Die Causa Limburg, soviel scheint sicher, hat ihren Höhepunkt überschritten. Die Überberichterstattung flaut langsam ab und macht differenzierterer Betrachtung Platz. Was bleibt, sieht aus wie ein einziges großes Missverständnis. Drei Aspekte scheinen mir der Betrachtung wert.
1. Seit wann ist Franz-Peter Tebartz-van Elst ein Konservativer? Nun ist ja die Einordnung in diese kirchenpolitischen Schubladen immer schwierig. Es gehört zum Auftrag jedes Bischofs, den Glauben zu bewahren (lat. conservativus – erhaltend, bewahrend). Nur über das Wie kann es legitime Differenzen geben, aber nicht über das Ob. In Deutschland kommt spätestens seit der Reformation ein besonderes Spannungsverhältnis zu Rom hinzu. Wer treu zum Papst steht, gilt schnell als konservativ. Oder galt, denn Papst Franziskus scheint diese Schublade gesprengt zu haben.
Franz-Peter Tebartz-van Elst ist von Haus aus Pastoraltheologe, was ihn auf den ersten Blick nicht gerade als Konservativen ausweist. Zu seinen Themen gehört die Entwicklung von pastoralen Räumen, eine brisante und aktuelle Frage speziell in Deutschland, wo Gemeinden fusioniert und in größeren Einheiten zusammengefasst werden. Was er noch als Weihbischof in Münster zu diesem Thema sagte und schrieb, lässt sich kaum in die konservative Schublade zwängen. So beispielsweise in einem Vortrag aus dem Jahr 2006, dort unter dem Künstlernamen Hans-Peter Tebartz-van Elst:
Die pastoralen Leitlinien des Erzbistums Freiburg zeigen ein sensibles Bewusstsein dafür, wo sich die Sozialgestalt der Kirche verändert, und einen wachen Geist der Erkundung, in welche Richtung Vernetzung und Vergemeinschaftung in missionarischer Ausrichtung gesucht werden will. In diesen Bemühungen kristallisiert sich zunehmend als pastoral vorrangige Fragestellung heraus, wie die christlich-kirchliche Identität in der Erfahrung einladender Sammlung vermittelt werden kann und zugleich die missionarische Sendung angesichts der Vielfalt, die Christen heute in ihren Glaubens- und Gemeindebezügen aufnehmen, profiliert werden kann.
Redet so ein Konservativer? Vielleicht kann das im Bistum Limburg so aussehen, aber das wäre dann eine Limburger Besonderheit. Für deutsche Verhältnisse ist das Gesagte eher Mainstream. Was also qualifiziert den Limburger Bischof zum Konservativen? Oder haben wir es hier mit dem Versuch einer Achsenverschiebung zu tun, die den Mainstream in eine progressive Richtung zwingen will und dazu vieles ausgrenzt, was genuin katholisch und bis dato völlig unumstritten ist?
Das Lagerdenken ist ohnehin von Übel, aber wenn schon Theologen aus dem Mainstream in eine konservative Ecke gedrängt werden, dann liegt doch einiges im Argen. Und damit wären wir beim zweiten Punkt.
2. Wer trägt die Verantwortung für die kommunikative Katastrophe, die hier geschehen ist? Bei allen Fehlern, die der Bischof von Limburg gemacht hat, wäre es doch viel zu einfach, ihn zum Sündenbock zu machen. Die Kommunikationsverhältnisse in deutschen Bistümern, nicht nur in Limburg, sind schwer gestört. Diese Störung lässt sich im Großen wie im Kleinen erkennen. Sie betrifft auch weit mehr als nur die Medienarbeit, aber an dieser Stelle wird sie besonders deutlich erkennbar.
Bistümer kommunizieren wie Behörden. Wobei die meisten Behörden heute zumindest nach außen sehr viel professioneller kommunizieren als die Diözesen. Dabei ist die Verkündigung des Evangeliums doch eine höchst anspruchsvolle Kommunikationsaufgabe. Wie konnte es geschehen, dass unsere Kirche an dieser zentralen Stelle so versagt? Wie kann es sein, dass jedes Skandälchen (und mehr kann ich in Limburg nun beim besten Willen nicht erkennen) eine Institution mit zweitausendjähriger Geschichte und 24,3 Millionen Mitgliedern allein in Deutschland so sehr in die Defensive bringt?
Ist dieser ganze Apparat wirklich von innen so hohl, dass er nur noch vom Geld zusammengehalten wird?
3. Ist der Honeymoon mit Papst Franziskus schon vorbei? Das kann gut sein. Wenn der Pontifex morgen Franz-Peter Tebartz-van Elst zur Audienz empfängt und ihn nicht mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthebt (was er gar nicht könnte, aber wen in deutschen Redaktionsstuben interessiert das schon?), dann dürfte ihm der Wind aus den hiesigen Medien zum ersten Mal kräftig ins Gesicht wehen. Bei seinem Vorgänger hat es immerhin 18 Monate gedauert, bis nach der Regensburger Rede das Wohlwollen in Verachtung umkippte. Wie viel Zeit hat Papst Franziskus noch?
Hallo Martin,
gut zusammengefasst nach knapp 14 Tagen journalistischer Treibjagd. Aber nicht alle Medien haben so undifferenziert berichtet und vor allem kommentiert, wie Du vermutest. Du musst einfach öfter das WESTFALEN-BLATT lesen. Und schließlich: Medienschelte hin oder her, berechtigt oder unberechtigt – ich finde, Du lässt Bischof Tebartz-van Elst mit der Kategorisierung „Skandälchen“ eindeutig zu gut wegkommen. Das passt gar nicht zu der ansonsten feinsinnigen und konstruktiv-kritischen Betrachtung „unserer“ Arbeit.
Gruß,
Ulli Windolph
Ja, das gute Westfalen-Blatt habe ich tatsächlich nicht auf dem Schirm. 🙂
Was das Skandälchen betrifft: Das Gebäude und seine Kosten taugen nicht so recht zum Skandal, vor allem im Vergleich mit BER oder NSA, um nur zwei zu nennen. Das Thema Falschaussage steht auch auf wackligen Beinen: ungeschickt, überflüssig, dumm – ja, alles davon. Aber mehr auch nicht.
Wenn es einen Skandal gibt, dann ist es die bereitwillige Instrumentalisierung der FAZ durch einflussreiche Kreise im Bistum Limburg. Und die Hetzjagd der Medienmeute, die jedes Maß verloren hat.
Die Kommunikation des Bistums und des Bischofs war und ist zum Teil immer noch eine echte Katastrophe und ein Skandal. Hier liegt der eigentliche Hund begraben.