichen Empfängnisverhütung darstellt. Das gilt es zu bekämpfen, und zwar zu allererst argumentativ, will heißen: mit Argumenten, die gewissermaßen den Gegner mit den eigenen Waffen schlagen.

    Mit rein religiösen Argumenten kann man natürlich auch kommen — ich frage mich nur, ob dies nicht der Religion insgesamt eher Schaden zufügt, als daß ein Nutzen in der Abtreibungsdebatte erzielt wird. Es geht hier also nicht darum, Ihnen irgendwelche Argumente „verbieten“ zu wollen, sondern darum, abzuschätzen, welchen Mitteln mit kluger Abwägung der Vorzug zu geben ist.

  8. So what.

    In der Tat, so mancher Papst irrte in dieser Frage. Doch die ältesten und die neuzeitlichen Antworten der Kirche sind eindeutig.

    „Dies ist das zweite Gebot der Lehre/Du sollst nicht töten, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht Knaben schänden, du sollst nicht huren, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht zaubern, du sollst nicht Gift mischen, du sollst kein Kind abtreiben, du sollst kein Neugeborenes töten.“ (Aus der Didache 60-65 n. Chr.)

    Mit der Änderung des c.i.c. durch PIUS IX und der Bulle Apostolicae Sedis (1869) stellte PIUS IX klar, daß Abtreibung unabhängig vom Alter des Fötus immer die Tötung eines Menschen und damit ein schweres Vergehen sei. Dies beendete einerseits aristotelische Spekulationen über die Sukzessivbeseelung des Fötus, die sich in der Kirche breit gemacht hatten, und entsprach damit andererseits dem Stand der medizinischen und anthropologischen Forschung.

    Wer hinter diesen Stand zurückfällt, muß sich einerseits den Vorwurf gefallen lassen, in das finstere aristotelische Zeitalter der Kirche zurückzufallen, andererseits den Vorwuf, daß er die Erkenntnisse der neuzeitlichen Naturwissenschaft ignoriert.

    Die kirchliche Lehre ruht hingegen auf dem festen Fundament der ältesten Überlieferung (die Didache ist nicht das einzige, aber das wichtigste und älteste Dokument) und auf der Interpretation aktuellster naturwissenschaftlicher Forschung, die eben keine Zäsur in der Entwicklung des Embryos entdecken kann.

  9. LP,

    „Wenn Sie auf die (deutsche) Verfassung verweisen, dann wissen Sie aber auch , daß das zur ihrer letztlichen auslegung berufene Organ, das Bundesverfassungsgericht, die deutsche Abtreibungsregelung eben nicht als verfassungswidrig eingestuft hat.“

    Ich sehe: Sie kennen sich nicht aus, was aber für einen Nichtdeutschen entschuldbar ist.

    Das Bundesverfassungsgericht (übrigens: auch dieses ist fehlbar) hat eben einer Abtreibungslegalisierung schon 1977 so vehement widersprochen, daß diese 1993 gar nicht versucht wurde. Sie wäre auch nicht durchgekommen.

    Das GG sagt klar: „Menschenwürde unantastbar „und „jeder hat das Recht auf leben!“ Daraus ergibt sich der ganze Rest.

    Das die deutschen Abtreibungsbefürworter sich einen Schleichweg ausgedacht haben, ändert nichts an der Grundlage der Diskussion.

    Diese quasi verfassungspositivistische Argumententaionslinie können Sie daher vergessen!

    „Wenn ein metaphysischer Philosoph und ein nicht-metaphysischer Philosoph (um die beiden einmal kurz und untechnisch so zu nennen) mit einander sinnvoll diskutieren wollen, müssen sie sich über den gemeinsamen Begriff der Philosophie einigen. Und das wird dann eben eine nicht-metaphysische sein müssen …“

    So, das muß so sein? Warum eigentlich? Warum muß man denn den „Geistamputierten“ nachgeben? Warum immer nach unten nivellieren. Ja, das ist ja die Grundlage der ganzen modernen Misere, das man dem Schlechteren immer schon freiwillig das Feld räumt. Der Kampf gegen die Dummheit ist grade erst verloren, oder?

    „es wird eben keine sinnvolle Diskussion zustandekommen!“

    Genau, es wird keine sinnvolle Diskussion zustandekommen, auch nach ihrem Rezept nicht.

    „Man kann z.B. der Meinung sein, Prostitution oder das Inanspruchnehmen solcher sei moralisch verwerflich. Das ist das eine. Deshalb muß ich aber noch lange nicht der Meinung sein, daß deshalb Prostituierte nur deswegen, weil sie Prostituierte sind, ins Gefängnis gehören …“

    Sie können anscheinend nicht ihre Gedanken sortieren, oder wollen es nicht, ihr „Beitrag“ trifft meinen überhaupt nicht. Ich habe nicht von Gesetz vs. Moral gesprochen, sondern ob man eine Institution (wie die Abtreibung oder die Prositution) befürwortet in ihrer Existenz. Das ist kein moralisches Gutheißen sondern das man die Existenz als akzeptable anerkennt. Und natürlich tue ich das – nach mittelalterlichen Vorbild – für die Prositution, trotz moralischer Vorbehalte.

    Ihr Einwand ist außerdem ein Scheineinwand: ja, Leute wie Hillary Clinton behaupten gerne, sie wollten Abtreibung „sage, legal and rare“ halten. Solche Exemplare gibt es auch hierzulande. Nur ist das pure Heuchelei: sie sind nur an legal (was ja wie gesagt von Ausnahmen ausgenommen in Deutschland so nicht möglich ist) – in Wahrheit ist es ihnen schnuppe, ob es 300, 3.000, 300.000 oder 3 Millionen Abtreibungen gibt.

    „aber muß dennoch legitimerweise zugestehen, daß jemand zwar gegen Abtreibung sein kann, aber deshalb auch nicht jede Abtreibung unter Strafe gestellt sehen will!“

    Noch ein Scheinargument: was soll das heißen „Nicht jede Abtreibung“? Je nachdem ist derjenige ein Abtreibungsgegner oder ein -befürworter. Wer Ausnahme z.B. wegen Vergewaltigung zulassen will ist meiner Meinung nach ein Gegner. Sollte aber „nicht jede“ alles vor dem dritten Monat“ bedeuten, ist man Befürworter. (Ablehnung jeder Abtreibung gibt es ohnehin nicht weil praktisch jeder es beim Leben der Mutter für gerechtfertigt hält.)

    Und außerdem hat die Fristenunterscheidung nichts mit der amerikanischen Debatte zu tun: hier geht es darum, daß eine Gruppe das angeblich Recht auf Abtreibung immer und jederzeit, über jedwede Schranken hinweg und mit jeder Methode vertritt. Und dieser Idelogie müssen Leute wie Obama und Biden und Pelosi und Clinto ewige Treue schwören, sonst würden sie nicht mal aufgestellt.

    Was die Religion angeht, ist Ihr ganzer Einwand sinnfrei, denn die Argumente gegen Abtreibung sind in keiner Weise religiös sondern eben moralisch-philosophisch. Sicher kann man dagegen argumentieren – genauso aber auch gegen die Strafbarkeit von Mord.

  10. @str1977:

    Das die deutschen Abtreibungsbefürworter sich einen Schleichweg ausgedacht haben, ändert nichts an der Grundlage der Diskussion.

    Offenbar doch, denn ich habe nicht gehört, daß diese Regelung seitens des BVerfG als GG-widrig aufgehoben worden wäre (oder solches auch nur ansatzweise in Planung wäre).

    Genau, es wird keine sinnvolle Diskussion zustandekommen, auch nach ihrem Rezept nicht.

    Ob sie tatsächlich zustandekommen wird, weiß ich natürlich nicht — ich bin ja kein Prophet. Daß sie unter Beharren auf den Postulaten einer metaphysischen Philosophie mit Sicherheit nicht zustandekommen wird, zeigt uns bereits die Erfahrung der Vergangenheit.

    Sie können anscheinend nicht ihre Gedanken sortieren, oder wollen es nicht, ihr “Beitrag” trifft meinen überhaupt nicht. Ich habe nicht von Gesetz vs. Moral gesprochen, sondern ob man eine Institution (wie die Abtreibung oder die Prositution) befürwortet in ihrer Existenz. Das ist kein moralisches Gutheißen sondern das man die Existenz als akzeptable anerkennt.

    Ich glaube meine Gedanken recht gut sortieren zu können (was soll übrigens dieser unprovozierte polemische Angriff?). Ich spreche auch nicht von Gesetz vs. Moral, sondern vergleiche das moralische Problem „Abtreibung“ mit dem moralischen Problem „Prostitution“, und analogisiere, daß die Ansicht, Prostitution nicht strafrechtlich zu verfolgen, aus dem Vertreter dieser Ansicht keinen „Prostitutions-Befürworter“ macht, genauso, wie die Ansicht, Abtreibung nicht strafrechtlich zu verfolgen, aus dem Vertreter dieser Ansicht keinen „Abtreibungs-Befürworter“ macht. dies hatten Sie nämlich bestritten, weshalb ich zum Mittel des Vergleichs mit der Prostitution griff. „Si male locutus sum, testimonium perhibe de malo, si autem bene — quid me cædis …“

    Nur ist das pure Heuchelei: sie sind nur an legal (was ja wie gesagt von Ausnahmen ausgenommen in Deutschland so nicht möglich ist) – in Wahrheit ist es ihnen schnuppe, ob es 300, 3.000, 300.000 oder 3 Millionen Abtreibungen gibt.

    Mit dem Vorwurf der Heuchelei wäre ich vorsichtig! Denn nicht zu Unrecht handelt man sich damit den Vorwurf ein, man sei nur — heuchlerisch und/oder ideologisch verblendet — am auf-die-Welt-kommen eines Menschen interessiert, aber das Interesse erlösche schlagartig, sobald das Baby geboren worden sei: ob es jetzt wegen einer schweren Behinderung dahinvegitieren muß und seine Eltern mit manchmal fast unerträglichen Lasten beschwert, ob es in eine schwere Notlage hineingeboren wird etc. — mit anderen Worten: solange das Baby nicht geboren ist, kämpft der Abtreibungsgegner darum wie ein Löwe, sobald es da ist, ist das Interesse erloschen …

    Heuchelei ist hier auf beiden Seiten oft zu konstatieren: bei „Spaßvöglern“, die hinter Gesundheits-, Sozial- und Privatautonomieargumenten ihre Mentalität des „ich will für die Folgen meines Genusses nicht einstehen müssen“ verstecken, ebenso, wie bei manchen Abtreibungsgegnern, deren moralischer Rigorismus in der gleichzeitigen Verdammung von Verhütungsmitteln und Abtreibung mehr schlecht als recht einen unfrohen, sinnenfeindlichen Manichäismus, oder gar Frustrationsgefühle, punkto Lebensgenuß „zu kurz gekommen“ zu sein, verhehlt.

    P.S.: Damit Sie mir jetzt nicht „auszucken“: ich erkläre ausdrücklich, Ihnen das keineswegs unterstellen zu wollen! Aber ich kenne genügend wackere Lebensschützer (und -innen), die in Mahnwachen vor Abtreibungskliniken, im Verteilen von Flugshcriften etc. ein achtenswertes und subjektiv sicherlich sinnvolles Engagement zeigen. Dennoch beschleicht mich manchmal das Gefühl einer gewissen Verranntheit angesichts ihres Tuns …