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18 Kommentare

  1. ja, schaut so aus;
    bei aller Problematik hat das aber auch was Gutes an sich. so schnell wird man den papst in Deutschland nicht vergessen…..
    Trotzdem tragisch, zu sehen, wie schwierig ein vernünftiger (sic!!!)Diskurs mit dem Islam (und ich meine nicht die protestierenden Armen in Indien)tatsächlich ist. In diesem sinn bewahrheitet sich die Rede Benedikts mit ungeahnter Schnelligkeit.
    Offensichtlich ist ratio et fides mit dem Selbstverständnis des Islam tatsächlich schwer vereinbar. Die Folgen könnten noch schlimmer sein, als wir alle uns zu befürchten hüten………..

  2. Die Sache ist kompliziert, weil es um drei Themenbereiche geht:
    1. Gott und Vernunft: Der Papst hat dem Islam nicht Unvernünftigkeit vorgeworfen (wie es popularisiert dargestellt wird), sondern ein Gottesbild konstatiert, das Analogie mit menschlicher Vernunft bewusst und radikal verneint zugunsten absoluter, transzendenter Freiheit Gottes. Solche Aussagen hat es auch im Christentum gegeben (am Ende der Scholastik), wie der Papst selbst hinzufügte. Sie sind nicht „dumm“, aber sie widersprechen dem Schöpfungs- und Inkarnationsglauben.
    2. Religion und Gewalt: Der Papst hat die innere Vielschichtigkeit des Koran in dieser Frage erwähnt und dem die eindeutige Verneinung von Gewalt im Bereich eines „vernünftigen“ Glaubens entgegengesetzt. Meiner Meinung nach hätte er allerdings den faktisch geübten Glaubenszwang auch in Epochen der Christentumsgeschichte – und die faktische relative Toleranz in islamischen Kulturphasen erwähnen sollen. – Ob nun Fanatiker dem Papst gewaltsam beweisen werden, dass der Islam Gewalt ablehnt?
    3. Koran und historische Interpretation: Am brisantesten scheint mir der fast beiläufige Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des Koran und seine Einordnung in die Biografie Mohammeds. Das ist im allergrößten Teil des Islam ein schweres Sakrileg. Aber christlich-islamischer Dialog wird nicht vorankommen, wenn nicht auch dieses Thema besprechbar wird.

  3. Vor allem, wenn jetzt der Vatikan — nach hektischen Beratungen zwischen Kardinal Vorsichtl und Monsignore Rücksichtl — knieweich und windelgefüllt zurückrudert (was sich ja nach ersten Reaktionen leider schon anzudeuten scheint). Die Folgen werden in der Tat schlimmer sein, als wir uns das jetzt ausmalen. Und wenn einer darauf hinweist (siehe den laufenden österreichischen Wahlkampf), dann wird er taxfrei zum „Nazi“ und „Ewiggestrigen“ ernannt.

    Manchmal (ich sage ausdrücklich: manchmal!) wünsche ich mir, dieses ganze Pack von hauptberuflichen Gutmenschen, die in unseren Zeitungsredaktionen, Schulen, Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsstellen etc. ihre ebenso sicheren wie streßfreien Jobs („Arbeit“ kann man ja zu diesen in moralinsauerer Selbstgerechtigkeit sich blähenden Sinekuren schwer sagen!) haben, müßte unter islamischer Herrschaft leben. Dann wäre nämlich Schluß mit lustig.

    Dann würden diese Gutmenschen schnell merken, daß islamische Theorie und islamische Praxis ungefähr so deckungsgleich sind wie Jürgen Habermas‘ „Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts“ mit Stalinistischen Schauprozessen. Gönnen würd‘ ich es denen ja wirklich … nur leider hätte ich dann auch das Mißvergnügen, unter einer solchen Herrschaft von verkalkt-fanatischen Turbanträgern leben zu müssen, und das will ich mir doch eher ersparen, wenn’s geht …

    Aber vielleicht geschieht noch ein Wunder und Benedikt bleibt hart. Noch selten, ich sag’s ganz offen, hätte ich mich dann über eine Fehlprognose mehr gefreut!

  4. Das erhoffte Wunder ist leider ausgeblieben, wenn ich mir diese (http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=c&ressort=c&id=585784)knieweiche „Präzisierung“ ansehe … Schün langsam wird die Scharia faktische Wirklichkeit in unseren Landen. Statt den Moslems und ihren demagogischen Führern im Westen zu sagen: „Wenn ihr euch nicht zivilisiert benehmen könnt, landet ihr wegen Landzwang (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Landzwang) im Gefängnis“, weicht man zurück und erlegt sich sprech- und Denkverbote auf.

    Lenin meinte einmal, die Kapitalisten würden noch den Strick verkaufen, an dem man sie aufhängen will. Und der Papst will offensichtlich lieber keine Probleme mit dem aufgehetzten Mob in den islamischen Ländern riskieren, statt Klartext zu sprechen – so, wie ich es befürchtet hatte. Hätten die Urchristen ähnlich rückgratlos agiert, wäre das Christentum spätestens unter Nero ausgestorben.

  5. @penseur
    was meinst du mit „hoffentlich bleibt Benedikt hart?“ Hart war er ja nun tatsächlich nicht sondern sehr zurückhaltend sachlich und vor allem nüchtern-kompetent und voller Respekt. Das wird er auch in Zukunft bleiben.
    Der Papst ist und bleibt ein „Gutmensch“ im besten Sinne des Wortes.

  6. Penseur,

    bisher hat sich der Papst, entgegen anderslautender Meldungen, nicht „entschuldigt“ (womit ja allgemein „um Verzeihung bitten“ gemeint ist).

    Er hat allerdings bedauert, daß seine Worte mißverstanden wurden. Dies wurde auch von mehreren muslimischen wie westlichen als nicht-Entschuldigung gewertet. In der Sache hat der Papst nichts von dem, was er gesagt hat, zurückzunehmen, nichts zurückgenommen und ist insofern „hart geblieben“.

    Auch ich wäre schwer enttäuscht, sollte es eine Entschuldigung (im obigen Sinne) geben. Die tatsächlich erfolgte Stellungnahme ist dagegen, angesichts der Ereignisse, vollkommen gerechtfertigt.

    Im übrigen mußt Du nicht Habermas‘ Theorie mit Stalins Praxis vergleichen. Es reicht Habermas‘ Theorie mit seiner eigenen Praxis (zumindest in der Vergangenheit) zu vergleichen. Da war nicht mehr viel übrig von „herrschaftsfreiem Diskurs“. Auf Anhieb fällt mir dazu natürlich der „Historikerstreit“ ein.

  7. @Georg:
    was meinst du mit “hoffentlich bleibt Benedikt hart?” Hart war er ja nun tatsächlich nicht sondern sehr zurückhaltend sachlich und vor allem nüchtern-kompetent und voller Respekt

    Nun, mit „hart“ meine ich nicht: beleidigend, ungerecht etc. Das war Benedikt ohnehin nicht — und warum die Moslems so aufschreien, das wird wohl in der bekannten Entrüstung des ertappten Schuldigen (dem „scandalum pharisæicum“) liegen.

    Mit „hart“ meinte ich: die Wahrheit aussprechend, nicht diplomatisch verbiegend. Dazu s.u.

    @str1977:
    bisher hat sich der Papst, entgegen anderslautender Meldungen, nicht “entschuldigt” (womit ja allgemein “um Verzeihung bitten” gemeint ist).

    Wenn Sie den bloßen Wortlaut meinen, haben Sie recht – er hat das Wort „Entschuldigung“ nicht gebraucht. Allerdings sagte er einiges, was zusammengenommen genau eine Entschuldigung ausmacht:

    – „Der Heilige Vater bedauert daher zutiefst, dass einige Passagen seiner Rede als Beleidigung des Empfindens gläubiger Muslime klingen konnten“
    – „Indem er seinen Respekt und seine Hochachtung gegenüber denen unterstreicht, die sich zum Islam bekennen, wünscht sich der Papst, dass man ihnen helfe, seine Worten in ihrem richtigen Sinn zu verstehen.“

    Nur: was heißt das im Endeffekt: der Papst hat ein Zitat Manuels II von Byzanz angeführt, in welchem dem Islam vorgeworfen wird, seine Religion mit Gewalt verbreiten zu wollen, und zwar nicht nur de facto (das tat ja auch das Christentum!), sondern eben auch programmatisch! Während im Christentum in der beklagenswerten Vergangenheit die Praxis aus einem (friedlichen) Missionsbefehl lt. Mt. 28, 18-20 einen kolonialistische Zwangsbekehrung machte (wie z.B. in Süd- u. Mittelamerika), ist im Islam die gewaltsame Verbreitung des Islam fest im Koran verankert. Ein Moslem ist eben nur ein guter Moslem, wenn er auch zum heiligen Krieg bereit ist. Ein Christ hingegen ist ein guter Christ nur dann, wenn er auch zum Martyrium bereit ist.

    In beiden Fällen wird die Suppe nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht wurde: der Moslem wird sich vielleicht nicht bewaffnet auf „Ungläubige“ stürzen, sondern bloß duch Demonstrationen und das ach so beliebte Verbrennen von Fahnen und Strohpuppen „Druck machen“. also eine „Heiligen Erpressung“ statt „Heiliger Krieg“ ;-). Und der Christ wird vielleicht Karrierenachteile in Kauf nehmen etc. Blut wird in beiden Fällen bei den meisten nicht fließen …

    Wenn nun der Papst „… seine Hochachtung gegenüber denen unterstreicht, die sich zum Islam bekennen …“, und nicht dazusagt, daß eben genau dieses aggressive Verhalten der Moslems vom Koran gefordert wird und in der heutigen Welt inakzeptabel ist, dann macht er einen Rückzieher. Dann erklärt er: „Das wollte ich doch gar nicht sagen!“ Nur: was wollte er denn dann sonst damit sagen?!

    Wollte er seinen „Hochachtung“ für aggressives und repressives Verhalten von Moslems unterstreichen? Wollte er es als okay bezeichnen, daß Christen in moslemischen Ländern seit jeher (und heute eher noch stärker als noch vor einigen Jahrzehnten!) unter massivem moslemischem Druck stehen, politisch und wirtschaftlich benachteiligt werden, ihre Religionsfreiheit praktisch überall marginalisiert wird, soferne christliches Bekenntnis nicht überhaupt ein Strafdelikt darstellt, wie in Saudi-Arabien? WOllter er das damit sagen? Wohl kaum, werden Sie jetzt einwenden. Nein, sicherlich nicht — aber das ist leider die Botschaft, die jetzt rüberkommt!

    Und hier fange ich mich zu wundern an: ein hochintelligenter, akademisch versierter Mann, der seit Jahrzehnten als Kardinal und Chef der Glaubenskongregation weiß, daß jedes Wort aus seinem Mund auf die Goldwaage gelegt wird, der soll auf einmal „mißverständlich“ etwas gesagt haben? Und jetzt dieses „Mißverständnis“ mit dem Ausdruck des Bedauerns korrigieren? Das glaube ich einfach nicht. Wenn es wirklich so wäre, dann wäre es eine überaus blamable Panne des Vatikan. Denn da muß es doch Leute geben, die Papst-Ansprachen gegenlesen und ggf. Korrekturen vorschlagen.

    Das Zitat überdies war ein m.E. entbehrliches — es hätte weniger kontroversielle Beispiele zuhauf gegeben. Wenn also der Papst genau dieses Zitat wählt, und dann eher beiläufig davon zum Thema Gewaltlosigkeit weiterschreitet, dann denke ich mir: er wolle offenbar — auf leicht verschleierte Weise, antürlich! — den Islam als Religion der immanenten Gewaltbereitschaft kennzeichnen. Womit er leider auch völlig recht hätte!

    Nur darf er über dieses zitierte Urteil von Manuel II. dann nicht sagen, er habe „… nicht beabsichtigt und beabsichtigt keinesfalls, es sich zu eigen zu machen.“ Damit macht er sich völlig unglaubwürdig! Denkt er nun, der Islam sei immanent gewaltbereit, oder denkt er das nicht? Leider hat der Papst in dieser „Klarstellung“ nicht nur Dinge gesagt, die er besser nicht gesagt hätte — er hat ebenso auch Dinge nicht gesagt, die hätte sagen müssen:
    – daß es ein Skandal ist, wenn in der Türkei dem Patriarchat von Konstantinopel seit Jahrzehnten gesetzwidrig ein Priesterseminar verweigert wird.
    – daß es ein Skandal ist, daß das öffentliche Bekenntnis des Christentums in Saudiarabien ein verbrechen ist.
    – daß es ein Skandal ist, wenn in Nigeria Stück um Stück die Scharia als Gesetzesquelle eingeführt wird und die Christen dieses Landes zunächst durch Progrome eingeschüchtert und von moslemischen Milizen entweder getötet, vertrieben oder zwangs“bekehrt“ werden.
    – daß es ein Skandal ist, daß in Pakistan, Indonesien, Algerien, dem Sudan und den anderen Staaten der Sahelzone das Christentum, das dort ohnedies eine marginale Minderheit ist, systematisch verfolgt wird, daß am laufenden Band Geistliche ermordert und Kirchen abgefackelt werden. Und schließlich noch
    – daß es höchst verräterisch ist, daß auf einige Worte aus seinem Mund in den Straßen der islamischen Welt gewalttätigen Demonstrationen losbrechen und Morddrohungen gegen ihn ausgesprochen werden, denn wer zu Unrecht beschuldigt wird, widerlegt die Beschuldigung und kündigt nicht an, den Beschuldiger umzubringen.

    Das alles (nein, überfordern wir ihn nicht: wenigstens irgendwas davon) hätte Benedikt sagen sollen, ja müssen — und hat es nicht getan.

    Leider!

    P.S.: mit Habermas haben Sie leider völlig recht! Ich wollte nur den Kontrast etwas verschärfen, und der ist bei Stalin zweifellos größer als beim Historikerstreit.

  8. P.P.S.: jaja, die Tags sind a Hund! hinter dem „irgendwas“ sollte eigentlich der End-Tag für Fettdruck stehen — ich wollte nicht quasi mein Post mit einem Dauerschrei beenden 🙂

    P.P.P.S: gibt’s eigentlich eine „Vorschau-Funktion“? Oder habe ich, wie man so schön sagt, nur „Gurkenscheiben auf den Augen“ … ???

  9. Vorschau gibt es sicher bald. Ich werde mich drum kümmern. (Habe auch den Tag geschlossen.)

  10. Mmh, Penseur, kommt darauf an was man unter „Entschuldigung“ versteht:

    1. eigentlich heißt Entschuldigung ja, sein Verhalten zu erklären und so eine etwa sonst vorhandene oder angenommene Schuld auszuräumen. Das stegt z.B. in Apologie. Die Apologisten schrieben ja nicht: „Lieber Kaiser, es tut uns leid, daß wir Christen sind. Bitte nicht umbringen!“ Aber das ist heute nur noch in Ausdrücken wie „Entschuldigung.“ erhalten, wenn man z.B. jemanden anspricht.

    2. Um Verzeihung bitten, für das was man getan oder gesagt hat.

    3. Sein Bedauern über gewisse Folgen eigener Handlungen ausdrücken. Das ist oftmals auch unehrlich gemeint, z.B. „Es tut mir leid, daß ihr zu doof seid, mich zu verstehen, und euch über Kinkerlitzchen aufregt!“

    Was der Papst sagte, entspricht Typ 3, natürlich im ehrlichen Sinne. Warum sollte er denn auch nicht nochmal sagen, was beim letzten Mal nicht angekommen ist.

    Sie sprechen vom Martyrium … von anderen. Nicht fein. Außerdem sind wir keine Donatisten, die so heiß aufs Martyrium sind, daß sie alles unterlassen, was es vermeiden könnte, selbst das als Christ mögliche oder sogar gebotene. Aber jemand, der so handelt, kann gar kein Märtyrer sein.

    Das was Sie anprangern, ist zwar durchaus richtig, aber was hätte uns das gebracht? Vor allem in dieser Situation? Das wäre nun wirklich Öl ins Feuer gegossen (was manche fälschlicherweise der Regensburger Vorlesung vorwerfen, obwohl es da noch gar kein Feuer gab).

    Auch Christen haben Schuld auf sich geladen, aber die obige Charakterisierung der Missionierung, insbesondere Lateinamerikas, ist doch bestenfalls sehr einseitig, eigentlich sogar grundfalsch. Ich sage nur Bartolomeo de Las Casas und die Jesuiten.

  11. @str1977:

    Was der Papst sagte, entspricht Typ 3, natürlich im ehrlichen Sinne. Warum sollte er denn auch nicht nochmal sagen, was beim letzten Mal nicht angekommen ist.

    Es ist auch jetzt nicht angekommen, fürchte ich …

    Außerdem sind wir keine Donatisten, die so heiß aufs Martyrium sind, daß sie alles unterlassen, was es vermeiden könnte, selbst das als Christ mögliche oder sogar gebotene.

    Das wollte ich Ihnen auch gar nicht unterstellen. Aber meine obige Unterscheidung sollte herausarbeiten, daß eben der Islam quasi „systemimmanent“ Gewalt gegenüber den „Ungläubigen“ betreibt (es hat eben alles der Herrschaft allahs unterworfen zu werden — die Wahl der Mittel ist nur eine strategisch-taktische, keine prinzipielle Frage!), wohingegen das Christentum quasi „systemimmanent“ lieber Ungerechtigkeit leidet als Ungerechtigkeit verübt — wobei die Praxis oft anders ausgesehen hat und die bellum-justum-Lehre alles alles andere als „gerechte Kriege“ rechtfertigen mußte.

    Auch Christen haben Schuld auf sich geladen, aber die obige Charakterisierung der Missionierung, insbesondere Lateinamerikas, ist doch bestenfalls sehr einseitig, eigentlich sogar grundfalsch. Ich sage nur Bartolomeo de Las Casas und die Jesuiten.

    Keine Angst: ich bin Katholik genug, um nicht zeitgeistiges „catholic-bashing“ zu betreiben. Andererseits bin ich aber auch historisch versiert genug, um Greueltaten der Conquistadoren in Lateinamerika nicht bloß als bedauerliche Betriebsunfälle eines lupenrein gewaltlosen Christianisierungsprozesses anzusehen. Das ist nämlich auch blauäugig!

    Das was Sie anprangern, ist zwar durchaus richtig, aber was hätte uns das gebracht? Vor allem in dieser Situation? Das wäre nun wirklich Öl ins Feuer gegossen.

    Was ich hier bemängle ist, daß der Papst zuerst eine mutige Ansage macht, und dann wegen der — keineswegs unvorhersehbaren! — Reaktion zurückrudert. Wenn er schon so etwas sagt, dann muß er auch konsequent bleiben. Dann muß er zumindest sagen: „Selbst wenn ihr mir vorwerft, ich hätte euch ungerechtfertigt als gewaltgeneigt bezeichnet, dann ist eure Reaktion die eindrucksvolle Bestätigung, daß meine Meinung gerechtfertigt ist.“

    Ja, selbst wenn sich der Papst darauf beschränkt hätte, von einem Mißverständnis zu sprechen, wäre das zwar nicht umwerfend mutig gewesen, aber hätte noch „diplomatische“ Berechtigung! Aber er erklärt vielmehr jetzt ausdrücklich, er habe „… nicht beabsichtigt und beabsichtigt keinesfalls, es [Anm.: das Urteil Manuels II. über den Islam] sich zu eigen zu machen.“ Und genau das ist das tatsächliche Problem an diesem Beschwichtigungsversuch, denn dadurch sagt der Papst: „Manuel II hat den Islam zu Unrecht als gewaltgeneigt bezeichnet.“ Wenn er das tatsächlich glaubt (was ich mir nicht vorstellen kann — er ist ja weder blind noch blöd!), dann frage ich mich: was hat ihn geritten, daß er dann das Zitat anführte. Wenn er es aber nicht glaubt — was reitet ihn jetzt, aus „Diplomatie“, um nicht „Öl ins Feuer zu gießen“, schlicht und einfach den Islam und seine immanente Gewaltbereitschaft zu beschönigen, daß sich die Balken biegen?

    Es ist in gewisser Weise eine „no win“-Situation, das ist mir schon klar. Aber auch eine solche wird dadurch nicht besser, daß man einer Erpressung nachgibt, wenn man dafür nicht nachhaltig einen Vorteil für sich erwarten kann. Nur — worin sollte der angesichts dieses Islams, wie er eben real existiert und terrorisiert, bestehen?

    Kurz gesagt:
    – wenn Benedikt nicht wußte was er eigentlich sagte, muß ich mich wundern, warum so jemand Papst ist.
    – wenn er etwas anderes sagen wollte, muß ich mich wundern, warum er ein so mißverständliches, ja überflüssiges Zitat verwendet.
    – wenn er jedoch das sagen wollte, was er in seiner Zitation andeutete, dann muß ich mich wundern, welche Amtsauffassung er hat.

    M.a.W.: Gründe zum Wundern habe ich genug! „A Domino factum est istud, et est mirabilis in oculis nostris“ war, glaub‘ ich, anders gemeint …

    😉

  12. Hallo Penseur,

    „Es ist auch jetzt nicht angekommen, fürchte ich …“

    Nicht, ich wollte sagen, daß der Papst nicht für ein Fehlverhalten um Verzeihung gebeten hat (Typ 2) oder seine Ausdruckweise gerechtfertigt hat (Typ 1). Er hat sie noch mals erklärt und sein Bedauern über Mißverständnisse ausgedrückt.

    Deshalb ist es m. E. auch nicht angebracht, ihm das vorzuwerfen. Er hat nichts zurückgenommen von dem, was er denn gesagt hat.

    Was sie über die systemimmanente Gewalt im Islam sagen, mag stimmen. Historisch auf jeden Fall. Ob der Islam sich davon abwenden kann, kann ich als Nicht-Moslem, der sich nicht darin einmischt, wie sich andere Religionen definieren, weil es mir selbst auf die Nerven geht, wenn sich jeder Nicht-katholik berufen fühlt, zu entscheiden, wie denn der katholische Glaube auszusehen hat (bevor Sie jetzt fragen, damit meine ich ausdrücklich nicht Sie, sondern andere, z.B. den Landesbischof Friederich kurz vor dem Papstbesuch). Allerdings bin ich, da diese Praxis auf Mohammed zurückgeht, durchaus skeptisch.

    Auch mit das, was Sie über Regel und Verstoß im Christentum gesagt haben, kann ich unterschreiben.

    Aber ich muß folgendem widersprechen:

    „Was ich hier bemängle ist, daß der Papst zuerst eine mutige Ansage macht, und dann wegen der — keineswegs unvorhersehbaren! — Reaktion zurückrudert. Wenn er schon so etwas sagt, dann muß er auch konsequent bleiben.“

    Er hat aber eben nicht diese Ansage gemacht, und deshalb auch nicht zurückgerudert. Sie machen den gleichen Fehler, wie die aufgeregten Moslems und unterschieben die Äußerungen Kaiser Manuels, die zwar zugespitzt aber durchaus nicht grundfalsch sind, dem Papst. Er hat das aber nicht gesagt. Wenn Sie wollen, dann kritisieren Sie den Papst, weil er es in Regensburg nicht gesagt hat. Aber kritisieren Sie ihn nicht, dafür daß er etwas, was er nicht gesagt hat, nun zurücknähme.

    „Aber er erklärt vielmehr jetzt ausdrücklich, er habe “… nicht beabsichtigt und beabsichtigt keinesfalls, es [Anm.: das Urteil Manuels II. über den Islam] sich zu eigen zu machen.”“

    Ja, soll er denn lügen? Er hat’s nicht beabsichtigt.

    Und das „tatsächliche Problem an diesem Beschwichtigungsversuch“ erschließt sich mir nicht, denn meines Wissens hat der Papst nicht gesagt; „Manuel II hat den Islam zu Unrecht als gewaltgeneigt bezeichnet.“ Erneut lesen Sie etwas in die Worte des Papstes herein.

    „Andererseits bin ich aber auch historisch versiert genug, um Greueltaten der Conquistadoren in Lateinamerika nicht bloß als bedauerliche Betriebsunfälle eines lupenrein gewaltlosen Christianisierungsprozesses anzusehen. Das ist nämlich auch blauäugig!“

    Ja, das wäre blauäugig und schlimmer noch, vollkommen falsch. Mir ging es ja um die Missionsgeschichte. Nach Kolumbus kamen eben sowohl Conquistadoren als auch Missionare nach Amerika. Die ersten trachteten nach Gold und Reichtümern und Ausbeutung der Eingeborenen, die anderen wollten diesselben zum Christentum bekehren. Was passiert, wenn letztere fehlen, kann man ja in Nordamerika besichtigen. Mir ging es darum, die Missionare (die sicher auch nicht fehlerlos waren) von den wirklichen Gewalttätern zu unterscheiden.

    Abschließend bitte ich Sie, hören Sie auf ihre Meinung dem Papst zu unterschieben, und mit dem Martyrium anderer zu spielen, nur um es den Muselmanen mal ordentlich ins Stammbuch zu schreiben. Das war in Regensburg nicht die Absicht des Papstes, warum sollte er es dann jetzt machen?

  13. @str1977:

    Er hat aber eben nicht diese Ansage gemacht, und deshalb auch nicht zurückgerudert. Sie machen den gleichen Fehler, wie die aufgeregten Moslems und unterschieben die Äußerungen Kaiser Manuels, die zwar zugespitzt aber durchaus nicht grundfalsch sind, dem Papst. Er hat das aber nicht gesagt.

    Ich habe nochmals die Rede im Wortlaut durchgelesen. Und ich gebe Ihnen dahingehend recht, daß ein Zitat ein Zitat ist und deshalb nicht schon die Meinung des Zitierenden wiedergibt. Nur: wenn Benedikt Manuel II zitiert und dann fortfährt:

    „Der entscheidende Satz in dieser Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt lautet: Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Herausgeber, Theodore Khoury, kommentiert dazu: Für den Kaiser als einen in griechischer Philosophie aufgewachsenen Byzantiner ist dieser Satz evident. Für die moslemische Lehre hingegen ist Gott absolut transzendent. Sein Wille ist an keine unserer Kategorien gebunden und sei es die der Vernünftigkeit. […] Ist es nur griechisch zu glauben, daß vernunftwidrig zu handeln dem Wesen Gottes zuwider ist, oder gilt das immer und in sich selbst? Ich denke, daß an dieser Stelle der tiefe Einklang zwischen dem, was im besten Sinn griechisch ist, und dem auf der Bibel gründenden Gottesglauben sichtbar wird.“

    dann gibt Benedikt zu verstehen, daß er diesen „griechischen Ansatz“ offenkundig teilt, mehr noch: daß er ihn für essentiell christlich hält. Dieser Befund erhärtet sich auch in seinem negativ konnotierten Verweis auf den scotistischen Voluntarismus der Spätscholastik. Wer so argumentiert, der hält offenbar Gott an die Regeln der Vernunft gebunden und findet von da einen Zugang zum Diskurs (im Gegensatz zur „Überzeugung durch Unterwerfung“ — das Wort „Islam“ heißt ja übersetzt: „Unterwerfung“!).

    Wenn der Papst nun sagt, er teile dieses Urteil Manuels II nicht, was will er dann sagen? Hier gibt es den „Knackpunkt“ in der Argumentation. Man kann natürlich sagen, Manuel II häte seinen — an sich richtigen — Befund durch die schroffe Formulierung entwertet, weil er dadurch den Gegner erbittert und einen Diskurs damit verunmöglicht hätte. Nur: dann darf der Papst nicht sagen „er teile das Urteil Manuels nicht“, sondern er teile es, halte es in seiner Form jedoch für unklug vorgetragen! Wenn jemand genau die Grundlage eines zitierten Arguments für seine eigene, weitere Argumentation verwendet, kann er nicht gleichzeitig behaupten, er teile ebendiese Grundlage nicht.

    Nach Kolumbus kamen eben sowohl Conquistadoren als auch Missionare nach Amerika. Die ersten trachteten nach Gold und Reichtümern und Ausbeutung der Eingeborenen, die anderen wollten diesselben zum Christentum bekehren. Was passiert, wenn letztere fehlen, kann man ja in Nordamerika besichtigen. Mir ging es darum, die Missionare (die sicher auch nicht fehlerlos waren) von den wirklichen Gewalttätern zu unterscheiden.

    Nun, da sind wir auf weite Strecken d’accord, obwohl ich sagen muß, daß die Vorgangsweise der Missionare auch nicht jenen „diskursiven Überzeugungscharakter“ hatte, den sie ihr jetzt zumessen. In Wirklichkeit war binnen kurzer Zeit — nämlich gerade soviel Zeit, als es benötigte, eine kirchliche Hierarchie zu errichten und eine staatliche Verwaltung, die sich „ungläubiger“ Untertanen entsprechend, d.h. den Regeln der Inquisitionstribunalien entsprechend, anzunehmen — war also ein Indianer, der sich nicht taufen ließ, ein toter (oder doch wenigstens: ein rechtloser, enteigneter und/oder vertriebener) Indianer. Oder wollen Sie mir ernstlich weismachen, daß die Christianisierung riesiger Gebiete mit jahrhundertealten, von abendländischen Traditionen grundverschiedenen Hochkulturen (wie es z.B. die Inkas zweifellos waren) tatsächlich unrepressiv in wenigen Jahrzehnten „gelaufen“ war, wo doch die Christianisierung genuin „abendländischer“ Gebiete des Römimschen Reiches Jahrhunderte dauerte, und ebenso die (bekanntlich bereits eher blutige) anschließende Christianisierung der Germanen und Slawen nochmals sich über Jahrhunderte erstreckte? Ich glaube, daß das nicht ernstlich behauptet werden kann. Hier hat die Kirche mit einem durchaus als heuchlerisch zu bezeichnendem „Ecclesia non sitit sanguinem“ die Drecksarbeit dem „weltlichen Arm“ überlassen.

    Aber all das ist eigentlich „obiter dictum“ in dieser Debatte …

    Abschließend bitte ich Sie, hören Sie auf ihre Meinung dem Papst zu unterschieben, und mit dem Martyrium anderer zu spielen, nur um es den Muselmanen mal ordentlich ins Stammbuch zu schreiben.

    Nun, ich denke ncht, daß ich meine Meinung dem Papst unterschiebe, ich versuche nur zu klären, was er — nach den Regeln der Vernunft — denn gemeint haben könnte, und ziehe daraus meine Schlüsse. Der Vorwurf, ich spielte mit dem Martyrium anderer, ist jedenfalls unbegründet. Der Papst hätte, wenn er denn schon zumindest mißverständliche Äußerungen von sich gibt, wohl eher mit dem Martyrium anderer gespielt, als ich. Ich bleibe dabei — es gibt eigentlich nur drei Interpretationsmöglichkeiten:

    1. Benedikt erkannte nicht, daß dieses Zitat (unabhängig von seiner inhaltlichen Berechtigung oder Nicht-Berechtigung) geeignet ist, Moslems in Rage zu bringen. Das wäre höchst blamabel für einen Theologen und Kirchenpolitker von Rang (und das kann ich mir einfach nicht vorstellen).

    2. Benedikt teilt die Meinung Manuels nicht. Dann frage ich mich nur: warum zitiert er ihn dann und widerlegt dieses Zitat in der Folge auch nicht, sondern begnügt sich damit, es als „… in erstaunlich schroffer, uns überraschend schroffer Form“ zu charakterisieren — das ist nämlich nur ein Argument gegen die Vorbringensweise, nicht gegen die inhaltliche Richtigkeit!

    3. Benedikt teilt die Meinung Manuels (wenn auch ohne die Schroffheit des Vorbringens geeignet zu finden). Dann aber macht er sich durch die Aussage, das mittelalterliche Zitat habe in keiner Weise sein persönliches Denken ausgedrückt, unglaubwürdig.

    Vielleicht kennen Sie noch eine vierte, irgendwie logisch nachvollziehbare Möglichkeit — dann teilen Sie sie bitte mit. Mir fällt — leider! — keine ein.

  14. Lieber Denker,

    auch ich habe die Vorlesung gelesen.

    Benedikt hat sich schon in vornherein von dem Manuelzitat distanziert, indem er es als “ in erstaunlich schroffer Form“ bezeichnete.

    Das Benedikt die „griechische“ Meinung über Gott und Vernunft teilt, steht fest. Insofern stimmt Benedikt mit Manuel überein, mit dem „entscheidenden Satz in dieser Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt“ – und den refereriert er dann und er heißt nicht:

    „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden“,

    sondern, in des Papstes Worten:

    „Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider.“

    Dagegen stellt Khoury die moslemische Lehre, „Gott absolut transzendent“ sei und „Sein Wille ist an keine unserer Kategorien gebunden und sei es die der Vernünftigkeit.“

    Dies ist aber keine Übereinstimmung mit den inkrimierten Worten Manuels.

    (Ganz nebenbei, die Argumentation mit dem Wort Islam ist nicht sehr stichhaltig. Auch Christen sind gehalten, sich Gott zu unterwerfen oder sich ihm hinzugeben. Das Verhältnis zwischen Christen und Gott kennt zwar auch noch andere Bilder, das vom Kindern und dem Vater, daß von Freunden und Christus, aber Unterwerfung gehört auch dazu. Und eine Unterwerfung, und damit komm ich wieder zurück zu dem Argument ist eben nicht unbedingt Zwang. Ich erinnere nur an Ignatius von Loyola: Gehorsam ist ein Kind der Freiheit“!)

    Also, „Wenn der Papst nun sagt, er teile dieses Urteil Manuels II nicht“, dann stellt er nur noch mal deutlich heraus, was er schon in Regensburg andeutete, daß er nämlich mit der „Mohammed hat nur Altes und Böses gebracht“ nicht überstimmt.

    Was Sie tun ist, einen Teil des Zitats zum Ausgangspunkt der weiteren päpstlichen Ausführungen zu erheben. Der Papst ging aber eben nicht davon aus, sondern von der am Ende des Satzes stehenden Ablehnung der Zwangsbekehrung, und darauf aufbauend auf der Relation von Gott und Vernunft/Logos.

    „daß die Vorgangsweise der Missionare auch nicht jenen “diskursiven Überzeugungscharakter” hatte, den sie ihr jetzt zumessen“

    Was messe ich ihr zu? Ich sagte nur, daß die Missionare – mit all ihren Fehlern – keine Räuber und Schlagetots waren. Diese spielen auch in der Missions

    Und leider muß ich sagen, daß Sie nicht gerade von Geschichtskenntnis strotzen, wenn sie sagen:

    „Verwaltung, die sich “ungläubiger” Untertanen entsprechend, d.h. den Regeln der Inquisitionstribunalien entsprechend, anzunehmen“

    Ich dachte, sie sitzen nicht „Catholic-bashing“ auf. Warum dann die Legende wiederholen, die Inquisition hätte sich mit Ungläubigen, Ungetauften befaßt? Es sollte doch langsam bekannt sein, daß sie das eben nicht tat.

    „Oder wollen Sie mir ernstlich weismachen, daß die Christianisierung riesiger Gebiete mit jahrhundertealten, von abendländischen Traditionen grundverschiedenen Hochkulturen (wie es z.B. die Inkas zweifellos waren) tatsächlich unrepressiv in wenigen Jahrzehnten “gelaufen” war,“

    Natürlich nicht. Abgesehen davon, daß ich einen Teil der Repression auch durchaus gutheißen muß, den schließlich waren die Inka und insbesondere die Azteken brutale Gewaltherrscher, die ihre Untertanen in rauhen Mengen zu Menschenopfern gebrauchten.

    Aber wer sagt denn, daß die Christianisierung so schnell von sich ging? Unterdrückung heidnischer Kulte ist noch keine Christianisierung. Ich rede hier von Mission, die nicht mit den Taten der Conquistadoren in eins zu setzen sind, aber sie antworten darauf, indem sie genau das wieder tun.

    „ich versuche nur zu klären, was er — nach den Regeln der Vernunft — denn gemeint haben könnte, und ziehe daraus meine Schlüsse.“

    Es tut mir leid, daß ich davon nicht viel merke. Der Papst hat gesagt was er gesagt hat. Ich finde die Vorlesung in keiner Weise unklar oder mißverständlich.

    Warum hat Benedikt das Zitat Manuels gebracht?

    Nun, einmal hat er natürlich seine Argumentation von diesem Zitat entwickelt, allerdings eben von dem hinteren Teil und nicht von der inkriminierten Wendung.

    Er hätte sicherlich auch die inkriminierte Wendung in seinem Zitat weglassen können, etwa durch Referierung à la „Manuel wirft dem Propheten vor, er habe “vorgeschrieben …, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten““.

    Er hat es nicht getan, wohl weil er dachte, das Zitat würde nicht aus dem Zusammenhang gerissen. Das mag man naiv nennen (um damit, wie einige Medien, den Papst zum schuldigen zu stempeln), aber mir ist solche Naivität allemal lieber als die kalkulierende politische Korrektheit. Der wahre Verantwortliche an der Affäre ist derjenige, der es verkürzt widergegeben hat.

    Vielleicht mag auch ein akademischer Impetus mitgewirkt haben, eben das Zitat, auf das man sich bezieht, in seiner Gänze zu bringen, eben um nicht selbst aus dem Zusammenhang zu reißen.

    Deshalb ist es letzlich böswillig, Benedikt die Optionen Blödheit oder Zustimmung zu allen Einzelheiten zu zwingen. Das eine ist Hans Küng, das andere die Muslimbruderschaft.

    Deshalb möchte ich Sie erneut bitten, nicht den Papst für ihre Meinung zu mißbrauchen.

  15. @str1977:

    Warum dann die Legende wiederholen, die Inquisition hätte sich mit Ungläubigen, Ungetauften befaßt? Es sollte doch langsam bekannt sein, daß sie das eben nicht tat.

    Da haben Sie allerdings gleich den Ursprung der Inquisition dezent ausgeblendet — nämlich die Inquisition gegen die Albigenser (es sei denn, Sie verträten die kühne These, es handle sich bei den Albigensern um Katholiken, die nur leider das Pech hatten, häretische Lehren zu verkünden). Albigenser waren keine Christen und waren auch nicht getauft (und mit Sicherheit nicht mit einer trinitarischen Taufformel — sohin nach katholischem Verständnis ungetauft). Die nquisition beschäftigte sich trotzdem mit ihnen. Nachhaltig, bis keine mehr da waren.

    Das ist nicht catholic bashing oder mangelnde Geschichtskenntnis, sondern sind nachlesbare, gesicherte Fakten. Nur zu Ihrer Information: ich war einmal (es ist, zugegeben, schon ein rundes Vierteljahrhundert her) einmal Assistent am Institut für Kirchenrecht und beschäftigte mich dort v.a. mit Kirchenrechtsgeschichte. Schon damals interessierte mich (u.a.) auch die Geschichte der Inquisition, die ich damals allerdings gegenüber dem in den 70er-Jahren üblichen „catholic bashing“ an den Unis eher apologetisch vertrat. Wobei mich diese Apologetik allerdings nicht daran hinderte, trotzdem auch kritische Literatur zu lesen und mir meine Meinung zu bilden. Als ein befreundeter Priester vor einigen Jahren einmal das Bedürfnis verspürte, die Inquisition in einem Glaubenskurs coral-optimal-reinzuwaschen, nahm ich wieder meine Literatur her, prüfte, ob es entscheidend neue Erkenntnisse gegeben hätte, und erlaubte mir dann, dem Priester kurz meine Meinung über das Thema zu sagen (unter vier Augen, versteht sich). Nun, wie soll ich sagen: wir sind noch immer gut bekannt, aber seine Reaktion war für mich damals der Anlaß, mir einige weitergehende Fragen über den katholischen Glauben zu stellen. Aber das nur nebenbei …

    Ich rede hier von Mission, die nicht mit den Taten der Conquistadoren in eins zu setzen sind, aber sie antworten darauf, indem sie genau das wieder tun.

    Ich setze keineswegs gleich, aber ich teile nicht Ihre These, daß die Missionare sich aufopferungsvoll und human um die Christianisierung bemühten, wohingegen die Conquistadores böse Kerle waren. Das ist Schönfärberei (wie sich ja aus der höchst oberflächlichen „Christianisierung“ größter Teile Lateinamerikas heute eindrucksvoll — nein: furchterregend! — bestätigt). De Las Casas war die Ausnahme, nicht die Regel (sonst würde sein Name nicht immer zitiert werden!). Die Wahrheit ist wohl, daß die Conquistadores tendenziell brutale, raffgierige Eroberer waren, und die Missionare tendenziell gutmütige Bekehrer, deren Gutmütigkeit bei Verharren in alten Kulten allerdings sehr bald endenwollend war (um’s einmal so auszudrücken) …

    Soferne Ihr Nick einen Bezug auf Ihr Geburtsjahr enthält (wie ich annehme, aber ich kann mich auch täuschen), wundert mich Ihre Meinung nicht wirklich: heute sind die Priester ja zumeist schlapfentragende Sozialarbeiter mit ostentativer „Option für die Armen“. Das war aber nicht der Typus des Klerikers des 16. Jahrhunderts. Ich bin (vermutlich) runde 20 Jahre älter als Sie, und habe noch den (schon damals) aussterbenden „alten Typus“ am Rande mitbekommen — und bei all meiner Kritik an der Kultur- und Niveaulosigkeit, die sich im Gefolge des Vaticanum II breitmachte, ist mir doch klar, warum letztlich dieses Konzil kam und Erfolg (wenn auch einen höchst zweifelhaften) hatte.

    Deshalb ist es letzlich böswillig, Benedikt die Optionen Blödheit oder Zustimmung zu allen Einzelheiten zu zwingen. Das eine ist Hans Küng, das andere die Muslimbruderschaft.

    Deshalb möchte ich Sie erneut bitten, nicht den Papst für ihre Meinung zu mißbrauchen.

    Okay, einigen wir uns darauf, daß der Papst eine wunderbare akademische Vorlesung gehalten hat, aus der böswillige Moslems ein Zitat aus dem Zusammenhang rissen, um so Gelegenheit zu haben, wieder einmal zum Heiligen Krieg aufzurufen. Ich hoffe, daß ich damit Ihrer Meinung nach nicht schon wieder den Papst für meine Meinung mißbrauche.

    Die Frage, die sich stellt, ist aber: was macht er jetzt daraus. Und hier ist das Bild, sagen wir mal, m.E. etwas zwiespältig. Denn auf eine völlig unangemessene Reaktion (Morddrohung und Mord, Abfackeln von Kirchen, Ankündigung der Vernichtung des christlichen Abendlandes etc.) nur zu sagen: „Sorry, das war doch ein Mißverständnis, das ich bedauere!“ — das ist zu wenig, v.a. dann, wenn dieses Mißverständnis schlagend (im wörtlichsten Sinne des Wortes!) beweist, daß gerade die Verurteilung von Gewalt und Unterdrückung durch den Papst von den Moslems hic et nunc mit Füßen getreten wird. Hier wäre wenigstens ein kleiner Hinweis nützlich gewesen, und zwar nicht in den Fußnoten einer Pressemitteilung des Staatssekretariats (dort findet sich natürlich, gut hinter Nostra-Aetate-Zitaten versteckt, in der Tat ein bisserl was), sondern in der Angelus-Predigt am Sonntag. Aber bitte, hier gehen unsere Meinungen offenbar auseinander. Let’s agree to disargree …

  16. Penseur,

    Was die Albigenser anging, galten diese wirklich als christliche Häresie. Rein inhaltsmäßig sinds sie zwar so weit vom christlichen Glauben entfernt wie sonst nichts (außer ihren Zwillingen Gnosis und Manichaeismus natürlich), wesentlich weiter weg als der Islam (den allerdings z.B. Hilaire Belloc auch als christliche Häresie bezeichnet hat). Aber da sie sich auf Christus beriefen, galten sie als Häresie. Außerdem fand dies in einem schon jahrhundertelang christianisiertem Landstrich statt, wo es nunmal außer den Juden keine Nicht-christen im formalen Sinne mehr gab. Und sicher waren zumindest der übergroße Teil, wenn nicht sogar alle Albigenser getauft, natürlich nicht als Albigenser, aber doch zumindest als Kinder.

    Ich will auch gar nicht die Inquisition reinwaschen, aber man sollte sie so betrachten wie sie war, und auch ihren rechtsgeschichtlichen Beiträge (Verfahren) nicht übersehen. Aber mit ihrer Vergangenheit erzähl ich ihnen nichts neues.

    „Ich setze keineswegs gleich“

    Ja, warum legen Sie dann das Thema nicht beiseite. Mein einziger Punkt dazu war, daß die Missionare eben nicht die Massenmörder waren, sondern daß ihr Einfluß eher zu den positiven Dingen zu rechnen es, bei allen Fehlern die ihnen anhaften (und das schreibe ich jetzt schon zum dritten Mal). Und was Gutmütigkeit gegenüber alten Kulten angeht, sollte man zuerst betrachten, um was für einen Kult es geht. Tatsache ist ja auch, daß die Eingeborenen nicht der Inquisition, sondern vor allem Seuchen zum Opfer fielen.

    Ja, in der Tat, ich bin Jahrgang 1977, doch das heißt nicht, daß ich die Priester des 16. Jahrhunderts für schlappentragende Sozialarbeiter halte, von denen ich Gottseidank in Kindheit und Jugend verschont wurde. Sowas ist mir erst in den letzten paar Jahren begegnet. Nicht zu vergessen, die Kirchenhasser im Meßgewand.

    Und bei der letzlich positiven Bewertung des Vaticanum II rennen sie bei mir, bei allem Irrsinn der sich im Gefolge der Umsetzung breitgemacht hat, offene Türen ein. Aber da sind wir beiden wohl grundsätzlich einer Meinung, soweit ich daß ihren Bemerkungen entnehmen kann.

    „Okay, einigen wir uns darauf, daß der Papst eine wunderbare akademische Vorlesung gehalten hat, aus der böswillige Moslems ein Zitat aus dem Zusammenhang rissen, um so Gelegenheit zu haben, wieder einmal zum Heiligen Krieg aufzurufen. Ich hoffe, daß ich damit Ihrer Meinung nach nicht schon wieder den Papst für meine Meinung mißbrauche.“

    Nein, dem kann ich voll und ganz zustimmen.

    „Die Frage, die sich stellt, ist aber: was macht er jetzt daraus. Und hier ist das Bild, sagen wir mal, m.E. etwas zwiespältig.“

    Ja, das ist es. Wenn es nur ums Recht ginge, hätte Benedikt gar nichts mehr sagen brauchen. Wenn es ums Besserwissen gegangen wäre, hätte er sagen können: „Seht ihr, sie sind inhuman!“ Aber unter den Umständen, war es m.E. das völlig richtige, die Fehlinterpretation klarzustellen, was entweder die Situation deeskaliert (ohne etwas vom wirklich gesagten zurückzunehmen), oder zumindest die Übeltäter erst recht ins Unrecht zu setzen. Wie heißt es im Römerbrief 12, 20:

    „Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen,
    wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken;
    tust du das, dann sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt.“

    Und, an letzteres anknüpfend: die Botschaft, von der Sie sich wünschen, daß der Papst sie ausgesprochen hätte, kommt auch so an. Ein befreundetes Paar, daß normal nicht gut auf die Kirche zu sprechen sind, haben mich angesprochen darauf und dem Papst bzw. Manuel rechtgegeben.

    For the rest, let’s agree to disargree …