Heute vor einem Jahr brachte der Kölner Stadt-Anzeiger eine bis dahin nahezu beispiellose Medienkampagne gegen die katholische Kirche ins Rollen. Die Kampagne kam nur deshalb vorläufig zum Erliegen, weil schon vier Wochen später, am 11. Februar, Papst Benedikt XVI. seinen Amtsverzicht erklärte und damit den Kölner Klinik-Skandal, der in erster Linie ein Medienskandal war, aus den Schlagzeilen verdrängte.
Doch nur wenige Monate später strebte die zweite große Kampagne des vergangenen Jahres ihrem Höhepunkt zu: die mediale Hetzjagd auf den Bischof von Limburg. Auch in diesem Fall war es dem Papst, nun Franziskus, zu verdanken, dass der Bischof aus der Schusslinie verschwinden konnte. Und auch diese Kampagne ist noch längst nicht ausgestanden. Noch im Januar könnte der nächste Akt folgen, sollte bis dahin der Bericht der Untersuchungskommission vorliegen.
Mit der Insolvenz des Weltbild-Konzerns steht nun schon die dritte Kampagne binnen kurzer Zeit ins Haus. Gewerkschaften und Betriebsrat laufen sich bereits warm. Knapp eine Woche nach dem Insolvenzantrag scheint allerdings die Botschaft noch nicht so recht zu zünden. Zum Glück für die hilflosen Kommunikatoren der katholischen Kirche in Deutschland. Bis jetzt.
Wenn sich eines sagen lässt, dann wohl dies: Die Krisenkommunikation funktioniert nicht. Wenn es überhaupt eine solche gibt. Wer auch immer für kirchliche Kommunikation in Deutschland Verantwortung trägt, ob Bischöfe und andere Würdenträger oder Laien in entsprechenden Funktionen, der dringt mit seiner Botschaft nicht durch. Oder er versucht es gar nicht erst.
Alle drei Kampagnen haben eines gemeinsam – ihr Hintergrund ist das Geld. Immer geht es um die Finanzierung des kirchlichen Apparates und kirchlicher Einrichtungen in Deutschland, um den Umgang mit Finanzmitteln und die Frage, wer darüber bestimmen darf. Fast möchte es scheinen, als ob die von Papst Benedikt 2011 postulierte Entweltlichung mit einer atemberaubenden Zwangsläufigkeit angelaufen ist.
Die Kirche ist nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland, schafft es aber schon lange nicht mehr, ihre Stellen mit gläubigen Menschen zu besetzen – was einen entsprechenden Verlust an eigener Glaubwürdigkeit erzeugt. Im Gegenteil, trotz schon seit Jahrzehnten konstant sinkender Mitgliedszahlen expandieren kirchliche Betriebe weiterhin und verschärfen so das Glaubwürdigkeitsproblem.
Die überfällige Debatte über diesen Problemkreis kam im Februar 2013 zum Stillstand, weil die Weltsensation eines Papstrücktritts wichtiger schien. Doch die Problematik besteht weiter, und ich kann nicht erkennen, dass die Verantwortlichen auf die erwartbare und unausweichliche Debatte vorbereitet wären – Versäumnis No. 1.
Auch die Hetzjagd auf den Limburger Bischof kam nicht über Nacht, sondern hatte einen jahrelangen Vorlauf. Vorbeugende Kommunikation und Vorbereitung auf das, was schließlich in diesem Sommer kam – Fehlanzeige. Versäumnis No. 2.
Schließlich Weltbild. Auch dieses Thema, die Krise der katholischen Publizistik und des daraus hervorgegangenen Handelskonzerns hat ebenfalls eine lange Vorgeschichte. Wo ist die entsprechende, langfristig vorbereitete Kommunikationsstrategie für den seit langem absehbaren Krisenfall? Versäumnis No. 3.
An dieser Stelle wäre auch über den Missbrauchsskandal zu sprechen, der spätestens seit den Enthüllungen in den USA vorhersehbar war. Auch hier hatte sich offensichtlich niemand an den entscheidenden Stellen auf das Unvermeidliche vorbereitet. Die Krisenkommunikation war hilflos und stolperte von einem Missgeschick zum nächsten.
Warum ist das so? Und welche Folgen sind daraus zu erwarten? Mehr dazu demnächst.
Wenn sich eines
sagen lässt, dann wohl dies: Die Krisenkommunikation funktioniert
nicht.
Wäre es nicht besser, Krisen nicht entstehen zu lassen, als hinterher mit „Krisenkommunikation“ das zerbrochene Geschirr (synonym für Vertrauen) in tölpelhaften Versuchen zu flicken versuchen?
Das macht den Glaubwürfigkeits- und Vertrauensverlust doch noch viel schlimmer.
Aber so wie es aussieht, ist kaum noch Geschirr da, das man zerdeppern könnte.
Krisen gar nicht erst entstehen zu lassen ist selbstverständlich immer zu bevorzugen. Doch dass es zu Krisen kommen kann, ist kaum zu vermeiden.
Wenn der Krisenfall dann eingetreten ist, gibt es immerhin die Möglichkeit, darauf professionell zu reagieren. Oder eben so, wie es unsere Kirche tut.
Was den Schaden meistens noch vergrößert.
Im Prinzip haben Sie natürlich Recht; aber können Sie sich vorstellen, dass die Kirchenfürsten, wenn sie denn gefehlt haben, dazu fähig sind, das selbst zu tun, was sie von jedem anderen Sünder praktisch in jeder Sonntagspredigt verlangen? Slebsterkenntnis, dass eine Verfehlung geschah? Reue darüber empfinden und in diesem Fall auch öffentlich zeigen? Und dann gar Busse tun oder auch nur Wiedergutmachung leisten? Das was jeder Priester beim Busssakrament vom armen sünder fordert.
Noch nicht einmal die Anerkennung der eigenen Schuld hat geklappt und die Wiedergutmachung schon gar nicht.
Können Sie sich wirklich einen so donnernden Sündezuweiser wie Müller im Büsserhemd öffentlich einhergehend vorstellen?
So lange Angriff als die beste Verteidigung gesehen wird (ich stelle mir das gerade beim Busssakrament vor), KANN das mit der Kirche nur immer und immer schneller bergab gehen.
Ich weiß nicht, wie oft Sie Sonntagspredigten zu hören pflegen. Ich für meinen Teil höre eher zu wenig solche Predigten wie von Ihnen beschrieben. Aber sei’s drum.
Einen professionellen Umgang mit der Krise kann ich mir gut vorstellen. Es gibt ja durchaus gelungene Beispiele, gelegentlich sogar in der hiesigen Kirche. Dabei geht es gar nicht mal unbedingt immer und zuerst um Schuld.
Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber den designierten Kardinal Müller kennen Sie auch nur als Abziehbild aus bestimmten Medien, oder? Das ist Ihnen nicht vorzuwerfen, aber Klischees bringen die Diskussion nicht voran.
Einen professionellen Umgang mit der Krise kann ich mir gut vorstellen. Es gibt ja durchaus gelungene Beispiele, gelegentlich sogar in der hiesigen Kirche.
Hierbei stimme ich Ihnen völlig zu.
Pater Mertes hat vorexerziert, wie man es richtig macht.
Meisner und Müller sind dagegen die mit den etwas suboptimalen Kommunikationseigenschaften. So von oben herab ist man eben wenig glaubwürdig, wenn man nicht mehr in einem Feudalsystem leben kann.
Aber sei’s drum. Die Kirche als solche wird lernen müssen. Ob sie nun will oder nicht. Und bis jetzt macht es der Papst ja einigermassen richtig, das mit der Kommunikation. Warten wir mal ab. Noch ist uns der Himmel nicht auf den Kopf gefallen, um mal einen berühmten Häuptling zu zitieren.
PS: Wenn Sie Savonarola- und Abraham a Santa Clara-Predigten lieben, sollten Sie nach Opus Dei geführten Kirchen oder nach Kirchen der FSSPX Ausschau halten. Dort wird meist noch richtig vom Leder gezogen gegen die bösen Anderen. Habe selbst einige zeit erleben dürfen, das ständige Sündengejammer aber satt bekommen und bin in eine Pfarrkirche mit milderem Ton umgezogen.