Heute morgen im Deutschlandfunk: Jürgen Liminski befragt Maria Steuer. Sie ist Mitinitiatorin der Kampagne Familie sind wir.
Das Unrecht ist, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes nicht umgesetzt werden, zum Beispiel in der Rentenversicherung. Eine Frau muss mindestens 27 Kinder gebären, um eine Rente in Höhe von Sozialhilfe zu bekommen. Zusätzlich soll sie jetzt dazu gebracht werden, ihren Rentenanspruch auch in der Erwerbstätigkeit zu verdienen. Das heißt Frauen sollen jetzt zweimal einzahlen.
Liminski: Aber viele Frauen wollen doch arbeiten?
Steuer: Ich glaube, dass sie einfach manipuliert werden durch Kampagnen, durch Untersuchungsergebnisse, durch Umfragen, die das einfach als Voraussetzung hinstellen, nämlich die EMNID-Umfrage jetzt von April 2006, ganz neu und ganz frisch, fragt, was Frauen wollen. Dabei ist ein erstaunliches Ergebnis, dass 63 Prozent der jungen Frauen – und zwar Frauen und nicht Mütter – der Meinung sind, dass Frauen, Mütter in den ersten drei Jahren zu Hause sein wollen, um bei ihren Kindern zu sein. Ich weiß also nicht, welche Ergebnisse und welche Umfragen ergeben, dass Frauen arbeiten wollen. Vielmehr glaube ich, dass Frauen heutzutage arbeiten müssen. Es bleibt ihnen gar nicht die Entscheidungsfreiheit, sondern die finanzielle Belastung der Familien ist so groß, dass mit einem Gehalt eine Familie kaum noch finanziert werden kann.
Beim ersten Lesen klingen die Forderungen der Kampagne ganz vernünftig. Sehen wir mal, was daraus wird.
This post has been removed by the author.
Ja, ja, die bösen Kinderkrippen, Kinderlosen und arbeitenden Mütterschlampen. Es wurde Zeit, daß dagegen etwas unternommen wird. Ich vermisse allerdings die Forderung nach der Abschaffung der Schulpflicht. Es kann ja wohl nicht sein, daß Kinder vom Staat unterrichtet werden wenn jeder dahergelaufene Hausfrau das wesentlich besser kann.
Oh Junge, was für ein Quark!
fonolog.com
Es kann ja wohl nicht sein, daß Kinder vom Staat unterrichtet werden wenn jeder dahergelaufene Hausfrau das wesentlich besser kann.
Die Homeschooler in den USA machen genau das…
Obwohl ich da selbst sehr skeptisch bin. Mal ganz abgesehen von der Kenntnisvermittlung (was bitte soll ich meinen Kindern über Mathematik erzählen?!) ist es auch von der sozialen Integration her mehr als fragwürdig. In der Schule trifft das Kind alle möglichen Leute (ok, dort gibt’s auch soziale Segregation – aber nicht in dem Ausmaß wie beim Homeschooling), und hockt außerdem nicht an Mutters Rockzipfel.
Homeschooling ist der vorbereitete Weltbildzusammenbruch, wenn das Kind beim Eintritt ins Arbeitsleben plötzlich damit konfrontiert wird, dass die Welt nicht nur aus den braven Katholiken besteht, die er 18 Jahre lang um sich hatte…
Was Ihr hier diskutiert, hat mit dem Thema nicht viel zu tun.
@Petra
Hey, das war Ironie. Ich lehne Homeschooling außer auf Grönland komplett ab 🙂
@Martin
Was dieses sogenannte ‚Familiennetzwerk‘ fordert ist IMHO kompletter Unfug und geht auch an der Realität vorbei. Das üblicher BlaBla in Richtung Kinderloser und der Punkt mit den Kindergärten und Ganztagsschulen ist komplett daneben. Wer glaubt das Kinder zu Hause bei Mami besser aufgehoben sind als im Kindergarten ist auch von Homeschooling nicht weit entfernt. Alles in allem: Realitätsferne die zum Glück keinen Erfolg haben werden.
fonolog.com
fono, hast Du Dir eigentlich irgendetwas davon mal angesehen? Oder ist das jetzt so ein polemischer Schnellschuss, der anknüpft an frühere Debatten im alten fonolog?
Für mich ist der Punkt, um den es hier geht, die neue Familienpolitik der CDU – die sich letztlich an der Zerstörung der Familie beteiligt. Wenn ich die Kampagne richtig verstehe, wendet sie sich dagegen. Zu Recht.
Und sie setzt etwas breiter an. Auch zu Recht.
Dass sich Kinderlose auf den Schlips getreten fühlen, wenn ihre Privilegien (und sei es nur als Forderung ohne Chance auf Realisierung) angetastet werden, kann auch nicht überraschen.
Um Homeschooling geht es hier gar nicht, sondern um die ersten drei Jahre. Was jetzt beschlossen ist, ist der Weg in die flächendeckende Fremdbetreuung ab dem Säuglingsalter – weil beide Eltern de facto zur Erwerbstätigkeit gezwungen werden (vermittels Steuer- und Sozialpolitik). Jedenfalls in Normalverdienerfamilien.
Entschuldige bitte, Martin, ich habe nur auf die Bemerkungen von fono reagiert, nicht jedoch auf den Text selbst.
Jetzt habe ich ihn mir angeschaut – schaut sehr gut aus und auch sehr kämpferisch. Wenn die nur weitermachten… 🙂
>der Weg in die flächendeckende Fremdbetreuung ab dem Säuglingsalter
Nichts gegen einzuwenden. Wurde Zeit, daß diese Möglichkeit geschaffen wurde. In anderen Ländern funktioniert das schließlich auch wunderbar.
Deshalb halte ich von dieser Kampagne rein garnichts.
fonolog.com
Meine Mutter erzählt immer, dass ich in meiner Zeit in der Kinderkrippe dauernd krank war, weswegen sie erst recht wieder zu Hause bleiben musste…
Das spricht nun weder gegen Kinderkrippen noch für sie, ich war während meiner Schulzeit auch das eine und andere Mal krank.
Ich frage mich übrigens woher dieses ‚Familiennetzwerk‘ ihr Ideal hernimmt. In der Geschichte gibt es dafür nämlich kein Vorbild. Die Vorstellung einer Familie in der die Mutter primär für die Aufzucht des Nachwuches zu Hause bleibt anstatt zu arbeiten ist eine relativ neumodische Idee.
Bis zur Auflösung der Großfamilien in den Industrienationen (in der sogenannten ‚Dritten Welt‘ sind die traditionellen Strukturen ja bis heute erhalten geblieben) übernahmen entweder ältere Geschwister die noch nicht arbeiteten oder die nicht mehr zur Arbeit fähigen Mitglieder der Familie die Versorgung und Erziehung der Kinder.
Deshalb ist das Familienmodell dieser Kampagne und ähnlicher Initiativen die eine staatliche Bevorzugung von Familien fordern weder traditionell noch irgendwie christlich begründbar sondern eher ein kruder Mix aus romantischen neuzeitlichen Idealen und einer Verweigerung der Realität. Ob die aktuelle Gesetzgebung zur Familienförderung ideal ist ist eine andere Frage. Da ich selbst nicht betroffen bin habe ich mich nicht so genau damit beschäftigt. Allerdings habe ich von vielen Seiten gehört, daß Mindeverdiener und Alleinstehende nachwievor benachteiligt sind.
Hallo zusammen,
was Homeschooling angeht, stimme ich mit Fono überein. Die Schulpflicht abzuschaffen wäre Unsinn (bei allem Verbesserungsbedarf der heutigen Schulen). Schulen und Lehrer können das mit dem Unterrichten am besten.
Aber (das mußte ja kommen) …
… es wäre ja schon viel gewonnen, wenn man einsehen würde, daß das Erziehen (im Gegensatz zum Unterrichten) eben die Eltern am besten können. Dabei kann sie auch ein Kindergarten oder ähnliches unterstützen. Aus dem kann man seine Kinder auch wieder rausnehmen, denn letztlich bleibt die Verantwortung bei den Eltern … und muß dort auch bleiben.
Stattdessen kommt aber unsere Familienministerin auf die Idee ein Pflichtjahr für den Kindergarten einzuführen – wohlgemerkt gegen eine Vorvelegung der Einschulung um ein Jahr hätte ich nichts. Aber es den Eltern zur Pflicht zu machen (aus welch noblen Integrationszielen auch immer) ihre Kinder an eine Erziehungsanstalt abzugeben, ist für mich ein weiterer Schritt zum Erziehungstaat (wie ihn ein sonst recht vernünftiger Freund mal ausgedacht hat).
Ich hoffe, Martin, daß war nicht allzuweit weg vom Thema.
PS. Str hat hier früher schon als fra gepostet, aber man muß ja jetzt ein Blogger-Konto anlegen.
Hallo Fra!
>gegen eine Vorverlegung der Einschulung um ein Jahr hätte ich nichts.
Aber meinst Du nicht, daß eine Einschulung mit Fünf noch etwas zu früh ist? Allein schon um den Kindern den ‚Ernst des Lebens‘ noch ein Jahr zu erparen. Denn wenn sie erstmal im System sind, ist Schluß mit lustig. 😉
Was ist denn Deiner Meinung nach gegen ein verpflichtendes Kindergartenjahr einzuwenden? Aus meiner eigenen Erfahrung heraus und dem, was ich bei Kindern von Freunden und Bekannten sehe, ist diese Zeit ein wichtiger Schritt um Grundlegendes für den sozialen Umgang zu lernen, den ihnen die Eltern so nicht bieten können.
Abgesehen davon finden es die meisten Kinder schöner mit vielen anderen Kindern zusammen zu sein.
Fono, ich sagte ja nicht, daß man die Einschulung unbedingt vorziehen muß. Aber man könnte.
Ist die Schule eine Anstalt zur Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten, so ist daß der Kindergarten nicht, sondern eher eine Erziehungseinrichtung.
Ein Pflichtkindergarten wäre daher m. E. verfassungswidrig und auch gegen das Naturrecht, denn die Kindererziehung ist das natürliche Recht der Eltern. Der Kindergarten ist eine gute und nützliche Unterstützung, aber wenn er zur Pflicht wird … Es sollte die Entscheidung der Eltern sein
Als Berliner Papa und Fernsehgucker (Supernanny, peinlich ich oute mich)sage ich, dass viele Eltern ihre Kinder gar nicht mehr erziehen. Also je früher der Kindergarten, desto besser. Die Elernrolle wird bei vielen nicht mehr übernommen. Und sehr viele Sozialhilfeempfänger benutzen Kinder nur um Kindergeld zu bekommen. So sieht es hier in Berlin aus.