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Der liberale Normalbürger als Maß aller Dinge

Der gestern bereits erwähnte FAZ-Kommentar von Peter Lückemeier zur Absetzung des Wetzlarer Dekans ist zwar kein besonders intelligentes Stück Zeitungsprosa. Dennoch will ich mir die Mühe einer Replik machen.

Wahrscheinlich ist der am Niederrhein erzkatholisch sozialisierte neue Bischof von Limburg sich nicht im Klaren darüber, wie abstoßend, mitleidslos, realitätsfern seine Maßregelung des Wetzlarer Dekans aufs großstädtische Publikum wirken muss.

Wahrscheinlich ist er sich sehr wohl im Klaren darüber, wie wenig sich ein großstädtisches Publikum um Gott, Glaube, Kirche und Bischof schert. Und wie es höchstens dann Notiz nimmt, wenn es Widerspruch vernimmt.

Homosexuelle Lebenspartnerschaften werden in Frankfurt, Darmstadt oder Wiesbaden anders bewertet als im Westerwald.

Tatsächlich? Ich fürchte, das war einmal.

Der liberale Normalbürger wird sich sagen: Du liebe Güte, da lebt ein homosexuelles Paar seit langem zusammen, besiegelt diesen Bund vor dem Standesamt für immer und erbittet dazu göttlichen Segen – warum sollte die Kirche solch einen Akt des Wohlwollens verweigern?

Seit wann ist der liberale Normalbürger das Maß kirchlicher Dinge? Viel zu oft ist er es, aber er sollte es definitiv nicht sein. Dass homosexuelle Paare vor das Standesamt treten und dort eine Heirat simulieren können, mag zwar dem Normalbürger normal erscheinen. Aber gut und richtig ist es deshalb noch lange nicht.

Doch Bischof Tebartz-van Elst sieht die Sache anders, und zum größten Teil muss er sie so sehen, auch sein Vorgänger Franz Kamphaus hätte kaum anders handeln können. Denn Ehe und Familie stehen nicht nur laut Grundgesetz unter besonderem Schutz des Staates, die katholische Ehe zwischen Mann und Frau ist sogar ein Sakrament, allerdings gespendet von den beiden Beteiligten.

Korrekt.

In diesem Lichte kann es nicht angehen, dass die Ehe, die nach kirchlicher Sicht dem Zwecke dient, Kinder zu zeugen, gleichrangig mit einer homosexuellen Partnerschaft behandelt wird.

Der Hauptsatz ist korrekt, der die Ehe erläuternde Relativsatz ist mindestens verkürzt. Die Ehe dient nicht allein dem Zwecke, Kinder zu zeugen.

Überdies hat der Bischof in der Bestrafung des bisherigen Dekans die mildeste Form gewählt, die ihm zur Verfügung stand, denn der Wetzlarer Priester bleibt im Amt, wird weder abgesetzt noch versetzt.

Das ist richtig und ein Zeichen bischöflicher Klugheit.

Das eigentliche Problem aber bleibt ungelöst. Es lautet: Wie soll die Kirche, Repräsentant eines liebenden Gottes, mit Homosexuellen umgehen, zumal mit homosexuellen Gläubigen? Die offizielle Linie der römischen Glaubenskongregation, Homosexualität an sich sei keine Sünde, nur ihre Ausübung sei es, muss als haarspalterischer Theologismus verstanden werden.

Nur für den, der sich weder mit Theologie noch mit Moral beschäftigen möchte. Den Sünder lieben, die Sünde hassen. Das ist wirklich keine Neuigkeit.

Die katholische Kirche täte gut daran, für seriöse dauerhafte gleichgeschlechtliche Partnerschaften, die sich nicht nur die Billigung des Staates, sondern auch die Sympathie ihrer Kirche wünschen, einen Akt, eine symbolische kirchliche Handlung oder eine Feier auszudenken.

Wohl kaum. Die Sympathie der Kirche wird ein wenig frommer Wunsch bleiben.

Dass Gott die Qualität eines Menschen nach dessen sexuellen Präferenzen beurteilen könnte, muss als unwahrscheinlich gelten.

Diesen sinnlosen Satz hätte der Schlussredakteur besser gestrichen.

Und damit soll es dann auch gut sein. Ab morgen wieder andere Themen.

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Kommentar

  1. Und wenn schon die FAZ sowas verzapft, kann man sich denken wie das allzeit kirchenfreundliche Doppel Zeit und Spiegel sehen.

    Aber ehrlich, ein Bischof ist – das sagt schon der Name – dafür da, seine Priester zu beaufsichtigen und nötigenfalls zu maßregeln.

    Der FAZ-Schreiber dar sich derweilen etwas umschauen, es soll ja Kirchen geben, die alles, was er sich da wünscht, ebengenauso anbieten.

  2. Es ist leider traurige Realität, dass der liberale Normalbürger das Maß aller Dinge ist. Dies gilt leider auch für die Kirche. Um die liberalen Gläubigen nicht zu verärgern passt sich die Kirche den liberalen Ideologien wie Homosexualität, Verhütungspolitik, Alle-Religionen-Sind-Gleich und diversen anderen an. In Wien (Österreich) ist eine Simulation einer echten sakramentalen Trauung für Homosexuelle Partnerschaften bereits ohne Probleme möglich. Dabei ist die Lehre der Kirche so einfach, dass jedes Kind diese sofort versteht. Praktizierende und Ausgelebte Homosexualität ist ohne jeden Zweifel eine Sünde. Praktizierende Homosexualität fällt sogar unter die himmelschreienden Sünden (Sodomitische Sünde). Was das FAZ schreibt ist nichts anderes wie die allgemeine Ansicht, welche in den liberalen Ländern fast jeder einzelne Bürger glaubt. Der Umgang für die Kirche mit Homosexuellen ist ganz einfach. Den praktizierenden Homosexuellen lieben, aber seine schreckliche Sünde verabscheuen. Einen praktizierenden Homosexuellen lieben bedeutet ihn mit aller Liebe betreuen und mit ihm reden, damit er von seinem schändlichen handeln ablässt. Den praktizierenden Homosexuellen zu sagen sie machen nichts schlechtes bedeutet nicht sie lieben.

Webmentions

  • Tebartz vs. Kollas | 23. August 2008

    […] Kollege Peter Lückemeier scheint dagegen deutlich mehr Diskussionsbedarf auszulösen, ebenso wie harsche Kritik aus dem Lager, das man eigentlich der konservativen FAZ-Stammleserschaft zuordnen […]