in Catholica

Durcheinanderwurf

Isolde Charim wirft in der taz (Unintelligentes Wissenschaftsdesign) alles durcheinander:

„Mit dem Vormarsch der ID-Vertreter in den USA, gestärkt durch Schützenhilfe von höchster Stelle – Papst Benedikt XVI. meinte bei seiner Amtseinführung: ‚Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist die Frucht eines Gedanken Gottes.‘ -, meldet sich das alte Erkenntnishindernis zurück. Ist das die Rückkehr eines Verdrängten? Keineswegs.

Der ‚epistemologische Bruch‘, den eine Wissenschaft vollzieht, bedeutet, dass sie sich einen eigenen, neuen Gegenstand konstruiert. Es ist also der Abschied von der trügerischen Selbstverständlichkeit des Gegebenen, von der empirischen Evidenz der Welt. Der theologische Diskurs versucht nun, eben diese Abgrenzung zu überschreiten. Er tut so, als bezögen sich religiöser und wissenschaftlicher Diskurs auf ein und dasselbe Objekt, und deshalb könne er diese gemeinsame empirische Realität definieren. Die Evidenz des göttlichen Planes, das unwissenschaftliche Konzept par excellence, ist nicht zufällig eine der zentralen Kategorien des ID.

Der religiöse Diskurs versucht also, das Terrain, das die Wissenschaft für sich abgesteckt hat, zu usurpieren und sich ebendort durchzusetzen: Er versucht, seine Begriffe am Ort der Wissenschaft einzuschreiben – als seien diese mit jenen kompatibel. Mehr noch, er will einen Rollentausch vornehmen, dessen erster Schritt lautet: ‚Jedes Denksystem‘, so der Wiener Kardinal Schönborn, der den amerikanischen IDlern in der New York Times zur Hilfe eilte, ‚das die überwältigende Evidenz für einen Plan in der Biologie leugnet, ist Ideologie, nicht Wissenschaft.‘ Nicht genug, dass die Evolutionisten als die eigentlichen Obskurantisten abgekanzelt werden, präsentieren die IDler sich selbst auch noch als die wahren Hüter der Vernunft.“ [Perlentaucher]

An diesem Text stimmt so gut wie nichts. Weder Benedikt XVI. noch Kardinal Schönborn reden der Theorie (?) des Intelligent Design das Wort. Und es geht auch nicht um Rollentausch, sondern bestenfalls um die Abwehr einer Grenzüberschreitung seitens des Neodarwinismus.

Der nämlich hat den alten Satz etsi deus non daretur – eine historische Einschränkung der naturwissenschaftlichen Methode in Abgrenzung zur Theologie – inzwischen zum Dogma erhoben, das aller Wissenschaft, ja aller Erkenntnis zugrunde zu legen sei. Was nichts anderes bedeutet als außer der naturwissenschaftlichen Methode keine Erkenntnis mehr zuzulassen. Und den methodischen zum dogmatischen Atheismus zu erheben.

Es darf niemanden wundern, dass sich Papst und Kardinal dagegen wenden. Aber ID-Anhänger sind sie deshalb noch lange nicht. Ihnen geht es um jene Linie, an der die (nicht-naturwissenschaftliche) Interpretation naturwissenschaftlicher Resultate und Theorien beginnt. Man lese dazu die zweite Katechese von Kardinal Schönborn.

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